Entscheidungsdatum: 13.09.2012
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 30 2009 036 968
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, den Richter Kruppa und die Richterin Werner am 13. September 2012
beschlossen:
I. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. September 2011 aufgehoben.
II. Die Marke 30 2009 036 968 ist auf den Widerspruch aus der Marke 307 48 851 für die Dienstleistungen der Klasse 41 zu löschen.
I.
Gegen die am 24. Juni 2009 angemeldete und am 4. Dezember 2009 u.a. für die
Klasse 41:
Organisation und Durchführung von Unterhaltungs- und Live-Veranstaltungen, insbesondere von Tanzveranstaltungen, Konzerten, Shows und Kabarettdarbietungen und Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Partyveranstaltungen (Unterhaltung)
eingetragene Wortmarke 30 2009 036 968
rebels club
hat die Widersprechende am 12. März 2010 aus ihrer am 25. Juli 2007 angemeldeten Wortmarke 307 48 851
Rebel
die seit 8. Januar 2008 u.a. für die Dienstleistungen der
Klasse 41:
Unterhaltung und sportliche Aktivitäten
eingetragen ist, Widerspruch eingelegt und diesen mit der Beschwerde auf die Dienstleistungen der Klasse 41 des angegriffenen Zeichens beschränkt.
Die Markenstelle hat den Widerspruch mit Beschluss vom 23. September 2011 mangels Verwechslungsgefahr ebenso zurückgewiesen wie den Kostenantrag der Inhaberin des angegriffenen Zeichens.
Angesichts der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und identischer Dienstleistungen sei ein deutliche Abstand der Marken erforderlich, um Verwechslungsgefahr auszuschließen. Diesen Abstand hielten die Vergleichsmarken jedoch ein. „Rebels club" und „Rebel" unterschieden sich durch ihre Wortlänge, Silbenzahl, Vokalfolge sowie Sprech- und Betonungsrhythmus deutlich. Das angegriffene Zeichen verfüge am Ende seines ersten Wortteils noch über das Plural-s. Sein zweiter Wortteil „-club“ fehle in der Widerspruchsmarke.
Es bestehe kein Anlass, einen Bestandteil des angegriffenen Zeichens wegzulassen oder zu vernachlässigen. Es sei auch kein Bestandteil mehr prägend für die Gesamtmarke als der andere, sondern beide ergäben den zusammenhängenden Sinn eines Rebellenclubs bzw. eines Clubs von oder für Rebellen.
Dieser Beschluss ist der Widersprechenden am 10. Oktober 2011 zugestellt worden.
Sie hat am 10. November 2011 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, ihre Widerspruchsmarke sei nahezu identisch im angegriffenen Zeichen enthalten und stehe dort am stärker beachteten Zeichenanfang. „Club“ müsse darin ebenso vernachlässigt werden wie das Plural-s. Der Zusatz „Club“ lege eine gedankliche Verbindung nahe, zumal sie und mit ihr verbundene Unternehmen eine Markenserie hätten (Rebel TV, Rebel-art, Rebel-art-gallery, Rebel Live, Rebel Mobile).
Die Widersprechende beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle aufzuheben.
Demgegenüber beantragt die Inhaberin des angegriffenen Zeichens,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, im Gesamteindruck stimmten die Marken nicht überein. „rebels club“ benenne einen Zusammenschluss von Rebellen, während „Rebel“ in Alleinstellung für das Abernten von Reben stehe und nur über eine unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft verfüge. Im Zusammenhang mit Unterhaltung stehe „Rebel“ für Flucht aus dem Alltag, Rebellion gegen das Alltägliche.
Ähnlichkeit der Dienstleistungen sei auch nicht gegeben. Die Widersprechende verfüge nicht über Veranstaltungsräume und befasse sich ausschließlich mit Media- und Marketingconsulting, während im „rebels club“ Lesungen, Konzerte sowie Theater- und Tanzveranstaltungen stattfänden.
Am 26. April 2011 hatte die Inhaberin des angegriffenen Zeichens Nichtbenutzungseinrede erhoben; im Beschwerdeverfahren hat sie sie nicht wieder aufgegriffen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
1.
Über die Beschwerde kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, nachdem die Beschwerdegegnerin hinreichend Zeit zur Stellungnahme auf das Vorbringen des Beschwerdeführers eingeräumt worden war (vgl. BPatGE 19, 225, 227 ff.; 23, 171; BGH GRUR 1997, 223, 224 - Ceco), kein Beteiligter eine solche beantragt hat und auch der Senat eine solche für entbehrlich erachtet.
2.
Es besteht eine Gefahr von Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken nach § 43 Abs. 2 Satz 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
a)
Die Eintragung einer Marke ist auf den Widerspruch aus einer prioritätsälteren Marke nach § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu löschen, wenn unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalles zwischen beiden Zeichen wegen Zeichenidentität oder -ähnlichkeit und Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit unter Berücksichtigung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke die Gefahr von Verwechslungen einschließlich der Gefahr, dass die Marken miteinander gedanklich in Verbindung gebracht werden, besteht.
Zwischen den für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgeblichen Faktoren, Ähnlichkeit der Marken und der mit ihnen gekennzeichneten Dienstleistungen, Kennzeichnungskraft der älteren Marke sowie Art und Aufmerksamkeit des beteiligten Publikums, besteht dabei eine Wechselwirkung. So kann etwa ein höherer Grad an Ähnlichkeit der Dienstleistungen oder eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke einen geringeren Grad an Ähnlichkeit der Marken ausgleichen und umgekehrt (EuGH GRUR 2005, 1042 – Thomson Life; BGH GRUR 2005, 326 - IL PATRONE / PORTRONE).
Der Schutz der älteren Marke ist dabei auf die Fälle zu beschränken, in denen die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der älteren Marke, insbesondere ihre Hauptfunktion zur Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (vgl. EuGH GRUR 2007, 318 - Adam Opel / Autec).
Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. EuGH GRUR 2008, 343 - Bainbridge; BGH GRUR 2009, 1055 - airdsl).
b)
Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend eine Gefahr von Verwechslungen gegeben.
(1)
Da die Inhaberin des angegriffenen Zeichens die Einrede mangelnder Benutzung der Widerspruchsmarke nicht zulässigerweise erhoben hat, ist die Registerlage maßgeblich.
Die fünfjährige Benutzungsschonfrist der Widerspruchsmarke, die mit der Eintragung am 25. Juli 2007 zu laufen begonnen hat, war zum Zeitpunkt der Erhebung der Nichtbenutzungseinrede am 26. April 2011 noch nicht abgelaufen (§ 43 Abs. 1 Satz 1, § 26 Abs. 5 MarkenG). Damit kommt es nicht darauf an, wie die Beteiligten ihre Marken bisher jeweils tatsächlich benutzt haben.
Da der für die Widerspruchsmarke eingetragene Oberbegriff „Unterhaltung“ alle für das angegriffene Zeichen beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 41 umfasst, ist der Beurteilung der Verwechslungsgefahr die Identität der Dienstleistungen der einander gegenüberstehenden Marken zu Grunde zu legen.
(2)
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist durchschnittlich.
Es bestehen weder ausreichende Hinweise auf eine Schwächung der Kennzeichnungskraft, noch sind durchschlagende Anhaltspunkte für eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ersichtlich.
Das von der Widerspruchsmarke angesprochene Publikum wird im Unterhaltungsbereich „Rebel“ nicht mit der Weinlese in Verbindung bringen. Selbst wenn es an Rebellen denken würde, hätte dies keine Minderung der Kennzeichnungskraft zur Folge, da Assoziationen zu Aufrührer, Widerständler, Empörer oder Flucht aus dem Alltag zu weit hergeholt erscheinen.
(3)
Unter Berücksichtigung der dargelegten Umstände sind überdurchschnittliche Anforderungen an den erforderlichen Markenabstand zu stellen, um eine Verwechslungsgefahr im markenrechtlichen Sinn auszuschließen.
Diesen Abstand halten die Vergleichszeichen aber nicht ein.
Die Markenstelle hat zunächst zutreffend die Gefahr unmittelbarer Verwechselungen der einander gegenüberstehenden Zeichen in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht verneint. Sie hat jedoch zu Unrecht angenommen, dass auch eine begriffliche jedenfalls eine mittelbare Verwechslung ausscheide.
Bildlich und klanglich unterscheiden sich die Marken aufgrund ihrer Zeichenlänge ausreichend.
Allerdings vermag der Senat eine den Gesamteindruck prägende und damit kollisonsbegründende Stellung des Bestandteils „rebel" in dem angegriffenen Zeichen nicht völlig auszuschließen.
Auch wenn der Verbraucher Marken regelmäßig als Ganzes wahrnimmt und bei umfassender Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen ist, liegt Verwechslungsgefahr dann vor, wenn der Gesamteindruck des mehrteiligen Zeichens durch einen mit der Gegenmarke übereinstimmenden Bestandteil geprägt wird oder dieser Bestandteil eine selbstständig kennzeichnende Stellung einnimmt (EuGH GRUR 2005, 1042, 1044, Rn. 32 ff. - Thomson life; BGH GRUR 2006, 859, 861, Rn. 21 – Malteserkreuz).
Ob dies der Fall ist, beurteilt sich zum einen anhand der betreffenden Marke selbst, zum anderen aber im Hinblick auf die Vergleichsmarke, wenn diese aufgrund ihrer tatsächlichen Benutzung eine erhöhte Kennzeichnungskraft erlangt hat (grdl. BGH GRUR 2003, 880, 881 - City Plus; s. ferner BGH GRUR 2005, 513, 514 - MEY/Ella May, GRUR 2006, 60, 61 - Nr. 14 - coccodrillo; GRUR 2006, 859, 862 - Nr. 31 - Malteserkreuz; GRUR 2007, 888, 889 - Euro).
Die Widerspruchsmarke besteht aus dem Wort „Rebel“. Das angegriffene Zeichen hat am Ende des ersten Wortes, das der Widerspruchsmarke entspricht, darüber hinaus ein „s“ und verfügt im zweiten Wortteil über den Bestandteil „club".
„club“ ist allgemein verständlich und bekannt durch das englischen Wort „club“ mit der Übersetzung „Klub, Verein“ (Duden-Oxford - Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl., Mannheim 2005). Der Begriff deutet allgemein auf einen Ort für Unterhaltung und gesellschaftliches Zusammenkommen hin, ist damit für die hier in Rede stehenden Dienstleistungen der Klasse 41 beschreibend und damit zu vernachlässigen.
Die verbleibenden, einander gegenüberstehenden Bestandteile „rebels“ und „rebel“ wird das Publikum, wenn es den Unterschied überhaupt bemerkt, da die Zeichen nicht gleichzeitig auftauchen, sondern nur in der Erinnerung verglichen werden, als Singular- und Pluralform eines Begriffs erkennen und damit einem Unternehmen zuordnen.
Die Gefahr, dass der Verbraucher in einem Bestandteil einer jüngeren Marke einen Herkunftshinweis auf den Inhaber der älteren Marke sieht und es zu Verwechslungen kommt, ist allerdings durchaus geringer, wenn sich das jüngere Zeichen als geschlossener Gesamtbegriff darstellt. Auch dies vermag der Senat nicht festzustellen.
Denn das „s“ am Ende von „rebels“ erscheint nicht ausschließlich als die Genitivform von „rebel“, die eine untrennbare Verbindung beider Wörter schafft könnte, sondern durchaus auch als eigenständige Pluralform.
Letztlich kann die Frage, ob auch die Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens infolge seiner tatsächlichen Benutzung die Annahme rechtfertigt, dass es auch in der jüngeren Zeichenkombination als Hinweis auf den älteren Markeninhaber aufgefasst, dahin stehen, denn jedenfalls besteht zwischen den hier in Rede stehenden Marken die Gefahr einer Verwechslung durch gedankliches Inverbindungbringen, § 9 Abs. 1 Nr. 2, 2. HS MarkenG.
Diese Art der Verwechslungsgefahr kann gegeben sein, wenn die Verbraucher zwei an sich unterschiedliche Marken wegen eines gemeinsamen charakteristischen Bestandteils derselben betrieblichen Ursprungsstätte zuordnen. Dabei nimmt der Verbraucher die Unterschiede der Marken durchaus wahr und verwechselt sie deshalb nicht unmittelbar, auf Grund von Gemeinsamkeiten in der Markenbildung oder in prägenden Einzelteilen hat er jedoch Anlass, die jüngere Marke (irrtümlich) der Inhaberin der älteren Marke zuzuordnen oder auf Grund dieser Umstände auf sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen zwischen den Markeninhabern, vor allem im Sinne einer gemeinsamen Produktverantwortung zu schließen. Dabei werden nur ausschließlich assoziative Gedankenverbindungen, die zwar zu behindernden, rufausbeutenden oder verwässernden Wirkungen, nicht jedoch zu eigentlichen Herkunftsverwechslungen führen, von § 9 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 MarkenG nicht erfasst (EuGH GRUR 1998, 387, 389, Nr. 18 - Sabèl/Puma; BGH GRUR 2000, 886, 887 - Bayer/BeyChem; GRUR 2002, 544, 547 – BANK 24).
Eine mittelbare Verwechslungsgefahr kann demnach bei Serienmarken auftreten, wenn der Inhaber der älteren Marke bereits mit dem entsprechenden Wortstamm als Bestandteil mehrerer eigener entsprechend gebildeter Serienmarken aufgetreten ist (BGH, GRUR 2002, 542, 544 - BIG; GRUR 2002, 544, 547 - BANK 24; BPatG, GRUR 2002, 345, 346 - ASTRO BOY/ Boy).
Ob die Widersprechende zusammen mit anderen Unternehmen das Publikum bereits an eine Markenserie mit dem Wort „Rebel" als Stammbestandteil gewöhnt hat, erscheint fraglich, da nicht vorgetragen ist, wie die Marken benutzt werden und ob trotz Verwendung durch verschiedene Unternehmen dabei eine Zusammengehörigkeit deutlich wird.
Eine gedankliche Verbindung i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG beruht hier aber darauf, dass es im Unterhaltungsbereich zu erwarten ist, dass ein Anbieter unter seiner Marke auch einen Club betreibt (s.a. Club Méditerranée, Aldiana Club, Havanna Club, Robinson Club, Soda Club, Penthouse Club, Airport Club Frankfurt, Rotonda Business Club).
Dabei entspricht es durchaus den Bezeichnungsgewohnheiten im Unterhaltungs- und Lokalbereich, den Betreiber in die Genitivform zu setzen (s.a. Streckers und Schrader’s in Berlin, Doc Cheng’s und Borcherts in Hamburg, Chaplin’s in Kiel, Schuhmann’s und Brown’s in München, Marys in Frankfurt am Main, Herbrand’s in Köln, Ellington’s in Düsseldorf, Bukowski’s in Dortmund, Jimmy’s und Pieper’s in Bremen, Naoum’s in Hannover, Seyffer’s in Stuttgart, Hemmingway’s in Heidelberg, Myer’s in Ulm, Oli’s in Braunschweig, Breuers in Bonn, Miller’s in Halle u.v.m.).
3.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen.
Der Senat hat nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs über einen Einzelfall entschieden. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist auch nicht zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil der Senat mit der Entscheidung nicht von Entscheidungen anderer Senate des Bundespatentgerichts oder anderer nationaler Gerichte abgewichen ist, sondern eine Einzelfallentscheidung anhand von tatsächlichen Gegebenheiten getroffen hat.
4.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeit besteht kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
Die zur Verwechslungsgefahr anders lautende Entscheidung der Markenstelle zeigt, dass die Inhaberin des angegriffenen Zeichens nicht mutwillig in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen Situation ihr Interesse am Erhalt des Markenschutzes durchzusetzen versucht hat.