Entscheidungsdatum: 29.08.2012
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 304 26 666
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 29. August 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie des Richters Reker und des Richters am Landgericht Hermann
beschlossen:
Der Antrag der Markeninhaberin, der Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
I
Gegen die Eintragung der Marke 304 26 666
Red Dragon
für die Waren der Klassen 32 und 33
„Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)“
ist insoweit Widerspruch erhoben worden aus der u. a. für die Waren
„32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, insbesondere Energy-Drinks und isotonische (hyper-, hypotonische) Getränke (für den Gebrauch bzw. die Bedürfnisse von Sportlern); Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Brausetabletten und -pulver für Getränke; alkoholfreie Cocktails.
„33: Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); alkoholische Heiß- und Mischgetränke, insbesondere alkoholhaltige Energy Drinks; Glühweine und Milchmischgetränke; Weine, Spirituosen und Liköre; alkoholische Präparate für die Zubereitung von Getränken; Cocktails und Aperitifs auf Spirituosen- und Weingrundlage; weinhaltige Getränke“
eingetragenen prioritätsälteren Gemeinschaftsmarke 1187301
RED.
Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat aufgrund des Widerspruchs die teilweise Löschung der angegriffenen Marke für die Waren „Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke“ beschlossen und den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen. Die gegen die teilweise Zurückweisung des Widerspruchs gerichtete Erinnerung der Widersprechenden hat die Markenstelle mit Beschluss vom 20. Mai 2008 zurückgewiesen.
Gegen die Teilzurückweisung ihres Widerspruchs hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt, die beim Deutschen Patent- und Markenamt verspätet eingegangen ist. Auf ihren zulässigen Antrag hin hat der Senat der Widersprechenden mit einem in der mündlichen Verhandlung am 29. August 2012 verkündeten Beschluss Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist gewährt. Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage hat die Widersprechende in der mündlichen Verhandlung den Widerspruch gegen die Eintragung der angegriffenen Marke insoweit zurückgenommen, als die Markenstelle ihn in den Beschlüssen vom 20. Mai 2008 und 8. Dezember 2006 zurückgewiesen hat.
Die Markeninhaberin, die zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, hat mit ihrem Schriftsatz vom 9. Oktober 2008 beantragt,
die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen sowie ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Eine Beschwerdeerwiderung sowie eine Begründung ihres Kostenantrags ist nicht erfolgt.
II
1. Auf Grund der teilweisen Rücknahme des Widerspruchs, die nach der Wiedereinsetzung der Widersprechenden in die versäumte Beschwerdefrist und die in Folge dessen zulässige Beschwerde möglich war, hat sich das Beschwerdeverfahren in der Hauptsache erledigt. Für eine Entscheidung des Senats über den Antrag der Markeninhaberin, die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen, war daher kein Raum mehr.
2. Der auch nach der teilweisen Zurücknahme des Widerspruchs durch die Widersprechende weiterhin zulässige Kostenantrag der Markeninhaberin ist unbegründet.
In einem markenrechtlichen Beschwerdeverfahren mit mehreren Beteiligten trägt jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten grundsätzlich selbst (§ 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG). Für ein Abweichen von diesem Grundsatz unter Billigkeitsgesichtspunkten (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG) bedarf es, auch nach einer Rücknahme des Widerspruchs (§ 71 Abs. 4 MarkenG), stets besonderer Umstände (st. Rspr, vgl. z. B. BGH GRUR 1972, 600, 601 - Lewapur). Solche von der Norm abweichenden Umstände sind insbesondere dann gegeben, wenn ein Verhalten eines Verfahrensbeteiligten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist (BGH GRUR 1996, 399, 401 - Schutzverkleidung; BPatGE 23, 224, 227). Davon ist auszugehen, wenn ein Beteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erhalt oder dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (BPatG Mitt. 1977, 73, 74).
Das Verhalten eines Widersprechenden gibt Anlass für eine Kostenauferlegung, wenn sich die Vergleichsmarken nach anerkannten Beurteilungsgrundsätzen nicht verwechselbar nahe kommen. Dies ist bei ersichtlich fehlender Ähnlichkeit der Marken der Fall. Dazu können unter Umständen auch Fälle gehören, in denen sich mehrgliedrige Marken bzw. Kombinationsmarken gegenüberstehen, die nur in einem offensichtlich schutzunfähigen Bestandteil übereinstimmen (BPatG PAVIS PROMA 33 W (pat) 156/04 - Finanz-Partner/Finanz-Partner DE). Ein solcher Fall einer ersichtlich fehlenden Ähnlichkeit der Marken ist jedoch im vorliegenden Widerspruchsverfahren nicht gegeben. Aufgrund der von der Widersprechenden behaupteten und durch Vorlage einer Verkehrsbefragung argumentativ untermauerten Bekanntheit der Widerspruchsmarke durfte die Widersprechende die Entscheidung über die Ähnlichkeit ihrer Marke mit der angegriffenen Marke, die die Widerspruchsmarke als einen Bestandteil enthält, sowie die Frage der Verwechslungsgefahr zwischen diesen beiden Marken zur Überprüfung durch die zuständige Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts sowie auch die Entscheidung der Markenstelle zur Überprüfung durch den Senat stellen, ohne dass darin ein Verstoß gegen ihre prozessualen Sorgfaltspflichten gesehen werden kann.
Andere Tatsachen, die eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens auf die Widersprechende rechtfertigen könnten, sind weder von der Markeninhaberin vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Insbesondere stellen auch der Verfahrensausgang bzw. die Rücknahme des Widerspruchs in der mündlichen Verhandlung keine Billigkeitsgründe i. S. d. § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG dar, die eine Kostenauferlegung rechtfertigen könnten.
Für eine Auferlegung der im Verfahren vor der Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts entstandenen Kosten des Widerspruchsverfahrens auf die Widersprechende war darüber hinaus schon deshalb kein Raum mehr, weil die Markeninhaberin gegen die im Beschluss der Markenstelle vom 20. Mai 2008 enthaltene Entscheidung, mit der von einer Auferlegung der bis dahin entstandenen Kosten abgesehen worden ist, kein Rechtsmittel eingelegt hat und diese Kostenentscheidung folglich bereits in Rechtskraft erwachsen ist.