Entscheidungsdatum: 23.07.2014
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke ...
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 23. Juli 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Dr. Himmelmann
beschlossen:
Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das beabsichtigte Beschwerdeverfahren wird gerichtsgebührenfrei ohne Erstattung außergerichtlicher Auslagen zurückgewiesen.
I.
Die angegriffene Wortmarke . ...
B1...
wurde am 20. Februar 2009 angemeldet und am 26. Juni 2009 für die Waren und Dienstleistungen
Klasse 32: Biere; Mineralwässer und Kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken
Klasse 33: Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)
Klasse 35: Werbung
in das Markenregister eingetragen.
Die Antragstellerin hat beantragt, die Marke wegen Bösgläubigkeit i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG vollständig zu löschen. Zur Begründung hat sie vorgetragen, der Antragsgegner habe aufgrund gerichtlicher Untersagung im Zeitpunkt der Anmeldung der Marke keine legale Benutzungsmöglichkeit gehabt, so dass es aus Rechtsgründen an der erforderlichen generellen Benutzungsabsicht für die Marke gefehlt habe. Bereits deutlich vor der Anmeldung der streitgegenständlichen Marke sei am 20. August 2008 ein Urteil des Landgerichts München I ergangen, in dem es dem Antragsgegner u. a. untersagt worden sei, die Bezeichnung „B1...“ im Getränkebereich zu benutzen. Dieses Urteil habe Rechtskraft erlangt. Da der Antragsgegner bereits im Zeitpunkt der Anmeldung der Marke gewusst habe, dass er diese nicht legal im geschäftlichen Verkehr, also markenmäßig, würde einsetzen können, habe es ihm bereits seinerzeit an der erforderlichen Benutzungsabsicht bezüglich der Marke gefehlt. Darüber hinaus sei die Anmeldung der Marke in Behinderungsabsicht und zum zweckwidrigen Einsatz als Mittel des Wettbewerbskampfs erfolgt. Der Antragsgegner habe in der Absicht gehandelt, die Antragstellerin im Blick auf die Benutzung ihrer „B2...“-Marken und ähnlicher Marken zu behindern. Da das Landgericht München I bereits entschieden hätte, dass die Marken „B2...“ und „B1...“ verwechselbar seien, seien die wiederholten Anmeldungen der Marke „B1...“ unnütz gewesen. Der Antragsgegner habe deshalb von vorneherein die Aussichtlosigkeit dieser Markenanmeldungen erkennen müssen. Die Antragstellerin sei durch das Verhalten des Antragsgegners aber gezwungen worden, weitere Verfahren gegen ihn anzustrengen. Die Behinderungsabsicht des Antragsgegners werde auch dadurch belegt, dass er aus seiner „B1...“-Marke Widerspruch gegen die Gemeinschaftsmarkenanmeldung Nr. ... „B2...“ der Antragstellerin eingelegt habe. Es sei offenbar das Geschäftsmodell des Antragsgegners, bekannte und weniger bekannte Marken Dritter oder damit ähnliche Zeichen für sich als Marken schützen zu lassen, um dann die Inhaber der prioritätsälteren Marken in eine Vielzahl von Verfahren zu verstricken. Daneben habe der Antragsgegner mehrfach versucht, seine Markeneintragungen „B1...“ sowie andere Marken und die Domain „www.b....de an die Antragstellerin zu veräußern. Dies belege der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 13. November 2008 (Az. 6 W ...), in dem der Senat auf entsprechenden Vortrag des Antragsgegners hin klargestellt habe, dass er nicht dazu da sei, „ein Angebot auf Übernahme durch den Kläger zu bewerkstelligen“. Ferner belege dies das an das Deutsche Patent- und Markenamt gerichtete Schreiben des Antragsgegners vom 9. Mai 2013 im Widerspruchsverfahren gegen die Marke Nr. ... „B1...“, in dem er das von der Antragstellerin unterbreitete Einigungsangebot als „Kuhhandel“ bezeichnet und geäußert habe, die Marken seien „weit mehr wert“. Für die Beurteilung der Bösgläubigkeit des Antragsgegners sei auch der Bekanntheitsgrad der Marke „B2...“ zu berücksichtigen. Die Anmeldung der streitgegenständlichen Marke sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die Antragstellerin ihre Marke bereits mit großem Aufwand im Verkehr beliebt und bekannt gemacht habe. Die Verwechslungsgefahr zwischen den Marken „B2...“ und „B1...“ sei mehrfach bejaht worden. Insofern könne kein Zweifel daran bestehen, dass dem Antragsgegner bereits im Zeitpunkt der Anmeldung der „B1...“-Marken bewusst gewesen sei, dass er sich hiermit an den guten Ruf der Marke „B2...“ anlehne, wie er das bereits mit den Markenanmeldungen „B2...“, „B3...“ und der Domain „www.b2....de“ versucht habe.
Der Antragsgegner hat dem Löschungsantrag widersprochen. Er hat die fehlende Unterschrift auf dem Löschungsantrag gerügt und in Zweifel gezogen, dass die Allgemeine Vollmacht des Vertreters der Antragstellerin den Löschungsantrag decke. Der Antragsgegner hat weiter vorgetragen, dass die EU-Wortmarke Nr. ... „B2...“, die für eine Reihe von Waren eingetragen sei, auf dem Markt nicht unter dem Markennamen zu finden seien. Es falle auf, dass die Antragstellerin in Klasse 31 „Malz“ habe schützen lassen, das auch bei „B1...“ zusammen mit „Hopfen“ geschützt sei. Er habe erfolgreich eine Hopfensorte gezüchtet, die den Namen „B1...“ trage. Es sei eine Unterstellung, dass er in Schädigungsabsicht gehandelt habe. Im Gegenteil hätten die Antragstellerin bzw. der hinter ihr stehende O… größtes Interesse am Bier „B1..." das ausschließlich mit bestem Hopfen der Marke „B1...“ gebraut werde. Die S… GbR könne ohne weiteres mit dem Produkt „Bier“ in den Markt eintreten. Zudem bestünden erhebliche Zweifel, dass „B2...“ denselben Stellenwert bei den Konsumenten habe, wie noch vor einigen Jahren.
Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 23. April 2014 die Marke für die Waren der Klassen 32 und 33 teilweise gelöscht und den Löschungsantrag hinsichtlich der Dienstleistung „Werbung“ der Klasse 35 zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Markenabteilung 3.4 erklärt, der Löschungsantrag sei rechtswirksam für die Antragstellerin gestellt worden, weil die beim Deutschen Patent- und Markenamt hinterlegte Allgemeine Vollmacht der Antragstellerin sich auf alle Angelegenheiten, die zum Geschäftskreis des Deutschen Patent- und Markenamts gehören würden, erstrecke und daher auch für markenrechtliche Löschungsverfahren gemäß § 54 MarkenG gelten würde. Der Löschungsantrag habe hinsichtlich der Waren der Klassen 32 und 33 in der Sache Erfolg, weil die angegriffene Marke insoweit entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG eingetragen worden sei. Der Antragsgegner sei im Zeitpunkt der Anmeldung der Marke hinsichtlich der betreffenden Waren bösgläubig gewesen. Es bestünden hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Marke durch den Antragsgegner in wettbewerbswidriger Behinderungsabsicht angemeldet worden sei, nämlich um deren Monopolwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen, insbesondere, um die Antragstellerin in rechtsmissbräuchlicher Weise zum Erwerb der Markenrechte zu veranlassen. Der Antragsgegner habe der Antragstellerin bereits im Jahr 2007 in verschiedenen Schreiben seine Absicht mitgeteilt, die Bezeichnungen „B2...“, „B1...“ und „B3...“ für Getränke (alkoholfreies Bier, Bier) zu benutzen und erstere auch als Marken anmelden zu wollen. Den in diesem Zusammenhang erfolgten Aufforderungen der Antragstellerin, hinsichtlich der Marken „B2...“ und „B1...“ eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, sei der Antragsgegner nicht nachgekommen. Auf Antrag der Antragstellerin sei dem Antragsgegner durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts München I vom 20. August 2008 u. a. untersagt worden, Getränke unter der Bezeichnung „B1...“ zu produzieren und/oder zu vertreiben. Die Anmeldung der vorliegenden Marke u. a. für Getränke der Klassen 32 und 33 sei am 22. Februar 2009 erfolgt. Am 25. Februar 2009 habe der Antragsgegner eine weitere Wortmarke „B1...“ (Az. ...) angemeldet, u. a. ebenfalls für die Waren Bier und alkoholfreie Getränke (Klasse 32). Mit Schreiben vom 24. Mai 2009 habe der Antragsgegner aus der streitgegenständlichen Marke Widerspruch gegen die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke „B2...“ durch die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin eingelegt. Zudem gebe es deutliche Indizien dafür, dass der Antragsgegner an der Übernahme der Marke und gegebenenfalls auch des von ihm entwickelten Bieres (Doppelbock gebraut aus Hopfen der Marke „B1...“) oder auch eines alkoholfreien Erfrischungsgetränks („Fassbrause“) durch die Antragstellerin bzw. den hinter dieser stehenden O… interessiert gewesen sei, wobei ihm das Angebot der Antragstellerin jedoch nicht angemessen erschienen sei. Dass der Antragsgegner die fragliche Marke vor oder nach der Anmeldung selbst verwendet habe, sei nicht feststellbar. Vielmehr sei ihm die rechtliche Unzulässigkeit einer Benutzung infolge des oben genannten Urteils bewusst gewesen. Der Zeichenerwerb durch den Antragsgegner sei daher nicht mit dem Ziel einer funktionsgerechten Nutzung als Marke erfolgt, sondern um die Antragstellerin rechtsmissbräuchlich unter Druck zu setzen und mit ihr hinsichtlich der Marke „B1...“ ins Geschäft zu kommen. Dafür spreche außerdem der Umstand, dass der Antragsgegner mit der Antragstellerin auch wegen weiterer, der bekannten Marke „B2...“ nahe kommender Kennzeichen, deren Nutzung bzw. Registrierung er beabsichtige, Kontakt aufgenommen habe. Eine Bösgläubigkeit des Antragstellers könne allerdings nur für die Waren der Klassen 32 und 33 bejaht werden, weil ihm die Benutzung der Bezeichnung „B1...“ durch das oben genannte Urteil nur für Getränke untersagt worden sei. Die angegriffene Marke sei deshalb für die Waren dieser Klassen zu löschen, während der Löschungsantrag hinsichtlich der Dienstleistung „Werbung“ (Klasse 35) nicht zum Erfolg führe. Angesichts des weitgehend bösgläubig erlangten Registerrechts entspreche es der Billigkeit, dem Antragsgegner die Kosten des Löschungsverfahrens einschließlich der von der Antragstellerin gezahlten Löschungsgebühr aufzuerlegen.
Der Antragsgegner hat sich gegen den Beschluss der Markenabteilung 3.4 vom 23. April 2014 mit Schreiben vom 9. Mai 2014 mit den Worten gewendet: „Antrag auf Nichterhebung von Kosten“. Mit Schriftsatz vom selben Tag hat der Antragsgegner erklärt:
„Az.: ...Lösch u. ...Lösch
Der Unterzeichner beantragt für sich persönlich u. als vertretungsberechtigter Gesellschafter der S… Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines fachkundigen Rechtsanwalts.“
Ein Eingang der Beschwerdegebühr ist bisher nicht zu verzeichnen.
II.
Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das beabsichtigte Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei ohne Erstattung außergerichtlicher Auslagen zurückzuweisen.
1. Anwendbarkeit der Vorschriften über die Prozesskostenhilfe der ZPO im markenrechtlichen Beschwerdeverfahren (§ 82 Abs. 1 S. 1 MarkenG i. V. m. §§ 114 ff. ZPO)
Nach der Rechtsprechung des BGH (GRUR 2009, 88, 90 Rn. 15 ff. – ATOZ; GRUR 2010, 270 Rn. 13 ff., 26 – ATOZ III) sind die Vorschriften über die Prozesskostenhilfe der ZPO im markenrechtlichen Beschwerdeverfahren anzuwenden, was auch der Auffassung der Kommentarliteratur entspricht (Fuchs-Wissemann, in: HK-Markeecht, 2. Auflage 2008, § 82 Rn. 2; zweifelnd Knoll, in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Auflage 2012, § 82 Rn. 17).
2. Statthaftigkeit
Die Gewährung von Prozesskostenhilfe setzt nach § 82 Abs. 1 S. 1 MarkenG i. V. m. §§ 114 Abs. 1 S. 1, 117 Abs. 1 S. 1 ZPO einen entsprechenden Antrag bei dem Prozessgericht voraus, den der Antragsgegner am 9. Mai 2014 gestellt hat.
3. Begründetheit
Voraussetzung für die Gewährung von Prozesskostenhilfe nach § 82 Abs. 1 S. 1 MarkenG i. V. m. § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO ist, dass
a) die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann,
b) die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und
c) die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig ist.
Dem Antrag sind nach § 82 Abs. 1 S. 1 MarkenG i. V. m. § 117 Abs. 2 S. 1 ZPO eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Darlegungs- und Beweislast für die Bedürftigkeit trägt der um Prozesskostenhilfe Ersuchende (Seiler, in: Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2014, § 114 Rn. 15 m. w. N.).
Vor diesem Hintergrund ist der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückzuweisen, weil zum einen der Antragsgegner über seine Bedürftigkeit nichts mitgeteilt hat und zum anderen die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg bietet.
a) Unvermögen, die Kosten der Prozessführung zu tragen
Dazu, dass er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, hat der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Antragsgegner nichts vorgetragen. Der Antragsgegner hat insbesondere seinem Antrag keine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beigefügt. Weil der Antragsgegner bereits seine Bedürftigkeit weder dargelegt noch bewiesen hat, ist sein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe schon aus diesem Grunde zurückzuweisen.
b) Hinreichende Erfolgsaussicht
Dem Antrag des Antragsgegners auf Nichterhebung von Kosten fehlt zudem die Erfolgsaussicht. Denn die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in ihrem Beschluss vom 23. April 2014 dem Antragsgegner mit zutreffender Begründung, auf die insoweit verwiesen kann, die Kosten des Löschungsverfahrens auferlegt. Der Antrag des Antragsgegners auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist daher auch deshalb zurückzuweisen, weil seine beabsichtigte Beschwerde ohne Erfolgsaussicht ist.