Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 04.10.2017


BPatG 04.10.2017 - 27 W (pat) 38/14

Markenbeschwerdeverfahren – "ARROW AND BEAST (Wort-Bild-Marke)/ARROW (Unionsmarke, Wort-Bild-Marke)" – zur Kennzeichnungskraft – teilweise Warenidentität – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt einer Zeichenserie – keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne durch selbständig kennzeichnende Stellung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
04.10.2017
Aktenzeichen:
27 W (pat) 38/14
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2017:041017B27Wpat38.14.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2010 022 988

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2017 durch die Vorsitzende Richterin Klante, den Richter Dr. Himmelmann und die Richterin Lachenmayr-Nikolaou

beschlossen:

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Gegen die Eintragung der für die Waren

2

Klasse 20: Ware aus Holz, soweit in Klasse 20 enthalten

3

Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren

4

Klasse 28: Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten

5

eingetragenen Wort-/Bildmarke 30 2010 022 988 (Anmeldetag: 18. Mai 2010; Tag der Eintragung im beim Deutschen Patent- und Markenamt geführten Markenregister: 30. Juni 2010)

Abbildung

6

ist aus der für die Waren

7

Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen

8

eingetragenen Wort-/Bildmarke EM 009 097 775 (Anmeldetag: 11. Mai 2010; Tag der Eintragung im Register: 28. September 2010)

Abbildung

Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen

9

und aus der für die Waren

10

Klasse 25: Athletiksportschuhe

11

eingetragenen Wortmarke EM 003 166 139

12

BEAST

13

Widerspruch erhoben worden.

14

Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 25, hat durch einen Beamten des gehobenen Dienstes mit Beschluss vom 27. März 2012

15

auf den Widerspruch aus der Marke EM 009 097 775 die angegriffene Marke gelöscht

16

und zur Begründung ausgeführt, der Widerspruch sei zulässig und habe in der Sache Erfolg, weil eine Gefahr von Verwechslungen in Form eines gedanklichen Inverbindungbringens beider Vergleichsmarken bestehe. Die Aussetzung des Verfahrens bezüglich des Widerspruchs aus der Marke „BEAST“ beruhe auf § 43 Abs. 3 MarkenG und § 32 MarkenV. Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 63 MarkenG habe kein Anlass bestanden.

17

Gegen den Beschluss vom 27. März 2012 hat die Inhaberin der angegriffenen Marke am 20. April 2012 Erinnerung eingelegt.

18

Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 25, hat durch eine Beamtin des höheren Dienstes mit Beschluss vom 18. Februar 2014

19

auf die Erinnerung der Inhaberin der eingetragenen Marke 30 2010 022 988 den Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 vom 27. März 2012 aufgehoben

20

und zur Begründung ausgeführt, die Erinnerung der Inhaberin der angegriffenen Marke sei zulässig und habe in der Sache Erfolg. Zwischen der angegriffenen und der Widerspruchsmarke EM 009 097 775 bestehe keine Gefahr von Verwechslungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Ausgehend von der hier maßgeblichen Registerlage könnten sich die beiden Marken jeweils in Verbindung mit identischen Waren der Klasse 25 begegnen. Ob und in welchem Grad die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren der Klassen 20 und 28 zu den von der Widerspruchsmarke beanspruchten Waren der Klasse 25 ähnlich seien, müsse nicht abschließend geprüft werden, denn selbst im Bereich identischer Waren sei eine Verwechslungsgefahr nicht gegeben. Auszugehen sei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und damit von einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Ausreichende Anhaltspunkte für eine durch intensive Nutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft oder für eine Kennzeichnungsschwäche lägen nicht vor. Die Widersprechende habe zwar eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke geltend gemacht. Tatsachen, die diese Rechtsbehauptung stützen würden, habe sie jedoch nicht vorgetragen. Stelle man die Marken in ihrer Gesamtheit gegenüber, würden die in der angegriffenen Marke zusätzlich enthaltenen Wortbestandteile „AND“ und „BEAST“ unmittelbare Verwechslungen in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht verhindern. Für unmittelbar begriffliche Verwechslungen fehle es an einem synonymen Sinngehalt der Vergleichsmarken „ARROW“ und „ARROW AND BEAST“. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden bestehe keine unmittelbare Verwechslungsgefahr aufgrund einer Prägung der Vergleichsmarken durch den übereinstimmenden Wortbestandteil „ARROW“. Die Bildelemente in den Vergleichsmarken würden die Marken im Verhältnis zu den Wortbestandteilen weder durch ihre Größe noch durch ihre kennzeichnende Wirkung derart beherrschen, dass die Wortbestandteile nicht mehr beachtet würden. Danach sei davon auszugehen, dass die Vergleichsmarken jeweils von ihren Wortbestandteilen „ARROW AND BEAST“ bzw. „ARROW“ in klanglicher Hinsicht, nicht jedoch in schriftbildlicher Hinsicht geprägt würden. Aufgrund der in der angegriffenen Marke zusätzlich enthaltenen Wortbestandteile „AND“ und „BEAST“ und der unterschiedlichen Silbenzahl würden sich die Vergleichsmarken deutlich im Klangbild unterscheiden, so dass auch eine klangliche Verwechslungsgefahr ausgeschlossen werden könne. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden werde die angegriffene Marke nicht durch den ersten Wortbestandteil „ARROW“ geprägt, denn die weiteren Wortbestandteile „AND“ und „BEAST“ würden nicht so in den Hintergrund treten, dass sie für den Verkehr an Bedeutung verlieren und nicht zum Gesamteindruck des Zeichens beitragen würden. Der angesprochene Verkehr würde die Wortfolge der angegriffenen Marke „ARROW AND BEAST“ nicht auf „ARROW“ verkürzen. Vielmehr seien die Wortbestandteile „ARROW“ und „BEAST“ mit dem Wort „AND“ zu einer gesamtbegrifflichen Wortfolge verbunden. Auch eine Verwechslungsgefahr aufgrund gedanklichen Inverbindungbringens nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 MarkenG bestehe nicht. Es bestehe keine Gefahr, dass die jüngere Marke wegen der Übereinstimmung im Wortbestandteil „ARROW“ mit der Widerspruchsmarke gedanklich als ein davon abgeleitetes Serienzeichen in Verbindung gebracht würde. Es sei weder erkennbar, dass die Widersprechende den Verkehr durch die Benutzung mehrerer eigener entsprechend gebildeter Serienmarken an den Stammbestandteil „ARROW“ gewöhnt habe, noch, dass dem Wortbestandteil „ARROW“ in der jüngeren Marke Hinweischarakter auf die Widersprechende zukomme. Vielmehr stelle die englische Wortfolge „ARROW AND BEAST“ der angegriffenen Marke eine gesamtbegriffliche Einheit dar, die von einem eigenständigen Herkunftshinweis durch den ersten Bestandteil „ARROW“ wegführe. Auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der sog. Markenusurpation bestehe nicht, weil einer selbstständig kennzeichnenden Stellung wiederum der gesamtbegriffliche Charakter der angegriffenen Marke entgegenstehe. Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 63 Abs. 1 MarkenG bestehe kein Anlass.

21

Mit Wirkung vom 27. Februar 2014 wurde die angegriffene Wort-/Bildmarke 30 2010 022 988 – ARROW AND BEAST im Markenregister teilweise wegen Verzichts nach § 48 MarkenG gelöscht. Das Warenverzeichnis der angegriffenen Marke hat im Wege der Teillöschung in Klasse 25 nunmehr folgende Fassung:

22

Bekleidungsstücke, ausgenommen Schuhe und Schuhwaren.

23

Vor diesem Hintergrund ist der Widerspruch aus der Wortmarke EM 003 166 139 „BEAST“ am 28. Februar 2014 zurückgenommen worden.

24

Die Widersprechende aus der Wort-/Bildmarke EM 009 097 775

Abbildung

25

hat gegen den Beschluss vom 18. Februar 2014 am 18. März 2014 Beschwerde eingelegt.

26

In ihrer Beschwerdebegründung trägt die Widersprechende vor, die Einschränkung der angegriffenen Marke in Klasse 25 berücksichtige nicht ihre Markenrechte, weil sie nicht nur im Bereich Schuhwaren, sondern vor allem im Bereich Bekleidung tätig sei. Zwischen der Widerspruchs- und der angegriffenen Marke bestehe Verwechslungsgefahr, weil die Widerspruchsmarke vollständig in dem angegriffenen Gesamtkennzeichen enthalten sei. Der Begriff „Arrow“ sei in beiden Marken zweifach dargestellt, weil der Wortbestandteil „Arrow“ durch die bildliche Darstellung eines „Bogens“ (Arrow) jeweils unterstrichen sei (Anmerkung des Senats: gemeint sein dürfte statt eines „Bogens“ wohl ein „Pfeil“, weil in beiden Marken bildlich ein Pfeil dargestellt und das englische Wort „Arrow“ ins Deutsche mit Pfeil zu übersetzen ist). Wegen besonderer Zeichenähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken, dem übereinstimmenden Wortbestandteil „Arrow“, identischer Bildbestandteile eines nach rechts zeigenden „Bogens“ (Arrow) und der identischen Anordnung des Wortelements „Arrow“ und des Bildelements „Bogen“ sowie der Eintragung für identische (Klasse 25) bzw. hochgradig ähnliche Waren (Klassen 20 und 28) könne eine Verwechslungsgefahr der Marken nicht ausgeschlossen werden. Es bestehe die große Gefahr, dass die Zeichen von den angesprochenen Verbrauchern verwechselt oder zumindest gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden. Zumindest bestehe mittelbare Verwechslungsgefahr, weil das Wortelement „Arrow“ und der Bildbestandteil eines „Bogens“ auf die Inhaberin der Widerspruchsmarke hinweisen würden. Die sich gegenüberstehenden Marken würden nicht nur in dem Wort- und dem Bildelement „Arrow“ identisch übereinstimmen, sondern würden auch einen identischen, charakteristischen und auffälligen Aufbau aufweisen, in dem das Wort „Arrow“ über einem nach rechts zeigenden Pfeil angeordnet sei. Es sei davon auszugehen, dass dieser Kombination aus dem Wort „Arrow“ und dem darunter platzierten, nach rechts zeigenden Pfeil Hinweischarakter auf die Inhaberin der älteren Marke zukomme. Die Widerspruchsmarke sei erstmals 1851 in Erscheinung getreten. Kernmarkt der Widerspruchsmarke seien neben Deutschland die Staaten Österreich, Schweiz, Polen, Italien, Spanien und Großbritannien. Die Widersprechende habe die Widerspruchsmarke unter anderem an den B… Hemdenhersteller S… lizensiert. In Kooperation mit der Lizenznehmerin vertreibe die Widersprechende Bekleidung unter der Widerspruchsmarke sowohl in eigenen Geschäften als auch über große, bekannte deutsche Modeeinzelhändler. Der Werbeaufwand für mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnete Hemden zusammen mit dem Hemdenhersteller S… habe im Jahr 2013 in Deutschland über … € und im Jahr 2013 über … € betragen. Namentlich durch die Werbefigur Bar Refaeli habe die Widerspruchsmarke in Deutschland einzigartige Aufmerksamkeit erlangt. Die Widerspruchsmarke und die Entwicklung ihrer Produktlinien würden regelmäßig von der Presse aufgenommen und kommentiert. Insofern sei im Blick auf die Widerspruchsmarke von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft auszugehen. Die Widerspruchsmarke sei namentlich im Blick auf den Vertrieb der „Arrow“-Kollektion bekannt, den die Widersprechende zusammen mit dem Lizenznehmer S… betreibe. In dem Zeitraum der Jahre 1998 bis 2015 habe die Widersprechende in Europa hohe Verkaufszahlen mit Bekleidung, insbesondere mit Oberhemden unter der Marke „Arrow“ erzielt. In diesem Zeitraum hätten sich die Umsatzzahlen der Lizenznehmer im Großhandel auf … US-Dollar und die Umsatzzahlen der Lizenznehmer im Einzelhandel auf … US-Dollar belaufen. Auch sei die Widerspruchsmarke regelmäßig umfangreich beworben worden. In Deutschland seien vom Großhandel in den Jahren 2010 bis 2015 bedeutende Umsätze mit Waren erzielt worden, die mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnet seien. Mit der Widerspruchsmarke „Arrow“ gekennzeichnete Hemden würden zudem mit Zustimmung der Widersprechenden über die Online-Versandhändler Amazon und Zalando vertrieben. Neben Hemden würden unter der Widerspruchsmarke zudem Bekleidungsaccessoires, insbesondere Fliegen und Krawattennadeln vertrieben. Darüber hinaus habe die Widersprechende in den Jahren 2002 bis 2015 erhebliche Investitionen für Marketing in Europa getätigt. Darüber hinaus erfreue sich die Widerspruchsmarke auch in sozialen Netzwerken großer Beliebtheit. Der Widerspruchsmarke komme deshalb gesteigerte Kennzeichnungskraft zu. Zwischen der Widerspruchs- und angegriffenen Marke bestehe unmittelbare Verwechslungsgefahr. Zumindest würden die Verkehrskreise vermuten, dass die angegriffene Marke eine Zeichenabwandlung der Widerspruchsmarke sei und auf das Unternehmen der Widersprechenden oder eine Verbindung mit ihrem Unternehmen hinweise.

27

Die angegriffene Marke sei für Waren der Klassen 20, 25 und 28 eingetragen und beanspruche damit Schutz für identische oder hochgradig ähnliche Waren, wie diejenigen, für die die ältere Marke eingetragen sei. Die Waren in Klasse 25 seien identisch, weil beide Marken für Bekleidungsstücke geschützt seien. Die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren der Klasse 28 und die von der Widerspruchsmarke geschützten Waren seien ähnlich. Die Vertriebswege seien in diesem Fall dieselben. Hinsichtlich der Waren in Klasse 20 bestehe Ähnlichkeit mit den Waren, für die die ältere Marke geschützt sei. Die jüngere Marke müsse erheblichen Abstand zur älteren Marke einhalten, um jegliche Verwechslungsgefahr auszuschließen. Diesen Anforderungen werde die angegriffene Marke nicht gerecht, weil sich die ältere Marke vollständig in der jüngeren Marke wiederfinde. Zwischen beiden Zeichen bestehe hochgradige Zeichenähnlichkeit. Selbst unabhängig von einer ohne weiteres gegebenen prägenden Stellung des Bestandteils „ARROW“ und des von links nach rechts abgebildeten Pfeils im Gesamtkennzeichen der jüngeren Marke bestehe zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen aufgrund des übereinstimmenden Markenanfangs „ARROW“ der jüngeren Marke hochgradige Zeichenähnlichkeit. Da es sich bei den vorliegenden Waren um Artikel des täglichen Bedarfs handele, sei von nur mäßiger Aufmerksamkeit des angesprochenen Verbrauchers auszugehen. Die Widerspruchsmarke stelle den prägenden Bestandteil der angegriffenen Marke dar. Das angegriffene Zeichen werde besonders durch die bereits in der Widerspruchsmarke enthaltenen Bestandteile geprägt, weil die ältere Marke über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft verfüge. Insbesondere das Wortelement „Arrow“ und der Bildbestandteil des Pfeils der älteren Marke seien prägende Elemente der angegriffenen Marke. Das Wortelement „Beast“ falle gegenüber den genannten Elementen ab und verbinde sich mit diesen nicht zu einem Gesamtkennzeichen. Schriftbildlich seien die Widerspruchs- und die angegriffene Marke in ihrem Anfang identisch. Weil der Verbraucher von links nach rechts lese, bestehe wegen der Zeichenidentität am Zeichenanfang Verwechslungsgefahr. Der Zusatz „Beast“ in der angegriffenen Marke vermöge diese von der Widerspruchsmarke nicht soweit abzugrenzen, dass jegliche Verwechslungsgefahr ausgeschlossen werden könne. Auch in klanglicher Hinsicht bestehe Zeichenähnlichkeit zwischen den Marken, namentlich, weil die ältere Marke von dem angegriffenen Zeichen vollständig eingeschlossen werde. Begrifflich seien die Zeichen identisch, weil beide Marken durch die Wort- und Bildelemente „Arrow“, englisch für „Pfeil“, bestimmt würden. Wegen der besonderen Zeichenähnlichkeit aufgrund des übereinstimmenden Bestandteils Abbildung, der den Gesamteindruck der angegriffenen Marke präge, und der Eintragung für identische und hochgradig ähnliche Waren in den Klassen 20, 25 und 28 bestehe große Verwechslungsgefahr. Unter Berücksichtigung der Warenidentität bzw. der hochgradigen Ähnlichkeit sei die Gefahr des gedanklichen Inverbindungbringens beider Marken zu bejahen. Der angesprochene Verbraucher werde die Verwendung der älteren Marke in dem jüngeren Zeichen mit den Produkten der Widersprechenden assoziieren und daher als Herkunftshinweis auf die Widersprechende werten. Selbst wenn die Verkehrskreise die Zeichen nicht unmittelbar miteinander verwechseln würden, würden sie davon ausgehen, dass die unter den einander gegenüberstehenden Zeichen angebotenen Waren von demselben oder miteinander verbundenen Unternehmen stammen würden. In der Modebranche sei es üblich, dass bestimmte Kollektionen unter leicht abgewandeltem Namen herausgebracht würden, weshalb die angesprochenen Verkehrskreise denken würden, bei der angefochtenen Marke handele es sich um eine Abwandlung bzw. eine besondere Form der älteren Marke für eine bestimmte Art / Kollektion von Waren. Die Verbraucher würden annehmen, dass die angegriffene Marke eine Produktlinie der Widersprechenden bezeichne, die Inhaberin zahlreicher Marken mit dem Stammbestandteil Abbildung sei, weshalb zumindest mittelbare Verletzungsgefahr bestehe.

28

Die Widersprechende beantragt sinngemäß

29

den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 25, vom 18. Februar 2014 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke 30 2010 022 988 anzuordnen.

30

Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß

31

die Beschwerde zurückzuweisen.

32

Zur Begründung trägt die Markeninhaberin vor, die angegriffene Marke richte sich an Skater und solle die Schnelligkeit des Skateboards mit der darauf befindlichen Person symbolisieren, weshalb keine Verwechslungsgefahr mit der Widerspruchsmarke bestehe, die für den Vertrieb von Bekleidungsstücken, Schuhwaren und Kopfbedeckungen verwendet werde. Die grafische Gestaltung der angegriffenen Marke unterscheide sich markant von der Widerspruchsmarke. Im Gegensatz zur Widerspruchsmarke sei der Wortbestandteil „ARROW“ der angegriffenen Marke wellenförmig dargestellt. Die Federn des Pfeils der angegriffenen Marke seien als Einheit und damit anders als die Federn der Widerspruchsmarke dargestellt. Zudem unterscheide sich die angegriffene jüngere Marke von der Widerspruchsmarke durch die Wortbestandteile „AND“ und „BEAST“. Die angegriffene Marke werde als Einheit aufgefasst. Dem Wort „ARROW“ komme innerhalb der angegriffenen Marke lediglich untergeordnete Bedeutung zu. Auch begrifflich seien die Marken unähnlich. Ebenso bestehe sprachlich-klanglich keine Verwechslungsgefahr. Die angegriffene Marke werde auch nicht als Abwandlung oder Weiterbildung der Widerspruchsmarke angesehen. Die angegriffene Marke übernehme das Wortelement „ARROW“ und das Bildelement des Pfeils im Blick auf die unterschiedliche grafische Gestaltung nicht von der Widerspruchsmarke. Im Blick auf die Verwechslungsgefahr sei auf den Gesamteindruck der angegriffenen Marke abzustellen. Sowohl deren grafische Gestaltung als auch ihre Wortbestandteile würden sich deutlich von der Widerspruchsmarke unterscheiden. Zwischen den Marken bestehe keine Verwechslungsgefahr. Der Widerspruchsmarke komme unterdurchschnittliche bis durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu, weshalb ihr ein normaler Schutzumfang zukomme. Im Blick auf die Wortbestandteile „and“ und „Beast“ der angegriffenen Marke, die diese gegenüber der Widerspruchsmarke zusätzlich zu dem Wort „Arrow“ und dem nach rechts zeigenden Pfeil aufweise, seien unmittelbare Verwechslungen in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht auszuschließen. Ebenso scheide eine begriffliche Verwechslung aus. Wort-/Bildmarken würde der Verkehr mit dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform benennen, weshalb dem Wort prägende Bedeutung zukomme. Die Marken „Arrow“ und „Arrow and Beast“ würden maßgeblich in klanglicher und nicht in schriftbildlicher Hinsicht geprägt, weshalb im Blick auf die weiteren Wortbestandteile „and“ und „Beast“ die angegriffene Marke sich in ihrer Silbenzahl im Klangbild deutlich von der Widerspruchsmarke unterscheide, und deshalb eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen sei. Die weiteren Bestandteile „and“ und „Beast“ der angegriffenen Marke würden im Vordergrund stehen. Sie hätten eine maßgebliche Bedeutung und würden zum Gesamteindruck der Marke „Arrow and Beast“ beitragen. Die Marke „Arrow and Beast“ werde vom Verkehr als Einheit wahrgenommen und nicht zur Vereinfachung in Teile verkürzt. Auch eine Verwechslungsgefahr dadurch, dass im Blick auf den übereinstimmenden Wortbestandteil „Arrow“ die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden könnten (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 MarkenG), komme nicht in Betracht, weil sich die angegriffene Marke als gesamtbegriffliche Einheit darstelle, die von einem eigenständigen Herkunftsnachweis durch den ersten Wortbestandteil „Arrow“ wegführe. Das Wort „Arrow“ und der nach rechts zeigende Pfeil hätten in der angegriffenen Marke keine selbständig kennzeichnende Stellung und könnten nicht den Eindruck erwecken, dass die von der Markeninhaberin angebotenen Waren von mit der Widersprechenden verbundenen Unternehmen stammen würden. Eine selbstständig kennzeichnende Stellung komme dem Wort „Arrow“ und einem nach rechts zeigenden Pfeil nicht zu.

33

Im Anschluss an die mündliche Verhandlung am 10. Mai 2017 haben die Parteien außergerichtliche Vergleichsverhandlungen über eine Beschränkung der für die angegriffene Marke geschützten Waren der Klasse 25 geführt, weil der Inhaber der angegriffenen Marke diese im Zusammenhang mit Bekleidung für Skater einsetzen will, wohingegen die Inhaberin der Widerspruchsmarke mit ihrer Marke Business-Oberhemden kennzeichnen will. Dem Senat ist am 24. Juli 2017 mitgeteilt worden, dass die Vergleichsverhandlungen keinen Erfolg hatten.

34

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Amtsakte des Deutschen Patent- und Markenamts Bezug genommen.

II.

35

Die nach § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 MarkenG zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil keine Gefahr von Verwechslungen zwischen der angegriffenen und der Widerspruchsmarke i. S. d. §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 43 Abs. 2 Satz 2, 125b Nr. 1 MarkenG besteht. Die Beschwerde der Widersprechenden ist deshalb zurückzuweisen. Für die Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens zu Lasten der Widersprechenden aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 MarkenG besteht keine Veranlassung.

36

Verwechslungsgefahr besteht, wenn das Publikum glauben könnte, dass die von den Vergleichszeichen erfassten Waren/Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich im Hinblick auf die Identität oder Ähnlichkeit der Vergleichszeichen einerseits und die Identität oder Ähnlichkeit der von diesen erfassten Waren/Dienstleistungen andererseits. Weil die Verwechslungsgefahr vom Vorliegen einer Vielzahl von Umständen abhängt, tritt als weiteres Element insbesondere die Kennzeichnungskraft der älteren Marke hinzu (EuGH GRUR 1998, 922, 924 Rn. 29 – Canon; GRUR Int. 999, 734, 736 Rn. 17 – Lloyd; GRUR Int. 2007, 718, 720 Rn. 55 – TRAVATAN II.; GRUR 2008, 343, 346 Rn. 63 – Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; GRUR 2008, 503, 504 Rn. 28 - adidas/Marca Mode u.a.; GRUR 2010, 841, 844 Rn. 51 – Portakabin/ Primakabin; Hacker, in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl. 2015, § 9 Rn. 31).

37

Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, bemisst sich im Wesentlichen nach dem Zusammenwirken der Faktoren Identität oder Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen, Kennzeichnungskraft der älteren Marke und Identität oder Ähnlichkeit der Vergleichszeichen. Dabei stehen die genannten Faktoren in einem Verhältnis der Wechselwirkung, so dass ein geringerer Grad eines Faktors durch einen höheren Grad eines anderen Faktors ausgeglichen werden kann (EuGH GRUR 1998, 387, 389 Rn. 22 – Sabél/Puma; GRUR 1998, 922, 923 Rn. 17 – Canon; GRUR Int. 1999, 734, 736 Rn. 19 – Lloyd; GRUR Int. 2000, 899, 901 Rn. 40 – Marca/Adidas; GRUR 2008, 343, 345 Rn. 48 – Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; BGH GRUR 2012, 1040, 1042 Rn. 25 – pjur/pure; GRUR 2012, 930, 932 Rn. 22 – Bogner B/Barbie B/; GRUR 2012, 64 Rn. 9 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2011, 826 Rn. 11 – Enzymax/Enzymix; GRUR 2011, 824 Rn. 18 – Kappa; GRUR 2010, 235 Rn. 35 – AIDA/AIDU; GRUR 2009, 766, 768 Rn. 26 – Stofffähnchen; GRUR 2009, 772, 776 Rn. 51 – Augsburger Puppenkiste; GRUR 2009, 484, 486 Rn. 23 – Metrobus; GRUR 2008, 1002, 1004 Rn. 23 – Schuhpark; Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 41).

38

Zwischen der angegriffenen und der Widerspruchsmarke besteht keine unmittelbare Verwechslungsgefahr i. S. d. §§ 9 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1, 125b Nr. 1 MarkenG.

39

Da Benutzungsfragen nicht aufgeworfen sind, ist beim Warenvergleich und bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit jeweils von der Registerlage auszugehen.

40

Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren/Dienstleistungen ist anzunehmen, wenn diese in Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen – insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte und Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe – so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder gegebenenfalls wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (EuGH GRUR 1998, 922, 923 f. Rn. 22-29 - Canon; GRUR 2006, 582, 584 – VITAFRUIT; MarkenR 2009, 47, 53 Rn. 65 – Edition Albert René; BGH GRUR 1998, 925, 926 – Bisotherm-Stein; GRUR 1999, 158, 159 – GARIBALDI; GRUR 1999, 164, 166 – JOHN LOBB; GRUR 2004, 594, 596 – Ferrari-Pferd; GRUR 2006, 941, 942 Rn. 13 – TOSCA BLU; GRUR 2007, 321, 322 Rn. 20 – COHIBA; GRUR 2007, 1066, 1068 Rn. 23 – Kinderzeit; GRUR 2009, 484, 486 Rn. 25 – Metrobus; GRUR 2014, 488, 489 Rn. 14 – DESPERADOS/DESPERADO; Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 59).

41

Zwischen den von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren „Bekleidungsstücke, ausgenommen Schuhe und Schuhwaren“ der Klasse 25 und den von der Widerspruchsmarke beanspruchten Waren „Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen“ der Klasse 25 besteht Identität. Auf die Feststellung des Grades der Ähnlichkeit der übrigen sich gegenüber stehenden Waren und Dienstleistungen kann verzichtet werden, weil selbst hinsichtlich der genannten identischen Waren keine Verwechslungsgefahr besteht.

42

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist durchschnittlich, weshalb ihr ein lediglich normaler Schutzumfang zukommt. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass ihr eine hohe Kennzeichnungskraft zukommt, bestehen nicht.

43

Zur Feststellung gesteigerter Verkehrsbekanntheit sind im Einzelfall alle relevanten Umstände zu berücksichtigen. Dabei sind insbesondere der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, geographische Verbreitung und Dauer der Markenverwendung, die dafür aufgewendeten Werbemittel und die dadurch erreichte Bekanntheit in den beteiligten Verkehrskreisen von Bedeutung (BGH GRUR 2003, 1040, 1044 – Kinder; 2007, 780, 784 Rn. 36 – Pralinenform; GRUR 2007, 1066, 1068 Rn. 33 – Kinderzeit; GRUR 2007, 1071, 1072 Rn. 27 - Kinder II; GRUR 2008, 793, 794 Rn. 18 – Rillenkoffer; GRUR 2008, 903, 904 Rn. 13 – SIERRA ANTIGUO; GRUR 2009, 672, 674 Rn. 21 – OSTSEE-POST; GRUR 2009, 766, 769 Rn. 30 – Stofffähnchen; BPatG GRUR 2004, 950, 952 – ACELAT/Acesal; EuG GRUR Int. 2007, 137, 139 Rn. 35 – VITACOAT; Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 155). Im Allgemeinen lassen unter anderem Angaben über Werbeaufwendungen Schlüsse auf die Verkehrsbekanntheit einer Marke zu (BGH GRUR 2013, 833, 836 Rn. 41 – Culinaria/Villa Culinaria; Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 160). Dabei vermag die erforderliche Bekanntheit nicht in jedem Fall ohne weiteres allein aus den erzielten Umsatzzahlen hergeleitet zu werden, da selbst umsatzstarke Marken wenig bekannt, wie andererseits Marken mit geringen Umsätzen weithin bekannt sein können (OLG Köln MarkenR 2007, 126 – Schlaufuchs und Lernfuchs; BPatG, Beschluss vom 23.04.2008, 26 W (pat) 23/06 – Grüne Bierflasche; BPatG, Beschluss vom 16.09.2009, 29 W (pat)15/09 – BLUE PANTHER/Panther; Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 158). Bei Gemeinschaftsmarken kann eine gesteigerte Kennzeichnungskraft nur berücksichtigt werden, wenn diese auch in Deutschland vorliegt. Eine intensive Benutzung und erhöhte Bekanntheit nur im EU-Ausland genügt insoweit nicht (BGH GRUR 2013, 1239, 1241 Rn. 29 - VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion; Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 166). Trotz des grundsätzlich anzuwendenden Untersuchungsgrundsatzes (§ 73 Abs. 1 MarkenG) gilt für die Frage der gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (ebenso wie für den Benutzungsnachweis nach § 43 Abs.1 MarkenG) der Beibringungsgrundsatz, weil es sich bei den zu ermittelnden Tatsachen weitgehend um innerbetriebliche Sachverhalte handelt, die von Amts wegen nicht festzustellen sind. Insofern ist es Sache der Widersprechenden, die die gesteigerte Kennzeichnungskraft begründenden maßgeblichen Tatsachen glaubhaft zu machen (BGH GRUR 2006, 859, 862 Rn. 33 – Malteserkreuz; Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 170). In dem auf Löschung gerichteten Widerspruchsverfahren (§ 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG) geht es um die Beseitigung eines bestehenden Störungszustandes, also um die Durchsetzung eines zukunftsgerichteten Anspruchs gegenüber einer jüngeren Registermarke. Demzufolge ist sowohl der Prioritätszeitpunkt der jüngeren Marke als auch der Entscheidungszeitpunkt maßgeblich. Eine gestärkte Kennzeichnungskraft muss schon im Prioritätszeitpunkt der jüngeren Marke vorgelegen haben (BGH GRUR 2008, 903, 904 Rn. 14 – SIERRA ANTIGUO) und im Entscheidungszeitpunkt noch fortbestehen (Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 211).

44

Die Widersprechende hat die gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht. Denn sie hat in ihrem am 12. Mai 2015 eingegangenen Schriftsatz lediglich auf die Historie der Widerspruchsmarke hingewiesen sowie Umsätze in Deutschland von mit der Widerspruchsmarke gekennzeichneten Hemden im Jahr 2013 in Höhe von über … € und in den

ersten drei Quartalen des Jahres 2014 von über … € behauptet, wobei un-

klar ist, ob sie Brutto- oder Nettoumsätze meint. Die Widersprechende behauptet zugleich einen Werbeaufwand für mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnete Hemden in Deutschland im Jahr 2013 von über … € und im Jahr 2014 von

über … €. Die Widersprechende hat weder ihre Angaben über die von ihr

angeblich erzielten Umsätze noch die über ihre angeblichen Werbeaufwendungen belegt. Die Widersprechende hat zudem auf Werbemaßnahmen für mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnete Waren seitens des Models Bar Refaeli und des Schauspielers Josh Duhamel seit dem Jahr 2011 verwiesen. Auch das kann eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht glaubhaft machen.

45

Gleiches gilt für die mit Schriftsatz vom 28. April 2017 eingereichten Unterlagen. Dort verweist die Widersprechende auf 16 Millionen produzierte und vertriebene Hemden der S… pro Jahr. Damit ist indes nicht gesagt, dass es sich um 16 Millionen Hemden handelt, die mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnet sind. Die in der Europäischen Union in dem Zeitraum zwischen 1998 und 2015 mit Oberhemden, die mit Widerspruchsmarke versehen sind, erzielten Umsätze sind irrelevant, weil es für eine gesteigerte Kennzeichnungskraft bei Gemeinschaftsmarken wie der Widerspruchsmarke nur auf die Umsätze in Deutschland ankommt. Für eine gesteigerte Kennzeichnungskraft sind daher nur die Umsätze in Deutschland und zwar die zum Prioritätszeitpunkt der jüngeren Marke (Anmeldetag der angegriffenen Marke ist der 18. Mai 2010) und die zum Entscheidungszeitpunkt, also dem Tag der mündlichen Verhandlung am 10. Mai 2017 maßgebend. Die Nettoumsätze in Deutschland im Jahr2010 betrugen nach der eidesstattlichen Versicherung des Vizepräsidenten der Widersprechenden im Jahr 2010 … US-Dollar. Angaben zum Jahr 2017 fehlen. Abgesehen davon, dass die erforderliche Bekanntheit nicht ohne weiteres allein aus erzielten Umsatzzahlen hergeleitet werden kann, weil eine umsatzstarke Marke wenig bekannt sein kann, ist der glaubhaft gemachte Nettoumsatz im Jahr 2010 zu gering, als dass daraus eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke abgeleitet werden könnte. Die von der Widersprechenden behaupteten „Investitionen für Marketing in Europa“ sind irrelevant, weil es um die gesteigerte Kennzeichnungskraft in Deutschland geht, die durch in Europa getätigte Werbung für mit einer Gemeinschaftsmarke gekennzeichnete Waren nicht glaubhaft gemacht werden kann.

46

Insgesamt betrachtet kommt daher der Widerspruchsmarke keine hohe, überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft, sondern lediglich normale, durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu.

47

Hinsichtlich des Grades der Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Zeichen ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Vergleichszeichen dem angesprochenen Verkehr, also dem normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher vermitteln (EuGH GRUR 2004, 843, 845 Rn. 29 – MATRATZEN; GRUR 2007, 700, 701 Rn. 35 – HABM/Shaker; GRUR Int. 2010, 129, 132 Rn. 60 – Carbonell/La Espanola; GRUR 2010, 1098, 1099 Rn. 45 – Calvin Klein/HABM; GRUR 2013, 922, 924 Rn. 35 Specsavers-Gruppe/Asda; BGH GRUR 2014, 382, 383 Rn. 14 – REAL-Chips; GRUR 2013, 833, 835 Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040, 1042 Rn. 25 – pjur/ pure; GRUR 2012, 930, 932 Rn. 22 – Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64 Rn. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2011, 826 Rn. 11 – Enzymax/Enzymix). Eine künstlich zergliedernde, analysierende Betrachtungsweise ist zu vermeiden, weil auch eine größere Anzahl von Übereinstimmungen im Einzelnen nicht notwendig zu einem übereinstimmenden Gesamteindruck führen muss. Der Verkehr nimmt eine Marke regelmäßig so auf, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 1998, 387, 390 Rn. 23 - Sabèl/Puma; GRUR Int. 1999, 734, 735 Rn. 25 – Lloyd; Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 237, 327 ff.).

48

Insofern stehen sich vorliegend im Grundsatz die angegriffene Wort-/Bildmarke Abbildung und die Widerspruchswort-/bildmarke Abbildung gegenüber.

49

Eine Markenähnlichkeit kann in klanglicher, (schrift-)bildlicher oder begrifflicher Hinsicht bestehen. Jede dieser Möglichkeiten ist gesondert zu erörtern. Für die markenrechtliche Verwechslungsgefahr reicht aus, dass Übereinstimmungen in einer der genannten Wahrnehmungsrichtungen bestehen (Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 254).

50

Stehen Marken zum Vergleich, die neben Wortelementen auch Bildelemente enthalten, ist beim Zeichenvergleich zwischen dem klanglichen und dem bildlichen Gesamteindruck zu unterscheiden. In klanglicher Hinsicht ist von dem Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr in der Regel dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform die prägende Bedeutung zumisst. Im Grundsatz prägen Wortbestandteile innerhalb von Wort-Bild-Marken (BGH GRUR 2014, 378, 380 Rn. 30 – OTTO CAP; EuG GRUR Int. 2010, 722, 724 Rn. 43 – Golden Eagle; Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 432 f.).

51

Eine Ausnahme von dem Grundsatz „Wort vor Bild“ (siehe dazu Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 434 ff.) ist hier nicht gerechtfertigt, weil die Wortbestandteile der sich gegenüber stehenden Zeichen weder schlecht les- und merkbar sind noch aus einer Vielzahl von Wortbestandteilen bestehen und auch die jeweiligen Bilder die Marken nicht derart beherrschen, dass die jeweiligen Worte dieser Marken nicht mehr beachtet würden, weshalb sich die Vergleichsmarken in ihren Wortbestandteilen „ARROW AND BEAST“ und „ARROW“ gegenüberstehen.

52

Zwar werden Wortanfänge im Allgemeinen stärker beachtet, als die übrigen Markenteile (Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 267). Obwohl beide Vergleichszeichen mit dem Wort „ARROW“ beginnen, ist im Blick auf die Wortbestandteile „AND“ und „BEAST“ der angegriffenen Marke, die in der Widerspruchsmarke nicht enthalten sind, aber eine klangliche Verwechslung der Vergleichszeichen ausgeschlossen.

53

Auszugehen ist grundsätzlich von der registrierten Form der Marke, die für den markenrechtlichen Schutz maßgeblich ist, also von der angegriffenen Marke „ARROW AND BEAST“. Es ist grundsätzlich verwehrt, aus der angegriffenen jüngeren Marke ein Element herauszugreifen und allein auf dieser Grundlage eine Verwechslungsgefahr mit der älteren Marke festzustellen (BGH GRUR 1986, 72, 73 – Tabacco d'Harar; GRUR 1989, 425, 427 – Herzsymbol; GRUR 1996, 198, 199 – Springende Raubkatze; Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 360). Allerdings kann ein Markenbestandteil eine selbständig kollisionsbegründende Bedeutung haben, wenn er den Gesamteindruck der mehrgliedrigen Marke prägt (Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 361).

54

Die angegriffene Marke wird nicht durch den Wortbestandteil „ARROW“ geprägt. Der übereinstimmende Wortbestandteil „ARROW“ prägt den maßgeblichen Gesamteindruck der angegriffenen Marke nicht derart, dass die übrigen Wortbestandteile „AND“ und „BEAST“ für den Gesamteindruck vernachlässigt werden könnten (BGH GRUR 2010, 828, 832 Rn. 45 – DiSC; Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 369). Eine hinreichende Prägung des Gesamteindrucks durch einen Markenbestandteil kann nämlich nicht angenommen werden, wenn sich dieser Bestandteil als lediglich gleichgewichtig mit anderen Markenteilen darstellt (BGH GRUR 1999, 52, 53 – EKKO BLEIFREI; Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 373). Gleichgewichtig zu dem Wortbestandteil „ARROW“ der angegriffenen Marke ist ihr Wortbestandteil „BEAST“.

55

Eine schriftbildliche Ähnlichkeit zwischen der angegriffenen Wort-/Bildmarke Abbildung und der Widerspruchswort-/bildmarke Abbildung ist zu verneinen, weil der Wortbestandteil „ARROW“ in der angegriffenen Marke anders als in der Widerspruchsmarke wellenförmig grafisch gestaltet, der Pfeil in der angegriffenen Marke durch den Wortbestandteil „AND“ unterbrochen ist und sowohl die Federn als auch die Spitzen der Pfeile bei der angegriffenen und der Widerspruchsmarke grafisch unterschiedlich ausgestaltet sind.

56

Auch in begrifflicher Hinsicht besteht zwischen beiden Vergleichszeichen keine Ähnlichkeit, weil der angegriffenen Marke die ins Deutsche übersetzte begriffliche Bedeutung von „Pfeil und Biest“ und der Widerspruchsmarke die Bedeutung „Pfeil“ zukommt.

57

Insgesamt ist damit eine unmittelbare Verwechslungsgefahr der Vergleichszeichen i. S. d. §§ 9 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1, 125b Nr. 1 MarkenG auszuschließen.

58

Zwischen den Marken besteht auch keine mittelbare Verwechslungsgefahr i. S. d. §§ 9 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2, 125b Nr. 1 MarkenG.

59

Die mittelbare Verwechslungsgefahr setzt voraus, dass die beteiligten Verkehrskreise zwar die Unterschiede zwischen den Vergleichsmarken erkennen (und insoweit keinen unmittelbaren Verwechslungen unterliegen), gleichwohl einen in beiden Marken übereinstimmend enthaltenen Bestandteil als Stammzeichen des Inhabers der älteren Marke werten, diesem Stammbestandteil also für sich schon die maßgebliche Herkunftsfunktion beimessen und deshalb die übrigen (abweichenden) Markenteile nur noch als Kennzeichen für bestimmte Waren/Dienstleistungen aus dem Geschäftsbetrieb des Inhabers der älteren Marke ansehen (BGH GRUR 2010, 729, 732 Rn. 40 – MIXI; Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 488).

60

Vorliegend hat weder die Widersprechende vorgetragen noch gibt es Anhaltspunkte dafür, dass sich die Widersprechende einer Serienmarke für die Kenntlichmachung einer Vielzahl von Waren bedient hätte. Insofern werden die beteiligten Verkehrskreise nicht annehmen, dass die mit der angegriffenen Marke gekennzeichneten Waren aus dem Unternehmen der Widersprechenden stammen würden.

61

Zwischen den Marken besteht keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne i. S. d. §§ 9 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2, 125b Nr. 1 MarkenG.

62

Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne besteht in Fällen, in denen zwar die beiderseitigen Kennzeichnungen als unterschiedlich und als solche verschiedener Unternehmen aufgefasst werden, gleichwohl aufgrund besonderer Umstände darauf geschlossen wird, dass zwischen diesen Unternehmen Beziehungen geschäftlicher, wirtschaftlicher oder organisatorischer Art bestehen (BGH GRUR 2009, 1055, 1057 Rn. 37 – airdsl; Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 514). Dass ein Zeichen geeignet ist, Assoziationen an ein fremdes Kennzeichen zu wecken, reicht allerdings nicht aus (BGH GRUR 2013, 1239, 1242 Rn. 45 – VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion; Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 515). Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, die dem Verkehr die Annahme von wirtschaftlichen oder organisatorischen Beziehungen nahelegen (BGH GRUR 2013, 1239, 1242 Rn. 45 – VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion; Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 516).

63

Solche besonderen Umstände sind hier weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere besteht unter dem Gesichtspunkt der selbstständig kennzeichnenden Stellung des nicht prägenden Wortbestandteils „ARROW“ zwischen der angegriffenen und der Widerspruchsmarke keine Verwechslungsgefahr. Denn bei der selbstständig kennzeichnenden Stellung handelt es sich stets um einen Ausnahmefall (EuGH GRUR 2005, 1042, 1044 Rn. 30 – THOMSON LIFE: „jenseits des Normalfalls“). Vorliegend fehlt es an einer selbstständig kennzeichnenden Stellung des in beiden Marken übereinstimmenden Wortbestandteils „ARROW“. Denn von einer selbständig kennzeichnenden Stellung kann dann nicht ausgegangen werden, wenn der betreffende Bestandteil vollständig in das jüngere Kombinationszeichen integriert ist. So verhält es sich hier, weil die verschiedenen Bestandteile „ARROW AND BEAST“ der angegriffenen Marke zu einer gesamtbegrifflichen Einheit verschmolzen sind (Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 470, 519).

64

Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen besteht keine Veranlassung.