Entscheidungsdatum: 11.03.2019
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2015 215 050.6
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 11. März 2019 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Richter Kätker und Schödel
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Das Wortzeichen
Fruitybomb
ist am 31. Juli 2015 unter der Nummer 30 2015 215 050.6 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für die Waren der
Klasse 3: Terpene [ätherische Öle]; Ätherische Öle;
Klasse 34: Aromen für elektronische Zigaretten, ausgenommen ätherische Öle; Elektronische Zigaretten; Nikotinliquide für elektronische Zigaretten; Tabak; Tabakdosen; Verdampfer für den persönlichen Gebrauch und elektronische Zigaretten sowie Aromastoffe und Lösungen hierfür; Wasserpfeifen [orientalische]
angemeldet worden.
Mit Beschluss vom 6. Mai 2016 hat die Markenstelle für Klasse 34 des DPMA die Anmeldung durch einen Beamten des gehobenen Dienstes wegen fehlender Unterscheidungskraft und Freihaltebedürftigkeit gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass es der angemeldeten Marke an der erforderlichen gewissen schutzbegründenden Originalität mangele. Zwar sei das englischsprachige Anmeldezeichen nicht lexikalisch nachweisbar, gleichwohl verstünden entscheidungserhebliche Teile des deutschen Verkehrs die werbeüblich zusammengesetzte Wortkombination in Anlehnung an den Ausdruck „fruity taste“ (= Fruchtgeschmack) im Sinne von „Fruchtbombe". In dieser Übersetzung entspreche sie deutschen Wortzusammensetzungen wie „Eisbombe“, „Kalorienbombe“, „Leuchtbombe“, „Nebelbombe“ oder „Stinkbombe“. Zudem werde der Begriff „Bombe" in der Werbung als Bezeichnung für etwas besonders Herausragendes benutzt. Der an die Verwendung von blumigen Ausdrücken gewöhnte Verkehr werde in jedem Fall auf ein sensationell fruchtiges Produkt schließen. Er werde annehmen, die so gekennzeichneten Waren hätten eine besonders fruchtige Note oder sie präsentierten sich wie eine Fruchtbombe bzw. eine fruchtige Bombe. Die Kennzeichnung rufe die Vorstellung von einem ganz bestimmten Geschmack bzw. Aroma der Raucherwaren hervor. Darüber hinaus werde die Kennzeichnung „Fruitybomb“ auch als Bestimmungshinweis verstanden, etwa dass die Produkte für die Aufbewahrung von Tabaken mit außergewöhnlich fruchtigem Aroma bestimmt oder elektronische Zigaretten Liquids mit besonders fruchtigem Aromen enthielten, ebenso, dass Verdampfer zum Genuss von derartigem Aroma bestimmt und geeignet seien.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Nach ihrer Auffassung ist das Anmeldezeichen eine fantasievolle Wortneuschöpfung, welche die beanspruchten Waren nicht unmittelbar beschreibe. Das Adjektiv „fruity“ habe neben der offensichtlichen Bedeutung „fruchtig“ auch die umgangssprachliche Bedeutung „schwul, anzüglich“, die der Verkehr kenne, zumal gerade im Bereich von Tabak und Liquids provozierende Kennzeichnungen üblich seien, wie z. B. für Zigaretten „Black Devil“ und „Black Death“ oder für Liquids „Hot Napalm“. Der englische Begriff „bomb“ für „Bombe“ sei eher makaber und werde weder im Sinne von etwas ganz Hervorragendem verstanden noch in der Werbung in diesem Sinne verwendet. Er bezeichne eine Sprengwaffe, einen harten Torschuss im Ballsport oder drücke als Präfix von Adjektiven eine Verstärkung aus, wie z. B. bei „bombenfest“ und „bombensicher“. Erst als Präfix von Substantiven bezeichne das Wort „Bombe“ etwas Ausgezeichnetes oder Hervorragendes, z. B. „Bombenfigur“ oder „Bombenstimmung“. Das Gesamtzeichen „Fruitybomb“ sei kein Fall einer Scheinentlehnung aus dem Englischen. Von Konkurrenten werde der lexikalisch korrekte und auch im englischen Sprachgebrauch belegbare Begriff „fruit bomb“ benutzt, während Verwendungen des Anmeldezeichens „Fruitybomb“ auf Vereinbarungen mit der Anmelderin beruhten. Auch die sprachregelwidrige Zusammenschreibung falle dem Verkehr auf und führe zu einem „Mehr“ gegenüber dem bloß Werbeüblichen. Angesichts der Mehrdeutigkeit von „fruity“ und der zweifelhaften Eignung von „bomb“ zur Bezeichnung von Geschmacksrichtungen handele es sich um eine interpretationsbedürftige Wortkombination. Denn es sei unklar, was eine „Fruchtbombe“ sein solle. Eine Geschmacksrichtung „Fruitybomb“ gebe es nicht. Bei elektronischen Zigaretten, Verdampfern und Wasserpfeifen handele es sich um Hardware, die nicht so bezeichnet würden wie das Liquid. Es gehe zu weit und bedürfe der Interpretation, dass der in einer mit „Fruitybomb“ gekennzeichneten Tabakdose aufbewahrte Tabak auch noch außergewöhnlich fruchtig sein solle. Ferner habe das DPMA eine identische Marke am 6. August 1998 (397 55 514) und die Wortmarke „Frucht Bombe“ (399 44 117) am 29. November 1999 eingetragen.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 34 des DPMA vom 6. Mai 2016 aufzuheben.
Ihren ursprünglich gestellten Antrag auf Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung hat sie zurückgenommen.
Mit den gerichtlichen Schreiben vom 30. Mai 2018 und 8. November 2018 ist unter Beifügung von Recherchebelegen darauf hingewiesen worden, dass die angemeldete Wortkombination nicht für schutzfähig erachtet werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
1. Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens „Fruitybomb“ als Marke steht in Bezug auf die beanspruchten Waren das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat dem Anmeldezeichen daher zu Recht die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unter-scheidet (EuGH GRUR 2015, 1198 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH GRUR 2018, 932 Rdnr. 7 – #darferdas?; GRUR 2018, 301 Rdnr. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rdnr. 9 – OUI). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rdnr. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. - OUI). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke).
Entgegen der Auffassung der Markenstelle ist eine „gewisse schutzbegründende Originalität“ für die Bejahung der Schutzfähigkeit gerade nicht erforderlich (vgl. angefochtener Beschluss, S. 2 Mitte). Der Senat hat in den dazu von der Prüfungsstelle angeführten Entscheidungen EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 48 - Henkel und BGH GRUR 2002, 1070, 1071 – Bar jeder Vernunft auch keinen Hinweis gefunden, der ihre Auffassung stützen könnte. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass „Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz“ Indizien für die Eignung einer (sloganartigen) Wortfolge als betrieblicher Herkunftshinweis sein könnten. Ein phantasievoller Überschuss sei nicht erforderlich (BGH GRUR 2015, 173 Rdnr. 17 – for you; a. a. O. – Bar jeder Vernunft). Vorliegend handelt es sich um ein zusammengesetztes Wortzeichen, aber nicht um eine Wortfolge.
Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 – Henkel; BGH a. a. O. Rdnr. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 – grill meister).
Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 - Postkantoor; BGH a. a. O. Rdnr. 8 – #darferdas?; GRUR 2012, 270 Rdnr. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. Rdnr. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rdnr. 21 – Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht (BGH a. a. O. - #darferdas?; a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 – DOUBLEMINT; BGH GRUR 2014, 569 Rdnr. 18 – HOT); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH MarkenR 2007, 204 Rdnr. 77 f. – CELLTECH; BGH GRUR 2014, 1204 Rdnr. 16 – DüsseldorfCongress).
b) Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt das angemeldete Wortzeichen „Fruitybomb“ nicht. Die angesprochenen inländischen Verkehrskreise haben es schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 31. Juli 2015, nur als beschreibende Angabe über die beanspruchten Waren der Klassen 3 und 34, aber nicht als betrieblichen Herkunftshinweis aufgefasst.
aa) Die angemeldeten Waren richten sich sowohl an den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher als auch an die Hersteller und den Fachhandel von elektronischen Zigaretten und Raucherartikeln.
bb) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den englischen Wörtern „fruity“ und „bomb“ zusammen.
aaa) Das Adjektiv „fruity“ hat die vorrangige Bedeutung „fruchtig“. Insofern ist es sprachregelmäßig vom entsprechenden Substantiv „fruit“ abgeleitet, das zum englischen Grundwortschatz gehört (vgl. Erich Weis, Grund- und Aufbauwortschatz Englisch, 1977, S. 48). Das Verständnis von „fruity“ als „fruchtig“ im Sinne von „wie frische Früchte duftend, schmeckend“ kann beim inländischen Verkehr daher allgemein vorausgesetzt werden (www.duden.de). Englische Spezialbedeutungen wie der von der Anmelderin hervorgehobene Sinngehalt „schwul“, mit dem „fruity“ als Ausdruck des amerikanischen Slang belegbar ist (vgl. Online-Übersetzungsdienst LEO, www.leo.org) stehen – sofern sie einem beachtlichen Teil der Verkehrskreise überhaupt geläufig sind – bei Genussmitteln und darauf bezogenen Waren hingegen nicht im Vordergrund.
bbb) Das englische Substantiv „bomb“ für „Bombe“ (Langenscheidts Schulwörterbuch Englisch, 1986, S. 37) wird schon wegen der Ähnlichkeit mit dem deutschen Wort von jedermann verstanden. Neben seiner Bedeutung als Sprengwaffe wird es auch im übertragenen Sinne verwendet, etwa zur Bezeichnung eines harten Schusses im Ballsport oder als salopper Ausdruck für etwas ganz Hervorragendes („bombig“). Dementsprechend sind in Deutschland Redewendungen geläufig wie „etwas ist Bombe“ im Sinne von „etwas ist super/toll“ oder „wie eine Bombe einschlagen“ im Sinne von „unerwartet passieren/eintreten“ (https://de.wiktionary.org/wiki/Bombe, Anlage 2b zum gerichtlichen Hinweis vom 30. Mai 2018).
cc) Die Wortzusammensetzung „Fruitybomb“ ist daher wörtlich als „fruchtige Bombe“ zu übersetzen. Auf diese korrekte Adjektiv-Übersetzung hat die Anmelderin auch besonders hingewiesen (vgl. Beschwerdebegründung, S. 8 ff.). Im Zuge eines sinnvollen, an der lebendigen Sprache orientierten Übersetzungsvorgangs wird der Verkehr jedoch ohne weiteres zur Substantivkombination „Fruchtbombe“ gelangen. Denn diese Übersetzung entspricht der in der deutschen Sprache üblichen verkürzenden substantivischen Wortzusammenziehung, wie die entsprechend gebildeten geläufigen Begriffe „Sexbombe“, „Stinkbombe“, „Fliegerbombe“, „Nebelbombe“, „Brandbombe“, „Atombombe“, „Eisbombe“ oder „Kalorienbombe“ zeigen. „Fruchtbombe“ mag demnach zwar eine weniger direkte Übersetzung von „Fruitybomb“ darstellen, es handelt sich jedoch um die sprachlich naheliegendere Fassung. Einen begrifflichen Unterschied zwischen „fruity bomb“/„fruchtige Bombe“ und „fruit bomb“/„Fruchtbombe“, insbesondere ein solcher, der im Hinblick auf die beanspruchten Waren entscheidungserheblich sein könnte, hat die Anmelderin im Übrigen nicht aufgezeigt. Die nachfolgenden Erwägungen würden daher auch dann gelten, wenn man statt „Fruchtbombe“ die umständlichere Übersetzung „fruchtige Bombe“ zugrunde legt (vgl. auch die verschiedenen Verwendungen des Begriffs „fruchtig“ in den nachfolgend auszugsweise zitierten Belegen).
dd) Im Zusammenhang mit Lebens- und Genussmitteln bzw. Waren, die einen bestimmten Geschmack und/oder Geruch als verkehrswesentliche Eigenschaft aufweisen, hat der Senat vor und um den Anmeldezeitpunkt, den 31. Juli 2015, die umfangreiche Verwendung des Begriffs „Fruchtbombe“ zur Bezeichnung eines intensiven fruchtigen Geschmacks bzw. Aromas belegt, z. B. bei Marmeladen, Weinen, Smoothies oder Cocktails, jeweils hergestellt aus mehreren Obstsorten (vgl. Anlagenkonvolut 1 zum Senatshinweis vom 8. November 2018).
Dies gilt ebenso für die beanspruchten Waren der Klassen 3 und 34. So zeigen die Belege des Senats, dass bereits vor dem Anmeldezeitpunkt ätherische Öle sehr häufig auch aus Früchten gewonnen worden sind (vgl. Anlagenkonvolut 2 zum gerichtlichen Hinweis vom 8. November 2018), z. B.:
- „... Bei der Herstellung der ätherischen Öle werden verschiedene Teile von Pflanzen verarbeitet: ... Fruchtschalen oder Früchte werden mit Hilfe von Wasserdampfdestillation gewonnen. ...“ (www.heilpflanzen-welt-de./2014-4-Aromatherapie-wirkt-... von 2014;
- „... Ätherisches Orangenöl“ ... Zitronig, spritzig, fruchtig, warm und süß: So lässt sich der Duft der Orange beschreiben. ...“ (http://spa-society.de/aetherische-oele-orange/..., Erstellt am: 8. Oktober 2014);
- „Grapefruitöl: Frisches ätherisches Öl aus den Schalen der Grapefruit … Das frisch-fruchtige Öl wird … im Massagebereich oder auch als Lebensmittel- und Kosmetikzusatz verwendet. … (http://portal.massage-expert.de/massage-lexikon/grapefruitoel/, veröffentlicht am 16. Dezem-ber 2012).
Auch Liquids für E-Zigaretten und E-Shishas sind mit Fruchtaromen angeboten worden (vgl. Anlagenkonvolut 3 zum gerichtlichen Hinweis vom 8. November 2018), z. B.:
- „... Die Shibacco Dreams Liquid-Reihe hat neuen und fruchtigen Zuwachs bekommen. Die neuen Liquid sind allesamt Fruchtig und gewohnt intensiv im Geschmack ...“ (http://www.e-zigarette-onlineshop.de/e-zigarette/neue-shibacco-..., „publiziert am 11. März 2015);
- „Darf man Liquids mischen? … Liquids werden meistens in einzelnen Geschmacksrichtungen angeboten, als z. B. bestimmte Frucht- oder Tabakaromen …“ (https://ezstore.de/esmokers-corner/tipps-tricks/darf-man-liquids-..., vom 1. Juli 2013);
- „Die E-Zigarette … Die Liquide enthalten Aromen … Typische Aromastoffe in Liquiden der E-Zigaretten: ... Fruchtaromen: Pfirsich, Ananas, Kokosnuss, Zitrone, Passionsfrucht, Litschi“ (Schweiz Med Forum 2014, 14 (15), S. 318, Tabelle 1).
- E-Zigaretten – Einstieg und Ausstieg zugleich … E-Shishas und E-Zigaretten gibt es in allen erdenklichen Geschmacksrichtungen zum Beispiel Kaugummi, Himbeere oder Gummibärchen … E-Shishas sind auch wegen ihrer Fruchtaromen bei Jugendlichen sehr beliebt (https://www.deutsch-landfunk.de/e-zigaretten-einstieg-und-aussti..., vom 26. Mai 2015).
Sogar der Begriff „Fruchtbombe“ ist für die Geschmacksrichtung von Liquids für E-Zigaretten und E-Shishas schon vor dem Anmeldezeitpunkt benutzt worden (vgl. Anlagenkonvolut 3 zum gerichtlichen Hinweis vom 8. November 2018, Stichwort: Fruchtbombe):
- Am 5. März 2015 ist ein Rezept für ein E-Liquid mit der Bezeichnung „Fruchtbombe“ in das Internet eingestellt worden, das sich aus sechs Fruchtaromen und Vanille zusammensetzt (vgl. https://www.liquid-maker.de/rezepte/1461-fruchtbombe.html).
- Am 6. Februar 2015 ist ein E-Shisha-Tabak unter der Bezeichnung „YELLOW FRUCHTBOMBE“ beworben worden (https://npsdome.wordpress.com/2015/02/06/ultimate-tobacco-ye).
- Eine seit dem 23. Dezember 2014 im Angebot eines Internetversandhändlers befindliche Dampfpaste mit Erdbeeraroma ist in der Produktbeschreibung als „Fruchtbombe“ bezeichnet worden („Die Fruchtbombe von Hookah Squeeze! Reife fruchtig frische, süße Erdbeere ..., https://www.amazon.de/Maylandia-Hookah-Squeeze-Dampfpast...).
Ähnliches gilt für (klassischen) Tabak. So findet sich unter dem Datum 15. September 2011 beispielsweise in einem Zigarrenforum der Ratschlag, „nicht direkt mit einer Fruchtbombe anzufangen“ (vgl. www.zigarrenforum-online.de/showthread.php?t=2521, Anlage 4 zum gerichtlichen Hinweis vom 8. November 2018).
ee) In Bezug auf die beanspruchten Waren „Terpene [ätherische Öle]; Ätherische Öle“ der Klasse 3 und „Aromen für elektronische Zigaretten, ausgenommen ätherische Öle; Nikotinliquide für elektronische Zigaretten; Tabak; Aromastoffe und Lösungen für Verdampfer für den persönlichen Gebrauch“ der Klasse 34 haben die angesprochenen Verkehrskreise das Anmeldezeichen daher schon vor dem Anmeldezeitpunkt als werblich anpreisenden Hinweis auf deren Beschaffenheit oder Bestimmungszweck verstanden. Denn die vorgenannten Produkte können entweder selbst eine intensive fruchtige Aromatisierung aufweisen oder einer fruchtigen Aromatisierung dienen.
ff) Was „elektronische Zigaretten und Verdampfer für den persönlichen Gebrauch und elektronische Zigaretten“ der Klasse 34 betrifft, so gibt es Einwegsysteme, bei denen die Flüssigkeiten für die elektronische Zigarette nicht wechselbar sind und die der Käufer der Ware direkt nach der bevorzugten Geruchs- oder Geschmacksrichtung auswählt (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Elektrische_Ziga-rette#Verdampfer, Anlage 5a zum gerichtlichen Hinweis vom 30. Mai 2018).
Ferner gibt es Systeme, in denen der Verdampfer direkt integriert ist und die E-Zigarette insgesamt als Einwegsystem ausgeführt ist (vgl. https://www.ama-zon.de/Ezee-Zigarette-Nikotinfrei-Eletronische-Ver...; Anlage 5b zum gerichtlichen Hinweis vom 30. Mai 2018). Bei diesen Einwegartikeln beschreibt das Anmeldezeichen unmittelbar, dass diese mit einem E-Liquid bestückt sind, dessen Aroma intensiv fruchtig ist.
Soweit es sich um „elektronische Zigaretten und Verdampfer“ handelt, bei denen die E-Liquids ausgetauscht werden können, weist die beanspruchte Wortkombination auf deren besondere Eignung hin, ein solches intensives fruchtiges Raucharoma zu erzeugen.
Im Übrigen ist die Eintragung eines Zeichens für einen beanspruchten Oberbegriff bereits dann zu versagen, wenn sich auch nur für eine spezielle, unter den Oberbegriff fallende Ware ein Eintragungshindernis ergibt (vgl. BGH WRP 2002, 91, 92 f. – AC).
gg) Als Kennzeichnung von „Wasserpfeifen [orientalische]“ der Klasse 34 wird das Anmeldezeichen vom Verkehr nur als Bestimmungsangabe dahingehend verstanden, dass sie zur Verwendung eines Tabaks mit (besonders) intensivem Fruchtaroma geeignet sind. Denn in der Shisha bzw. orientalischen Wasserpfeife wird meist Tabak mit Fruchtaroma bzw. ähnlichen Geschmacksrichtungen geraucht (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Shisha, Anlage 7a zum gerichtlichen Hinweis vom 30. Mai 2018).
hh) Schließlich gibt das Wortzeichen „Fruitybomb“ für die Ware „Tabakdosen“ der Klasse 34 deren Verwendungszweck an. Da Tabakdosen Behälter zur Aufbewahrung von Tabak darstellen und als Hilfsmittel beim Vertrieb von Fruchttabaken eingesetzt werden, weist das Anmeldezeichen darauf hin, dass sich diese für die Aufnahme und Aufbewahrung fruchtigen Tabaks sowie die Konservierung eines intensiven Fruchtaromas besonders gut eignen. Zumindest aber stellt die angemeldete Wortkombination insofern einen engen beschreibenden Bezug zu ihnen her.
ii) Dem Anmeldezeichen fehlt es im Übrigen an Besonderheiten in syntaktischer oder semantischer Hinsicht, die eine Unterscheidungskraft begründen könnten (EuGH a. a. O. – CELLTECH; BGH a. a. O. – DüsseldorfCongress). Auch wenn es sich um eine Wortneuschöpfung handeln sollte, fehlt es an einer ungewöhnlichen Änderung, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt. Denn die angemeldete Kombination aus einem vorangestellten Adjektiv und einem nachgestellten Substantiv ist sprachregelgerecht kombiniert (vgl. z. B. „atomic bomb“, „dirty bomb“, „car bomb“) und bildet einen sinnvollen beschreibenden Gesamtbegriff. Lediglich die Zusammenschreibung der beiden Wortbestandteile entspricht nicht den Regeln der englischen Rechtschreibung. Hierbei handelt es sich jedoch um eine gängige Orthografieabweichung, die in der Werbung üblich ist (vgl. BPatG 25 W (pat) 2/16 – findwhatyoulike; 26 W (pat) 122/09 – mykaraokeradio; 29 W (pat) 104/13 – edatasystems; 33 W (pat) 511/13 – klugeshandeln; 26 W (pat) 3/15 – dateformore). Die angesprochenen Verkehrskreise sind mit der zäsurlosen Aneinanderreihung von Wörtern schon aufgrund der Domainnamen im Internet vertraut, bei denen Leerzeichen unzulässig und Binnengroßschreibung unüblich sind.
2. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt, kann dahinstehen, ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG für die in Rede stehenden Waren freihaltungsbedürftig ist.
Allerdings hat die Anmelderin mit der Wiedergabe einer Werbeanzeige eines Konkurrenten, in der es unter der Liquid-Bezeichnung „FRUITBOMB“ heißt: „Eine wahre Fruchtexplosion erwartet euch!“ (vgl. Beschwerdebegründung, S. 7 unten) selbst aufgezeigt, dass offensichtlich ein Bedürfnis besteht, solche nur begrenzt verfügbaren Bezeichnungen wie Fruchtbombe bzw. fruchtige Bombe für die Mitbewerber freizuhalten.
3. Schließlich rechtfertigen auch die von der Anmelderin angeführten Voreintragungen keine andere Entscheidung. Wegen der Einzelheiten wird auf den ausführlichen gerichtlichen Hinweis vom 8. November 2018 Bezug genommen.