Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 04.04.2013


BPatG 04.04.2013 - 27 W (pat) 46/12

Markenlöschungsbeschwerdeverfahren – "LAPD" – kein Freihaltungsbedürfnis -


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
04.04.2013
Aktenzeichen:
27 W (pat) 46/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 306 53 034

(hier: Löschungsverfahren S 35/11)

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, den Richter Kruppa und die Richterin Kopacek am 4. April 2013.

beschlossen:

1. Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag des Markeninhabers, der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Gegen die am 28. August 2006 angemeldete und am 20. November 2006 für die Waren und Dienstleistungen

2

„18: Leder und Lederwaren, roh oder teilweise bearbeitet, soweit in Klasse 18 enthalten;

3

25: Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen;

4

35: Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten; Einzelhandelsdienstleistungen für die vorgenannten Produkte der Klassen 18 und 25, auch über eine Internetplattform“

5

eingetragene Wortmarke 306 53 034

6

LAPD

7

hat die Antragstellerin mit Eingang am 2. Februar 2011 einen Antrag auf vollständige Löschung wegen des Schutzhindernisses eines Freihaltungsbedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gestellt. Diesen Antrag hat sie damit begründet, die Bezeichnung „LAPD“ sei freihaltungsbedürftig, da sie die Bedeutung „Los Angeles Police Department“ habe. Die Antragstellerin stützt sich auf eine ihrer Ansicht nach vergleichbare Entscheidung des 26. Senats in dem Verfahren 26 W (pat) 2/08 vom 21. Januar 2009, in der die Löschung der Marke „CCCP“ wegen eines Freihaltungsbedürfnisses bestätigt worden ist.

8

Der Markeninhaber hat dem ihm am 14. März 2011 zugestellten Löschungsantrag mit Schriftsatz vom 18. März 2011 widersprochen. Dem inländischen Durchschnittsverbraucher sei die Bedeutung von „LAPD“ nicht bekannt. Die „CCCP“-Entscheidung des Bundespatentgerichts sei auf diesen Fall nicht übertragbar.

9

Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Löschungsantrag mit Beschluss vom 30. Januar 2012 zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, das Bestehen eines Schutzhindernisses könne nicht zweifelsfrei festgestellt werden. „LAPD“ sei die Kurzbezeichnung für „Los Angeles Police Department“ und werde in den USA auch gebraucht, um auf die Polizeibehörde von Los Angeles hinzuweisen. Es könne davon ausgegangen werden, dass die angesichts der betroffenen Waren und Dienstleistungen angesprochenen breiten Verkehrskreise in der Mehrheit die Bedeutung von „LAPD“ kennen würden. Bei dem „Los Angeles Police Department“ handle es sich (nach den Polizeibehörden von New York und Chicago) um die drittgrößte Polizeibehörde der USA. Wie die von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen sowie eine zusätzliche Recherche der Löschungsabteilung ergeben hätten, sei das „LAPD“ seit Jahrzehnten Gegenstand zahlreicher amerikanischer Filme und Fernsehserien gewesen, die auch in Deutschland ausgestrahlt worden seien.

10

Bei „LAPD“ handle es sich jedoch um keine die Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibende Angabe oder Fachbezeichnung. Im Inland werde „LAPD“ als Aufdruck etwa auf T-Shirts, Mützen u. a. wie z. B. auch „FBI“, „Army“, „CIA“ oder vergleichbare deutsche Begriffe verwendet. Damit werde zwar ein mittelbarer, assoziativer Zusammenhang mit der US-amerikanischen Stadt Los Angeles und deren Polizeibehörde hergestellt. „LAPD“ stelle aber keine Herkunftsangabe dar, da der Begriff auf eine Behörde und nicht auf eine geographische Angabe hinweise. Im Gegensatz zu beispielsweise der Abbildung des Wahrzeichens einer Stadt werde die Bezeichnung auch nicht als Synonym für die Stadt Los Angeles selbst aufgefasst. Insoweit unterscheide sich der vorliegende Fall von der Entscheidung zu „CCCP“. Nach der maßgeblichen Sicht der inländischen Verbraucher liege es weiterhin fern, in „LAPD“ eine Bestimmungsangabe hinsichtlich des „Los Angeles Police Department“ als Abnehmerkreis zu sehen. Ebenso sei ein Bedürfnis, die Bezeichnung für die am internationalen Handelsverkehr beteiligten Mitbewerber freizuhalten, nicht zu erkennen, so dass das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu verneinen sei.

11

Die angegriffene Marke sei auch unterscheidungskräftig. Dass es sich bei „LAPD“ um den Namen einer (ausländischen) Behörde handle, schließe die Unterscheidungskraft nicht von vornherein aus. Ebensowenig stehe der Annahme einer hinreichenden Unterscheidungskraft in Bezug auf die konkret vom Markenschutz erfassten Waren und Dienstleistungen entgegen, dass „LAPD“ häufig als Aufdruck auf Textilien verwendet würden. Nach der Rechtsprechung zur Schutzfähigkeit von nicht (unmittelbar) beschreibenden, gleichwohl verständlichen Zeichen, die häufig als allgemeine Aussagen oder Werbebotschaften verwendet würden, könne die Unterscheidungskraft nicht deshalb verneint werden, weil ein Zeichen gleichzeitig oder sogar in erster Linie Werbemittel sei, wenn, es da neben praktisch bedeutsame und naheliegende Möglichkeiten gebe, das angemeldete Zeichen bei den Waren bzw. Dienstleistungen so zu verwenden, dass es vom Publikum ohne weiteres als Marke verstanden werde, wie es etwa bei Textilien bei einem eingenähten Etikett der Fall sei.

12

Zu berücksichtigen sei zum einen, wie Marken nach den für die Branche bestehenden Verkehrsgepflogenheiten bei den einschlägigen Waren und Dienstleistungen üblicherweise verwendet würden und zum anderen, ob dem konkreten Zeichen von Haus aus Unterscheidungskraft zukomme. In Bezug auf die geschützten Dienstleistungen der Klasse 35 sei ohne weiteres eine markenmäßige Verwendung denkbar, zumal es hier ohnehin an einem hinreichenden sachlichen Zusammenhang fehle. Bei den weiter betroffenen Waren der Klassen 18 und 25 könnten Marken sowohl als deutlich sichtbare Aufdrucke als auch an eher versteckter Stelle (z. B. eingenähtes Etikett) angebracht sein. Während das angegriffene Zeichen bei einer großflächigen Verwendung nur als allgemeiner Bezug zur Polizeibehörde von Los Angeles aufgefasst werde, könne es bei Anbringung an weniger exponierter Stellung oder auch als Aufdruck in geringerer Größe durchaus als Herkunftshinweis gesehen werden. Der Begriff „LAPD“ werde nicht - wie etwa FUSSBALL WM 2006 - in jeglichem Verwendungszusammenhang nur als Sachhinweis verstanden. Auch werde er nicht als reines Werbeschlagwort oder lediglich anpreisend verwendet. Den berechtigten Interessen der Allgemeinheit und der Mitbewerber an einer freien sonstigen Verwendung werde dadurch Rechnung getragen, dass der Schutz der angegriffenen Marke nur bei ihrer markenmäßigen Verwendung eingreife. Dies könne und müsse im Verletzungsver-fahren hinreichend berücksichtigt werden.

13

Gegen den der Antragstellerin am 17. Februar 2012 zugestellten Beschluss hat diese mit Schriftsatz vom 8. März 2012 Beschwerde eingelegt, die sie unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Amtsverfahren damit begründet, die angegriffene Marke sei nicht schutzfähig. Bei der Marke handle es sich um eine herkunftsmäßige allgemein beschreibende Bezeichnung, die ausschließlich eine Assoziation zu der US-amerikanischen Behörde ziehe. Dies folge auch aus der behaupteten Verwendung der Marke durch den Markeninhaber. Die Textilien seien in Form der US-amerikanischen Dienstkleidung gestaltet, teilweise in der Form einer aufgedruckten kugelsicheren Weste.

14

Die Freihaltungsbedürftigkeit ergebe sich aus dem Umstand, dass es sich bei „LAPD“ um

15

- ein hoheitliches Zeichen,

16

- ein geographisches Herkunftszeichen und

17

- einen in der Allgemeinheit feststehenden Begriff

18

handle. Dies gelte insbesondere bei einer Verbindung bzw. bewussten Verknüpfung mit der Dienstkleidung.

19

Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß),

20

den Beschluss der Markenstelle vom 30. Januar 2012 aufzuheben und die Marke 306 53 034 zu löschen.

21

Der Markeninhaber beantragt,

22

die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.

23

Er verteidigt den angegriffenen Beschluss. Absolute Schutzhindernisse lägen nicht vor. Dem durchschnittlich informierten und verständigen inländischen Durchschnittsverbraucher sei die Bedeutung des Kürzels „LAPD“ weder als staatliches Symbol bekannt, noch verstehe ein Durchschnittsverbraucher das Kürzel als übertragenes Synonym für Meinungen oder Trends. Zudem habe die Marke „LAPD“ nicht nur ausschließlich beschreibenden Charakter.

24

Der Durchschnittsverbraucher stelle keine Verbindung aus der Buchstabenfolge „LAPD“ zu den Vereinigten Staaten oder der Stadt Los Angeles her, da lediglich auf eine örtliche Behörde, nicht jedoch auf die Stadt selbst, hingewiesen werde.

25

Im Löschungsverfahren komme es entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht darauf an, in welcher Form die Marke „LAPD“ auf Textilien aufgedruckt werde.

II.

1.

26

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenabteilung hat den Löschungsantrag im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

27

Dies kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten keinen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt haben und der Senat diese nicht für erforderlich hält (§ 69 MarkenG).

a)

28

Der Löschungsantrag war zulässig. Den Antrag kann jedermann stellen (§ 54 Abs. 1 Satz 2 MarkenG). Die Antragstellerin hat ihn im Februar 2011 und damit innerhalb der Zehnjahresfrist nach § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG gestellt, da die angegriffene Marke am 20. November 2006 eingetragen wurde.

b)

29

Der Markeninhaber hat dem Löschungsantrag fristgerecht widersprochen. Auf die ihm am 14. März 2011 zugegangene Mitteilung nach § 54 Abs. 3 Satz 1 MarkenG hat er dem Löschungsantrag am 18. März 2011 rechtzeitig widersprochen.

2.

30

Ein Löschungsgrund nach § 50 Abs. 1 MarkenG liegt entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht vor.

a)

31

Nach §§ 54, 50 Abs. 1 MarkenG kann eine Marke auf Antrag nur gelöscht werden, wenn zum Zeitpunkt der Eintragung ein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 MarkenG bestand und im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch fortbesteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG).

32

Dass heute und im Zeitpunkt der Eintragung ein solches Eintragungshindernis besteht bzw. bestand, lässt sich vorliegend nicht feststellen. Da einem Eintragungsantrag gemäß § 33 Abs. 2 Satz 2 MarkenG aber stattzugeben ist, wenn keine absoluten Eintragungshindernisse entgegenstehen, rechtfertigt nur deren positive Feststellung eine Löschung. Im Zweifel ist zugunsten der Marke zu entscheiden.

b)

33

Das Zeichen unterlag und unterliegt entgegen der Auffassung der Antragstellerin keinem Freihaltungsbedürfnis im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Diese Vorschrift verbietet es, Zeichen als Marke einzutragen, die ausschließlich aus Teilen bestehen, welche zur Bezeichnung der Art, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale von Waren und Dienstleistungen dienen können. Der Ausschluss solcher zur Beschreibung geeigneter Zeichen oder Angaben dient dazu, dass sie jedermann frei verwenden kann. Es ist daher nicht erlaubt, solche Zeichen oder Angaben durch ihre Eintragung als Marke einem einzigen Unternehmen vorzubehalten (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Rn. 25 - Windsurfing Chiemsee; GRUR Int. 2003, 632, Rn. 73 - Linde).

34

Dabei kommt es nicht darauf an, welche Bedeutung das angemeldete Zeichen allgemein hat, sondern wie es im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen verstanden wird. Abzustellen ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers (EuGH GRUR 2006, 411, Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla).

35

Der Senat hat abweichend von der Auffassung der Antragstellerin und wohl auch der Markenabteilung bereits erhebliche Bedenken, dass der hier angesprochene inländische Durchschnittsverbraucher die Buchstabenfolge „LAPD“ als Abkürzung der englischsprachigen Wortfolge „Los Angeles Police Department“ verstehen wird. Der Durchschnittsverbraucher wird dieser Buchstabenfolge eher keinen Sinngehalt entnehmen und sie nicht mit der amerikanischen Polizeibehörde assoziieren.

36

Dem steht der von der Antragstellerin im Amtsverfahren vorgelegte Wikipedia-Auszug nicht entgegen, da aus der Erwähnung in Wikipedia nicht auf ein entsprechendes Verständnis des Durchschnittsverbrauchers geschlossen werden kann. Die Buchstabenfolge „LAPD“ hält der Senat auch nicht für so bekannt wie die von der Antragstellerin genannten Buchstabenfolgen „FBI“ oder „CIA“.

37

Bereits wegen der Zweifel an einem Verständnis des Durchschnittsverbrauchers ist der Löschungsantrag zurückzuweisen. Die von den Parteien streitig diskutiert und von der Markenabteilung verneinte Frage, ob der Bedeutungsgehalt „Los Angeles Police Department“ für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibend ist, kann wegen der Zweifel an einem Verständnis des Durchschnittsverbrauchers dahingestellt bleiben.

3.

38

Der vom Markeninhaber gestellte Antrag, der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, war zurückzuweisen, da Gründe für eine Kostenauferlegung nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, die nach ständiger Rechtsprechung nur unter engen Voraussetzungen aus Billigkeit in Frage kommt, weder vorgetragen noch ersichtlich sind. Die für eine Billigkeitsentscheidung erforderlichen Umstände liegen dabei - anders als im Zivilverfahren gem. § 91 ZPO - nicht schon dann vor, wenn einer der Beteiligten mit seinem Verfahrensziel nicht durchzudringen vermag (BGH GRUR 1972, 600 - Lewapur). Eine Kostenauferlegung kommt vielmehr nur in Betracht, sofern ein Beteiligter gegen seine prozessualen Sorgfaltspflichten verstößt; dies kann selbst bei einer nach bisherigen Rechtsgrundsätzen aussichtslosen Beschwerde nur bejaht werden, wenn Anhaltspunkte dafür festgestellt werden können, dass ein Beteiligter mit seinem Verhalten vorrangig verfahrensfremde Ziele wie Verzögerung einer Entscheidung oder Behinderung der Gegenseite verfolgt (zutr. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 71 Rn. 16). Anhaltspunkte dafür sind vorliegend aber weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

4.

39

Die von der Antragstellerin beantragte Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Die zur Entscheidung stehenden Rechtsfragen sind höchstrichterlich geklärt; von diesen Vorgaben ist der Senat nicht abgewichen, so dass sich hieraus kein Grund zur Zulassung der Rechtsbeschwerde ergibt.