Entscheidungsdatum: 04.12.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2012 001 440.2
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 4. Dezember 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Hermann
beschlossen:
Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Mai 2012 und 28. März 2012 werden aufgehoben.
I
Die Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der für Waren der Klassen 4, 6, 8, 9, 11, 16, 20 und 21 bestimmten Marke
Traumwelten
mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, die angemeldete, aus den Begriffen „Traum“ und „Welten“ gebildete Wortverbindung sei ein werbeüblicher Hinweis auf besonders positive, m.a.W. traumhafte Eigenschaften der beanspruchten Waren. Es handele sich um einen schlagwortartigen Qualitätshinweis bzw. zumindest um eine Warenanpreisung, die der Verkehr auch nur in diesem beschreibenden bzw. anpreisenden Sinne verstehen werde, weshalb die angemeldete Marke zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung ungeeignet sei.
Dagegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, dass es sich bei der angemeldeten Marke nicht um eine die beanspruchten Waren unmittelbar beschreibende Angabe handele. Es handele sich auch nicht um eine lediglich anpreisende Angabe. Der Plural „Traumwelten“ dürfe nicht mit dem Singular „Traumwelt“ gleichgesetzt werden. Bei der beanspruchten Pluralform handele es sich nicht um eine übliche Verkaufsstättenbezeichnung. Ergänzend verweist sie auf die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke „Traumwelten“ für ähnliche Waren.
In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin nach Erörterung der Sach- und Rechtslage das Warenverzeichnis der Anmeldung beschränkt auf die Waren
„Klasse 6: unedle Metalle und deren Legierungen, Schlosser- und Kleineisenwaren;
Klasse 9: Waagen;
Klasse 21: rohes oder teilweise bearbeitetes Glas mit Ausnahme von Bauglas“
und die Anmeldung im Übrigen zurückgenommen.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Mai 2012 und 28. März 2012 aufzuheben.
II
Die zulässige Beschwerde ist nach der im Beschwerdeverfahren erklärten Beschränkung des Warenverzeichnisses begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke stehen für die im Warenverzeichnis der Anmeldung verbliebenen Waren die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG nicht entgegen. Der angemeldeten Marke fehlt für die Waren, die noch Gegenstand des Verfahrens sind, insbesondere nicht jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Wie die Markenstelle im Ausgangspunkt zutreffend angenommen hat, weist eine Angabe keine Unterscheidungskraft i. S. d. der vorstehend genannten Bestimmung des MarkenG auf, wenn ihr die Eignung fehlt, die Waren und Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden; denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der Waren und/oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR Int. 2005, 2012 - BioID; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice). Dabei darf die Prüfung, ob das erforderliche Maß an Unterscheidungskraft vorhanden ist, einerseits nicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden, sondern muss streng und vollständig sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu vermeiden (EuGH GRUR 2004, 674, 680 – Postkantoor). Andererseits darf einer Angabe die Eintragung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG aber auch nur dann versagt werden, wenn ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt, so dass eine Eintragung schon dann zu erfolgen hat, wenn die Marke nur eine geringe Unterscheidungskraft aufweist (BGH GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2010, 935 – Die Vision).
Die Unterscheidungskraft einer Marke ist in Bezug auf die einzelnen, konkret beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen zu beurteilen (EuGH GRUR 2003, 514 – Linde, Winward u. Rado). Deshalb kann eine Marke für bestimmte Waren und Dienstleistungen unterscheidungskräftig sein, während ihr für andere die Unterscheidungskraft fehlt (EuGH a. a. O. – Postkantoor; GRUR 2007, 425, 426 - MT&C/BMB).
Für die Waren, die nach der Einschränkung des Warenverzeichnisses noch Gegenstand des Verfahrens sind, fehlt der angemeldeten Marke nicht jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die angemeldete Marke stellt jedenfalls für diese Waren, anders als etwa die von der Markenstelle angeführte Angabe „traumhaft“, keine unmittelbar beschreibende Angabe dar; denn sie bezeichnet in ihrer konkret angemeldeten Form mit dem Bestandteil „welten“ nicht unmittelbar die Beschaffenheit oder eine sonstige Eigenschaft dieser Waren.
Für die verfahrensgegenständlichen Waren stellt die angemeldete Marke auch keine verkehrs- oder werbeübliche Warenanpreisung dar und wird vom Durchschnittsverbraucher dieser Waren auch nicht allein in diesem Sinne verstanden; denn bei den maßgeblichen Waren handelt es sich um zur Weiterverarbeitung bestimmte Rohprodukte und Halbfertigfabrikate bzw. um Waren, die keine Form und kein Dekor aufweisen, das die angesprochenen Verkehrskreise in eine Traumwelt bzw. in Traumwelten entführt, und die der Verkehr auch nicht auf Grund ihrer traumhaften Form oder ihres traumhaften Dekors auswählt und ggf. erwirbt. Bei dieser Sachlage hält der Senat die angemeldete Marke für diese Waren noch für geeignet, die geforderte Herkunftsfunktion zu erfüllen, so dass die Beschlüsse der Markenstelle nach entsprechender Beschränkung des Warenverzeichnisses aufzuheben waren.