Entscheidungsdatum: 05.07.2011
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 30 2009 003 081.2
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) am 5. Juli 2011 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, den Richter Kruppa und die Richterin am Landgericht Werner
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der Wortmarke
Der Klartext-Experte
mit Antrag vom 16. Januar 2009 nach Hinweis vom 27. Mai 2009 als Kennzeichnung für die Waren und Dienstleistungen der
Klasse 16: Bücher; Druckereierzeugnisse; Unterrichts- und Lehrmaterial (außer Apparate);
Klasse 35: Publikation von Druckerzeugnissen (auch in elektronischer Form) für Werbezwecke; Internetdienstleistungen, nämlich interaktive Beratungsdienstleistungen organisatorischer und betriebswirtschaftlicher Art; Konzeption von Präsentationen und anderen Informationsangeboten zu Werbezwecken, Informationszwecken, Verkaufszwecken und zur Kommunikation mit Kunden und Interessenten und insbesondere zur Veröffentlichung im Internet, in anderen Datennetzen, in Online-Diensten sowie mittels Multimediatechniken; Realisierung von Präsentationen und anderen Informationsangeboten zu Werbezwecken, Informationszwecken, Verkaufszwecken und zur Kommunikation mit Kunden und Interessenten und insbesondere zur Veröffentlichung im Internet, in anderen Datennetzen, in Online-Diensten sowie mittels Multimediatechniken; Unternehmensberatung; Öffentlichkeitsarbeit; Planung von Werbemaßnahmen; Verfassen von Werbetexten; Waren- und Dienstleistungspräsentationen; Public Relations;
Klasse 41: Ausbildung; Erziehung und Unterricht; Training; Coaching; Personalentwicklung durch Aus- und Fortbildung; Seminare auf dem Gebiet Rhetorik; Persönlichkeitsentwicklung; Publikation von Druckerzeugnissen (auch in elektronischer Form), ausgenommen für Werbezwecke; Online-Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften; Videofilmproduktion; Fernunterricht; Veranstaltung und Leitung von Kolloquien; Organisation und Durchführung von Symposien, Konferenzen, Kongressen, Schulungen, Lehr- und Vortragsveranstaltungen
nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mit Beschlüssen vom 19. August 2009 und 25. August 2010, der im Erinnerungsverfahren ergangen ist, mit der Begründung zurückgewiesen, dass dem angemeldeten Begriff die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle.
Zur Begründung ist ausgeführt, die angemeldete Wortfolge setze sich aus allgemein bekannten und verständlichen Wörtern zusammen. In ihrer Gesamtheit sei "Der Klartext-Experte" für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine unmittelbar beschreibende Angabe, da sie einen Sachverständigen / Fachmann betreffe, der entweder seine Meinung sage, offen spreche oder aber "normale, nicht verschlüsselte Schrift" beherrsche bzw. lehre, also anderen "Klartext" bei- bzw. näherbringe.
Der Beschluss im Erinnerungsverfahren ist dem Anmelder am 27. August 2010 zugestellt worden.
Mit seiner Beschwerde vom 23. September 2010 wendet sich der Anmelder gegen die Wertung in den angegriffenen Entscheidungen und verfolgt seinen Eintragungsantrag weiter.
Zur Begründung führt er aus, der Marke könne kein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden. Der Begriff sei mehrdeutig, er könne sich sowohl darauf beziehen, dass sich der Anmelder bei seinen eigenen aber auch bei der Befassung mit fremden Waren und Dienstleistungen und deren Beurteilung besonders eindeutig und verständlich äußere. "Klartext" sei darüber hinaus ein Begriff aus der Computersprache für unverschlüsselte Texte. Ein Experte auf dem Gebiet der Entschlüsselung von Computertexten bzw. -daten beschäftige sich mit etwas völlig anderem als ein Fachmann, der sich um gutes und treffendes Deutsch und eine leicht verständliche Sprache bemühe. Entsprechend seien die Wortmarken "Aromapflege-Experte" und "Aromakosmetik-Experte" eingetragen worden.
Schließlich zeichne sich die angemeldete Wortfolge durch die auffällige Abfolge der sich wiederholenden Buchstaben "ex" in beiden Wörtern durch Originalität und Prägnanz der Zeichenfolge aus.
Der Anmelder beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. August 2009 und vom 25. August 2010 aufzuheben und die Eintragung der angemeldeten Marke zu beschließen.
II.
Die nach §§ 66, 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Zu Recht und mit eingehender und zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG für die angemeldeten Waren und Dienstleitungen versagt.
Auch die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass.
1. Über die Beschwerde kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da der Anmelder keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt hat und der Senat diese nicht für erforderlich hält (§ 69 MarkenG). Der Beschwerdeführer hatte ausreichend Gelegenheit, seine Beschwerde zu begründen.
2. Der angemeldeten Wortfolge "Der Klartext-Experte" fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft.
a) Unterscheidungskraft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie von denjenigen anderer zu unterscheiden sowie ihre Ursprungsidentität zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2006, 229 - BioID).
Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Kreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 943 - SAT.2).
Auch Wortfolgen haben keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verbraucher lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache bestehen, die, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien, stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 - Individuelle).
b) Die angemeldete Wortfolge ist - durch die Großschreibung aller Wortteile und den Bindestrich ohne weiteres erkennbar - aus dem bestimmten Artikel "Der" sowie den leicht verständlichen Bestandteilen "Klartext" und "Experte" zusammengesetzt.
Dem breiten Publikum ist der Begriff "Klartext" aus der umgangssprachlichen Redewendung "Klartext reden" für "nicht verschlüsselt, jedermann verständlich, unverhüllt seine Meinung sagen, ganz offen sprechen" vertraut. Klartext bedeutet darüber hinaus im EDV-Bereich "eine normale, nicht verschlüsselte Schrift". Als Experte wird ein Fachmann, Kenner bzw. Sachverständiger bezeichnet. Der Verbraucher erkennt diese Bedeutung auch in Wortkombinationen, wie z. B. EDV-Experte, Modeexperte, Sprachexperte (vgl. Duden Deutsches Universalwörterbuch, 6. Auflage 2007, S. 958 und 536).
Deshalb wird das angesprochene Publikum auch im angemeldeten Zeichen hierin nichts anderes als einen Hinweis darauf sehen, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen von einem Fachmann angeboten und erbracht werden, der - auch im Computerbereich - Klartext versteht, spricht oder lehrt, also undurchschaubare Sachverhalte (in Wort oder Schrift) in Klartext verständlich macht, bzw. die im Zusammenhang mit der Qualifikation zu einem solchen "Klartext-Experten" stehen (so auch BPatG, Beschluss vom 28. Juli 1999, Az.: 32 W (pat) 66/99 - PC EXPERT; Beschluss vom 7. Mai 2003, Az.: 29 W (pat) 157/02, Beck, RS 2009, 02044 - Experte für GPM).
Ein derartiges "verständlich machen" kann dabei auf unterschiedlichste Art und Weise erfolgen, unter anderem in Form von Druckereierzeugnissen, Videofilmproduktionen, Präsentationen und Werbetexten, oder durch Internetdienstleistungen, Coaching, Kolloquien, Symposien, Konferenzen, Kongressen, Schulungen, Lehr- und Vortragsveranstaltungen u. v. m.
In Bezug auf die Waren der Klasse 16 steht die genannte Bedeutung im Vordergrund. Auch wenn "Klartext" nicht so gebräuchlich sein mag, wie beispielsweise die Wörter "Dossier", "Dokumentation" o. ä., können Bücher, Druckereierzeugnisse und darunter auch Werbebroschüren, Unterrichts- und Lehrmaterial von einem "Klartext-Experten" stammen und / oder dieses Thema zum Inhalt haben.
Dies gilt auch für die weiteren beanspruchten Dienstleitungen. "Der Klartext-Experte" weist auf den thematischen Schwerpunkt hin und wird stets für alle beanspruchten Waren und Dienstleitungen nur als sachbezogene Angabe, nicht jedoch als ein individualisierender Herkunftshinweis angesehen.
Im Hinblick auf die Dienstleistungen aus dem Bereich der Klasse 35 deutet "Der Klartext-Experte" das Thema der angebotenen Werbe-, Beratungs- und Marketing-Dienstleistungen sowie der Veranstaltungen an. Alle diese Dienstleistungen können klare, deutliche Sprache zum Inhalt oder Gegenstand haben. Nicht verschlüsselte, jedermann verständliche Wortwahl, Aussprache, Verständigung und Kommunikation können auch mit dem Computer oder Internet oder damit verknüpften Daten verbunden sein, die ein Experte anbietet, erbringt, fördert oder vermittelt usw. "Klartext-Experte" steht hier für die Arbeitsweise des Anbieters und beschreibt die Arbeitsergebnisse dahingehend, dass sie klare Informationen vermitteln und keine Scheu haben, auch unbequeme Wahrheiten in der Beratung aufzuzeigen.
Hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 41 wie "Durchführung von Schulungen, Seminaren und jeglichem Unterricht oder Lehr- und Vortragsveranstaltungen" usw. auch auf elektronischen Weg werden die Verbraucher der Wortfolge lediglich die beschreibende Aussage entnehmen, dass es sich hierbei um Rhetorikkurse handelt, die dem Kunden vermitteln sollen, Klartext zu sprechen, und von einem Fachmann / Experten angeboten und erbracht werden. Dies belegt auch die Markenstelle mit ihrer Internetrecherche (vgl. Bl. 18 ff. der Verfahrensakte des DPMA), nach der eine Vielzahl von Seminaren nicht nur vom Anmelder angeboten werden, die die Vermittlung von Kommunikationsgrundlagen hinsichtlich einer klaren Ausdrucksweise bzw. Klartext zu sprechen oder nicht verschlüsselte Schrift im EDV-Bereich zum Gegenstand haben. "Klartext-Experte" steht in all diesen Bereichen für die Arbeitsweise des Anbieters und beschreibt die Arbeitsergebnisse dahingehend, dass sie klare Informationen vermitteln und es vermitteln, keine Scheu zu haben, auch unbequeme Wahrheiten in der Beratung aufzuzeigen und so Klartext-Experte zu werden.
Dass der angemeldete Begriff ggf. auch andere Lesarten zulässt - wie bei den eigenen oder der Befassung mit fremden Waren oder Dienstleistungen besonders verständlich zu sein, oder als Begriff aus der Computersprache - vermag Schutzfähigkeit nicht zu begründen, denn in allen Bedeutungen liegt jedenfalls kein Herkunftshinweis (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit liegt nicht vor.
Verschiedene gleichwertige Bedeutungen einer Marke sprechen nicht für deren Unterscheidungskraft, wenn sich in Bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen alle Deutungsmöglichkeiten als sachbezogen oder sonst als zur Erfüllung der Herkunftsfunktion als ungeeignet erweisen (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2004, 778, 779 - Urlaub direkt).
Trotz der vagen Sachaussage steht hier der Charakter als Sachinformation im Vordergrund und der Verbraucher wird die Kennzeichnung - gerade weil er ähnlich gebildete Wortzusammensetzungen mit dem Element "Experte" aus anderen Bereichen kennt und diese allesamt sachbegrifflich verwendet werden - auch die vorliegende Kennzeichnung immer nur als sachbezogene Angabe, nicht jedoch im Sinn eines individualisierenden Herkunftshinweises ansehen.
Entgegen der Annahme des Anmelders weist "Der Klartext-Experte" mit der Wiederholung der Buchstaben "ex" in den beiden Wörtern auch keine Originalität oder Prägnanz der Zeichenfolge aus. Insoweit drängt sich ein besonders Wortspiel nicht in den Vordergrund.
Die Buchstaben "ex" treten in beiden Wörtern nicht in den Vordergrund, da sie jeweils in mehrsilbige Wörter eingebunden sind und allenfalls in dem Wort "Experte" als selbständige Silbe hörbar werden. Dabei stehen die beiden Buchstaben einander auch nicht am Ende des einen und Anfang des anderen Wortes gegenüber und ergeben keinen Reim. Sie werden vielmehr durch das deutlich sicht- und hörbare "t" in "Klartext" und den Bindestrich getrennt. Die vermeintliche Besonderheit ihrer Wiederholung ist erst bei einer analysierenden Betrachtungsweise, zu der das Publikum nicht neigt, zu erkennen.
"Der Klartext-Experte" vermittelt im Zusammenhang mit allen beanspruchten Waren und Dienstleistungen den Eindruck einer Sachangabe über Thema, Inhalt oder Art der Angebote und keinen Hinweis auf den Hersteller der Waren und den Erbringer der Dienstleistungen.
Damit fehlt dem angemeldeten Zeichen das erforderliche Maß an Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
3. Ob zudem der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann dahingestellt bleiben.
4. Soweit der Anmelder auf vermeintlich vergleichbare Voreintragungen wie "Aromapflege-Experte" oder "Aromakosmetik-Experte" verweist, vermag er hieraus mangels gleicher Sprachüblichkeit der Ausdrücke keinen Anspruch auf Eintragung der vorliegenden Markenanmeldung herzuleiten.
Eine pauschale Betrachtungsweise verbietet sich aber ohnehin, da jeder Fall gesondert unter Einbeziehung seiner Besonderheiten, insbesondere der Marke selbst, der Waren und Dienstleistungen für die sie eingetragen werden soll und der beteiligten Verkehrskreise, zu beurteilen ist. Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens- sondern eine Rechtsfrage, und selbst Voreintragungen identischer oder vergleichbarer Marken führen nach ständiger Rechtsprechung somit nicht zu einem Anspruch auf Eintragung (vgl. hierzu Ströbele in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 RdNr. 25 m. w. N.).
Gegenstand der Prüfung nach § 37 MarkenG ist ausschließlich die jeweils im konkreten Verfahren angemeldete Marke (BPatG MarkenR 2010, 145 - Linuxwerkstatt).
Das Gericht hat demnach stets seine eigene begründete Entscheidung zu treffen (vgl. hierzu auch HABM GRUR 1999, 737 - ToxAlert) und dabei das Gebot des rechtmäßigen Handelns zu berücksichtigen, das besagt, dass sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann (s. a. BPatG GRUR 2009, 667, 668 - Schwabenpost m. w. Nachw.).
5. Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht kein Anlass.
Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 83 Abs. 2 MarkenG i. V. m. § 574 ZPO) liegen nicht vor, weil keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung einer höchstrichterlichen Klärung bedürfen und der Senat mit dieser Entscheidung nicht von Entscheidungen anderer Gerichte abweicht.