Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 28.08.2013


BPatG 28.08.2013 - 26 W (pat) 77/11

Markenbeschwerdeverfahren – "MUSIC MONSTER FM(Wort-Bild-Marke)/MONSTER MUSIC (Gemeinschaftswortmarke)" – zur Kennzeichnungskraft –Warenidentität und -ähnlichkeit – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr durch gedankliche Verbindung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
28.08.2013
Aktenzeichen:
26 W (pat) 77/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2009 012 505

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 28. August 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Hermann

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Oktober 2011 aufgehoben, soweit wegen des Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke 004 956 711 die teilweise Löschung der Marke 30 2009 012 505 angeordnet worden ist.

2. Der Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 004 956 711 wird zurückgewiesen.

3. Der Kostenantrag der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Gegen die Eintragung der Wort-Bild-Marke 30 2009 012 505

Abbildung

2

ist, soweit sie für die Waren der Klasse 9

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„Aus dem Internet herunterladbare Computersoftware; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und/oder Wiedergabe von Tönen, Bildern oder anderen Daten; herunterladbare digitale Musik aus dem Internet“

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eingetragen worden ist, Widerspruch erhoben worden aus der für die Ware

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„9: Ton- und Videoaufzeichnungen“

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eingetragenen prioritätsälteren Gemeinschaftsmarke 004 956 711

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MONSTER MUSIC.

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Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf den Widerspruch hin antragsgemäß die teilweise Löschung der angegriffenen Marke für die mit dem Widerspruch angegriffenen Waren der Klasse 9 angeordnet. Zur Begründung hat sie ausgeführt, wegen der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, einer überdurchschnittlichen Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren der Klasse 9 und einer zumindest klanglichen Ähnlichkeit der beiderseitigen Marken bestehe zwischen letzteren Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Beide Marken enthielten die Wörter „MUSIC“ und „MONSTER“ in lediglich unterschiedlicher Reihenfolge. Der Durchschnittsverbraucher merke sich bei flüchtiger phonetischer Wahrnehmung einer Wortmarke zwar deren einzelne Elemente, könne sich aber, wenn der erste Eindruck verblasst sei, häufig nicht mehr an deren Reihenfolge erinnern und sei deshalb versucht, in einem aus identischen Wortbestandteilen gebildeten Zeichen eine früher gehörte Marke wiederzuerkennen, auch wenn das jüngere Zeichen diese in anderer Abfolge enthalte. Diese Gefahr bestehe auch bei den streitgegenständlichen Marken, bei denen die Bedeutung der einzelnen Wortelemente „MUSIC“ und „MONSTER“ klar sei, während sich hingegen die Bedeutung der jeweiligen Wortkombination inhaltlich nicht sofort erschließe. Es handele sich bei beiden Wortfolgen um Phantasiekombinationen ohne fest umrissenen Begriffsgehalt, deren Bedeutung vage und verschwommen sei. Gerade in einem solchen Fall sei die Gefahr groß, dass der Verkehr aus der Erinnerung heraus nicht sicher sagen könne, in welcher Reihenfolge die einzelnen Wörter kombiniert seien, ob die Marke also „MUSIC MONSTER“ oder „MONSTER MUSIC“ heiße. Somit sei ein sicheres Auseinanderhalten der beiderseitigen Marken nicht gewährleistet.

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Dagegen wendet sich die Markeninhaberin mit der Beschwerde. Sie macht geltend, die Markenstelle sei bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr unzutreffend von einer überdurchschnittlich großen Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren der Klasse 9 ausgegangen. Tatsächlich bestehe zwischen den fraglichen Waren allenfalls eine geringe Ähnlichkeit. Die Waren der angegriffenen Marke „Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und/oder Wiedergabe von Tönen, Bildern oder anderen Daten“ seien in Bezug auf Beschaffenheit, regelmäßige betriebliche Herkunft und Verwendungszweck den Waren „Ton- und Videoaufzeichnungen“ sogar unähnlich. Allein die Tatsache, dass die nämlichen Geräte für das Abspielen von Ton- und Videoaufzeichnungen verwendet werden könnten, könne nach der Rechtsprechung des BGH (GRUR 1999, 731 – Canon II) allenfalls eine geringe Warenähnlichkeit begründen. Ferner bestehe entgegen der im angegriffenen Beschluss vertretenen Ansicht zwischen den Waren „aus dem Internet herunterladbare Computersoftware“ und „Ton- und Videoaufzeichnungen“ keine Identität. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem objektiven Verkehrsverständnis seien mit der Ware „aus dem Internet herunterladbare Computersoftware“ Funktionsbestandteile von Datenverarbeitungsprogrammen gemeint, nicht aber Daten, die durch diese Programme verarbeitet werden. Die für die angegriffene Marke eingetragene herunterladbare Computersoftware könne folglich zum Abspielen von Ton- und Videoaufzeichnungen erforderlich sein, sei mit dieser aber weder identisch noch hochgradig ähnlich. Wenn überhaupt, bestehe allenfalls eine geringe Warenähnlichkeit. Zwischen der Ware „herunterladbare digitale Musik“ und „Ton- und Videoaufzeichnungen“ sei keine Ähnlichkeit gegeben, weil im Bewusstsein der Verbraucher eine klare Trennung zwischen Anbietern körperlicher Datenträger und Anbietern unkörperlicher Musikdownloads bestehe. Angesichts der allenfalls geringen Warenähnlichkeit und der ebenfalls allenfalls durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke reichten die Unterschiede der Marken aus, um Verwechslungen auszuschließen. Bei der Annahme von Verwechslungen im Falle einer Silbenrotation sei nach der Rechtsprechung (BPatG GRUR 2008, 77, 79 - QUELLGOLD/Goldquell) ohnehin Zurückhaltung geboten. Bei der Rotation zweier zweisilbiger Wörter sei die Gefahr von Verwechslungen noch geringer einzuschätzen. Es handele sich um zwei leicht erfassbare unterschiedliche Gesamtbegriffe, die sich im Gesamteindruck hinreichend unterschieden. Der Bestandteil „MUSIC MONSTER“ der angegriffenen Marke suggeriere, dass es sich um ein besonders großes Angebot an Musik handele. Mit der Widerspruchsmarke „MONSTER MUSIC“ suggeriere der Verkehr hingegen einen Musikverlag oder ein Plattenlabel. Beide Marken seien entgegen der im angegriffenen Beschluss vertretenen Ansicht nicht vage und verschwommen, sondern wiesen unterschiedliche, fest umrissene Begriffsgehalte auf. Die Bedeutung der Bezeichnung „MUSIC MONSTER“ werde durch den Bildbestandteil der angegriffenen Marke noch verdeutlicht, was ebenso zur Verringerung der klanglichen Verwechslungsgefahr beitrage wie der Bestandteil „FM“, der sich in der Widerspruchsmarke nicht wiederfinde.

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Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß,

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1. den Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Oktober 2011 aufzuheben, soweit die Löschung der Marke 30 2009 012 505 angeordnet worden ist, und den Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 004 956 711 zurückzuweisen,

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2. der Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

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Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

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die Beschwerde und den Kostenantrag der Markeninhaberin zurückzuweisen.

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Sie trägt im Anschluss an die im angegriffenen Beschluss vertretene Auffassung vor, bei den Waren „Ton- und Videoaufzeichnungen“ und „Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und/oder Wiedergabe von Tönen, Bildern oder anderen Daten“ handele es sich um einander ergänzende Waren, da letztere zum Abspielen der erstgenannten Waren notwendig seien. Sie hätten auch häufig dieselbe betriebliche Herkunft und würden beide in Elektronikfachmärkten vertrieben. Die Markenstelle sei auch zutreffend von der Identität der Waren „aus dem Internet herunterladbare Computersoftware“ und „Ton- und Videoaufzeichnungen“ ausgegangen. Aus der Aussage im Internetwörterbuch „WIKIPEDIA“, dass alles, was nicht Hardware ist, Software sei, sei zu schließen, dass jede Form von Daten als Software anzusehen sei. Auch das Bundespatentgericht (PAVIS PROMA 33 W (pat) 38/06) habe bereits festgestellt, dass Datenverarbeitungsprogramme den Text und die Bilder eines Buches wiedergeben könnten. Aber selbst dann, wenn mit der Markeninhaberin davon ausgegangen werde, dass „herunterladbare Computersoftware“ nur zum Abspielen von Ton- und Videoaufzeichnungen dienen könne, sei insoweit wegen der funktionellen Wechselbeziehungen dieser Waren zumindest von mittlerer Warenähnlichkeit auszugehen. Entgegen der Annahme der Markenstelle weise die Widerspruchsmarke nicht nur eine durchschnittliche, sondern eine erhöhte Kennzeichnungskraft auf, die sich aus den der Markenstelle vorgelegten Unterlagen ergebe. Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Marken sei zu berücksichtigen, dass deren Bestandteile „Music“ sowie der Bestandteil „FM“ der angegriffenen Marke rein beschreibend und deshalb für den Gesamteindruck der Marken unmaßgeblich seien. Die Behauptung der Markeninhaberin, dass die angesprochenen Verkehrskreise in dem Begriff „MUSIC.MONSTER.FM“ ein monströses Musikangebot und in der Widerspruchsmarke „MONSTER MUSIC“ einen Musikverlag bzw. ein Plattenlabel sähen, sei rein spekulativ. Auch die Rotation der Wörter „MUSIC“ und „MONSTER“ könne die Gefahr von Verwechslungen nicht ausschließen. Die Verwechslungsgefahr sei bei Wortrotationen sogar größer als bei einer Silbenrotation, denn bei einer Silbenrotation entstünden unterschiedliche Wörter, während bei einer Wortrotation die Wörter unverändert und als solche weiterhin erkennbar blieben.

II

16

Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist begründet. Zwischen den beiderseitigen Marken besteht entgegen der von der Markenstelle im angegriffenen Beschluss vertretenen Auffassung nicht die Gefahr von Verwechslungen i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

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Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne der vorstehend genannten Bestimmung ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei ist von dem allgemeinen kennzeichenrechtlichen Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht zu ziehenden Faktoren auszugehen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von den Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Die Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren führt dazu, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.: vgl. u. a. BGH GRUR 2004, 594, 596 - Ferrari-Pferd; GRUR 2005, 437, 438 - Lila-Schokolade; GRUR 2005, 513, 514 - MEY/Ella May). Der Schutz der älteren Marke ist dabei aber auf diejenigen Fälle zu beschränken, in denen die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der älteren Marke, insbesondere ihre Hauptfunktion zur Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (EuGH GRUR 2003, 55, 57 ff. - Arsenal Football Club plc.; GRUR 2007, 318, 319 - Adam Opel/ Autec).

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Hiervon ausgehend ist die Gefahr einer Verwechslung der beiderseitigen Marken entgegen der im angegriffenen Beschluss vertretenen Auffassung zu verneinen.

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Zwar weisen die beiderseitigen Waren und Dienstleistungen die von der Markenstelle festgestellte Identität bzw. Ähnlichkeit auf. Die demgegenüber von der Markeninhaberin vorgebrachte Argumentation vermag nicht zu überzeugen.

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Eine Ähnlichkeit von Waren/Dienstleistungen ist anzunehmen, wenn diese in Berücksichtigung aller Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen – insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte und Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe - so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein können, sie stammten aus denselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (EuGH GRUR 1998, 922, 923 f. - Canon; MarkenR 2009, 47, 53 - Edition Albert René; BGH GRUR 2009, 484, 486 - Metrobus). Dabei ist zu unterstellen, dass die Vergleichswaren bzw. -dienstleistungen mit identischen Marken gekennzeichnet sind, wobei vom größtmöglichen Schutzumfang der älteren Marke auszugehen ist (BGH GRUR 2001, 507, 508 - EVIAN/REVIAN; GRUR 2008, 719, 722 - idw Informationsdienst Wissenschaft). Bei Heranziehung dieser Kriterien ist die Beurteilung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit durch die Markenstelle nicht zu beanstanden.

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Die Ware der Klasse 9 „Ton- und Videoaufzeichnungen“, für die die Widerspruchsmarke eingetragen ist, umfasst das Erstellen, das Angebot und den Verkauf solcher Aufzeichnungen in allen Aggregatzuständen, also sowohl in Form bespielter Video- und Audiodatenträger, wie z. B. CDs und DVDs und BlueRayDiscs, als auch in Form von aus dem Internet herunterladbaren Musik- und Filmdateien. Die Ware der Klasse 9 „Aus dem Internet herunterladbare Computersoftware“, für die die angegriffene Marke eingetragen worden ist, umfasst zwar in erster Linie Datenverarbeitungsprogramme, in Bezug auf Ton- und Videoaufzeichnungen also solche Programme, die das Herunterladen und Abspielen derartiger Aufzeichnungen auf dem eigenen Rechner erst ermöglichen. Im weiteren Sinne umfasst der Begriff „Software“ aber - in Abgrenzung zum Begriff „Hardware“ - auch alle sonstigen für den Computer bestimmten Daten. Legt man diese weite Begriffsbestimmung von Computersoftware zugrunde, umfasst der Begriff „Aus dem Internet herunterladbare Computersoftware“ auch aus dem Internet herunterladbare „Ton- und Videoaufzeichnungen“, sodass insoweit von Warenidentität auszugehen ist. Aber selbst wenn zu Gunsten der Widersprechenden von einer engeren Definition des Begriffs „Software“ ausgegangen würde, besteht zwischen den zuvor genannten Waren zumindest eine mittlere Warenähnlichkeit unter dem Gesichtspunkt einander ergänzender Waren, weil es sich jeweils um aus dem Internet herunterladbare Dateien handelt, die einander insoweit ergänzen können, als für das Abspielen von Ton- und Bildaufzeichnungsdateien auf dem Computer eine Software benötigt wird, die auch aus dem Internet heruntergeladen werden kann. Auch der 25. Senat des BPatG hat dementsprechend bereits die Ähnlichkeit von Computersoftware mit Video-Kassetten bejaht (BPatG PAVIS PROMA 25 W (pat) 172/05, Beschluss vom 6. Juni 2008).

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Zwischen den Waren der Klasse 9 „Ton- und Videoaufzeichnungen“ der Widerspruchsmarke und den Waren „Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und/oder Wiedergabe von Tönen, Bildern oder anderen Daten“ der angegriffenen Marke besteht Ähnlichkeit, weil es sich soweit um einander ergänzende Waren handelt (EuGH GRUR 1998, 1165: Bildaufzeichnungsgeräte ähnlich mit bespielten Videobändern). Es gibt zudem auch Unternehmen, die beide Waren anbieten. Vor diesem Hintergrund ist insoweit von einer mittleren Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren auszugehen.

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Zwischen den Waren der Klasse 9 „Ton- und Videoaufzeichnungen“, für die die Widerspruchsmarke Schutz genießt, und der Ware der Klasse 9 „herunterladbare digitale Musik aus dem Internet“ der angegriffenen Marke besteht Warenidentität, weil es sich bei letzterer ebenfalls um eine Tonaufzeichnung handelt, die von der Ware der Widerspruchsmarke umfasst wird.

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Auch die von der Markenstelle getroffenen Feststellungen zur Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sind zutreffend.

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Für die Prüfung der Verwechslungsgefahr ist entgegen der Ansicht der Widersprechenden nur von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Deren Kennzeichnungskraft ist von Haus aus normal. Soweit die Widersprechende eine Bekanntheit der Widerspruchsmarke im inländischen Verkehr für die Waren der Klasse 9 „Ton- und Videoaufzeichnungen“ geltend macht, hat die Markenstelle im angegriffenen Beschluss demgegenüber zu Recht festgestellt, dass die zur Glaubhaftmachung hierfür vorgelegten Unterlagen nicht geeignet sind, eine erhöhte Kennzeichnungskraft und damit einen überdurchschnittlichen Schutzumfang der Widerspruchsmarke zu begründen. Die vorgelegten Unterlagen beziehen sich nahezu ausnahmslos nicht auf die Widerspruchsmarke, sondern auf die Firma der Widersprechenden, nämlich „MONSTER CABLE Products“, auf andere den Bestandteil „MONSTER“ enthaltende Marken der Widersprechenden sowie weitgehend auf andere Waren als diejenigen, für die die Widerspruchsmarke eingetragen ist. Die dargelegten Absatzzahlen von Tonträgern allein sind zudem nicht geeignet, eine Bekanntheit der Widerspruchsmarke im Verkehr zu begründen, da selbst umsatzstarke Marken wenig verkehrsbekannt sein können (OLG Köln MarkenR 2007, 126 - Schlaufuchs und Lernfuchs; BPatG PAVIS PROMA 26 W (pat) 23/06, Beschluss vom 23.04.2008 - Grüne Bierflasche; 29 W (pat) 15/09 - BLUE PANTHER/Panther). Darüber hinaus müssen Umsatz- und Absatzzahlen in Relation zu den Gesamtumsatz- und -absatzzahlen im jeweiligen Marktsegment gesehen werden, wozu die Widersprechende nichts vorgetragen hat. Die Präsenz der Widersprechenden auf Messen besagt ebenfalls nichts über die Bekanntheit der Widerspruchsmarke für die hier allein maßgeblichen Waren „Ton- und Videoaufzeichnungen“ beim maßgeblichen Endverbraucher. Demoskopische Befragungen zur Bekanntheit der Widerspruchsmarke für diese Waren und Angaben zu Werbeaufwendungen für diese, die zuverlässigere Schlüsse auf die Bekanntheit zulassen würden, hat die Widersprechende nicht vorgelegt. Bei dieser Sachlage kann von einer gesteigerten Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke für Ton- und Videoaufzeichnungen im Verkehr nicht ausgegangen werden.

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Andererseits sind aber auch die von der Markeninhaberin angeführten Eintragungen weiterer Marken mit dem Bestandteil „Monster“ nicht geeignet, eine Schwächung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu begründen, denn zu ihrer Benutzung im Verkehr ist von der Markeninhaberin nichts vorgetragen worden. Zudem sind die angeführten Marken fast ausnahmslos für andere Waren- und Dienstleistungsbereiche eingetragen worden als die Widerspruchsmarke.

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Dementsprechend ist für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr teilweise von Warenidentität und teilweise von einer mittleren Ähnlichkeit der Waren sowie von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Den danach gebotenen Abstand hält die angegriffene Marke gegenüber der Widerspruchsmarke entgegen der im angegriffenen Beschluss vertretenen Auffassung auch bei einer Benutzung der Marken für identische Waren und Dienstleistungen ein.

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In bildlicher Hinsicht ist eine Ähnlichkeit der Marken in ihrer jeweils eingetragenen Form bereits deshalb zu verneinen, weil insoweit davon auszugehen ist, dass der Verkehr - wie allgemein bei kombinierten Wort-Bild-Marken - auch den Bildbestandteil der angegriffenen Marke mit in sein Erinnerungsbild aufnimmt (BGH GRUR 1999, 241, 244 - Lions; GRUR 2009, 903, 904 - SIERRA ANTIGUO), und die angegriffene Marke mit der Abbildung eines Fantasiewesens, das offenbar ein Monster darstellen soll und das die Arme hochreckt und ein Mikrofon hält, einen Bildbestandteil enthält, der in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung hat, und somit verhindert, dass die eine Marke für die andere gehalten wird.

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Aber auch eine zur Feststellung einer Verwechslungsgefahr ausreichende klangliche oder begriffliche Ähnlichkeit der Marken besteht entgegen der im angegriffenen Beschluss vertretenen Auffassung nicht.

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Für die Beurteilung der klanglichen Ähnlichkeit der Marken spielt der Bildbestandteil der angegriffenen Marke allerdings nur eine untergeordnete Rolle, weil der Verkehr insoweit den Wortbestandteilen der Marken als einfachster und kürzester Bezeichnungsform die prägende Bedeutung zumisst und das kombinierte Zeichen regelmäßig mit diesen Wortbestandteilen oder einem Teil von diesen benennt (BGH a. a. O. - SIERRA ANTIGUO; GRUR 2010, 828, 832 - DiSC). Für die Beurteilung der klanglichen Ähnlichkeit ist somit auf die Wortbestandteile der beiderseitigen Marken in ihrer eingetragenen Form, nämlich „MUSIC MONSTER.FM“ bzw. „MONSTER MUSIC“ abzustellen. Diese sind insgesamt unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Abfolge der in ihnen enthaltenen Wörter „MUSIC“ und „MONSTER“ sowie unter weiterer Berücksichtigung des in der angegriffenen Marke enthaltenen Bestandteils „FM“, der sich in der Widerspruchsmarke nicht findet, so verschieden, dass mit klanglichen Verwechslungen nicht gerechnet werden muss.

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Aber auch dann, wenn zu Gunsten der Widersprechenden unterstellt wird, dass ein rechtserheblicher Teil der inländischen Verkehrskreise den Bestandteil „FM“ der angegriffenen Marke bei der Benennung der Marke außer Acht lassen könnte, weil es sich dabei um eine im Inland gebräuchliche Angabe für das UKW-Radiofrequenzband handelt, sind die klanglichen und begrifflichen Unterschiede der verbleibenden Wortfolgen „MUSIC MONSTER“ und „MONSTER MUSIC“ nach Überzeugung des Senats sowohl klanglich als auch begrifflich so verschieden, dass eine Verwechslungsgefahr nicht besteht.

32

Der Gesamteindruck der beiderseitigen Marken wird nicht allein durch das in beiden Marken enthaltene Wort „MONSTER“ geprägt. Bei dem Wortbestandteil „MUSIC“ der Widerspruchsmarke handelt es sich zwar um eine für die Ware „Ton- und Videoaufzeichnungen“ der Widerspruchsmarke sowie für die Waren der angegriffenen Marke beschreibende Angabe über den Inhalt und Gegenstand der Waren, die nicht geeignet ist, den Gesamteindruck der beiderseitigen Marken allein zu prägen. Dennoch wird dieser Wortbestandteil vom Verkehr bei der Benennung nicht vernachlässigt werden, weil er sich mit dem weiteren Bestandteil „MONSTER“ jeweils zu einem Gesamtbegriff verbindet. Der Gesamteindruck beider Marken wird somit durch ihre Bestandteile „MUSIC MONSTER“ und MONSTER MUSIC“ geprägt. Somit kommt es für die Beurteilung der Ähnlichkeit der Marken in klanglicher und begrifflicher Hinsicht auf diese Markenbestandteile an, die zwar aus denselben Wörtern gebildet sind, diese jedoch in unterschiedlicher Abfolge enthalten.

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Die Umstellung einzelner Markenteile kann Verwechslungen zwar meist nicht ausschließen, weil sich der Durchschnittsverbraucher bei flüchtiger Wahrnehmung eines Zeichens zwar meist dessen einzelne Elemente merkt, sich aber - wenn der erste Eindruck verblasst ist - häufig nicht mehr an deren genaue Reihenfolge zu erinnern vermag und deshalb versucht ist, in einem aus entsprechenden Teilen gebildeten, diese aber in anderer Reihenfolge enthaltenden Wort die früher gehörte Marke wiederzuerkennen (BPatG PAVIS PROMA 33 W (pat) 55/99 - PLUS POINT/Point Plus; 25 W (pat) 129/00 - VITA NATURA/naturavita; EuG PharmR 2010, 167, 169 - KidsVits/VITS4KIDS; Urteil vom 25.06.2010 T-407/08 - meeting metro/Metromeet). Das gilt jedenfalls in Fällen, in denen sich die begriffliche Gesamtaussage durch die Umstellung der Markenbestandteile nicht wesentlich verändert. Soweit aber eine spontane begriffliche Zuordnung entweder nicht möglich ist oder zu abweichenden Ergebnissen führt, ist eine Ähnlichkeit der Marken eher zu verneinen (BPatG PAVIS PROMA 30 W (pat) 67/09 - pan Vital/ VITAPAN).

34

Die einander im vorliegenden Fall gegenüberstehenden Bezeichnungen „MONSTER MUSIC“ und „MUSIC MONSTER“ bestehen aus unmittelbar ohne gedankliches Analysieren zu erfassenden begrifflichen Bestandteilen. Das Wort „MONSTER“ ist ein Begriff der deutschen Umgangssprache. Das Wort „MUSIC“ ist zwar ein Begriff der englischen Sprache, der jedoch zum Grundwortschatz gehört und auch wegen seiner weitgehenden Übereinstimmung mit dem deutschen Begriff „MUSIK“ im Inland ohne Weiteres allgemein verstanden wird. Entgegen der im angegriffenen Beschluss vertretenen Auffassung stellen auch die beiden aus diesen Einzelbegriffen gebildeten Bezeichnungen Gesamtbegriffe mit einem ohne Weiteres und sofort erfassbaren unterschiedlichen Begriffsgehalt dar. Dies gilt insbesondere für den in der angegriffenen Marke enthaltenen Begriff „MUSIC MONSTER“, der ein Monster bezeichnet, das Musik macht, wobei dieser Begriffsgehalt dem Verkehr in der angegriffenen Marke auch durch das in ihr enthaltene Bild eines Monsters mitsamt Mikrophon vermittelt wird. Demgegenüber bezeichnet der in der Widerspruchsmarke enthaltene Wortbestandteil „MONSTER MUSIC“ entweder einen Musikstil oder, sofern er als firmen- oder markenmäßige Kennzeichnung verstanden wird, ein Platten- bzw. Musiklabel. Angesichts dieser begrifflichen Unterschiede der die Marken prägenden Bezeichnungen ist ein sicheres Auseinanderhalten der Marken auch dann, wenn diese sich nicht gleichzeitig begegnen, sowohl in klanglicher als auch in begrifflicher Hinsicht gewährleistet.

35

Für die Bejahung einer Gefahr von Verwechslungen durch gedankliche Verbindung enthält der Sachvortrag der Widersprechenden keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte und ist auch sonst nichts ersichtlich. Insbesondere spricht der der Bezeichnung „MUSIC MONSTER“ innewohnende, zuvor bereits dargestellte eigenständige und von der Bezeichnung „MONSTER MUSIC“ abweichende Begriffsgehalt gegen die Annahme, der Verkehr werde die angegriffene Marke auch als eine weitere Marke der Widersprechenden ansehen und damit die betriebliche Herkunft der Waren verwechseln. Der Widerspruch kann daher keinen Erfolg haben, so dass der Beschwerde der Markeninhaberin stattzugeben und der Widerspruch zurückzuweisen ist.

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Der Antrag der Markeninhaberin, der Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, ist zwar zulässig, kann aber keinen Erfolg haben.

37

Gemäß §§ 63 Abs. 1 S. 3, 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG trägt in markenrechtlichen Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und dem Bundespatentgericht jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten grundsätzlich selbst. Eine Auferlegung der Verfahrenskosten auf einen der Beteiligten kommt ausnahmsweise in Betracht, wenn dies der Billigkeit entspricht (§§ 63 Abs. 1 S. 1, 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG). Dies ist der Fall, wenn ein mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbarendes Verhalten eines Verfahrensbeteiligten vorliegt. Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erhalt oder dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. BGH GRUR 1972, 600, 601 - Lewapur; GRUR 1996, 399, 401 - Schutzverkleidung; BPatG Mitt. 1977, 73, 74). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Weder hat die Markeninhaberin dargelegt, worin ein solches mit der prozessualen Sorgfalt unvereinbares Verhalten der Widersprechenden bestehen soll noch ist für den Senat ein entsprechendes Verhalten ersichtlich. Der Verfahrensausgang, also die bloße Tatsache des Unterliegens der Widersprechenden im Beschwerdeverfahren, ist für sich genommen für eine Kostenauferlegung nicht ausreichend BGH a. a. O. - Lewapur). Daher ist der Kostenauferlegungsantrag der Markeninhaberin zurückzuweisen.