Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 17.05.2017


BPatG 17.05.2017 - 26 W (pat) 541/16

Markenbeschwerdeverfahren - "Schwaben Bräu" – keine Unterscheidungskraft – zu den Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem Biermarkt – keine Zulassung der Rechtsbeschwerde


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
17.05.2017
Aktenzeichen:
26 W (pat) 541/16
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2013 046 345.5

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 17. Mai 2017 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Richter Reker und Schödel

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortfolge

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Schwaben Bräu

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ist am 15. August 2013 unter der Nummer 30 2013 046 345.5 zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register angemeldet worden für Waren der Klassen 21, 25 und 32.

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Mit Beschluss vom 8. Juni 2015 hat die Markenstelle für Klasse 32 des DPMA die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG teilweise wegen Freihaltebedürftigkeit und fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen, nämlich für die Waren der

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Klasse 12: Bierkrüge;

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Klasse 32: Biere, alkoholfreies Bier, alkoholvermindertes Bier; Bier-Mischgetränke soweit in Klasse 32 enthalten, Malzbiere, kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtsäfte.

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Zur Begründung hat sie ausgeführt, zwar könne der Bestandteil „Schwaben“ verstanden werden als Regionalbezeichnung für eine Landschaft im südlichen Deutschland, als Name eines Regierungsbezirks in Bayern, als Name eines mittelalterlichen Herzogtums, als Teil des oberbayerischen Ortsnamens „Markt Schwaben“, als Name von Ortsteilen der Stadt Kelheim und der Gemeinde Prackenbach in Bayern und der Stadt Waldenburg in Sachsen oder als Bezeichnung für die in der Region Schwaben lebende Bevölkerung, aber dies bewirke keine Schutz begründende Mehrdeutigkeit. Das angesprochene Publikum werde „Schwaben“ dem deutschlandweit bekannten Regierungsbezirk in Bayern zuordnen, der 9.992 qm groß sei und ca. 1,8 Millionen Einwohner habe. „Bräu“ weise auf das gebraute Getränk „Bier“ oder dessen Herstellungsbetrieb „Brauerei“ hin. Das Gesamtzeichen stelle daher nur einen beschreibenden Sachhinweis darauf dar, dass die zurückgewiesenen Waren entweder geographisch aus Schwaben stammten oder von einer in Schwaben ansässigen Brauerei hergestellt worden seien. Aufgrund der Größe und deutschlandweiten Bekanntheit des bayerischen Regierungsbezirks Schwaben und des dort wie in ganz Bayern populären Biergenusses, der sich im Vorhandensein einer entsprechend hohen Zahl von Brauereien widerspiegele, sei davon auszugehen, dass dort gegenwärtig wie zukünftig „Bier“, Bierkrüge sowie die anderen zurückgewiesenen Getränke auch von anderen Anbietern hergestellt und vertrieben werden könnten, so dass ihnen die Möglichkeit offen stehen müsse, gleichartige Waren mit dieser geographischen Herkunftsangabe bewerben und anbieten zu können. Aufgrund des unmittelbar beschreibenden Charakters des Anmeldezeichens fehle ihm auch jegliche Unterscheidungskraft. Es gebe eine Vielzahl von Zusammensetzungen aus geografischen und warenbezogenen Sachaussagen, bei denen die Schutzfähigkeit vom BPatG, BGH, EUIPO und EuG verneint worden sei. In diese Reihe füge sich die angemeldete Bezeichnung „Schwaben Bräu“ nahtlos ein. Die Voreintragung vergleichbarer Marken entfalte keine rechtlich bindende Wirkung. Zudem gebe es auch entsprechende (Teil-)Zurückweisungen, wie die Entscheidungen des BPatG zu Schwabenwasser (26 W (pat) 153/01) und Schwabengas (26 W (pat) 156/01) zeigten.

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Gegen diese Teilzurückweisung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 des DPMA vom 8. Juni 2015 aufzuheben.

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Hilfsweise regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an und trägt vor, das DPMA habe in verschiedenen Widerspruchsverfahren, z. B. im Verfahren zum Wortzeichen „Schwalbe-Bräu“ (304 26 281.1), bestätigt, dass dem Wortbestandteil „Schwaben Bräu“ (946 060, 399 47 158) zumindest eine schwache Kennzeichnungskraft zuzumessen sei. Angesichts der Vielzahl der auch von der Markenstelle angeführten Bedeutungen sei das Wortzeichen interpretationsbedürftig, so dass es auch keine ausschließlich freihaltungsbedürftige, geographische Angabe darstelle. Es könne nämlich bedeuten, das Bier werde in Schwaben, für Schwaben oder von Schwaben gebraut. Auch die Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem Biermarkt sprächen für seine Eintragungsfähigkeit. Eine Vielzahl eingetragener Biermarken belege, dass es auf dem Biermarkt üblich sei, Bier nach dem Schema „Orts-/Regionname“ plus „bierspezifischer Hinweis“ wie Bräu, Brauerei, Pils, Radler etc. herkunftshinweisend zu kennzeichnen. Zum Beweis eines entsprechenden Verkehrsverständnisses werde die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Wegen der Einzelheiten eingetragener Biermarken und sonstiger Voreintragungen wird auf die Schriftsätze der Beschwerdeführerin vom 15. August 2013 (Seite 2, Bl. 9 VA), 3. Februar 2014 (Seiten 6 – 8, Bl. 30 -32 VA), 3. Juni 2016 (Seiten 7 – 10, Bl. 15 – 18 GA) und 6. Februar 2017 (Seiten 3 – 5, Bl. 46 – 48 GA) nebst Anlagen Bezug genommen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 MarkenG zulässige Beschwerde ist unbegründet.

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Der Eintragung der angemeldeten Wortfolge „Schwaben Bräu“ als Marke für die zurückgewiesenen Waren steht, wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft entgegen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

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1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH GRUR 2016, 934 Rdnr. 9 – OUI; GRUR 2015, 173, 174 Rdnr. 15 – for you). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rdnr. 33 - Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – OUI; a. a. O. – for you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – OUI; a. a. O. – for you). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 – Henkel; BGH a. a. O. Rdnr. 10 – OUI; a. a. O. Rdnr. 16 – for you).

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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 – grill meister).

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Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270 Rdnr. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH a. a. O. Rdnr. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rdnr. 21 – Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2014, 1204 Rdnr. 12 – DüsseldorfCongress). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 – DOUBLEMINT); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH MarkenR 2007, 204 Rdnr. 77 f. – CELLTECH; BGH a. a. O. Rdnr. 16 – DüsseldorfCongress).

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b) Diesen Anforderungen genügt das angemeldete Wortzeichen „Schwaben Bräu“ nicht, weil es im Hinblick auf die versagten Waren der Klassen 21 und 32 einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt aufweist oder einen engen beschreibenden Bezug zu ihnen herstellt.

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aa) Die hier angesprochenen inländischen Verkehrskreise sind sowohl der Getränkefachhandel als auch der Endverbraucher.

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bb) Das Wortzeichen setzt sich aus den beiden Substantiven „Schwaben“ und „Bräu“ zusammen.

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aaa) Der Begriff „Schwaben“ bezeichnet eine geografische Region in Südwestdeutschland (www.duden.de), ein mittelalterliches Herzogtum, einen bayerischen Regierungsbezirk, Ortsteile der Stadt Kelheim und der Gemeinde Prackenbach in Bayern sowie der Stadt Waldenburg in Sachsen sowie eine bestimmte Volksgruppe, die in Schwaben angesiedelt ist bzw. einen schwäbischen Dialekt spricht (vgl. www.wikipedia.de).

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bbb) Das Wort „Bräu“ stammt vom mittelhochdeutschen „briuwen“ für „brauen“ im Sinne von „Brauen, Gebrautes“ und bedeutet entweder „Bier“ oder „Brauerei“ (www.duden.de).

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c) Der Wortkombination „Schwaben Bräu“ kommen daher die Bedeutungen zu „Bier aus Schwaben“, „Bier für Schwaben“, „Bier von Schwaben, oder „Brauerei in Schwaben“, „Brauerei für Schwaben“, „Brauerei von Schwaben“. Dabei entspricht die Verknüpfung einer geografischen Bezeichnung mit einem Substantiv den grammatikalischen Regeln der deutschen Sprache (z. B. Frankenwein, Bayernmilch, Schwabenkinder).

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aa) Entgegen der Auffassung der Anmelderin sind weder der Begriff „Schwaben“ noch die Wortkombination mehrdeutig oder interpretationsbedürftig.

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Ein Schutzhindernis besteht nämlich schon dann, wenn nur eine von mehreren Deutungsmöglichkeiten einen beschreibenden Inhalt hat (EuGH GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 – DOUBLEMINT; GRUR 2004, 680 Rdnr. 38 – BIOMILD; BGH GRUR 2012, 276 Rdnr. 8 - Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.).

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Vorliegend ist jede der möglichen Bedeutungen beschreibend.

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bb) Die angemeldete Wortfolge hat auch keine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von dem im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt oder dem engen beschreibenden Bezug wegführen könnte (EuGH a. a. O. - CELLTECH; BGH a. a. O. Rdnr. 16 - DüsseldorfCongress).

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Die Wortkombination erschöpft sich in ihrem Aussagegehalt lediglich in der Summe der Einzelbestandteile mit den in ihnen verkörperten Sachinformationen zu den zurückgewiesenen Waren (vgl. BPatG 33 W (pat) 38/12 – Schwabenstrom; 26 W (pat) 153/01 – Schwabenwasser; 26 W (pat) 156/01 – Schwabengas; 26 W (pat) 507/14 – Schwaben Bräu).

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d) Der angemeldeten Wortfolge kann daher für die zurückgewiesenen Waren entweder ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt entnommen werden oder sie stellt einen engen beschreibenden Bezug zu den versagten Produkten her.

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Der Bestandteil „Schwaben“ kann bei allen beschwerdegegenständlichen Produkten sowohl als geografische Bestimmungsangabe als auch als geografischer Herkunftshinweis verstanden werden. Der Begriff „Bräu“ bezeichnet entweder die Waren selbst oder deren Herstellungs- oder Angebotsbetrieb, die Brauerei. Sofern sich die Gesamtbezeichnung hinsichtlich der versagten Produkte in der Angabe der Herstellungs- und/oder Vertriebsstätte erschöpft, bezeichnet sie einen Umstand, der zwar die Waren selbst nicht unmittelbar betrifft, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu ihnen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren sieht (vgl. BGH a. a. O. Rdnr. 12 – DüsseldorfCongress; BPatG 33 W (pat) 525/12 – Fashion Tower; 25 W (pat) 70/09 – CHOCOLATERIA; GRUR 2007, 61, 62 – Christkindlesmarkt). Denn wenn eine Bezeichnung in erster Linie als Umschreibung eines Ortes verstanden wird, an dem üblicherweise die betroffenen Waren hergestellt und/oder vertrieben werden, ist sie nicht geeignet, den Bezug zu einem bestimmten Geschäftsbetrieb herzustellen und die Waren dieses konkreten Unternehmens von denen anderer, auf demselben Gebiet tätiger Firmen markenmäßig abzugrenzen.

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aa) Bei den zurückgewiesenen Waren der Klasse 21 „Bierkrüge“ weist die Wortfolge „Schwaben Bräu“ darauf hin, dass diese für Bier aus der Region Schwaben bestimmt oder von einer Brauerei mit Sitz in der Region Schwaben vertrieben werden. Dass es schon lange vor dem Anmeldezeitpunkt, dem 15. August 2013, üblich war, dass Brauereien auch mit ihrem Logo oder ihrer Marke gekennzeichnete Bierkrüge zum Kauf anbieten, hat unabhängig von einer entsprechenden Kenntnis der Senatsmitglieder auch eine Internetrecherche des Senats ergeben:

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- „Wissenswertes rund um Bierkrüge – Bierkrug-Tradition reicht weit zurück – ´Eine Kanne Bier – das ist ein Königsgetränk` schwärmte einst schon William Shakespeare. Aus dem traditionellen Bierkrug schmeckt es gleich doppelt gut und der hat eine lange Tradition. Erste Erwähnungen gehen bis auf das 15. Jahrhundert zurück. … Der Siegeszug der Steinkrüge hält bis heute ungebrochen an. Brauereikrüge, die stets über mindestens ein markantes Merkmal verfügen, das eine eindeutige Zuordnung zur jeweiligen Brauerei zulässt, verfügen in der Regel auch über ein Eichmaß. … Wir bieten regionale Biere von mehr als 50 verschiedenen Kleinbrauereien. Die hierzu passenden Bierkrüge sind im Laden erhältlich. … (www.landbierparadies.com);

32

- „Bierkrug der Schultheiss Brauerei mit Zinndeckel aus dem Jahr 1992 …“ (www.dhd24.com);

33

- „Alles über Nürtingen und die Brauerei Schöll - Schöll Bierkrüge – Bierkrug (ca. 1930)“ mit der Aufschrift „Brauerei Hch. Schöll Nürtingen“ (http://andreas-ottmayer.de);

34

- Die Brauhaus Castel – Brauerei bietet im Internet auch Bier- und Maßkrüge sowie Weizenbiergläser mit Wappenrelief und Steinkrüge mit dem Aufdruck „20 Jahr Brauhaus Castel“ an (www.brauhaus-castel.de);

35

- „Unser Brauerei-Laden – Für Bierliebhaber, die das Besondere suchen – Natürlich bekommen Sie bei uns die Faust Bier-Spezialitäten und Bier-Raritäten … Sie erhalten aber auch Gläser, Krüge und Textilien. …“ (www.faust.de);

36

- Im Fan-Shop der Paulaner Brauerei München wird „das attraktive original Paulaner Weißbier-Glas“ angeboten (www.paulaner.de);

37

- „Im Rechenberger Brauereishop können Sie … Rechenberger Gläser und Bierkrüge“ „online einkaufen“ (www.brauerei-rechenberg.de).

38

bb) Bei den versagten Getränken in Klasse 32 „Biere, alkoholfreies Bier, alkoholvermindertes Bier; Bier-Mischgetränke soweit in Klasse 32 enthalten, Malzbiere, kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtsäfte“ gibt das Anmeldezeichen an, dass diese von einer in Schwaben ansässigen Brauerei hergestellt und/oder vertrieben oder von einer Brauerei für die Region Schwaben produziert und/oder angeboten werden.

39

Auch hier hat eine Recherche des Senats im Internet ergeben, dass eine Vielzahl von Brauereien in ihrem Angebotssortiment neben Bieren und Biermischgetränken auch andere alkoholfreie (Erfrischungs-)Getränke wie Limonaden und Fruchtsäfteführen:

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- Das Getränkesortiment der Brauerei Rapp enthält neben verschiedenen Biersorten, alkoholfreie Biere, Biermischgetränke, Malzbier, diverse Limonaden, Fruchtsaftgetränke sowie verschiedene Fruchtsäfte (www.brauerei-rapp-de);

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- Eine große Auswahl von Fruchtsäften und Schorlen findet man bei der Bucher Bräu Grafenau Brauerei (www.bucher-braeu.de);

42

- Verschiedene Fruchtsaftgetränke kann man auch bei der Brauerei Hacklberg erwerben (www.hacklberg.de);

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- Die Brauerei Clemens Härle ergänzt ihr Sortiment durch alkoholfreie Erfrischungsgetränke und Fruchtsäfte (https://de.wikipedia.org/wiki/Brauerei_Clemens);

44

- Die Karlsberg Brauerei GmbH „ist neben der Produktion von Bier- und Biermischgetränken in den Bereichen des Getränkevertriebs … aktiv.“ Dabei umfasst ihr Angebot neben Malzbier auch Fruchtsäfte, Mineralwasser und Limonaden (https://de.wikipedia.org/wiki/Karlsberg_Brauerei);

45

- Auch die Brauerei Pöllinger bietet neben Bier Mineralwasser, Limonaden, Fruchtschorlen und Fruchtsäfte an (www.brauerei-poellinger.de).

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Teilweise stellen Brauereien sogar selbst Obst- und Gemüsesäfte her (vgl. Brauerei Hellwagner, www.brauereifuehrer.com). Im rückblickenden Branchenbericht der alkoholfreien Getränkeindustrie 2013 ist zudem festgestellt worden, dass sich in den letzten Jahren die Großbrauereien immer mehr zu universellen Getränkelieferanten entwickelt haben.

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2. Entgegen der Ansicht der Anmelderin konnte auch nicht festgestellt werden, dass es den Gewohnheiten auf dem Biermarkt entspricht, Bier nach dem Schema „Orts-/Regionname“ plus „bierspezifischer Hinweis“ wie Bräu, Brauerei, Pils, Radler etc. herkunftshinweisend zu kennzeichnen.

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Nach der Rechtsprechung des BGH ist es zwar nicht ausgeschlossen, dass die in einer bestimmten Branche bestehenden Kennzeichnungsgewohnheiten das Verkehrsverständnis des Publikums in einem Maße bestimmen, dass der Durchschnittsverbraucher schutzunfähige Bezeichnungen, wie z. B. geographische Angaben verbunden mit einem Sachhinweis, als Produktkennzeichen ansieht und sie deshalb über originäre Unterscheidungskraft verfügen (BGH a. a. O. Rdnr. 19 – DüsseldorfCongress).

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Aus den von der Beschwerdeführerin genannten, bisher registrierten Biermarken kann nicht der Schluss gezogen werden, dass auf dem Biermarkt die Kombination einer freihaltungsbedürftigen geografischen Herkunftsangabe mit einem das Getränk oder die Vertriebs- bzw. Herstellungsstätte glatt beschreibenden Zusatz ausnahmsweise aufgrund besonderer Kennzeichnungsgewohnheiten von Haus aus, also ohne Nachweis der Verkehrsdurchsetzung, eintragungsfähig ist.

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a) 16 von der Anmelderin genannte deutsche Wortmarken für Bier, nämlich

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„Alpirsbacher Brauwelt“ (39835659), „AYINGER“ (1189114), „Berliner Kindl“ (301221), „Bitburger Pilsner“ (505913), „Dresdner Felsenkeller“ (2003317), „Eibauer Schwarzbier“ (39607599), „Einbecker Bier“ (872108), „Herforder Pils“ (868110), „Hofbräu“ (200117), „JEVER“ (39728472), „Köstritzer Schwarzbier“ (DD353336), „Krombacher Privat“ (960547, 1997 gelöscht), „Krombacher Premium Pils“ (941640, 1997 gelöscht), „Memminger“ (39655582), „Schwaben Bräu Rob. Leicht AG“ (1109744) und „WARSTEINER PREMIUM LIGHT“ (2006622),

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stammen aus der Zeit vor der Veröffentlichung des „Windsurfing Chiemsee“-Urteils des EuGH vom 4. Mai 1999 (GRUR 1999, 723), das Grundsätze aufgestellt hat, die wesentlich von der früheren deutschen Rechtsprechung abweichen. Während früher besondere Feststellungen erforderlich waren, um von einem Freihaltungsbedürfnis ausgehen zu können, besteht seit dieser Entscheidung eine Vermutung dafür, dass eine Ortsbezeichnung als schutzunfähige Herkunftsangabe und damit nicht als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen in Betracht kommt. Deshalb bedarf es seitdem besonderer Anhaltspunkte dafür, dass eine Ortsangabe ausnahmsweise nicht geeignet ist, im Verkehr als Hinweis auf die geographische Herkunft der betroffenen Waren bzw. Dienstleistungen zu dienen. Durch diese Grundsätze ist eine Verschärfung der Eintragungsvoraussetzungen für geografische Angaben erfolgt, weshalb die Eintragung dieser alten Marken nicht als Vergleichsmaßstab dienen kann. Eine durch sie etwaig entstandene Kennzeichnungsgewohnheit auf dem Biermarkt ist durch die Rechtsprechungsänderung hinfällig geworden.

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b) Nach der Veröffentlichung des Chiemsee-Urteils des EuGH vom 4. Mai 1999 wurden folgende 17 von der Anmelderin angeführte Biermarken registriert:

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„Alpirsbacher Klosterbräu Klosterstoff“ (302010050084), „Alpirsbacher Klosterbräu-Bäckerbier“ (302012053481), „Alpirsbacher Klosterbräu-Weihnachtsmännle“ (302012025333), „Allgäuer Büble“ (302013021545), „Durlacher Dunkel“ (30 2011 009 705), „EIBAUER PREMIUM“ (302012031093), „Einsiedler Landbier“ (30040645), „FALKENFELSER“ (30028530), „FLENSBURGER PILSENER“ (30454691), „HASSERÖDER FÜRSTENBRÄU“ (302011055199), „HERFORDER Radler“ (30740347), „HERFORDER Schwarzbier“ (30740348), „KÖSTRITZER SPEZIAL PILS“ (302011013663), „Licher Weizen“ (30564472), „Pfungstädter Urstoff“ (302010075321), „WARSTEINER Radler“ (30665834), Weltenburger Kloster (302011055390), Weltenburger Klosterbier (30445341).

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aa) Die Wortmarke „Durlacher Dunkel“ (30 2011 009 705) ist für „Bier; Malzbiere“ im Jahre 2011 zurückgewiesen worden und nur noch für Biermischgetränke etc. eingetragen.

56

bb) Die Marken „Alpirsbacher Klosterbräu Klosterstoff“, „Alpirsbacher Klosterbräu-Bäckerbier“, „Alpirsbacher Klosterbräu-Weihnachtsmännle“, „Allgäuer Büble“, „HASSERÖDER FÜRSTENBRÄU“ und „Pfungstädter Urstoff“, enthalten neben einer geografischen Bezeichnung mit den Zusätzen „Klosterstoff“, „Bäckerbier“, „Weihnachtsmännle“, „Büble“, „FÜRSTEN“ und „Urstoff“ jeweils einen mit „Bräu“ nicht vergleichbaren kennzeichnungskräftigen Bestandteil, zumal zum Eintragungszeitpunkt 2013 weder dem Durchschnittsverbraucher noch dem Fachverkehr präsent gewesen ist, dass im Mittelalter die Bäcker auch Bier brauten.

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cc) Die Marken „EIBAUER PREMIUM“, „Einsiedler Landbier“, „FALKENFELSER“, „KÖSTRITZER SPEZIAL PILS“ und „Licher Weizen“ sind mit dem Anmeldezeichen ebenfalls nicht unmittelbar vergleichbar, weil die in ihnen enthaltenen geografischen Angaben „EIBAUER“, „Einsiedler“, „FALKENFELSER“, KÖSTRITZER“ und „Licher“ dem inländischen Verkehr weit weniger bekannt sind als die deutschlandweit bekannte Bezeichnung der Region „Schwaben“. Eibau ist ein Ortsteil der sächsischen Gemeinde Kottmar mit ca. 3.000 Einwohnern. Einsiedel ist der Name von Ortsteilen verschiedener, weniger bekannter deutscher Städte und Gemeinden. Falkenfels ist eine kleine Gemeinde in Niederbayern mit etwa 1.000 Einwohnern. Köstritz weist auf die kleine Stadt „Bad Köstritz“ in Thüringen mit 3.628 Einwohnern hin, aber auch Lich als Stadt im mittelhessischen Landkreis Gießen mit über 10.000 Einwohnern ist den angesprochenen Verkehrskreisen nicht geläufig.

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dd) Die Marke „WARSTEINER Radler“ (30665834) wurde aufgrund des verkehrsdurchgesetzten Bestandteils „WARSTEINER“ eingetragen.

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ee) Die beiden Marken „Weltenburger Kloster“ (302011055390) und „Weltenburger Klosterbier“ (30445341) stammen von einer der beiden ältesten Brauereien der Welt und weisen wegen dieser Bekanntheit auf ein ganz bestimmtes Unternehmen hin.

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ff) Die Bekanntheit dürfte auch bei den Marken FLENSBURGER PILSENER (30454691), HERFORDER Radler (30740347) und HERFORDER Schwarzbier (30740348) in den Jahren 2005 und 2008 eine Rolle gespielt haben. Es kann sich aber auch um rechtswidrige Eintragungen.

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c) Selbst wenn aber die vorgenannten drei Biermarken übrig blieben, könnte daraus noch keine Kennzeichnungsgewohnheit abgeleitet werden. Diese könnte zudem nur lauten, dass sich auf dem Biermarkt herkunftshinweisende Kennzeichnungen aus „Ortsnamen“ plus „bierspezifischem Hinweis“ zusammensetzen.

62

d) Vorliegend handelt es sich aber nicht um den Namen eines Ortes, sondern einer ganzen Region, die deutschlandweit bekannt und 9.992 qkm groß ist sowie über ca. 1,8 Millionen Einwohner und ca. 80 Brauereien verfügt (http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Brauereien_in_Bayern#Sch...). Mit derartig großen Gebieten werden Markennamen erfahrungsgemäß nicht assoziiert, da mehrere Hersteller in demselben Gebiet tätig sein können (vgl. BPatG 26 W (pat) 92/13 – CARIBEA/CARIB; 26 W (pat) 212/94 – Frankenpark Quelle/Franken-Quelle; EUIPO; Entscheidung v. 16. März 2006 – R 707/2004-4 – Allgäu Premium).

63

Da nur eine einzige der von der Anmelderin angeführten, nach der Chiemsee-Entscheidung des EuGH eingetragenen Biermarken, nämlich die Marke „Allgäuer Büble“, die Bezeichnung einer ganzen Region, allerdings mit dem weiteren kennzeichnungskräftigen Zusatz „Büble“, enthält und nur sehr wenige, aus einer geographischen Angabe und einem beschreibenden Zusatz bestehende Biermarken registriert worden sind, fehlen tatsächliche Anhaltspunkte für die von der Beschwerdeführerin behauptete Kennzeichnungsgewohnheit auf dem Biermarkt, Bier nach dem Schema „Orts-/Regionname“ plus „bierspezifischer Hinweis“ herkunftshinweisend zu kennzeichnen, so dass die beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht in Betracht kam.

64

e) Hinzu kommt, dass sich im Bereich der Bierherstellung inzwischen neben dem Trend zu einer immer stärkeren Konzentration der Großkonzerne auch ein Trend zum Betrieb kleiner, lokal ausgerichteter Brauereien entwickelt hat. Die zurückgewiesenen Waren können in Städten und Dörfern in kleinen, regionalen Brauereien hergestellt und/oder angeboten werden (vgl. BPatG 25 W (pat) 549/14 – Grevensteiner). Aufgrund dieser Entwicklung werden voraussichtlich künftig geografische Angaben auf dem Biermarkt gar nicht mehr als betrieblicher Herkunftshinweis einsetzbar sein.

65

f) Soweit die Beschwerdeführerin auf die Biermarken Abbildung (UM 012100111), „BERLINER KINDL“ (UM 004607421), „Licher Weizen“ (UM 004725305) und „Paderborner Pilsener“ (UM 001327964) verweist, reichen diese Eintragungen ebenfalls nicht aus, um die Schutzhindernisse im Inland auszuräumen.

66

Abgesehen davon, dass auch sie keine Regionsbezeichnung enthalten, sind die im Ausland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union auf der Grundlage des harmonisierten Markenrechts oder vom Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) aufgrund der Unionsmarkenverordnung getroffenen Entscheidungen über absolute Eintragungshindernisse für nachfolgende Verfahren in anderen Mitgliedstaaten unverbindlich (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 63 – Henkel; GRUR 2004, 674 Rdnr. 43 f. – Postkantoor). Sie vermögen nicht einmal eine Indizwirkung zu entfalten (BGH GRUR 2014, 569 Rdnr. 30 – HOT; GRUR 2009, 778 Rdnr. 18 – Willkommen im Leben).

67

g) Für die Bierbezeichnungen „Dortmunder Kronen Export“, „Eichener Gold“, „Hemelinger Pils“, „Kirner Pils“ und „Reudnitzer Pilsner“ hat die Anmelderin keine Registerauszüge vorgelegt. Abgesehen davon, dass eine kurze Einsicht ins Markenregister ergeben hat, dass die Akte zur Wort-/Bildmarke „Dortmunder Kronen Export“ bereits vernichtet ist, es sich bei der Marke „Kirner Pils“ um eine Wort-/Bildmarke handelt, und die Bezeichnungen „Eichener Gold“, „Hemelinger Pils“ und „Reudnitzer Pilsner“ gar nicht eingetragen sind, enthalten auch diese nicht den Namen einer Region, sondern ausschließlich Orts- bzw. Ortsteilbezeichnungen.

68

3. Da dem angemeldeten Wortzeichen bereits wegen fehlender Unterscheidungskraft der Schutz für die beschwerdegegenständlichen Waren „Bierkrüge; Biere, alkoholfreies Bier, alkoholvermindertes Bier; Bier-Mischgetränke soweit in Klasse 32 enthalten, Malzbiere, kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke“ zu versagen war, kann die Frage, ob einer Schutzgewährung auch § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, dahingestellt bleiben.

69

4. Auch die übrigen von der Anmelderin genannten nationalen Voreintragungen rechtfertigen keine andere Entscheidung.

70

a) Die vor etwa 17 Jahren registrierte Wortmarke „Frankenpark Quelle“ (2102519) wurde nicht für Biergetränke eingetragen.

71

b) Die u. a. für nichtalkoholische Getränke in Klasse 32 eingetragene Marke „OETTINGER FASSBRAUSE“ (302014045567) ist ebenfalls nicht vergleichbar. Abgesehen davon, dass man das Wort „Fassbrause“ nicht im Duden findet, ist die bayerische Stadt Oettingen mit etwas über 5.000 Einwohnern weder ein allgemein bekannter Ort noch die Bezeichnung einer Region.

72

c) Die Wortmarke „Erdinger Weissbräu“ (999232) wurde vor über 35 Jahren für Dienstleistungen der Klasse 43 und nicht für die Ware „Bier“ eingetragen.

73

d) Die Wortmarke „Herrenbräu“ (30601014), die am 28. September 2016 gelöscht worden ist, war ebenfalls für andere Waren, nämlich solche der Klassen 29 und 30, eingetragen.

III.

74

Für die von der Anmelderin angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht kein Anlass.

75

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof setzt voraus, dass entweder über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist, die auch für andere Fälle von Bedeutung sein kann und die höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, oder die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG). Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

76

Es war weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden, noch ist zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Rechtsfortbildung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erforderlich.

77

Der Senat hat die Frage der Schutzfähigkeit der vorliegend angemeldeten Wortfolge anhand der von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs entwickelten maßgeblichen Kriterien beurteilt, ohne dabei von diesen Kriterien abzuweichen.

78

Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde hat die Anmelderin im Übrigen auch nicht aufgezeigt. Die Frage, ob die in einer bestimmten Branche bestehenden Kennzeichnungsgewohnheiten das Verkehrsverständnis des Publikums in einem Maße bestimmen können, dass der Durchschnittsverbraucher schutzunfähige Bezeichnungen, wie z. B. geographische Angaben verbunden mit einem Sachhinweis, auch als Produktkennzeichen ansieht und sie deshalb über originäre Unterscheidungskraft verfügen, hat der BGH bereits in bejahender Weise entschieden (BGH a. a. O. Rdnr. 19 – DüsseldorfCongress). Die vom Senat aufgrund seiner Feststellungen verneinte Frage, ob es auf dem Biermarkt üblich ist, Bier nach dem Schema „Orts-/Regionname“ plus „bierspezifischer Hinweis“ herkunftshinweisend zu kennzeichnen, ist eine Tatsachen- und keine Rechtsfrage. Die Eignung des Namens eines Landes, einer Region oder eines Ortes als geografische Herkunftsbezeichnung bestimmt sich allein nach objektiven Kriterien, wie der Größe und Lage, der wirtschaftlichen Bedeutung und der Bekanntheit oder Verständlichkeit der Ortsangabe in den maßgeblichen Verkehrskreisen.