Entscheidungsdatum: 29.05.2013
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 30 2010 065 223 – S 286/11 Lösch
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. Mai 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Hermann
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I
Die Antragstellerin hat am 26. September 2011 beim Deutschen Patent- und Markenamt gemäß §§ 50 Abs. 1, 54 Abs. 1 MarkenG die Löschung der dort für die Antragsgegner seit dem 17. Januar 2011 für die Waren
Klasse 9:
Elektrische Apparate und Geräte zum Inhalieren von Aromastoffen und Nikotin, insbesondere elektrische Zigaretten, Zigarillos, Zigarren, Pfeifen (nicht für medizinische Zwecke)
Klasse 10:
Elektronische Zigaretten, Zigarillos, Zigarren, Pfeifen für medizinische Zwecke
Klasse 11:
Dampferzeugungsgeräte; elektrische Aromastoffe und Nikotin verdampfende Zigaretten, Zigarillos, Zigarren, Pfeifen
Klasse 34:
Tabak; Raucherartikel; Streichhölzer; elektronische Zigaretten (nicht für medizinische Zwecke), Zigaretten aus Tabakersatzstoffen (nicht für medizinische Zwecke), Tabakersatzstoffe (nicht für medizinische Zwecke)
eingetragenen Wortmarke 30 2010 065 223
DAMPFER
beantragt, weil diese entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden sei. Zur Begründung hat sie vorgetragen, bei der angegriffenen Angabe habe es sich zum Zeitpunkt ihrer Eintragung um eine zur Beschreibung der beanspruchten Waren geeignete Angabe gehandelt, der deshalb auch die Unterscheidungskraft gefehlt habe (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG). Die Bezeichnung „DAMPFER" werde bei den beteiligten Verkehrskreisen, also Benutzern elektrischer Zigaretten, bereits seit Jahren als Synonym für den Raucher solcher Zigaretten sowie auch für die elektrischen Zigaretten selbst verwendet.
Der Antragsgegner hat der Löschung innerhalb der Frist des § 54 Abs. 2 S. 2 MarkenG widersprochen und darauf hingewiesen, der Begriff „Dampfer" deute vorrangig auf ein Schiff hin, das von einer Dampfmaschine oder einer Dampfturbine angetrieben werde. Um von einem Dampfschiff auf eine Personengruppe zu schließen, die elektrische Zigaretten raucht, bedürfe es bereits mehrerer gedanklicher Zwischenschritte. Eine gedankliche Verbindung zu den eingetragenen Waren sei sogar noch fernliegender. In diesem Zusammenhang müsse der Ausdruck „Dampfer" als ungewöhnlicher und interpretationsbedürftiger Ausdruck angesehen werden, der von den Mitbewerbern nicht zur Warenbeschreibung benötigt würde.
Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat am 23. August 2012 die teilweise Löschung der Marke 30 2010 065 223 beschlossen. Zur Begründung hat die Markenabteilung ausgeführt, die angegriffene Marke sei außer für „Streichhölzer“ entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG für „Elektrische Apparate und Geräte zum Inhalieren von Aromastoffen und Nikotin, insbesondere elektrische Zigaretten, Zigarillos, Zigarren, Pfeifen (nicht für medizinische Zwecke); Elektronische Zigaretten, Zigarillos, Zigarren, Pfeifen für medizinische Zwecke; Dampferzeugungsgeräte; elektrische Aromastoffe und Nikotin verdampfende Zigaretten, Zigarillos, Zigarren, Pfeifen; Tabak; Raucherartikel; elektronische Zigaretten (nicht für medizinische Zwecke), Zigaretten aus Tabakersatzstoffen (nicht für medizinische Zwecke), Tabakersatzstoffe (nicht für medizinische Zwecke)“ in das Markenregister eingetragen worden, da sich die Bezeichnung „Dampfer" hierfür als unmittelbar beschreibende Angabe darstelle.
Die Antragstellerin habe überzeugend belegt, dass es sich bei „Dampfer" um einen in der einschlägigen E-Zigaretten-Branche geläufigen Fachbegriff handele, der aus der Funktionsweise von E-Zigaretten abgeleitet sei, wobei eine Flüssigkeit mittels Unterdruck zerstäubt und dann als Art Wasserdampf eingeatmet werde. Anders als beim Rauchen herkömmlicher Zigaretten würde also nichts verbrannt und folglich kein Rauch aufgenommen. Auch Konsumenten von E-Zigaretten würden in den einschlägigen Fachkreisen oft nicht Raucher, sondern Dampfer genannt, wie der Begriff auch die elektrische Zigarette selbst oder der darin eingebaute Verdampfer bezeichnen könne.
Diese Bedeutung sei in den beteiligten Verkehrskreisen allgemein bekannt und gebräuchlich. Wie Artikel in namhaften Universalzeitschriften belegten, handele es sich nicht nur um einen wenig verbreiteten Ausdruck aus spezifischen Internetforen, sondern durchaus um eine allgemein geläufige Begrifflichkeit. Die Häufigkeit der Verwendung ließe den Schluss zu, dass sich der Ausdruck als Fachbegriff durchgesetzt habe und es sich nicht um eine ungewöhnliche, neue Wortkreation der Markeninhaber handele. Gleichzeitig werde hinreichend deutlich, dass im relevanten Produktbereich, der stets in die markenrechtliche Prüfung mit einzubeziehen sei, nicht die dem Markenwort in anderem Zusammenhang zukommende Bedeutung als spezieller Schiffstyp im Vordergrund stehe, was bereits zum Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke im Januar 2011 gegolten habe. In Zusammenhang mit den beanspruchten Waren mit Ausnahme von Streichhölzern erschöpfe sich das Markenwort in einer zur unmittelbaren Beschreibung geeigneten Angabe. Sofern es sich um die elektrischen Zigaretten, Zigarillos, Zigarren und Pfeifen selbst sowie um die in ihnen verbauten Dampferzeugungsgeräte handele, stelle sich „Dampfer" zunächst als Angabe der Warenart dar. In der weiteren Bedeutung „Dampfer" als Benennung der Nutzergruppe liege die Bestimmung der Waren als für Konsumenten von E-Zigaretten geeignet. Auch derartige Angaben über den Abnehmerkreis seien frei von Monopolrechten zu halten und unterlägen daher ausdrücklich dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Für Raucherartikel sei „Dampfer" in seinen beiden Bedeutungen Bestimmungsangabe, der Verkehr differenziere nicht zwischen Zubehör für herkömmliches Rauchen und Zubehör für den Konsum von E-Zigaretten. Folglich stehe der Eintragung im Umfang der angeordneten Löschung das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Das sei nur anders für die Ware „Streichhölzer". Da Streichhölzer nur beim herkömmlichen Rauchen Verwendung fänden, könne der Löschungsantrag insoweit keinen Erfolg haben.
Gegen den Löschungsbeschluss der Markenabteilung wenden sich die Antrags-gegner mit der Beschwerde. Sie sind der Ansicht, die angegriffene Marke beschreibe die gelöschten Waren nicht. Es sei auch nicht belegt, dass das Zeichen beschreibend verwendet worden wäre. Auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 22. November 2012 und der Eingabe vom 23. Dezember 2011 wird verwiesen.
Die Antragsgegner beantragen,
den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. August 2012 aufzuheben und den Löschungsantrag vollständig zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen und den Antragsgegnern die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
Sie schließt sich der im Beschluss der Markenabteilung vertretenen Auffassung an; auf den Schriftsatz vom 4. Januar 2013 und die Eingaben vom 17. Oktober 2011 und 13. März 2012 wird Bezug genommen.
II
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf den zulässigen Löschungsantrag der Antragstellerin hin zu Recht die teilweise Löschung der Marke 30 2010 065 223 der Antragsgegner beschlossen. Die angegriffene Marke ist, wie die Markenabteilung zutreffend festgestellt hat, insoweit entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG in das Markenregister eingetragen worden.
Der Eintragung der angegriffenen Marke stand für die Waren, für die ihre Löschung angeordnet ist, bereits zum Eintragungszeitpunkt das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.
Nach dieser Vorschrift sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen und Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung von Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen, wie z. B. ihrer Art oder ihrer Beschaffenheit, dienen können. Diese auf Art. 3 Abs. 1 Buchst. C MarkenRL beruhende Vorschrift verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass beschreibende Zeichen oder Angaben im Sinne der Bestimmung von jedermann frei verwendet werden können (EuGH GRUR 1999, 723 - Chiemsee; BGHZ 167, 278 - FUSSBALL WM 2006). Die bloße Eignung eines Zeichens oder einer Angabe, zur Beschreibung der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen eingesetzt werden zu können, erfüllt den Tatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG (EuGH a. a. O. - Chiemsee; GRUR 2010, 534 - PRANAHAUS). Dem Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unterliegen alle zur Beschreibung der Waren/Dienstleistungen geeigneten Angaben. Damit kommt es für die Schutzfähigkeit einer Angabe nicht darauf an, ob mögliche Wettbewerber des Markenanmelders derzeit oder künftig gerade auf diese Angabe angewiesen sind oder ob noch andere gleichwertige oder sogar gebräuchlichere Ausdrücke zur Verfügung stehen (EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor). Vielmehr muss der Allgemeinheit die freie Wahl zwischen allen beschreibenden Ausdrücken erhalten bleiben (EuGH a. a. O. - Postkantoor; BGH GRUR 2004, 680 - BIOMILD). Dass eine Angabe neuartig, ungewohnt oder fremdsprachig ist, schließt ihre Eignung, zur Beschreibung dienen zu können, noch nicht aus. Auch darauf, ob eine Angabe bereits zur Beschreibung benutzt worden ist, kommt es im Rahmen des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht an, weil im Markenrecht Gesichtspunkte einer neuheitsschädlichen Vorwegnahme keine Rolle spielen (BPatG GRUR 2010, 338, 340 - Etikett). Das Schutzhindernis bemisst sich vielmehr ausschließlich danach, ob die angemeldete Marke als solche und für sich objektiv eine beschreibende Angabe darstellt (BGH GRUR 2002, 64, 65 - INDIVIDUELLE).
Die angegriffene Marke stellte - wie die Markenabteilung in ihrem Beschluss zutreffend erkannt hat - bereits zum Zeitpunkt ihrer Eintragung eine zur Beschreibung der Art und Beschaffenheit der Waren „Elektrische Apparate und Geräte zum Inhalieren von Aromastoffen und Nikotin, insbesondere elektrische Zigaretten, Zigarillos, Zigarren, Pfeifen (nicht für medizinische Zwecke); Elektronische Zigaretten, Zigarillos, Zigarren, Pfeifen für medizinische Zwecke; Dampferzeugungsgeräte; elektrische Aromastoffe und Nikotin verdampfende Zigaretten, Zigarillos, Zigarren, Pfeifen; Tabak; Raucherartikel; elektronische Zigaretten (nicht für medizinische Zwecke), Zigaretten aus Tabakersatzstoffen (nicht für medizinische Zwecke), Tabakersatzstoffe (nicht für medizinische Zwecke)“ geeignete Angabe dar und ist als solche auch heute noch hierfür geeignet.
Das Wort „DAMPFER“ hat die von der Markenabteilung festgestellte und belegte Bedeutungen als Synonym für den Konsumenten einer elektrischen Zigarette und das Gerät selbst.
Da der EuGH die maßgeblichen Verkehrskreise, auf die für die Beschreibungseignung abzustellen ist, als den Handel bzw. Dienstleistungssektor und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der im Einzelfall maßgeblichen Waren und Dienstleistungen definiert, kann auch das Verständnis der beteiligten Fachkreise allein für die Feststellung der Beschreibungseignung ausschlaggebend sein (BPatG MarkenR 2007, 527, 529 f. - Rapido), weil insbesondere jeder Mitbewerber beschreibende Angaben frei verwenden können muss (EuGH a. a. O. - PRANAHAUS).
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer kann kein ernsthafter Zweifel an der objektiven Beschreibungseignung der angegriffenen Marke für die relevanten Waren und an der Kenntnis und dem Verständnis der Marke durch die auf diesem Gebiet tätigen Fachkreise und Nachfrager bestehen, weshalb ihrer Eintragung schon seinerzeit das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstand. Hier ist zunächst auf die überzeugenden Ausführungen der Markenstelle in der angefochtenen Entscheidung zu verweisen, die zutreffend und mit Belegen untermauert die Bedeutung von „DAMPFER“ im relevanten Zusammenhang als Bezeichnung des Konsumenten elektrischer Zigaretten und die Geräte selbst als am nächsten liegend ansieht. Der sich insgesamt aufdrängende Sinngehalt der Bezeichnung ist daher zweifellos das Angebot von „Raucherartikeln ohne Rauch“ bzw. Tabak- oder Nikotinaufnahmegerätschaften ohne Verbrennung. Es bedarf entgegen der Auffassung im Schriftsatz vom 22. November 2012 auch nicht der Ergänzung der Marke um „E-", um diesen Sinngehalt, der sich auch aus dem Dienstleistungsverzeichnis ergibt, nahezulegen.
Ergänzend kann ferner auf die Ausführungen der Antragstellerin im Schriftsatz vom 4. Januar 2013 verwiesen werden.
Dass die angegriffene Marke auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats über die Beschwerde noch als beschreibende Angabe für die fraglichen Waren benutzt werden kann und deshalb weiterhin als Beschreibung der Art und Beschaffenheit dieser Dienstleistungen benötigt wird (§ 50 Abs. 2 S. 1 MarkenG), steht außer Frage.
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin war vorliegend kein Raum, von dem Grundsatz des § 71 MarkenG, wonach jede Partei ihre Kosten selbst trägt, abzuweichen.
Für eine Kostenauferlegung bedarf es stets besonderer Umstände, die insbesondere dann gegeben sind, wenn ein Verhalten eines Verfahrensbeteiligten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist (BGH GRUR 1972, 600, 601 – Lewapur; GRUR 1996, 399, 401 – Schutzverkleidung). Davon ist auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erhalt oder dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (st. Rspr.; vgl. u. a. Knoll in Ströbele/Hacker Markengesetz, 10. Aufl. § 71 Rn. 11 ff., 15 - m. w. N.), wovon vorliegend nicht auszugehen ist. Denn die Beschwerde war nicht in einer Weise aussichtslos, dass eine Kostenauferlegung in Betracht käme, insbesondere kommt eine Böswilligkeit nicht in Betracht.