Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 03.06.2016


BPatG 03.06.2016 - 27 W (pat) 1/16

Markenbeschwerdeverfahren – "Lebe Balance" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
03.06.2016
Aktenzeichen:
27 W (pat) 1/16
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2013 036 341.8

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts im schriftlichen Verfahren am  3. Juni 2016 durch die Vorsitzende Richterin Klante, den Richter Hermann und die Richterin kraft Auftrags Seyfarth

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

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Lebe Balance

3

ist am 13. Juni 2013 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

4

Klasse 16: Druckereierzeugnisse

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Klasse 35: Werbung

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Klasse 41: Ausbildung und Erziehung in der Gesundheitsvorsorge und in der Gesundheitserlangung; Herausgabe von Arbeitsbüchern

7

Klasse 44: Gesundheitsberatung, insbesondere vorbeugende Gesundheitsberatung; Durchführung von Seminaren, Schulungen, Webinaren; Beratung von Versicherten und Patenten über ärztliche Vorbeugungsmaßnahmen und über vorbeugende Fitnessmaßnahmen.

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Mit Beschluss vom 13. September 2013 hat das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 35, die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Auf die Erinnerung vom 14. Oktober 2013 hat die Erinnerungsprüferin den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 mit Beschluss vom 27. November 2013 teilweise aufgehoben, und zwar, soweit die Anmeldung auch zurückgewiesen worden ist für die Dienstleistung „Werbung“. Im Übrigen wurde die Erinnerung zurückgewiesen.

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Zur Begründung ist ausgeführt, das angemeldete Zeichen sei für sämtliche in den Klassen 16, 41 und 44 beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht unterscheidungskräftig. „Lebe“ werde in der Zusammenfügung mit dem nachfolgenden Hinweis „Balance“ als Imperativ des Verbs „leben“ wahrgenommen. Der in die deutsche Sprache eingegangene Begriff „Balance“ stamme ursprünglich aus der französischen Sprache und bedeute „Gleichgewicht“. Das Wort „Balance“ habe sich in den letzten Jahren im Gesundheits/Wellnessbereich zu einem wichtigen Schlag- bzw. Stichwort entwickelt. Viele Behandlungsmethoden seien darauf ausgerichtet, eine innere Balance herzustellen. Z. B. strebe eine Ayurveda-Behandlung die harmonische Balance von Körper, Geist und Seele an. Bei einer Kneipp-Therapie stelle die innere Balance eine der fünf Säulen der Behandlung dar. Shiatsu, Akupunktur, Reiki, Yoga und Pilates sollten helfen, die Balance zwischen Körper, Geist und Seele herzustellen. Mit Meditation, Tai Chi und Qi Gong solle die innere Balance erreicht werden. Bei einer Umfrage, wie Gesundheit definiert wird, hätten 58 % der Befragten erklärt, Gesundheit sei die Balance von Körper, Geist und Seele.

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Die Balance zwischen (Arbeit(szeit) und Privatleben (Work-Life-Balance) stelle auch ein zentrales Thema bei der arbeitsmedizinischen Gesundheitsvorsorge dar. Des Weiteren würden unzählige Seminare, Workshops und Schulungen sowie zahlreiche Publikationen zum Thema „(gesundheitliche) Balance“ angeboten. Dies belege, dass das Wort „Balance“ aus dem Gesundheits-/Wellnessbereich nicht mehr wegzudenken sei und als Synonym für die innere Ausgeglichenheit und Zufriedenheit und zugleich auch Gesundheit verstanden und verwendet werde. Es stelle eines der Schlagworte in diesem Bereich dar. Ausgehend hiervon werde das angemeldete Zeichen Lebe Balance von den angesprochenen allgemeinen Verkehrskreisen als Aufforderung verstanden, ein Leben in Balance zu führen. Zwar sei mit der Anmelderin davon auszugehen, dass das Zeichen nicht vollkommen sprachregelgerecht gebildet ist – hierfür hätte es der Hinzufügung des Wortes „in“ zwischen die beiden Begriffe bedurft- dies stehe dem o. g. Verständnis jedoch nicht entgegen. Denn der Verkehr sei wegen der ausgeprägten beschreibenden Verwendung des Wortes „Balance“ in dem hier maßgeblichen Waren- und Dienstleistungsbereich veranlasst, dem angemeldeten Zeichen einen beschreibenden Gehalt zuzuweisen und werde die Sprachregelwidrigkeit deshalb nicht als solche, sondern nur als werbeübliche und schlagwortartige Verkürzung der Aufforderung, in Balance zu leben, auffassen. Dies gelte auch deshalb, weil der Verkehr vergleichbar (sprachregelwidrig) gebildete Kombinationen, die aus der Zusammenfügung des Wortes „Lebe“ und einem Substantiv bestehen, kenne und diese nicht als Herkunftshinweis erfassen werde. Für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 41 und 44 eigne sich das Zeichen damit als Inhalts- oder Schwerpunktangabe.

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Hiergegen richtet sich die am 20. Dezember 2013 erhobene Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt,

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den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. November 2013 aufzuheben, soweit das Deutsche Patent- und Markenamt die Anmeldung zurückgewiesen hat.

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Zur Begründung führt sie aus, das angemeldete Zeichen eigne sich für keine der beanspruchten Waren und Dienstleistungen als Inhalts- und Schwerpunktangabe. Die Unterscheidungskraft sei im Hinblick auf alle angemeldeten Waren und Dienstleistungen zu untersuchen. Die Markenstelle habe sich nicht differenziert mit den Waren und Dienstleistungen auseinandergesetzt. Die beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 41 und 44 seien unter den Begriffen „Ausbildungs-, Erziehungs- und Beratungsdienstleistungen zusammengefasst worden. Die Dienstleistung „Herausgabe von Arbeitsbüchern“ sei nicht berücksichtigt worden. Bei dieser handele sich weder um eine Ausbildungs- noch um eine Erziehungs- und Beratungsdienstleistung, sondern um eine Verlagsdienstleistung, die den Autoren von Arbeitsbüchern angeboten werden solle. Das DPMA habe zudem überhöhte Anforderungen an die Unterscheidungskraft gestellt. Der Begriffsinhalt von „Lebe Balance“ werde nicht „ohne weiteres“ und „ohne Unklarheiten“ als solcher erfasst und vermittle keine klare Sachaussage. Die vom DPMA vorgelegten zahlreichen Beispiele aus Internetrecherchen änderten daran nichts.

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Die häufige Verwendung eines Bestandteils – hier „Balance“ – zum Beispiel im Gesundheitssektor oder als Buchtitel, könne die Unterscheidungskraft für die sprachüblich gebildete Wortkombination „Lebe Balance“ nicht ausschließen. Denn es komme darauf an, wie das Zeichen in seiner Gesamtheit verstanden werde. Die Recherchen des DPMA zu „Balance“ reichten nicht aus, um eine beschreibende Bedeutung von „Lebe Balance“ zu belegen. Hinzu komme, dass die Wortkombination mehrdeutig und originell sei. „Balance“ werde nicht nur im Gesundheitsbereich, sondern auch im Sport, in der Politik oder in der allgemeinen Rhetorik verwendet. Eine Verengung des Bedeutungsgehalts auf den Gesundheitssektor sei nicht zulässig, man müsse allein die konkret angemeldeten Waren sehen. Originalität ergebe sich auch aus dem Weglassen der eigentlich sprachüblichen Präposition „in“.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache keinen Erfolg.

17

Da die Beschwerdeführerin keinen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat, und der Senat eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich erachtet, kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden (§ 69 MarkenG).

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Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens „Lebe Balance“ steht hinsichtlich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 41 und 44 das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat dem Anmeldezeichen daher zu Recht und mit zutreffender Begründung die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 MarkenG). Das Vorbringen der Beschwerdeführerin rechtfertigt keine anderweitige Beurteilung.

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Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleitungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198, 1201 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH GRUR 2015, 173, 174 Rdnr. 15 – for you; GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12) – smartbook; GRUR 2013, 731, Nr. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143, Nr. 7 – Starsat; BGH GRUR 2012, 270, 271, Nr. 11 – Link economy). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rdnr. 33 – Audi AG/HABM – Vorsprung durch Technik; BGH GRUR 2015, 173, 174 Rdnr. 15 – for you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH GRUR 2015, 173, 174 Rdnr. 15 – for you; GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12 – smartbook). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 – Henkel; BGH GRUR 2015, 173, 174 Rdnr. 16 – for you).

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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143, 1144, Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 – grill meister).

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Ausgehend davon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. BGH GRUR 2006, 850 Rdnr. 19 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2014, 872, 874 Rdnr. 21 – Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchen Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2014, 1204 Rdnr. 12 – DüsseldorfCongress). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutung ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 – DOUBLEMINT); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnlichen Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH MarkenR 2007, 204 Rdnr. 11 f. – CELLTECH; BGH a. a. O. Rdnr. 16 – DüsseldorfCongress).

22

Dieser Beurteilungsmaßstab gilt auch für Wortfolgen, an deren Unterscheidungskraft grundsätzlich keine strengeren Anforderungen als an andere Wortmarken zu stellen sind. Von mangelnder Unterscheidungskraft ist deshalb bei einer kürzeren Wortfolge lediglich bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen sowie Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen. Grundsätzlich nicht unterscheidungskräftig werden des Weiteren in der Regel längere Wortfolgen sein. Indizien für die Eignung, die Waren oder Dienstleistungen eines bestimmten Anbieters von denjenigen anderer zu unterscheiden, können dagegen Kürze, eine gewisse Originalität sowie die Prägnanz einer Wortfolge sein (BGH, GRUR 2014, 565 Rn. 14 – smartbook, m. w. N.).

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Gemessen an diesen Grundsätzen fehlt dem Anmeldezeichen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 41 und 44 das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft.

24

Das Zeichen setzt sich aus den Worten „Lebe“ und „Balance“ zusammen. Die Anmelderin trägt zu Recht vor, dass ein mehrteiliges Zeichen stets in seiner Gesamtheit zu betrachten ist. Dieser Grundsatz entbindet jedoch nicht von der Prüfung der einzelnen Markenteile (EuGH 2006, 229 (Nr. 31) BioID; GRUR 2010, 534 (Nr. 42) – PRANAHAUS).

25

„Lebe“ ist die Imperativform des Verbs „leben“. „Balance“ stammt aus dem Französischen und bedeutet „Gleichgewicht“, „Waage“, „Schwebe“ und „Bilanz“ (http://dict.leo.org/frde/indexde.html#search=balance&searchLoc=0&resultOrder=basic&multiwordShowSingle=on). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin liegt keine schutzbegründende Mehrdeutigkeit des Wortes „Balance“ vor. Diese Frage darf nicht abstrakt-lexikalisch beurteilt werden, sondern muss im Zusammenhang mit den jeweils beanspruchen Waren und/oder Dienstleistungen gesehen werden (Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Auflage, § 8 Rdnr 146). Nach der Rechtsprechung liegt eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit nicht vor, wenn sich im Hinblick auf die beanspruchten Waren/Dienstleistungen der Bedeutungsgehalt auf nur eine naheliegende (beschreibende) Variante verengt (BGH GRUR 2003, 882, 883 – Lichtenstein; Ingerl/Rohnke Markengesetz, 3. Auflage, § 8 Rdnr. 132). Für die Kombination mit dem Wort „lebe“ ist im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen die Bedeutung „Gleichgewicht“ naheliegend. Zwar kommt es bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens, wie die Beschwerdeführerin vorbringt, nicht auf die Person des Markenanmelders an. Dies bedeutet aber nicht, dass die Branche, innerhalb derer das Zeichen Verwendung findet, außer Betracht bleiben kann. Vielmehr sind die Verkehrsgepflogenheiten innerhalb der betreffenden Branche maßgeblich (Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Auflage, § 8 Rdnr. 105). In diesem Zusammenhang spielt es entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin durchaus eine Rolle, dass der Begriff „Balance“ im Gesundheitsbereich häufig Verwendung findet. Er bezeichnet die Ausgewogenheit und das Wohlbefinden von Körper, Geist und Seele und wird auch im Arbeitsleben, in dem das ausgewogene Verhältnis zwischen Arbeit(szeit) und Privatleben (sog. Work-Life-Balance) immer mehr thematisiert wird, verwendet. Dies wird durch die zahlreichen, von der Erinnerungsprüferin vorgelegten Belege eindrucksvoll dokumentiert.

26

Die angesprochenen Verkehrskreise, hier der allgemeine Verbraucher, der Gesundheitsberatung und Gesundheitsvorsorge in Anspruch nimmt sowie der medizinisch vorgebildete Fachverkehr, der Gesundheitsberatung und –vorsorge anbietet, werden daher den Gesamtbegriff „Lebe Balance“ ohne gedankliche Zwischenschritte als „Lebe in Balance“ verstehen. Das Weglassen der Präposition, „in“ steht diesem Verständnis, wie die Erinnerungsprüfern bereits eingehend begründet hat, nicht entgegen.

27

Es ist richtig, dass in den von der Erinnerungsprüferin zitierten Verwendungsbeispielen nicht der angemeldete Begriff als solcher vorkommt, sondern „Balance“ jeweils mit anderen Wörtern kombiniert ist, z. B. „work-life-balance“, „Lebensbalance“ oder „innere Balance“. All diese Beispiele veranschaulichen jedoch die Bekanntheit des Begriffes Balance und zeigen, dass der Verkehr an alle möglichen Kombinationen mit „Balance“ gewöhnt ist, so dass er „Lebe Balance“ nur in diesem Wortsinne verstehen wird. Es ist nicht ersichtlich, wodurch dieses Verständnis in den Hintergrund rücken sollte, so dass man feststellen könnte, dass das Zeichen dem Verbraucher die Ursprungsidentität der mit der Marke gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen garantieren kann. Diese Feststellung wäre jedoch für das Bejahen der Unterscheidungskraft erforderlich (EuGH GRUR 2008, 608 Nr. 59, 62 – EUROHYPO).

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In Bezug zu den Waren der Klasse 16 „Druckereierzeugnisse“ weist das Zeichen darauf hin, dass diese sich inhaltlich, zum Beispiel als Ratgeber, mit dem Thema „Leben in Balance“ beschäftigen.

29

Hinsichtlich der in Klasse 41 beanspruchten Dienstleistung „Ausbildung und Erziehung in der Gesundheitsvorsorge und in der Gesundheitserlangung“ ist das Zeichen ein beschreibender Hinweis dahingehend, dass es sich um Ausbildung und Erziehung zu dem Themenkreis „Leben in Balance“ handelt.

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Wird die Dienstleistung „Herausgabe von Arbeitsbüchern“ mit der Wortfolge „Lebe Balance“ angeboten, so liegt es nahe, dass damit auf die Herausgabe von Büchern aus einer ganz speziellen Branche hingewiesen wird und damit der Inhalt der herausgegebenen Arbeitsbücher beschrieben werden soll. Insofern ist es unerheblich, ob es sich um eine Ausbildungs- oder Erziehungsdienstleistung handelt oder um eine Verlagsdienstleistung.

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Die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 44 können sich alle inhaltlich mit dem Thema „Leben in Balance“ beschäftigen.

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Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kann auch eine Aufforderung, hier „in Balance zu leben“, als Sachaussage verstanden werden. In der von ihr zitierten Entscheidung des BGH „for you“ hat der BGH einen Hinweis auf das Produkt und damit eine Sachaussage verneint, weil ein entsprechendes Verkehrsverständnis in Anbetracht der üblichen Verkaufsform der in Frage stehenden Waren fern liege. Bei den vorliegend beanspruchten Dienstleistungen aus dem Gesundheitsbereich und den Druckereierzeugnissen konnte jedoch, wie oben dargelegt, ein entsprechendes Verkehrsverständnis festgestellt werden. Insofern kann auch unter Berücksichtigung der BGH-Entscheidung „for you“ eine Unterscheidungskraft des Zeichens „Lebe Balance“ nicht bejaht werden. Zwar schließen sich Herkunftsfunktion und Werbefunktion nicht gegenseitig aus. Wenn aber eine Werbeaussage wie hier auch eine Sachaussage enthält, ist sie nicht geeignet, als Herkunftshinweis zu dienen.

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Das Zeichen ist daher nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Ob der Eintragung daneben ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann im Ergebnis dahinstehen.

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Die Voraussetzung zur Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 83 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG sind nicht gegeben, da weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshof erfordern. Die Frage, wie die Unterscheidungskraft von Mehrwortzeichen ist mehrfach höchstrichterlich entschieden. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung nicht von der Spruchpraxis des BGH oder anderer Senate ab.