Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 11.01.2012


BPatG 11.01.2012 - 26 W (pat) 3/11

Markenbeschwerdeverfahren – "BürgerBräu Hof - Bayern" –Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Anmelderin einer Marke - keine Unterbrechung des markenrechtlichen einseitigen Anmeldeverfahrens – unwirksame Zustellung des Erinnerungsbeschlusses an die Anmelderin - Heilung des Zustellungsmangels durch tatsächlichen Zugang bei dem Insolvenzverwalter - keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
11.01.2012
Aktenzeichen:
26 W (pat) 3/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 307 35 869.0

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 11. Januar 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie des Richters Reker und der Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

In zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts der für die Waren und Dienstleistungen

2

"Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; insbesondere Bierdeckel;

3

Klasse 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche; Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit nicht in anderen Klassen enthalten; insbesondere Bierkrüge;

4

Klasse 32: Biere; Mineralwasser und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken;

5

Klasse 41: Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; insbesondere Durchführung von Live-Veranstaltungen"

6

angemeldeten Marke

7

BürgerBräu Hof - Bayern

8

die Eintragung versagt, weil ihr für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, der Verkehr werde in der angemeldeten Bezeichnung keinen betrieblichen Herkunftshinweis sehen, weil sie lediglich aus der im Verkehr weithin gebräuchlichen, aus den Begriffen "Bürgerliches Brauhaus" bzw. "bürgerlicher Brauerei" entstandenen Etablissementsbezeichnung "BürgerBräu" sowie einer Angabe über den Sitz des Bürgerbräu bestehe, die zugleich die geographische Herkunft der Waren und Dienstleistungen beschreibe. Die angemeldete Marke bestehe damit nur aus der Aneinanderreihung beschreibender Angaben, die auch nicht zu einem neuen, schutzfähigen Gesamtbegriff miteinander verschmölzen. Soweit sich die Anmelderin demgegenüber auf Voreintragungen von Marken mit dem Wortbestandteil "Bürgerbräu" berufe, könne auch dies die Eintragung der angemeldeten Marke nicht rechtfertigen, weil sich auch aus den angeführten Voreintragungen keine die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke begründenden Gesichtspunkte ergäben und die Voreintragungen auch keine Bindungswirkung für die Beurteilung der absoluten Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke entfalteten.

9

Gegen diesen der seinerzeitigen Vertreterin der Anmelderin am 15. November 2010 zugestellten Beschluss der Markenstelle wendet sich der am 12. Oktober 2010 vom Amtsgericht Hof - Insolvenzgericht - bestellte Insolvenzverwalter über das Vermögen der Anmelderin mit der Beschwerde. In der Beschwerdeschrift hat er beantragt, ihm zur Begründung der Beschwerde eine Frist bis zum 28. Januar 2011 zu gewähren. Die angekündigte Beschwerdebegründung ist seither nicht eingegangen. Auch weitere Anträge sind seither nicht gestellt worden.

II

10

Die zulässige Beschwerde des Insolvenzverwalters erweist sich als unbegründet. Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat in den mit der Beschwerde sinngemäß angegriffenen beiden Beschlüssen vom 24. Oktober 2007 und 9. November 2010 rechtswirksam im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass der Eintragung der angemeldeten Marke für die in der Anmeldung aufgeführten Waren und Dienstleistungen das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) entgegensteht deshalb die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen.

11

1. Der Beschlussfassung der Markenstelle im Erinnerungsverfahren stand die vorherige - der Markenstelle nicht bekannte - Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Anmelderin nicht entgegen. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bewirkt keine Unterbrechung des markenrechtlichen Anmeldeverfahrens nach § 240 ZPO. Zwar hat auch das markenrechtliche Anmeldeverfahren die Begründung vermögenswerter Rechte zum Gegenstand. Da es sich aber um ein einseitiges Verfahren handelt, das nicht durch einen Antrag des Gegners (§ 239 Abs. 2 - 4 ZPO) fortgeführt werden kann, würde eine Unterbrechung einen rechtlichen Stillstand zur Folge haben können, der mit dem Normzweck des § 240 ZPO unvereinbar wäre (ständige Rechtsprechung der Markensenate des Bundespatentgerichts, vgl. z. B. BPatG BlPMZ 1999, 265 - Konkurs). Da somit durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Anmelderin eine Unterbrechung des markenrechtlichen Anmeldeverfahrens nicht eingetreten ist, war die Markenstelle rechtlich nicht gehindert, über die Erinnerung der Anmelderin Beschluss zu fassen.

12

Der Erinnerungsbeschluss der Markenstelle ist auch nicht deshalb unwirksam, weil er nicht an den seinerzeit schon bestellten Insolvenzverwalter, sondern an die seinerzeitige Vertreterin der Anmelderin zugestellt worden ist. Zwar wäre vom Zeitpunkt seiner Bestellung an der Insolvenzverwalter der richtige Zustellungsadressat gewesen, so dass die an die frühere Vertreterin der Anmelderin erfolgte Zustellung des Beschlusses zunächst unwirksam war. Dieser Zustellungsmangel ist jedoch nach § 94 Abs. 1 i. V. m. § 8 VwZG dadurch geheilt, dass dem Insolvenzverwalter dieser Beschluss nachweislich tatsächlich zugegangen ist (Schulte/Rudloff-Schäffer, § 127 PatG, Rn. 115; BPatG GRUR 2008, 364, 366 - Zustellung an Verfahrensbevollmächtigten des Insolvenzverwalters), was sich aus der fristgemäßen Einlegung der Beschwerde durch den Insolvenzverwalter sowie aus dem Inhalt seiner Beschwerdeschrift zweifelsfrei ergibt.

13

2.  Der Eintragung der angemeldeten Marke für die in der Anmeldung aufgeführten Waren und Dienstleistungen steht, wie die Markenstelle mit zutreffender Begründung festgestellt hat, das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Begründung der Markenstelle zum Bestehen dieses Schutzhindernisses lässt keine sachlichen oder rechtlichen Fehler erkennen, die eine Aufhebung der mit der Beschwerde angegriffenen Beschlüsse rechtfertigen könnten, sondern liegt auf der Linie der durch die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorgegebenen Beurteilungsgrundsätze und Entscheidungen (vgl. z. B. BGH BlPMZ 2006, 178 - Casino Bremen; Mitt. 2012, 83 - Rheinpark-Center Neuss). Da die Beschwerde nicht begründet worden ist, ist auch nicht erkennbar, aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen der Insolvenzverwalter der Anmelderin die Beschlüsse der Markenstelle für unzutreffend und angreifbar hält. Der Beschwerde musste daher der Erfolg versagt bleiben.

14

Nachdem die angekündigte Beschwerdebegründung innerhalb der hierfür erbetenen Frist nicht eingereicht worden und auch keine neue Frist hierfür erbeten worden ist, konnte über die Beschwerde entschieden werden, ohne dass es einer Fristsetzung zur Vorlage einer Beschwerdebegründung bedurfte.