Entscheidungsdatum: 30.03.2011
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 306 45 837
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 30. März 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs Wissemann sowie des Richters Reker und der Richterin Dr. Schnurr
beschlossen:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Kostenantrag der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
I
Gegen die Eintragung der Marke 306 45 837
Simon Weber
für die Ware
„33: Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)“
ist Widerspruch erhoben worden aus der für die Ware
„Weine“
eingetragenen prioritätsälteren Marke 2 098 815
WEBER .
Die Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen nicht bestehender Verwechslungsgefahr (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG) zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die beiderseitigen Marken seien zwar für identische Waren bestimmt, was einen deutlichen Abstand der Marken erfordere. Den erforderlichen Abstand halte die angegriffene Marke jedoch ein. Beide Marken enthielten zwar die klanglich identischen und auch schriftbildlich hochgradig ähnlichen Bestandteile „WEBER“ bzw. „Weber“. Hierbei handele es sich jedoch um einen im Inland äußerst häufig vorkommenden Allerweltsnamen, der an fünfter Stelle der 100 häufigsten deutschen Familiennamen genannt werde und der von Haus aus nur über eine eher unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft verfüge und deshalb auch nicht geeignet sei, den Gesamteindruck der aus diesem Familiennamen und dem Vornamen „Simon“ gebildeten jüngeren Marke zu prägen. Angesichts seiner Kennzeichnungsschwäche habe er in der angegriffenen Marke auch keine selbständig kennzeichnende Stellung inne. Die von der Widersprechenden zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke angegebenen Umsatzzahlen könnten eine nachträgliche Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht nachweisen, weil sie keinen Rückschluss auf die Bekanntheit der Marke im inländischen Verkehr erlaubten, zumal die mit der Widerspruchsmarke versehenen Weine in die Vereinigten Staaten von Amerika exportiert würden. Deshalb werde sich der Verkehr angesichts der Häufigkeit des Familiennamens „Weber“ bei der angegriffenen Marke an dem Gesamtnamen „Simon Weber“ orientieren und die Marken auseinanderhalten können.
Dagegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, die Widerspruchsmarke weise von Haus aus eine normale Kennzeichnungskraft auf, weil der Name „WEBER“ für Weine keinerlei beschreibende Bedeutung habe. Anders als beispielsweise „Müller“ oder „Maier“ sei „Weber“ auch kein Allerweltsname. Daher sei der in der angegriffenen Marke enthaltene Familienname „Weber“ auch dazu geeignet, den Gesamteindruck der angegriffenen Marke zu prägen bzw. habe in dieser zumindest eine selbständig kennzeichnende Stellung inne. Es bestehe zudem die Gefahr, dass die angesprochenen Verkehrskreise irrtümlich wirtschaftliche Verbindungen zwischen dem Unternehmen der Markeninhaberin und der Widersprechenden annähmen.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. April 2008 und 30. Juni 2010 aufzuheben und wegen des Widerspruchs die Löschung der Marke 306 45 837 anzuordnen sowie den Kostenantrag der Markeninhaberin zurückzuweisen.
Die Markeninhaberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen und der Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Sie ist der Ansicht, die Widersprechende habe die - von der Markenstelle dahingestellt gelassene - rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht und verweist diesbezüglich auf eine Anzahl von ihrer Ansicht nach rechtlich erheblichen Mängeln der von der Widersprechenden vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen. In Bezug auf die Frage der Verwechslungsgefahr macht sie sich die in den angegriffenen Beschlüssen der Markenstelle vertretene Rechtsauffassung zu eigen und verweist unter Vorlage von Ergebnissen einer Internetrecherche ergänzend darauf, dass „Weber“ auch im Bereich „Wein“ ein häufig anzutreffender Name sei, und zwar sowohl als Bezeichnung für Weingüter als auch als Bezeichnung von Weinvermarktungsunternehmen. Eine „GOOGLE“-Recherche zu der Bezeichnung „Weingut Weber“ habe zu 26.000 Treffern geführt. Allein mit dem Namen „Weber“ verbinde der Verkehr deshalb kein konkretes Unternehmen.
II
1. Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist unbegründet. Zwischen den beiderseitigen Marken besteht, wie die Markenstelle im Ergebnis und mit zutreffender Begründung festgestellt hat, nicht die Gefahr von Verwechslungen i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
Ob nach der vorstehend genannten Bestimmung zwischen zwei Marken eine Verwechslungsgefahr gegeben ist, ist unter Berücksichtigung der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, für welche die Marken eingetragen sind, sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke zu entscheiden, wobei die genannten, die Verwechslungsgefahr bestimmenden Faktoren dergestalt in einer Wechselbeziehung miteinander stehen, dass der Ähnlichkeitsgrad der Marken umso geringer sein kann, je größer die Kennzeichnungskraft und/oder die Nähe der Waren und Dienstleistungen ist, während umgekehrt ein höherer Ähnlichkeitsgrad der Marken erforderlich ist, wenn die Kennzeichnungskraft der älteren Marke nur schwach und/oder der Warenabstand größer ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BGH GRUR 2009, 766, 768 - Stofffähnchen; GRUR 2008, 258 - INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2007, 1066, 1067 f. - Kinderzeit; GRUR 2005, 523 f. - MEY/Ella May; GRUR 2005, 419, 422 - Räucherkate; GRUR 2002, 1067 f. - DKV/OKV). Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist dabei nicht auf den Standpunkt eines flüchtigen, dem angesprochenen Verkehr zugehörigen Adressaten der Zeichen abzustellen, sondern auf denjenigen eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Adressaten der betroffenen Art von Waren oder Dienstleistungen (EuGH GRUR 2004, 943, 944, Nr. 24 – SAT.2; GRUR Int. 1999, 734, 736, Nr. 26 - Lloyd; BGH GRUR 2000, 506, 508 – ATTACHÉ/TISSERAND). Auszugehen ist bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr ferner stets von der registrierten Form der Marken, die für den markenrechtlichen Schutz maßgeblich ist, und von dem durch diese Form vermittelten Gesamteindruck, wobei eine zergliedernde und analysierende Betrachtungsweise zu vermeiden ist (st. Rspr.; vgl. z. B. EuGH GRUR 2007, 700, 701, Nr. 35 - HABM/ Shaker; BGH GRUR 2008, 1002, 1004, Nr. 23 - Schuhpark).
Bei Zugrundelegung dieser auch für den vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtsgrundsätze besteht zwischen den verfahrensgegenständlichen Marken keine Verwechslungsgefahr.
Zutreffend ist die Markenstelle bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr der Marken davon ausgegangen, dass zwischen den beiderseitigen Waren im markenrechtlichen Sinne Identität besteht, da die Ware „Weine“, für die die Widerspruchsmarke eingetragen ist, von dem Warenoberbegriff „Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)“, für den die angegriffene Marke eingetragen wurde, mitumfasst ist. Hiervon ausgehend bedarf es eines überdurchschnittlichen Abstandes der Marken, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Dieser Abstand wird von der angegriffenen Marke entgegen der Ansicht der Widersprechenden eingehalten, selbst wenn zu deren Gunsten, insoweit abweichend von den Feststellungen in den angegriffenen Beschlüssen, von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen wird. Für die Feststellung einer überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in der Bundesrepublik Deutschland fehlt es dagegen, wie bereits die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, an ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten. Abgesehen davon, dass für die Feststellung einer erhöhten Kennzeichnungskraft regelmäßig Absatz- und Umsatzzahlen allein nicht ausreichen, weil selbst umsatzstarke Marken häufig wenig bekannt sind (OLG Köln, MarkenR 2007, 126 - Schlaufuchs und Lernfuchs; BPatG PAVIS PROMA 26 W (pat) 23/06 - Beschluss vom 23. April 2008), kommt im vorliegenden Fall hinzu, dass nach dem eigenen Sachvortrag der Widersprechenden die mit der Widerspruchsmarke gekennzeichneten Weine bisher im Inland lediglich mit dieser versehen worden und sodann von Deutschland aus in die Vereinigten Staaten von Amerika exportiert worden sind, was explizit gegen die Bekanntheit der Widerspruchsmarke bei den maßgeblichen deutschen Verkehrskreisen spricht.
Die Gefahr unmittelbarer Markenverwechslungen besteht weder in klanglicher noch in schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht. In ihrer registrierten Form mit allen ihren Bestandteilen sind die Marken auf Grund des in der angegriffenen Marke enthaltenen Vornamens „Simon“, der in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung aufweist, ohne weiteres auseinanderzuhalten. Wie bereits die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, wird der Gesamteindruck der angegriffenen Marke auch nicht allein durch den Familiennamen „Weber“ geprägt. Die Prägung des Gesamteindrucks einer mehrteiligen Marke durch einen einzelnen Markenbestandteil setzt voraus, dass die übrigen Markenteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (st. Rspr.; vgl. z. B. EuGH GRUR 2007, 700, 702, Nr. 42 - HABM/Shaker; BGH GRUR 2000, 233, 234 - RAUSCH/ELFI RAUCH).
In Bezug auf Marken, die aus einem Vornamen und einem Familiennamen gebildet sind, ist nach der aktuellen ständigen Rechtsprechung (EuGH GRUR 2010, 233 ff., Nr. 38 - Barbara Becker/Becker; BGH a. a. O. - RAUSCH/ELFI RAUCH) davon auszugehen, dass in einer zusammengesetzten Marke ein Nachname nicht in jedem Fall eine prägende Bedeutung hat oder ihm eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt, weil er als Nachname wahrgenommen wird. Vielmehr sind stets die Gegebenheiten des Einzelfalls und insbesondere der Umstand zu berücksichtigen, ob der fragliche Nachname etwa wenig gängig oder, im Gegenteil, sehr verbreitet ist, was Auswirkungen auf die Unterscheidungskraft haben kann (EuGH a. a. O., Nr. 36 - Barbara Becker/Becker).
Hiervon ausgehend hat die Markenstelle im vorliegenden Fall zutreffend sowohl eine Prägung des Gesamteindrucks der angegriffenen Marke allein durch den Familiennamen „Weber“ als auch eine selbständig kennzeichnende Stellung dieses Familiennamens innerhalb der angegriffenen Marke verneint. Wie sie zutreffend festgestellt hat, handelt es sich bei dem Familiennamen „Weber“ um einen in Deutschland äußerst häufig vorkommenden Familiennamen, der erst durch die Hinzusetzung eines Vornamens seine einzelpersonenbezogene Identifizierbarkeit bzw. Individualisierung erlangt. Auch die Widersprechende stellt nicht in Abrede, dass es sich bei „Weber“ um den in Deutschland fünfthäufigsten Familiennamen handelt. Zudem sind die von der Markeninhaberin mit der Beschwerdeerwiderung vorgelegten Ergebnisse einer Internetrecherche zur Häufigkeit des Vorkommens dieses Familiennamens auf dem Weinsektor geeignet, die Häufigkeit dieses Namens auch auf diesem Gebiet zu belegen und zugleich die Notwendigkeit einer Orientierung des Verkehrs an dem kompletten, aus dem Vor- und dem Familienamen bestehenden Gesamtnamen zu untermauern, um einen Wein aus einem bestimmten Weingut zu erhalten.
Die von der Widersprechenden vertretene gegenteilige Rechtsauffassung kann sich auch nicht auf die von ihr zitierte „Thomson Life“-Entscheidung des EuGH (GRUR 2005, 1042) stützen, da der EuGH insoweit für den besonderen Fall der Kollision von aus Namen bestehenden Marken mit seinem Urteil in der Rechtssache „Barbara Becker/Becker“ (a. a. O.) besondere rechtliche Beurteilungsgrundsätze vorgegeben hat, die der Entscheidung im vorliegenden Fall zugrunde gelegt worden sind. Da die angegriffene Marke ihre Identifizierbarkeit und damit ihre Prägung nur durch den Vornamen „Simon“ erlangt, ist eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen den beiderseitigen Marken somit zu verneinen.
Auch für eine Verwechslungsgefahr durch eine gedankliche Verbindung der Marken fehlt es an ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten. Die Benutzung einer Markenserie mit dem Stammbestandteil „WEBER“ ist nicht feststellbar, da es insoweit an einem entsprechenden Sachvortrag der Widersprechenden fehlt. Die Gefahr einer gedanklichen Verbindung der Marken kann auch nicht auf eine Bekanntheit der Widerspruchsmarke im inländischen Verkehr gestützt werden, weil eine solche angesichts des ausschließlichen Vertriebs der mit der Widerspruchsmarke versehenen Weine in den Vereinigten Staaten von Amerika nicht gegeben ist. Auch eine selbständig kennzeichnende Stellung kommt dem Familiennamen „Weber“ wegen seines überaus häufigen Vorkommens auch auf dem vorliegend maßgeblichen Warengebiet der Weine sowie der nicht feststellbaren erhöhten Kennzeichnungskraft innerhalb der angegriffenen Marke nicht zu. Auch sonst sind keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür ersichtlich, warum der inländische Verkehr die angegriffene Marke ausgerechnet mit dem Unternehmen der Widersprechenden und nicht anderen Weinbau- und/oder Weinvermarktungsbetrieben, die auch den Namen „Weber“ führen, in Verbindung bringen sollte. Bei dieser Sachlage kann die Beschwerde der Widersprechenden keinen Erfolg haben.
2. Auch der Antrag der Markeninhaberin, der Widersprechenden die Verfahrenskosten aufzuerlegen, ist unbegründet.
Gemäß § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG trägt jeder Beteiligte eines markenrechtlichen Beschwerdeverfahrens die ihm erwachsenen Kosten grundsätzlich selbst. Für eine Auferlegung von Verfahrenskosten auf einen Verfahrensbeteiligte ist nur Raum, soweit dies der Billigkeit entspricht (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG).
Besondere Gründe dafür, der Widersprechenden die Kosten des vorliegenden Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, liegen nicht vor. Allein der Verfahrensausgang, hier also die bloße Tatsache des Unterliegens der Widersprechenden, reicht für eine Kostenauferlegung nicht aus. Für eine Auferlegung der Verfahrenskosten bedarf es vielmehr stets besonderer, zusätzlicher Umstände, wie etwa ein Verhalten eines Beteiligten, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist (BGH GRUR 1972, 600, 601 f. - Lewapur; GRUR 1996, 399, 401 - Schutzverkleidung). Das Verhalten eines Widersprechenden gibt Anlass für eine Kostenauferlegung, wenn sich die Vergleichsmarken nach anerkannten Beurteilungsgrundsätzen nicht verwechselbar nahe kommen, also in Fällen ersichtlich fehlender Markenähnlichkeit bei einem Vorgehen aus einem offensichtlich schutzunfähigen Bestandteil (BPatG PAVIS PROMA 33 W (pat) 156/04 - Finanz-Partner/ FinanzPartner DE), oder aber, wenn auf eine zulässige Einrede der Nichtbenutzung hin der Widerspruch ohne ernsthaften Versuch der erforderlichen Glaubhaftmachung der Benutzung weiterverfolgt wird (BPatG GRUR 1996, 981, 982 - ESTAVITAL). Beides ist im vorliegenden Fall nicht feststellbar, da die Widersprechende Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung für die maßgeblichen Zeiträume vorgelegt hat und auch die Frage der Markenähnlichkeit auf Grund der Übernahme der Widerspruchsmarke in die angegriffene Marke zumindest diskussionsfähig war. Der Kostenauferlegungsantrag der Markeninhaberin kann daher keinen Erfolg haben.