Entscheidungsdatum: 06.12.2016
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2014 073 806.6
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 6. Dezember 2016 durch den Richter Hermann, die Richterin Seyfarth und den Richter Dr. Söchtig
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Das Wortzeichen
Kunst ist wenn das Auge das Herz berührt
ist am 9. Dezember 2014 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
Klasse 16: Druckereierzeugnisse; Kunstwerke und Figuren aus Papier oder Pappe sowie Architekturmodelle; Dekorations- und Künstlerbedarfsmaterialien und -mittel; Taschen, Beutel und Waren für Verpackungs-, Einpack- und Ablagezwecke aus Papier, Pappe oder Kunststoff; Papier- und Schreibwaren sowie Lehr- und Unterrichtsmittel; Einweg-Papierartikel; Papier und Pappe; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten
Klasse 35: Werbung, Marketing und Verkaufsförderung; kaufmännische Dienstleistungen und Verbraucherinformationsdienstleistungen, nämlich Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Druckereierzeugnisse, Kunstwerke, Figuren, Dekorationsartikel, Künstlerbedarfsmaterialien, Taschen und Beutel sowie Waren für Verpackungszwecke, Papier- und Schreibwaren, Statuen, sonstige Kunstwerke, Möbel und Einrichtungsgegenstände, unverarbeitete und teilweise bearbeitete Materialien, Displays, Ständer und Beschilderungen; kaufmännische Dienstleistungen und Verbraucherinformationsdienstleistungen, nämlich Auktions- und Versteigerungsdienstleistungen, insbesondere bezüglich Kunstwerke und sonstigen Kunstgegenständen; Vermittlungsdienstleistungen; Organisieren von Geschäftskontakten; kaufmännische Bewertungsdienstleistungen; Vorbereitung von Wettbewerben; Agenturgeschäfte; Import- und Exportdienstleistungen; Verhandlungs- und Vermittlungsdienstleistungen; Beschaffungsdienstleistungen für Dritte; Geschäftsführung für darstellende Künstler; Schaufensterdekorationen; Sponsorensuche
Klasse 41: Informationen über Unterhaltungsveranstaltungen; Dienstleistungen eines Unterhaltungskünstlers und eines Galeristen; Verfassen und Herausgabe von Texten [ausgenommen Werbetexte]; Informationen über Theateraufführungen; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke; Betrieb einer Bildergalerie; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren, Workshops [Ausbildung], Kolloquien und Konferenzen; Veranstaltung von Unterhaltungsshows [Künstleragenturen] und von Wettbewerben [Erziehung und Unterhaltung]; Vermietung von Bühnendekorationen, Theaterdekorationen und Kunstgegenständen.
Mit Beschluss vom 6. Juli 2015 hat das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 41, die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft nach vorangegangener Beanstandung vom 4. März 2015 für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen außer „Papier und Pappe“ in Klasse 16 zurückgewiesen.
Zur Begründung ist ausgeführt, das angemeldete Zeichen sei eine beschreibende Angabe, die vom Verkehr auch als solche verstanden werde und daher nicht auf ein bestimmtes Unternehmen hinweise.
Der Begriff „Kunst ist wenn das Auge das Herz berührt" werde dahin verstanden, dass es sich um Waren und Dienstleistungen handele, die dazu beitrügen, dass Kunst durch Ansehen das Herz berühre. Die Wortkombination sei aus Wörtern der deutschen Alltagssprache zusammengesetzt und daher für die angesprochenen breiten Verkehrskreise unmittelbar in diesem Sinn verständlich. Alle in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen könnten sich damit beschäftigen, wie Kunst durch das Ansehen zu Herzen gehe. So könnte auch Verpackungsmaterial nämlich künstlerisch gestaltet sein und Lehr- und Unterrichtsmittel sowie Seminare, Workshops, Kolloquien u. ä. sich thematisch damit beschäftigen, wie Kunst das Herz berühren könne. Was alles mit dem Ansehen von Kunst, die zu Herzen geht, zu tun habe, sei naturgemäß sehr weit gefächert. Der Begriff gebe keinen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen, sondern weise direkt, in werbemäßiger Form, auf Art, Thema und Zweckbestimmung der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen hin.
Hiergegen richtet sich die am 7. August 2015 erhobene Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Juli 2015 aufzuheben, soweit das Deutsche Patent- und Markenamt die Anmeldung zurückgewiesen hat.
Zur Begründung führt sie aus, das angemeldete Zeichen eigne sich für keine der beanspruchten Waren und Dienstleistungen als Inhalts- und Schwerpunktangabe. Der angemeldete Slogan „Kunst ist wenn das Auge das Herz berührt“ beinhalte in mehrere Richtungen eine begriffliche Unmöglichkeit, da eine körperliche Berührung zwischen Auge und Herz eines lebenden Menschen unmöglich und Kunst als solches nicht geeignet sei, zur Berührung von Auge und Herz eines Menschen zu führen. Bei dem angemeldeten Slogan handle es sich um eine auf eine begriffliche Unmöglichkeit gerichtete Wortspielerei, die deshalb eine gewisse Originalität und Prägnanz aufweise. Diese Originalität und Prägnanz könne von den angesprochenen Verkehrskreisen wiedererkannt werden. Die Unterscheidungskraft sei im Hinblick auf alle angemeldeten Waren und Dienstleistungen zu untersuchen, was die Markenstelle nicht differenziert vorgenommen habe, so sei der Slogan beispielsweise für die Dienstleistungen „Vorbereitung und Veranstaltung von Wettbewerben“ nicht beschreibend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin, über die nach Rücknahme des Terminsantrags ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens „Kunst ist wenn das Auge das Herz berührt“ steht hinsichtlich der weiter beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 35 und 41 das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat dem Anmeldezeichen daher zu Recht und mit zutreffender Begründung die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 MarkenG). Das Vorbringen der Beschwerdeführerin rechtfertigt keine anderweitige Beurteilung.
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleitungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198, 1201 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH GRUR 2015, 173, 174 Rdnr. 15 – for you; GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12) – smartbook; GRUR 2013, 731, Nr. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143, Nr. 7 – Starsat; BGH GRUR 2012, 270, 271, Nr. 11 – Link economy). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rdnr. 33 – Audi AG/HABM – Vorsprung durch Technik; BGH GRUR 2015, 173, 174 Rdnr. 15 – for you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH GRUR 2015, 173, 174 Rdnr. 15 – for you; GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12 – smartbook). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 – Henkel; BGH GRUR 2015, 173, 174 Rdnr. 16 – for you).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143, 1144, Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 – grill meister).
Ausgehend davon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. BGH GRUR 2006, 850 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2014, 872, 874 Rdnr. 21 - Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchen Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2014, 1204 Rdnr. 12 - DüsseldorfCongress). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutung ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 - DOUBLEMINT); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnlichen Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH MarkenR 2007, 204 Rdnr. 11 f. - CELLTECH; BGH a. a. O. Rdnr. 16 - DüsseldorfCongress).
Dieser Beurteilungsmaßstab gilt auch für Wortfolgen, an deren Unterscheidungskraft grundsätzlich keine strengeren Anforderungen als an andere Wortmarken zu stellen sind. Von mangelnder Unterscheidungskraft ist deshalb bei einer kürzeren Wortfolge lediglich bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen sowie Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen. Grundsätzlich nicht unterscheidungskräftig werden des Weiteren in der Regel längere Wortfolgen sein. Indizien für die Eignung, die Waren oder Dienstleistungen eines bestimmten Anbieters von denjenigen anderer zu unterscheiden, können dagegen Kürze, eine gewisse Originalität sowie die Prägnanz einer Wortfolge sein (BGH, GRUR 2014, 565 Rn. 14 - smartbook, m. w. N.).
Gemessen an diesen Grundsätzen fehlt dem Anmeldezeichen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 35 und 41 mit Ausnahme von „Papier und Pappe“ das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft.
Die Wortfolge „Kunst ist wenn das Auge das Herz berührt“ stellt ersichtlich eine Beschreibung von Kunst dar, die sich über die emotionalen Wirkung, die Kunst haben kann, einer Definition nähern soll. Sie lässt sich ohne analytische Betrachtung in diesem Sinn verstehen und ist daher -wie auch von der Markenstelle angenommen- im Zusammenhang mit allen Waren und Dienstleistungen, die auch im weiteren Sinn mit Kunst jeder Art zu tun haben können, produkt- und inhaltsbeschreibend. Dies gilt für alle noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen, die selbst Kunst sein können, für deren Herstellung oder Schaffung, Vertrieb usw. dienlich sein, ihrerseits künstlerisch gestaltet sein oder in Künsten jeder Art ausbildend bzw. erzieherisch wirken können. Es gilt entgegen der Ansicht der Anmelderin nichts anderes für das Vorbereiten oder Veranstalten von Wettbewerben, weil damit eine spezielle Ausrichtung des Dienstleistungsangebotes auf die Ausrichtung von Wettbewerben im (weitesten) Kunstbetrieb beschrieben ist, die sich von der Vorbereitung von Sportwettbewerben u. ä. absetzt.
Das Zeichen ist daher nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Ob der Eintragung daneben ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann im Ergebnis dahinstehen.