Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 09.11.2016


BPatG 09.11.2016 - 28 W (pat) 33/15

Markenbeschwerdeverfahren – "Traumtomaten" – Unterscheidungskraft - Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
28. Senat
Entscheidungsdatum:
09.11.2016
Aktenzeichen:
28 W (pat) 33/15
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2014 024 827.1

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 9. November 2016 im schriftlichen Verfahren unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, der Richterin Uhlmann und des Richters Dr. Söchtig

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 4. Februar 2015 und vom 3. Juli 2015 insoweit aufgehoben, als die Eintragung der Marke 30 2014 024 827 „Traumtomaten“ auch hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 35 „Werbung, Verkaufsförderung und Geschäftsvermittlung beim An- und Verkauf sowie beim Import und Export von land-, garten- und forstwirtschaftlichen Produkten, Sämereien, frischem Obst und Gemüse“ zurückgewiesen worden ist.

2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

Traumtomaten

3

ist am 21. Februar 2014 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register für die Waren und Dienstleistungen der

4

„Klasse 31: Land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse (nicht aufbereitet, nicht verarbeitet) und Samenkörner (Sämereien), soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Frisches Obst und Gemüse, insbesondere frische Tomaten sowie Sämereien, Stecklinge, Teile und sonstiges Ausgangsmaterial; Saatgut; Lebende Pflanzen und natürliche Blumen.

5

Klasse 35: Werbung, Verkaufsförderung und Geschäftsvermittlung beim An- und Verkauf sowie beim Import und Export von land-, garten- und forstwirtschaftlichen Produkten, Sämereien, frischem Obst und Gemüse.

6

Klasse 44: Vermehrung, Veredelung, Züchtung und Auswahl, auch mittels Substrat, Gewebekultur und Hydrokultur von land-, garten- und forstwirtschaftlichen Produkten, Sämereien, frischem Obst und Gemüse.“

7

angemeldet worden.

8

Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 31, hat nach vorangegangener Beanstandung vom 30. Mai 2014 mit Beschlüssen vom 4. Februar 2015 sowie vom 3. Juli 2015, wobei letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die Anmeldung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Eintragung des Anmeldezeichens stehe das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

9

Die angemeldete Wortfolge „Traumtomaten“ stelle eine sprachüblich gebildete Werbeanpreisung dar, die unmissverständlich und in einfachster Form zum Ausdruck bringe, dass die Waren von „traumhaft guter“ Beschaffenheit seien und dass diese die Kunden bzw. die Interessenten zum Genuss verführen sollten. In der Werbung stelle das Substantiv „Traum“ ein Wertversprechen dar und diene folglich zur Formulierung von üblichen und breiten Kreisen bekannten Werbeslogans wie „Traumfabrik“, „Ihr schönster Traum“, „Ein Traum von Qualität“ etc. In Bezug auf alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen stelle das Anmeldezeichen in seiner Gesamtaussage daher lediglich eine im Vordergrund stehende werbliche Sachangabe dar, mit der der Konsument auf die Qualität der Waren hingewiesen und zu ihrem Erwerb und Genuss verleitet werden solle. Das Anmeldezeichen werde daher nur als Werbeschlagwort, nicht aber als betriebliche Herkunftsangabe aufgefasst, was der für eine Eintragung erforderlichen Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegenstehe.

10

Ob darüber hinaus auch das Schutzhindernis des Bestehens eines Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliege, hat das Deutsche Patent- und Markenamt im Ergebnis dahinstehen lassen.

11

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde vom 21. Juli 2015 beantragt die Beschwerdeführerin sinngemäß,

12

die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 4. Februar 2015 sowie vom 3. Juli 2015 aufzuheben.

13

Zur Begründung führt sie aus, der Eintragung des Anmeldezeichens stünden keine Eintragungshindernisse entgegen. Es sei lexikalisch nicht nachweisbar. Da es auch nicht geläufig sei, hätten die angesprochenen Verkehrskreise folglich auch kein vorgefasstes begriffliches Verständnis von „Traumtomaten“, so dass es sich hierbei nicht um eine ohne weiteres verständliche beschreibende Angabe handele und dem Zeichen auch kein beschreibender Bezug zukomme. Wenn man das Zeichen zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen in Bezug setze, sei es derart mehrdeutig und vage, dass hierin keine beschreibende Angabe zu sehen sei. Der Begriff „Traumtomaten“ könne dem Verkehr aus einem gänzlich anderen Kontext bekannt sein oder mit dem allgemein verbreiteten Ausdruck „treulose Tomate“ in Verbindung gebracht werden. Der Verkehr begreife das Anmeldezeichen daher auch nicht spontan als beschreibende Angabe. Vielmehr nehme er die Inkongruenz der Bestandteile sowie die durch die Alliteration hervorgerufene besondere Zeichenprägung wahr und fasse das Wort als einprägsame, originelle Schöpfung auf.

14

Die von dem Anmeldezeichen erfassten Waren und Dienstleistungen würden auch nicht in der Werbung romantisiert-verklärt und träumerisch dargestellt. Der Begriff stelle das bezüglich dieser Waren vorherrschende Verkehrsverständnis durch die ungewöhnlich-originelle Kombination eines eher profan anmutenden Bestandteils wie „Tomaten“ mit dem in diesem Kontext bewusst deplatzierten Bestandteil „Traum“ auf den Kopf. Die angesprochenen Verkehrskreise würden in dem Anmeldezeichen daher nicht eine lediglich beschreibende Angabe erkennen, vielmehr verfüge die einprägsame und gewitzte Neuschöpfung über Unterscheidungskraft. Die Worte „Traum“ und „Tomate“ würden im Verkehr herkömmlicherweise nicht zueinander in Bezug gesetzt. Hieraus ergebe sich ein Interpretationsaufwand, der mit einem Denkprozess einhergehe, zumal die Idee des Traums im Gegensatz zu der Formulierung „traumhafte Tomate“ gerade nicht mit einer Tomate in Zusammenhang gebracht werde. Aufgrund dessen sei das Anmeldezeichen prägnant und einprägsam. Aus den genannten Gründen stehe seiner Eintragung auch kein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

15

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

16

Die Beschwerde hat teilweise Erfolg.

17

1. Im Hinblick auf die Waren und Dienstleistungen der Klassen 31 und 44 war die Beschwerde zurückzuweisen, da dem Anmeldezeichen insoweit die für die Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt.

18

a) Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2012, 610, Rdnr. 42 - Freixenet; GRUR 2008, 608, Rdnr. 66 f. - EUROHYPO; BGH GRUR 2014, 569, Rdnr.  10 - HOT; GRUR 2013, 731, Rdnr. 11 - Kaleido; GRUR 2012, 1143, Rdnr. 7 - Starsat; GRUR 2012, 1044, Rdnr. 9 - Neuschwanstein; GRUR 2010, 825, Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2010, 935, Rdnr. 8 - Die Vision; GRUR 2006, 850, Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, Rdnr. 45 - Standbeutel; GRUR 2006, 229, Rdnr. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710, Rdnr. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949, Rdnr. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2012, 1143, Rdnr. 7 - Starsat; GRUR 2012, 1044, Rdnr. 9 - Neuschwanstein; GRUR 2012, 270, Rdnr. 8 - Link economy).

19

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren sowie Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, Rdnr. 24 - SAT.2; BGH GRUR 2010, 935, Rdnr. 8 - Die Vision; GRUR 2010, 825, Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006).

20

Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. BGH GRUR 2013, 1143, Rdnr. 15 - Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270, Rdnr. 11 - Link economy; GRUR 2009, 952, Rdnr. 10 - DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417 - BerlinCard; GRUR 2001, 1151 - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2006, 850, Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2001, 1143 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2010, 1100, Rdnr. 23 - TOOOR!; GRUR 2006, 850, Rdnr. 28 -FUSSBALL WM 2006).

21

b) Das Anmeldezeichen besteht aus einer Aneinanderreihung der beiden deutschsprachigen Wörter „Traum“ und „Tomaten“. Der Begriff „Traum“ bezeichnet dabei umgangssprachlich „etwas traumhaft Schönes“ bzw. „eine Person oder eine Sache, die wie die Erfüllung geheimer Wünsche erscheint“ (vgl. unter www.duden.de  - „Traum“). Der weitere Bestandteil „Tomaten“ benennt in Pluralform eine „als Gemüsepflanze angebaute Pflanze mit Fiederblättern, gelben, sternförmigen Blüten und runden, (orange)roten, fleischigen Früchten“ oder die „Frucht der Tomate“ (vgl. unter www.duden.de - „Tomate“). Der angesprochene Verkehr der allgemeinen Durchschnittsverbraucher bzw. der Fachverkehr im Bereich der Gemüseerzeugung bzw. des Gemüsegroßhandels wird das Anmeldezeichen im Ergebnis dahingehend auffassen, dass es sich hierbei um Tomaten oder im weiteren Sinne um pflanzliche Erzeugnisse handelt, die von besonders ausgeprägter Qualität, Größe oder einer sonstigen überdurchschnittlichen Beschaffenheit sind.

22

Zwar wird - wie die Beschwerdeführerin zutreffend ausführt - der Begriff des „Traums“ im Regelfall nicht mit dem weiteren Begriff der „Tomate“ in Verbindung gebracht - allein dies vermag das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft jedoch nicht zu überwinden. Da der angesprochene Verkehr um die werbliche Verwendung des Zeichenbestandteils „Traum“ als Hinweis auf etwas „besonders Wünschenswertes“, „Herausragendes“ weiss (vgl. etwa die Begriffe „Traumschiff“, „Traumhochzeit“), wird er dieses Verständnis auch bei dem weiteren Zeichenbestandteil „Tomaten“ zugrunde legen und im Anmeldezeichen einen Hinweis auf Pflanzen, insbesondere Tomaten (respektive entsprechendes Saatgut), sehen, von denen er schon immer „geträumt“ bzw. die er sich schon immer „gewünscht“ hat.

23

Allein der Umstand, dass der Begriff „Traumtomaten“ lexikalisch nicht nachweisbar ist, steht der Annahme des Schutzhindernisses nicht entgegen. Der Verkehr ist daran gewöhnt, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen vermittelt werden sollen. Er wird daher auch bisher noch nicht verwendete, ihm aber gleichwohl verständliche Sachaussagen als solche und damit nicht als betriebliche Herkunftshinweise auffassen (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Auflage, 2015, § 8, Rdnr. 178 f.).

24

c) Hinsichtlich der Waren „Land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse (nicht aufbereitet, nicht verarbeitet)“, „Frisches Gemüse“, „Lebende Pflanzen“ und „Stecklinge, Teile und sonstiges Ausgangsmaterial“ wird der Verkehr den Begriff „Traumtomaten“ als einen rein werblich anpreisenden Hinweis auffassen und davon ausgehen, dass es sich um in der Realität nur selten vorkommende, ausgesprochen hochwertige Früchte oder Pflanzen handelt, die jene hervorbringen. Damit benennt das Anmeldezeichen lediglich das Produkt und seine hervorgehobenen, traumhaften Eigenschaften.

25

Dies gilt auch für die Ware „Frisches Obst“. Auch wenn es sich - wie oben ausgeführt - bei Tomaten um Gemüse handelt, so ist doch der sachliche Abstand zu Obst nicht ausreichend groß, um die Unterscheidungskraft des Anmeldezeichens diesbezüglich zu bejahen. Zum einen ist die Abgrenzung zwischen Obst und Gemüse nicht eindeutig. So kann die Definition für Gemüse (Pflanzen, deren verschiedene Teile in rohem oder gekochtem Zustand gegessen werden, vgl. unter www.duden.de - „Gemüse“) ohne Weiteres auch für Obst gelten. Zum anderen werden die Begriffe „Obst“ und „Gemüse“ im Verkehr nicht selten als Synonyme verwendet. Dementsprechend wird beispielsweise unter einem Obsthändler eine Person verstanden, die sowohl Obst als auch Gemüse vertreibt (vgl. unter www.duden.de - „Obsthändler“).

26

„Samenkörner (Sämereien)“, „Sämereien“ und „Saatgut“ können Erbgut in sich tragen, das geeignet ist, nach der Aussaat Pflanzen hervorzubringen, an denen „traumhaft gute“ Tomaten, mithin qualitativ hochwertige Tomaten wachsen. Denn der Verkehr ist daran gewöhnt, dass auch Saatgut mit der daraus entstehenden Frucht benannt wird, da es gerade bei ihm maßgeblich darauf ankommt, was daraus später entstehen wird.

27

Auch für „natürliche Blumen“ wird das Anmeldezeichen als werbender Sachhinweis verstanden werden. Zum einen bringen Tomatenpflanzen ebenfalls Blüten hervor, zum anderen werden bestimmte Blumenarten zusammen mit Tomaten angepflanzt, um Insekten als Bestäuber der Blüten der Tomatenpflanze anzulocken oder ihre Schädlinge auf natürliche Weise zu bekämpfen. Damit tragen auch „natürliche Blumen“ zum optimalen Wachstum von Tomaten - mithin zur Entstehung von „Traumtomaten“ - bei, so dass das Anmeldezeichen als Hinweis auf die Eignung der „natürlichen Blumen“ zur Anpflanzung neben Tomatenpflanzen verstanden wird.

28

In Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 44 „Vermehrung, Veredelung, Züchtung und Auswahl, auch mittels Substrat, Gewebekultur und Hydrokultur von land-, garten- und forstwirtschaftlichen Produkten, Sämereien, frischem Obst und Gemüse“ wird der Verkehr in dem gegenständlichen Zeichen lediglich einen Hinweis auf ihren Zweck erblicken, nämlich die Erzeugung herausragender Tomatensamen, -pflanzen und -früchte. Der Gegenstand dieser Tätigkeiten wird durch den Begriff „Traumtomaten“ charakterisiert und damit beschrieben.

29

Steht der Eintragung des Anmeldezeichens in dem skizzierten Umfang bereits dessen fehlende Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, bedarf die Frage, ob zugleich auch die Voraussetzungen eines Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben sind, keiner Entscheidung.

30

2. Lediglich für die Dienstleistungen der Klasse 35 stehen der Eintragung des Begriffs „Traumtomaten“ keine absoluten Schutzhindernisse entgegen, so dass der Beschwerde in diesem Umfang stattzugeben war. Mangels einer beschreibenden Aussage kann insoweit weder dem Anmeldezeichen die Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abgesprochen noch an ihm ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG festgestellt werden.

31

Der Umstand, dass „Traumtomaten“ im vorstehend angeführten Sinne mit Werbedienstleistungen angepriesen werden können, genügt nicht, um die beanspruchte Dienstleistung „Werbung“ selbst zu beschreiben (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8, Rdnr. 97). Werbedienstleistungen sind unabhängig von dem konkret beworbenen Gegenstand universell einsetzbar mit der Folge, dass der konkrete Gegenstand der Werbung die Dienstleistung sachlich nicht beschreibt. Die von Werbedienstleistungen angesprochenen Verkehrskreise, bei denen es sich in erster Linie um Unternehmer und Führungskräfte in Unternehmen handelt, sind daran gewöhnt, dass Werbedienstleister ihre Leistungen entweder nach der angesprochenen Branche (Arzneimittel, Lebensmittel, Bauwesen, Immobilien etc.) oder nach den eingesetzten Medien (Print-, TV- oder Onlinewerbung) näher unterscheiden. Das Wortzeichen „Traumtomaten“ eignet sich jedoch nicht als Hinweis auf eine Branche oder ein Werbemedium.

32

Es wird von den angesprochenen Verkehrskreisen zudem nicht als Sachangabe im Zusammenhang mit Verkaufsförderung und Geschäftsvermittlung verstanden werden. Auch hier eignet sich der Begriff „Traumtomaten“ - anders als die Substantive „Obst“ oder „Gemüse“ - nicht als Branchenbezeichnung. „Traumtomaten“ wird auch nicht ohne weiteres im übertragenen Sinn als Qualitätshinweis auf eine besonders breite Wissens- oder Erfahrungsgrundlage des Dienstleisters wahrgenommen. Um zu einer solchen Sachaussage zu gelangen, sind mehrere Gedankenschritte erforderlich, die der angesprochene Verkehr bei Wahrnehmung der Marke nicht anstellen wird und die deshalb bei der Prüfung des Schutzhindernisses nicht zugrunde gelegt werden dürfen.