Entscheidungsdatum: 23.07.2018
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2013 039 436.4
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 23. Juli 2018 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Richter Jacobi und Schödel
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die Wortfolge
Fucking awesome
ist am 1. Juli 2013 vom Anmelder und den beiden Beteiligten unter der Nummer 30 2013 039 436.4 zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register angemeldet worden für Waren der
Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen;
Klasse 32: Biere und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke;
Klasse 33: Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere).
Mit Beschluss vom 5. September 2014 hat die Markenstelle für Klasse 33 des DPMA die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der englische, umgangssprachliche Ausdruck „Fucking awesome“ werde mit „verdammt stark“ oder „verdammt großartig“ übersetzt. Damit sei das Anmeldezeichen nur ein Werbespruch, der auf die Qualität der so gekennzeichneten Produkte hinweise. Die angesprochenen Verbraucher würden diesen verständlichen und typischen Werbeslogan nur als eine pauschale, beschreibende Aussage über die Beschaffenheit der beanspruchten Waren oder die Eigenschaft ihrer Hersteller, aber nicht als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen auffassen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, der die Ansicht vertritt, der Verbraucher könne dem Anmeldezeichen außer für die nicht beanspruchte Ware „Tierdung“ keine Sachinformation über die beanspruchten Produkte entnehmen, weil die angesprochenen inländischen Verkehrskreise die englische Umgangssprache nicht beherrschten. Der Ausdruck „Fucking awesome“ sei lexikalisch nicht nachweisbar, so dass er auch nicht sofort als fremdsprachiger „Werbespruch“ erkannt werde. Die angemeldete Wortfolge sei ein originelles Wortspiel und erfordere ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand, weil sie auch mit „Scheiß Furcht einflößend“ oder „Scheiß gut“ übersetzt werden könne und in bekannten Werbesprüchen weder die englischen Wörter noch die deutschen Begriffe vorkämen. Der groß geschriebene Buchstabe „F“ bewirke zudem eine deutsche Aussprache (vgl. BPatG 29 W (pat) 12/10 – Getränke Star). Niemand preise seine Produkte mit dem Wort „Scheiß“ an. Der Bedeutungsgehalt sei somit auch unscharf. Für die Unterscheidungskraft spreche auch, dass sich „Fucking awesome“ in einen sachlichen Fließtext im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren nicht einfüge, sondern „unpassend und eigentümlich“ wirke. Für eine Schutzfähigkeit sprächen auch die Entscheidungen des Bundespatentgerichts 26 W (pat) 116/10 – Ficken sowie 26 W (pat) 504/12 – Fucking Hell sowie die Markeneintragungen „Green hell“ (30 2008 074 866) und „HELL´S KITCHEN“ (UM 009 184 201).
Der Anmelder beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 33 des DPMA vom 5. September 2014 aufzuheben.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 21. November 2017 ist darauf hingewiesen worden, dass nur einer der drei Anmelder als Beschwerdeführer anzusehen sei, und unter Übersendung von Recherchebelegen (Anlagen 1 bis 4, Bl. 34 – 55 GA) mitgeteilt worden, dass das Anmeldezeichen nicht für schutzfähig erachtet werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die nach §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1. Zunächst ist festzustellen, dass nur der als Anmelder und Beschwerdeführer Bezeichnete Beschwerde eingelegt hat, obwohl die beanspruchte Wortfolge zusammen mit den beiden Beteiligten angemeldet worden ist. Nur er wird in der Beschwerdeschrift als Beschwerdeführer genannt, hat diese unterzeichnet und hat die Beschwerdegebühr eingezahlt.
Die beiden Mitanmelder sind als notwendige Streitgenossen anzusehen und daher gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 62 Abs. 2 ZPO im Verfahren zuzuziehen (BGH GRUR 2014, 1024 Rdnr. 10 – VIVA FRISEURE/VIVA; für die entsprechende Problematik im Patentrecht: BGH GRUR 1967, 655, 656 – Altix; BPatG GRUR 1979, 696 – Notwendige Streitgenossen; Hövelmann Mitt. 1999, 129 f.).
2. Der Eintragung der angemeldeten Wortfolge „Fucking awesome“ als Marke steht hinsichtlich der beanspruchten Waren das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat dem Anmeldezeichen daher zu Recht die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH GRUR 2018, 301 Rdnr. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rdnr. 9 – OUI). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rdnr. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – OUI). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 – Henkel; BGH a. a. O. Rdnr. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 – grill meister).
Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270 Rdnr. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH a. a. O. Rdnr. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rdnr. 21 – Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH a. a. O. Pippi-Langstrumpf-Marke). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 – DOUBLEMINT; BGH GRUR 2014, 569 Rdnr. 18 – HOT); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH MarkenR 2007, 204 Rdnr. 77 f. – CELLTECH; BGH GRUR 2014, 1204 Rdnr. 16 – DüsseldorfCongress).
An die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen und Slogans sind keine strengeren Maßstäbe anzulegen als bei sonstigen Wortzeichen (EuGH GRUR Int. 2012, 914 Rdnr. 25 – Smart/HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH]; a. a. O. Rdnr. 36 – Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; GRUR 2004, 1027, Rdnr. 33 und 34 – Erpo Möbelwerk [Das Prinzip der Bequemlichkeit]; BGH GRUR 2015, 173 Rdnr. 17 – for you; GRUR 2014, 872 Rdnr. 14 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 565 Rdnr. 14 – smartbook). Vielmehr ist in jedem Fall zu prüfen, ob die Wortfolge einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ihr über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zukommt (BGH GRUR 2009, 949 Rdnr. 10 – My World; GRUR 2009, 778 Rdnr. 11 – Willkommen im Leben; GRUR 2010, 935 Rdnr. 8 – Die Vision). Selbst wenn aber Marken, die aus Zeichen oder Angaben bestehen, die sonst als Werbeslogans, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zum Kauf der in Bezug genommenen Waren und Dienstleistungen verwendet werden, eine Sachaussage in mehr oder weniger großem Umfang enthalten, ohne unmittelbar beschreibend zu sein, können sie dennoch geeignet sein, den Verbraucher auf die betriebliche Herkunft der in Bezug genommenen Waren oder Dienstleistungen hinzuweisen (EuGH a. a. O. Rdnr. 56 – Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn diese Marken nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung bestehen, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweisen, ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslösen (EuGH a. a. O. Rdnr. 57 – Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. Rdnr. 17 – for you; GRUR 2013, 552 Rdnr. 9 – Deutschlands schönste Seiten; a. a. O. – My World). Der anpreisende Sinn einer angemeldeten Wortfolge schließt deren Eignung als Herkunftshinweis nur dann aus, wenn der Verkehr sie ausschließlich als werbliche Anpreisung versteht (BGH a. a. O. Rdnr. 23 – OUI).
b) Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt die angemeldete Wortfolge „Fucking awesome“ nicht.
Sie ist zwar prägnant, einfach gehalten und eingängig. Aber in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klassen 25, 32 und 33 ist sie weder interpretationsbedürftig, noch löst sie einen Denkprozess aus. Die angesprochenen inländischen Verkehrskreise haben sie vielmehr schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 1. Juli 2013, ohne besonderen gedanklichen Aufwand nur und ausschließlich als werbliche Anpreisung verstanden, so dass sie sich nicht als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen eignet.
aa) Von den angemeldeten Waren werden breite Verkehrskreise, nämlich sowohl der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher als auch der Bekleidungs- und Getränkefachhandel angesprochen.
bb) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den beiden englischen Wörtern „fucking“ und „awesome“ zusammen.
aaa) Das Adjektiv „awesome“ wird mit „beeindruckend, eindrucksvoll, überwältigend, übergroß“ oder mit „ehrfurchtgebietend, beängstigend, furchteinflößend“ übersetzt (Duden Oxford, Großwörterbuch Englisch, 1990; PONS – Großwörterbuch Englisch, 2002; www.leo.org, Anlage 1b zum gerichtlichen Hinweis). In der englischen und amerikanischen Umgangssprache hat es die Bedeutung „obercool, total geil, affengeil, hammermäßig, klasse, spitze, super, stark, fantastisch, großartig, toll“ (Klett, Thematischer Grund- und Aufbauwortschatz Englisch 2000, Anlage 1a zum gerichtlichen Hinweis, www.leo.org, Anlage 1b zum gerichtlichen Hinweis, https://www.dict.cc/?s=fucking+awesome, Anlage 2b zum gerichtlichen Hinweis; PONS - Großwörterbuch Englisch, 2002).
bbb) Das Eigenschaftswort „Fucking“ bedeutet in der englischen Umgangssprache „verdammt, scheiß …“ und dient attributiv entweder der positiven Verstärkung wie in dem Ausdruck „fucking good“ mit der Bedeutung „saugut, unheimlich gut“ oder der negativen Steigerung wie in der Wortkombination „fucking cold“ im Sinne von „arschkalt“ oder „fucking expensive“ im Sinne von „schweineteuer“ (vgl. OXFORD „Advanced Learner’s Dictionary“, 8. Aufl. 2010; www.leo.org, Anlage 2a zum gerichtlichen Hinweis; https://www.dict.cc/?s=fucking+awesome, Anlage 2b zum gerichtlichen Hinweis; PONS – Großwörterbuch Englisch, 2002).
Zusammen mit dem englischen Substantiv „hell“ für „Hölle“ hat es die Bedeutung „verdammte Scheiße“ (www.leo.org, Anlage 2a zum gerichtlichen Hinweis; PONS – Großwörterbuch Englisch, 2002; BPatG 26 W (pat) 504/12 – Fucking hell; 27 W (pat) 507/13 – Fucking hell).
Als Substantiv der englischen Umgangssprache wird es mit „Ficken“, dem deutschen Vulgärausdruck für die Vollziehung des Geschlechtsverkehrs übersetzt (PONS – Großwörterbuch Englisch, 2002; BPatG 26 W (pat) 116/10 – FICKEN).
„Fucking“ ist aber auch der Name eines Ortsteils der österreichischen Gemeinde Tarsdorf mit 93 Einwohnern im Jahre 2001 (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/ Fucking, Anlage 2c zum gerichtlichen Hinweis; BPatG 26 W (pat) 504/12 – Fucking hell).
Ferner kann das Wort „Fucking“ als Familienname in Betracht kommen (vgl. BPatG 27 W (pat) 507/13 – Fucking hell: Telefonbucheintrag in Duisburg).
cc) In seiner Gesamtheit weist das Anmeldezeichen die Bedeutung „verdammt stark, verdammt großartig, verdammt beeindruckend, verdammt überwältigend, verdammt klasse, verdammt fantastisch, verdammt toll“. auf. Auch wenn man die Übersetzung des ersten Begriffs mit „ehrfurchtgebietend, beängstigend, furchteinflößend“ oder des zweiten Begriffs mit „Scheiß …“ heranzieht, kommt man zu positiven Ausdrücken wie „beängstigend toll, furchteinflößend großartig, unheimlich klasse“ oder „scheißgeil, „scheißcool“. Abgesehen davon, dass die vorgenannten Bedeutungen aufeinander bezogen sind und sinnvolle Gesamtbegriffe bilden, kann das erste Wort des Anmeldezeichens schon aus grammatikalischen Gründen kein Substantiv oder ein Eigenname sein und der winzige österreichische Ortsteil ist im Inland unbekannt (vgl. BPatG 26 W (pat) 504/12 – Fucking hell).
dd) Die der Welthandelssprache Englisch entstammende Wortkombination „Fucking awesome“ ist schon zum Anmeldezeitpunkt, am 1. Juli 2013, vom inländischen Durchschnittsverbraucher, dessen englische Sprachkenntnisse wegen der Häufigkeit von Reiseaufenthalten in Großbritannien und den USA sowie der Verbreitung der englischen Sprache in der Werbung und im Internet nicht zu gering veranschlagt werden können, im oben genannten Sinne verstanden worden (BPatG 27 W (pat) 515/17 – cream). Dies gilt aber in jedem Fall für den Handel, dessen Verständnis allein von ausschlaggebender Bedeutung sein kann (EuGH GRUR 2004, 682 Rdnr. 26 – Bostongurka; BPatG 26 W (pat) 507/17 – SMART SUSTAINABILITY; 24 W (pat) 18/13 – CID; 26 W (pat) 550/10 – Responsible Furniture; MarkenR 2007, 527, 529 f. – Rapido). In der international ausgerichteten Modebranche ist die Fremdsprache Englisch sogar schon zur Zweitsprache geworden (BPatG 30 W (pat) 526/15 – Lash Lifting).
ee) Die beanspruchte Wortfolge erschöpft sich somit für die breiten angesprochenen Verkehrskreise in der werbeüblichen, schlagwortartigen Anpreisung einer außergewöhnlichen, positiven Eigenschaft der Bekleidungswaren in Klasse 25 sowie der alkoholfreien und alkoholischen Getränke in den Klassen 32 und 33.
ff) Der Annahme einer beschreibenden Angabe steht nicht entgegen, dass die Wortfolge „Fucking awesome“ lexikalisch nicht nachgewiesen ist. Der Verkehr ist daran gewöhnt, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen vermittelt werden sollen. Er wird daher auch bisher noch nicht verwendete, ihm aber gleichwohl verständliche Sachaussagen als solche und damit nicht als betriebliche Herkunftshinweise auffassen (BPatG 28 W (pat) 33/15 – Traumtomaten). Die sprachregelgerechte Verbindung der Wörter „Fucking“ und „awesome“ enthält auch keine Besonderheiten in syntaktischer oder semantischer Hinsicht, die die gewählte Kombination als ungewöhnlich erscheinen lassen und zur Unterscheidungskraft führen könnten (EuGH GRUR 2004, 674 Rdnr. 98 - 100 – Postkantoor; BGH GRUR 2009, 949 Rdnr. 13 – My World).
gg) Soweit der Beschwerdeführer den unscharfen Bedeutungsgehalt des Anmeldezeichens anführt, ist dem entgegenzuhalten, dass die Annahme einer beschreibenden Bedeutung nicht voraussetzt, dass die Bezeichnung feste begriffliche Konturen erlangt und sich damit eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat. Von einem beschreibenden Begriff kann vielmehr auch auszugehen sein, wenn das Zeichenwort verschiedene Bedeutungen hat, sein Inhalt vage und nicht klar umrissen ist oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt (BGH GRUR 2014, 872 Rdnr. 25 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 569 Rdnr. 18 – HOT; GRUR 2013, 522 Rdnr. 13 – Deutschlands schönste Seiten). Der allein durch die verschiedenen Deutungsmöglichkeiten hervorgerufene Interpretationsaufwand der angesprochenen Verkehrskreise reicht für die Bejahung einer Unterscheidungskraft nicht aus (BGH, a. a. O., Rdnr. 24 – HOT). Vorliegend hat sogar jede der möglichen Bedeutungen beschreibenden Charakter. Soweit die Wortkombination nicht näher spezifiziert, aus welchem Grund oder in welcher Art und Weise die so bezeichneten Produkte „verdammt großartig“ oder „unheimlich toll“ sind, etwa wegen der herausragenden Qualität der verwendeten Materialien, der Verarbeitung und des Designs bei den Bekleidungswaren oder wegen der qualitativ hochwertigen Inhaltsstoffe oder des besonderen Geschmacks der Getränke, entspricht eine solche Unbestimmtheit ferner dem Charakter einer schlagwortartigen Werbeaussage, einen möglichst weiten Bereich warenbezogener Eigenschaften, Vorteile oder Leistungsinhalte in einer schlagwortartigen und werbewirksamen Weise zu erfassen, ohne diese im Einzelnen zu benennen.
hh) Abgesehen davon, dass das Anmeldezeichen als Wortmarke Schutz in jeder verkehrsüblichen Schreibweise beansprucht, reicht auch der Umstand, dass der Anfangsbuchstabe des Bestandteils „Fucking“ großgeschrieben ist, zur Erfüllung der Herkunftsfunktion nicht aus. Denn der Verkehr ist an die willkürliche und nicht den grammatikalischen Regeln folgende Groß- und Kleinschreibung von Wörtern in der Werbung gewöhnt (BPatG 29 W (pat) 25/09 – Turkey Today). Er wird – wenn überhaupt – allenfalls von einem Schreibfehler ausgehen.
ii) Da es sich um eine Merkmalsangabe für die beanspruchten Waren handelt, scheidet auch eine Schutzfähigkeit aufgrund markenmäßiger Verwendungsmöglichkeit aus. Denn auch auf einem innen eingenähten Etikett bei Bekleidungsstücken oder auf einem Getränkeflaschenetikett würde das Anmeldezeichen als unmittelbar beschreibende Beschaffenheitsangabe und nicht als betrieblicher Herkunftshinweis wahrgenommen.
jj) Entgegen der Ansicht des Anmelders fügt sich die angemeldete Wortfolge auch in einen sachlichen Fließtext im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren ein, in dem nämlich die beanspruchten Produkte oder deren Qualität als „verdammt großartig“ beschrieben werden können.
3. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt, kann dahinstehen, ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus gemäß § 8 Ab. 2 Nr. 2 MarkenG für die in Rede stehenden Waren freihaltungsbedürftig ist.
4. Ob das Anmeldezeichen nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG aufgrund von Sittenwidrigkeit von der Eintragung ausgeschlossen ist, wofür allerdings keine Anhaltspunkte bestehen, weil es sich um einen umgangssprachlichen Ausdruck ohne jeden sexuellen Bezug handelt (vgl. hierzu BGH GRUR 2013, 729, 730 Rdnr. 11 – READY TO FUCK), kann ebenfalls letztlich dahingestellt bleiben.
5. Die von der Anmelderin angeführten Voreintragungen rechtfertigen keine andere Entscheidung. Sie sind nicht einmal vergleichbar.
a) Die Wortmarke „Ficken“ (BPatG 26 W (pat) 116/10) besteht im Gegensatz zum zweigliedrigen, englischsprachigen Anmeldezeichen aus einem einzigen deutschsprachigen Begriff.
b) Die Wortmarke „Fucking Hell“ (BPatG 26 W (pat) 504/12) enthält im Gegensatz zu dem aus zwei Adjektiven bestehenden, positiv besetzten Anmeldezeichen entweder das englische Substantiv „hell“ für „Hölle“ mit der Gesamtbedeutung „verdammte Scheiße“ als englisches Schimpfwort oder ein deutsches Adjektiv, so dass sich insgesamt der abweichende Sinngehalt „verdammt hell“ ergibt.
c) Bei den beiden Wortmarken „Green hell“ (30 2008 074 866) und „HELL´S KITCHEN“ (UM 009 184 201) fehlt es schon an einer Übereinstimmung mit den Wortelementen des Anmeldezeichens.