Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 05.12.2018


BPatG 05.12.2018 - 27 W (pat) 15/17

Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
05.12.2018
Aktenzeichen:
27 W (pat) 15/17
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2018:051218B27Wpat15.17.0
Dokumenttyp:
Beschluss

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2015 216 329

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 5. Dezember 2018 durch die Vorsitzende Richterin Klante, die Richterin Werner sowie die Richterin Lachenmayr-Nikolaou

beschlossen:

I. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA), Markenstelle für Klasse 3, vom 2. August 2016 aufgehoben. Wegen des Widerspruchs aus der Marke DE 661 990 wird die Löschung der Marke DE 30 2015 216 329 angeordnet.

II. Hinsichtlich des Widerspruchs aus der notorisch bekannten Marke PENATEN ist die Beschwerde gegenstandslos.

Gründe

I.

1

Die am 13. August 2015 angemeldete Wortmarke

2

Pilaten

3

ist am 17. September 2015 unter der Nr. 30 2015 216 329 für die Waren der Klasse 3

4

Gesichtsmasken; Gesichtsmasken für Toilettenzwecke

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in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister eingetragen worden.

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Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 23. Oktober 2015.

7

Gegen diese Marke hat die Inhaberin der am 27. August 1954 eingetragenen Wortmarke DE 661 990

8

Penaten

9

am 18. Januar 2016 Widerspruch erhoben. Die Widerspruchsmarke genießt Schutz für die nachfolgend genannten Waren der Klassen 1, 2, 3 und 5:

10

Arzneimittel, chemische Erzeugnisse für Heilzwecke und Gesundheitspflege, pharmazeutische Drogen, Pflaster, Verbandstoffe, Tier- und Pflanzenvertilgungsmittel, Entkeimungs-und Entwesungsmittel (Desinfektionsmittel), Mittel zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmitteln; Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, ätherische Öle, Seifen, Wasch- und Bleichmittel, Farbzusätze zur Wäsche, Fleckenentfernungsmittel, Rostschutzmittel, Putz- und Poliermittel (ausgenommen für Leder), Schleifmittel.

11

Zugleich hat die Beschwerdegegnerin ebenfalls am 18. Januar 2016 Widerspruch aus der notorisch bekannten Marke

12

PENATEN

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erhoben mit Hinweis auf die notorische Bekanntheit für die Waren

14

Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, insbesondere solche für die Babypflege.

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Mit Beschluss vom 2. August 2016 hat das DPMA, Markenstelle für Klasse 3, die Widersprüche aus der Widerspruchsmarke DE 661 990 sowie aus der notorischen Marke PENATEN zurückgewiesen.

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Zur Begründung ist ausgeführt, es sei weder Verwechslungsgefahr i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG anzunehmen, noch bestünden Anhaltspunkte für den Sonderschutz bekannter Marken gem. § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG.

17

Die angegriffene Marke halte den gebotenen Abstand trotz identischer Waren, Anwendung einer nur durchschnittlichen Sorgfalt der angesprochenen breiten Verkehrskreise sowie gesteigerter Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken noch ein. Die sich gegenüberstehenden Marken würden sich klanglich ausreichend unterscheiden, da die Widerspruchsmarken jeweils in der Vokalfolge („i“ statt „e“ in der ersten Silbe) sowie dem Konsonanten zu Beginn der zweiten Silbe (Fließlaut „l“ statt Nasallaut „n“) von der angegriffenen Marke abwichen und die Vergleichszeichen lediglich in der letzten Sprechsilbe identisch seien. Diese Unterschiede würden nicht überhört werden. Auch schriftbildlich sei eine Verwechslungsgefahr aufgrund der typischen Umrisscharakteristik der Buchstaben „il“ gegenüber den Buchstaben „en“ ausgeschlossen, zumal die angegriffene Marke durch den Buchstaben „l“ über eine weitere Oberlänge verfüge, die den Widerspruchsmarken fehle.

18

Die angesprochenen Verkehrskreise würden schließlich nicht davon ausgehen, dass es sich bei der angegriffenen Marke um ein weiteres Produkt der Widersprechenden handele, da die Marken anders gebildet seien. Die gemeinsame Buchstabenfolge „P-aten“ reiche zur Annahme einer Verwechslungsgefahr nicht aus.

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Für den Löschungsgrund des Sonderschutzes bekannter Marken gem. § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG seien keine Anhaltspunkte gegeben. Es sei weder eine Verwässerung noch eine Beeinträchtigung der Wertschätzung der Widerspruchsmarken ersichtlich, da die angesprochenen Verkehrskreise nicht davon ausgehen würden, dass die jüngere Marke „Pilaten“ mit den Widerspruchsmarken wirtschaftlich in Verbindung stehe. Die angegriffene Marke werde „noch nicht einmal“ als Abwandlung der Widerspruchsmarken aufgefasst werden.

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Mit ihrer Beschwerde vom 1. September 2016 wendet sich die Widersprechende gegen den ihr am 5. August 2016 zugestellten Beschluss.

21

Zur Begründung ist ausgeführt, dass das DPMA zwar zutreffend von Warenidentität bzw. hochgradiger Warenähnlichkeit sowie einer überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken ausgegangen sei, die Markenähnlichkeit jedoch zu Unrecht verneint habe.

22

Soweit das DPMA in seiner Entscheidung ausgeführt habe, dass an den einzuhaltenden Abstand keine allzu strengen Anforderungen zu stellen seien, da sich die Tatsache, dass es sich um niedrigpreisige Waren des Alltags handele, die „flüchtig“ erworben würden, verwechslungsmindernd auswirke, so sei gerade das Gegenteil richtig. An den Zeichenabstand seien angesichts der großen Bekanntheit der Widerspruchsmarken strenge Anforderungen zu stellen, wobei sich die Annahme der Markenstelle, dass die in Rede stehenden Produkte „flüchtig“ erworben würden, verwechslungserhöhend auswirke. Die sich gegenüberstehenden Marken würden sowohl eine klangliche als auch eine schriftbildliche Ähnlichkeit aufweisen. Daher sei Verwechslungsgefahr gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu bejahen.

23

Zudem beeinträchtige die angegriffene Marke „Pilaten“ aufgrund der gedanklichen Verknüpfung mit den Widerspruchsmarken „Penaten“ die Unterscheidungskraft der älteren Marke bzw. nutze die Wertschätzung der in Deutschland sehr bekannten, ja sogar notorisch bekannten Marke „Penaten“ aus, und zwar in unlauterer Weise ohne rechtfertigenden Grund. Die hohe Bekanntheit bzw. Notorietät der Marke „Penaten“ sei amts- und gerichtsbekannt und ergebe sich zudem aus den beigefügten Unterlagen.

24

Die Widersprechende und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

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den Beschluss des DPMA, Markenstelle für Klasse 3, vom 2. August 2016 aufzuheben und wegen der Widersprüche aus der Marke DE 661990 Penaten und der notorisch bekannten Marke „PENATEN“ die Löschung der angegriffenen Marke DE 30 2015 216 329 anzuordnen.

26

Die Inhaberin der angegriffenen Marke und Beschwerdegegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

27

Auf die gerichtliche Aufforderung vom 21. März 2018, für die Durchführung des Verfahrens einen Inlandsvertreter zu benennen, hat die Beschwerdegegnerin, die in der Bundesrepublik Deutschland weder einen Sitz noch eine Niederlassung hat, nicht reagiert.

28

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

29

Die zulässige, insbesondere gem. § 66 Abs. 1 MarkenG statthafte und gem. § 66 Abs. 2 MarkenG fristgerecht eingelegte Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

30

Die Tatsache, dass die Beschwerdegegnerin keinen Inlandsvertreter bestellt hat, begründet kein Verfahrenshindernis und steht somit einer Entscheidung in der Sache nicht entgegen. Vielmehr kann in denjenigen mehrseitigen Verfahren, in denen auf Seiten des Inhabers der angegriffenen Marke und Beschwerdegegners ein Inlandsvertreter nicht bestellt wurde, dennoch eine Sachentscheidung ergehen (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Aufl. 2018, § 96 Rn. 32 – 34). Denn es kann dem Beschwerdeführer und Widersprechenden nicht zum Nachteil gereichen, wenn die Gegenseite der Aufforderung, einen Inlandsvertreter zu bestellen, nicht nachkommt.

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1. Zwischen der jüngeren Marke „Pilaten“ und der Widerspruchsmarke DE 661990 „Penaten“ besteht Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG i. V. m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass der Beschluss des DPMA aufzuheben und gem. § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen waren.

32

Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu z. B. EuGH, GRUR 2010, 933, Rn. 32 – BARBARA BECKER; EuGH, GRUR 2010, 1098, Rn. 44 – Calvin Klein/HABM; BGH, GRUR 2012, 1040, Rn. 25 – pjur/pure; BGH, GRUR 2013, 833, Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria; BGH, GRUR 2016, 382, Rn. 19 – BioGourmet; BGH, GRUR 2016, 283, Rn. 7, BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der Waren, die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. dazu EuGH, GRUR 2008, 343, Rn. 48 – Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; BGH, GRUR 2012, 1040, Rn. 25 – pjur/pure; BGH, GRUR 2016, 283, Rn. 7, BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE; siehe auch Hacker in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 12. Aufl. 2018, § 9 Rn. 41 ff. m. w. N.). Darüber hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren relevant sein, wie u. a. etwa die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen. Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (BGH, GRUR 2016, 382, Rn. 37 – BioGourmet; BGH, GRUR 2014, 382, Rn. 14 – REAL-Chips; BGH, GRUR 2013, 833, Rn. 45 – Culinaria/Villa Culinaria).

33

Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG anzunehmen.

34

a) Die Vergleichszeichen können sich teilweise auf identischen bzw. eng ähnlichen Waren begegnen.

35

Eine Ähnlichkeit von Waren ist anzunehmen, wenn diese in Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen – insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe – so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder ggfls. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie – was zu unterstellen ist – mit identischen Marken gekennzeichnet sind (vgl. EuGH GRUR 2006, 582, Rn. 85 – VITAFRUIT; BGH, GRUR 2018, 79, Rn. 11 – OXFORD/Oxford Club; BGH, GRUR 2008, 719 Rn. 29 – idw Informationsdienst Wissenschaft; BGH, GRUR 2014, 378 Rn. 38 – OTTO CAP).

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Die Vergleichszeichen können sich auf identischen Waren der Klasse 3 begegnen, da die von der jüngeren Marke beanspruchten Waren „Gesichtsmasken; Gesichtsmasken für Toilettenzwecke“ unter den Oberbegriff „Mittel zur Körper- und Schönheitspflege“ fallen, für den die Widerspruchsmarke DE 661 990 Schutz genießt.

37

In Bezug auf die Waren „Gesichtspflegeprodukte“ und „Cremes und Lotionen für Körper und Hände“, die im Hinblick auf den Oberbegriff „Mittel zur Körper- und Schönheitspflege“ in den Schutzbereich der älteren Marke fallen und in Bezug auf die eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke „Penaten“ anzunehmen ist [s. u. b)], ist unter Anwendung der vorgenannten Grundsätze jedenfalls von hochgradiger Ähnlichkeit auszugehen. Auch Gesichtsmasken dienen der Gesichtspflege und können in Form von Cremes angewendet werden.

38

b) Angesprochene Verkehrskreise der in Rede stehenden Waren sind die allgemeinen Verkehrskreise, also sowohl der Handel als auch der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher, der – soweit es sich nicht um preislich gehobene oder besonders günstige Produkte dieser Klassen handelt, bei denen von einem erhöhten oder aber niedrigeren Aufmerksamkeitsgrad ausgegangen werden kann, – im Zusammenhang mit der Auswahl und dem Erwerb der Waren eine durchschnittliche Aufmerksamkeit an den Tag legt.

39

c) Die Widerspruchsmarke DE 661990 „Penaten“ verfügt insgesamt über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft; für die Waren „Gesichtspflegeprodukte“ und „Cremes und Lotionen für Körper und Hände“, die unter den Oberbegriff „Mittel für Körper- und Schönheitspflege“ fallen, verfügt sie über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft.

40

Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH, GRUR 2010, 228, Rn. 33 – Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH, GRUR 2015, 1127, Rn. 10 – ISET/ISETsolar; BGH, GRUR 2012, 1040, Tz. 29 – pjur/pure). Liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft sprechen, ist von normaler oder – was dem entspricht – durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen (vgl. BGH, GRUR 2016, 283, Rn. 10 – BSA/DAS DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE; BGH, GRUR 2012, 64, Rn. 12 – Maalox/Melox-GRY).

41

Bei der Widerspruchsmarke „Penaten“ handelt es sich um einen Phantasiebegriff. Daher ist von einer originär durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „Penaten“ auszugehen.

42

Diese originär durchschnittliche Kennzeichnungskraft ist jedoch durch Benutzung gesteigert in Bezug auf Gesichtspflegeprodukte sowie Cremes und Lotionen für Körper und Hände, so dass insoweit im Rahmen der Prüfung der Verwechslungsgefahr eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zugrunde zu legen ist.

43

Dies entspricht nicht nur den Kenntnissen der Senatsmitglieder, nach denen die Widerspruchsmarke für Wundschutzcremes für Babys und für Cremes für Gesicht und Körper im Allgemeinen bekannt ist, sondern ergibt sich insbesondere auch aus den von der Beschwerdeführerin in das Verfahren eingeführten Unterlagen, insbesondere aus der von der Beschwerdeführerin als Anlage 2 im Beschwerdeverfahren auszugsweise vorgelegten Kommunikations-Analyse 2012 der Zeitschrift Brigitte zu „Frauen in Deutschland: Einstellungen, Marken, Medien“. Nach dieser kennen 70 % der befragten Frauen die Marke „Penaten“ im Zusammenhang mit „Gesichtspflege“ und 75 % der befragten Frauen diese im Zusammenhang mit „Cremes, Lotionen für Körper und Hände“. Für diese Kommunikationsanalyse wurden 5.026 Frauen zwischen 14 und 70 Jahren interviewt (vgl. Anlage zum Hinweis des Senats vom 19. März 2018, an die Beteiligten versandt/zugestellt mit Schreiben vom 21. März 2018). Hierbei handelt es sich zwar nicht unmittelbar um die angesprochenen Verkehrskreise, zu denen beispielsweise auch Männer sowie Frauen über 70 Jahren gehören; diese Werte lassen dennoch Rückschlüsse auf die Bekanntheit innerhalb des allgemeinen Publikums zu.

44

Zudem besteht die gesteigerte Kennzeichnungskraft nach den Kenntnissen des Senats auch über das Jahr 2012 hinaus und damit auch zu den vorliegend maßgeblichen Zeitpunkten, nämlich dem Zeitpunkt der Anmeldung der jüngeren Marke am 31. Oktober 2013 und dem Entscheidungszeitpunkt, fort.

45

d) Im Rahmen der bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr erforderlichen Gesamtabwägung hält die jüngere Marke den gebotenen Abstand nicht ein.

46

Eine für das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr relevante Markenähnlichkeit kann in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht bestehen, wobei es für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig ausreicht, wenn zwischen den jeweiligen Vergleichsmarken nur in einer dieser Kategorien ausreichende Übereinstimmungen festzustellen sind (BGH, GRUR 2015, 1004, Rn. 22 – IPS/ISP; BGH, GRUR 2014, 382, Rn. 25 – REAL-Chips; BGH, GRUR 2011, 824, Rn. 25 f. – Kappa; Hacker in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 12. Aufl. 2018, § 9 Rn. 268 m. w. N.).

47

Dabei sind grundsätzlich die Vergleichsmarken als Ganzes gegenüberzustellen und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen, da der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden und zergliedernden Betrachtungsweise zu unterziehen (BGH, GRUR 2013, 833, Rn. 45 – Culinaria/Villa Culinaria; Hacker in: Ströbele/ Hacker, Markengesetz, 12. Aufl. 2018, § 9 Rn. 248 m. w. N.).

48

Vorliegend ist eine unmittelbare Verwechslungsgefahr in klanglicher Hinsicht zu bejahen.

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Die Vergleichszeichen

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Pilaten

51

Und

52

Penaten

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stimmen in Silbenanzahl und Sprechrhythmus, dem deutlich hörbaren Anfangsbuchstaben „P“ und den letzten vier Buchstaben „aten“ überein und weichen nur in dem jeweils zweiten und dritten Buchstaben („il“ bzw. „en“) voneinander ab.

54

Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den Vokalen „e“ und „i“ jeweils um helle Vokale handelt, und dass die Betonung der Vergleichszeichen nicht auf den abweichenden Buchstaben der ersten Silbe, sondern auf dem übereinstimmenden Vokal „a“ der zweiten Silbe, liegt (Pilaten bzw. Penaten).

55

Damit hält die jüngere Marke im Zusammenhang mit hochgradig ähnlichen Waren („Gesichtspflegeprodukte“ und „Cremes und Lotionen für Körper und Hände“) unter Berücksichtigung der gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in Bezug auf diese Waren den erforderlichen Abstand zur älteren Marke nicht ein.

56

Ebenso ist unabhängig von der vom Senat angenommenen Steigerung der Kennzeichnungskraft auch bei Zugrundelegung durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke Penaten im Zusammenhang mit identischen Waren – die Gesichtsmasken fallen unter den Oberbegriff „Mittel zur Körper- und Schönheitspflege“ der Widerspruchsmarke, s. o. – der gebotene Abstand, an den strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. BGH, GRUR 2015, 1004, Rn. 51 – IPS/ISP), nicht gewahrt.

57

Ob daneben auch eine Verwechslungsgefahr in schriftbildlicher Hinsicht zu bejahen ist, bedarf keiner Entscheidung. Ebenso kann offen bleiben, ob auch ein Sonderschutz bekannter Marken gem. § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG gegeben wäre.

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2. Da die Beschwerde im Hinblick auf die Widerspruchsmarke DE 661 990 in vollem Umfang Erfolg hat, ist sie wegen des weiteren Widerspruchs aus der notorisch bekannten Marke PENATEN gegenstandslos (vgl. BPatG 30 W (pat) 517/14, abrufbar über PAVIS PROMA; vgl. auch die Entscheidung BPatG 24 W (pat) 93/14, ebenfalls abrufbar über PAVIS PROMA, in der der 24. Senat des BPatG die Entscheidung über die Beschwerde im Hinblick auf den weiteren Widerspruch im Tenor dahingestellt gelassen hat).

59

3. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.

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4. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten die Durchführung einer solchen nicht beantragt haben (§ 69 Nr. 1 MarkenG) und der Senat eine mündliche Verhandlung auch nicht aus Gründen der Sachdienlichkeit für geboten erachtet hat (§ 69 Nr. 3 MarkenG).