Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 26.09.2012


BPatG 26.09.2012 - 26 W (pat) 27/12

Markenbeschwerdeverfahren "Lipo Dermilax/Lipoderm" – keine Verwechslungsgefahr


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
26.09.2012
Aktenzeichen:
26 W (pat) 27/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2008 011 984

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 26. September 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Hermann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Gegen die Eintragung der Wortmarke 30 2008 011 984

2

Lipo Dermilax

3

für die Waren der Klassen 3, 21 und 25

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„Kosmetika, kosmetische Geräte, Mieder“

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ist Widerspruch erhoben worden aus der für die Waren der Klassen 3 und 5

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„Wasch. und Bleichmittel, Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Haarwässer; Zahnputzmittel; pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide“

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eingetragenen prioritätsälteren Wortmarke 301 03 853

8

Lipoderm.

9

Die Markenstelle für Klasse 21 Wz des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch sowie die Erinnerung der Widersprechenden mit Beschlüssen vom 6. Mai 2009 und vom 15. Dezember 2011 zurückgewiesen.

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Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, zwischen den sich gegenüberstehenden Marken bestehe keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Selbst bei identischen Waren und zu Gunsten der Widersprechenden unterstellter durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei keine Verwechslungsgefahr gegeben, weil die angegriffene Marke gegenüber der Widerspruchsmarke auch den danach gebotenen deutlichen Abstand einhalte. In ihrer eingetragenen Form unterscheide sich die angegriffene Marke durch ihre Ausbildung als Zweitwortmarke und wegen der in ihrem zweiten Wort zusätzlich enthaltenen Endung „-ilax“ von der Widerspruchsmarke in jeder Richtung deutlich. Der Gesamteindruck der angegriffenen Marke werde auch nicht durch ihre Wortbestandteile „Lipo“ und „Derm“ geprägt, weil der angesprochene Verkehr weder schriftbildlich noch klangliche Veranlassung habe, das „m“ im Wort „Dermilax“ der angegriffenen Marke von dem folgenden „i“ zu trennen und zu vernachlässigen. Ferner habe die Widersprechende nicht dargelegt, dass sie den Verkehr durch die Benutzung mehrerer Serienmarken an dem Stammbestandteil „Lipoderm“ gewöhnt habe, sodass auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr ausgeschlossen werden könne. Schließlich sei auch keine Markenusurpation gegeben, da keine Kombination der Widerspruchsmarke mit einem bekannten Unternehmenskennzeichen, einem Serienzeichen oder einer sonst bekannten Marke vorliege.

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Gegen die Beschlüsse der Markenstelle wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Zu deren Begründung trägt sie vor, die Widerspruchsmarke weise ein normale, ungeschmälerte Kennzeichnungskraft auf; denn selbst wenn davon ausgegangen werde, dass ihre Bestandteile „Lipo“ auf „Fett“ und „derm“ auf „Haut“ hinwiesen, ergebe der daraus gebildete Begriff „Fetthaut“ keinen Sinn und sei nicht unmittelbar beschreibend für die Waren, für die die Widerspruchsmarke eingetragen wurde. Das Wort „Lipoderm“ sei kein feststehender Begriff und werde von Dritten nicht verwendet. Die Marken seien bereits unmittelbar verwechselbar. Sie unterschieden sich lediglich dadurch, dass an die übernommene Widerspruchsmarke in der angegriffenen Marke die Endsilbe “-ilax“ angehängt worden sei. Die Getrenntschreibung der Bestandteile „Lipo“ und „Dermilax“ in der angegriffenen Marke weder beseitigen noch reduziere, da diese für eine rechtserhaltende Benutzung gemäß § 26 MarkenG nicht zwingend sei und die Marke so auch nicht benutzt werde. Dass der Markeninhaber die angegriffene Marke in der Schreibweise „LipoDermilax“ benutze, sei aus dem Internetauftritt „www-lipodermilax.de“ ersichtlich. Die Endung „-ilax“ der angegriffenen Marke sei verbraucht. Sie sei Bestandteil einer Vielzahl eingetragener nationaler Marken und Gemeinschaftsmarken, von denen viele für Medikamente und Kosmetika eingetragen seien. Der Verkehr werde deshalb dieser Endung weder klanglich noch schriftbildlich ein besonderes Gewicht beimessen. Sie trete vielmehr in der angegriffenen Marke derart in den Hintergrund, dass sie für den Gesamteindruck des Zeichens zu vernachlässigen sei. Auf Grund der beschreibenden Anklänge der Bestandteile „Lipo“ und „Derm“ seien sich die beiderseitigen Marken auch begrifflich ähnlich. Zwischen den Marken bestehe zudem die Gefahr von Verwechslungen durch gedankliche Verbindung. Die Widersprechende benutze die Widerspruchsmarke für eine Serie von Produkten, nämlich „Lipoderm Gesichtscreme“, „Lipoderm Lotion“, „Lipoderm Lotion Omega“ und „Lipoderm visage esthetique“ für Cremes bzw. Lotionen sowie das Zeichen „Lipoderm Duschgel“ für ein Reinigungsgel. Außerdem benutze sie noch das Zeichen „Lipoderm Omega“. Die Abnehmer der Waren, für die die beiderseitigen Marken eingetragen sind, seien teilweise dieselben, denn die unter der angegriffenen Marke „Lipo Dermilax“ angebotene Kompressionsbekleidung richte sich an Ärzte und werde über Apotheken vertrieben und auch die Widersprechende vertreibe ihre Produkte unter der Widerspruchsmarke an Kliniken und Apotheken. Der Verkehr werde in der angegriffenen Marke den Stammbestandteil „Lipoderm“ der Markenserie der Widersprechenden wiedererkennen und somit die Produkte, die unter der angegriffenen Marke angeboten werden, dem Geschäftsbetrieb der Widersprechenden zuordnen. Darüber hinaus sei eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne gegeben, da der Bestandteil „Lipoderm“ in derm Marke „Lipo Dermilax“ eine selbständig kennzeichnende Stellung innehabe.

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Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

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die Beschlüsse für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Mai 2009 und vom 15. Dezember 2011 aufzuheben und die Löschung der Marke 30 2008 011 984 anzuordnen.

14

Der Markeninhaber hat sich zur Beschwerde der Widersprechenden nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt.

II

15

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist unbegründet. Zwischen der angegriffenen Marke und der prioritätsälteren Widerspruchsmarke besteht keine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

16

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr nach der vorgenannten Bestimmung ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit bzw. der Identität der Marken, der für die Marken eingetragenen Waren bzw. Dienstleistungen und die Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke, sodass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann. und umgekehrt (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH GRUR 2008, 905 – Pantohexal; GRUR 2010, 235 AIDA/AIDU). Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (EuGH GRUR 2010, 933 – Barbara Becker; BGH GRUR 2012, 64- Maalox/Melox-GRY).

17

Ausgehend von diesen rechtlichen Grundsätzen besteht zwischen den beiderseitigen Marken selbst bei einer zu Gunsten der Widersprechenden unterstellten Identität der Waren keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, denn die Widerspruchsmarke verfügt wegen ihres für die maßgeblichen Waren beschreibenden Charakters einen von Haus aus verminderten Schutzumfang. Den engen Schutzbereich der Widerspruchsmarke verletzt die angegriffene Marke nicht.

18

Die Feststellung der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke ist im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren unabdingbare Voraussetzung und Grundlage für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr (BGH GRUR 2008, 505, 507 – TUC-Salzcracker). Eine normale Kennzeichnungskraft kommt Marken zu, die uneingeschränkt geeignet sind, zur Unterscheidung der Waren und Dienstleistungen ihres Inhabers zu dienen (EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 – Lloyd). Dagegen können schutzunfähige Zeichen und Angaben für sich genommen nicht Grundlage einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr sein. Das bedeutet insbesondere, dass der Schutzbereich von Marken, die nur eine geringe Unterscheidungskraft aufweisen und/oder an beschreibende Angaben angelehnt sind, eng zu bemessen ist und sich auf die jeweilige – ggf. nur minimale – eintragungsbegründende Eigenprägung beschränkt ist (BGH GRU 2008, 1002, 1004 – Schuhpark; GRUR 2010, 729, 731 – MIXI), wobei allein der Umstand, dass die fragliche Angabe im Verkehr sonst noch verwendet wird, noch nicht gegen eine Kennzeichnungsschwäche spricht (BGH a. a. O. – Schuhpark). Handelt es sich bei der eingetragenen prioritätsälteren Marke um eine beschreibende oder sonst schutzunfähige Angabe, so kann ihr wegen Bindungswirkung der Eintragung zwar nicht jeder Schutz abgesprochen werden. Jedoch ist der Schutzbereich einer solchen Marke auf ein Minimum zu beschränken, mit der Folge, dass schon geringe Abwandlungen oder Hinzufügungen aus dem Schutzumfang der Marke herausführen (st. Rspr., vgl. BPatG PAVIS PROMA 24 W (pat) 202/99 – Dent-O-Care/Dent Care; 24 W pat) 79/07 – THERMARIVMTHERMARIUM; 29 W (pat 16/09 – framewwwork/FRAMEWORKS; 30 W (pat) 243/04 – BIOLINE/Bioline).

19

Bei der Widerspruchsmarke handelt es sich um eine Angabe, die für alle Waren der Widerspruchsmarke, die markenrechtlich Ähnlichkeit mit den Waren der angegriffenen Marke aufweisen, zumals einen deutlichen, für den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher ohne weiteres verständlichen beschreibenden Anklang aufweist. Wie die Widersprechende selbst einräumt, hat der Markenbestandteil „Lipo“ die Bedeutung „Fett“ und der weitere Bestandteil „Derm“ – eine gebräuchliche Kurzform von „Derma“ die Bedeutung „Haut“. Dass es sich bei den beiden Markenteilen der Widerspruchsmarke um im Verkehr für Kosmetika in großem Umfang beschreibend verwendete Bezeichnungen handelt, hat die Markenstelle in ihrem Beschluss vom 6. Mai 2009 umfassend unter Hinweis auf Ergebnisse einer von ihr durchgeführten Internetrecherche dargelegt. Angesichts dieser langjährigen und umfangreichen Verwendung der Bezeichnungen Lipo“ und „derm“ ist davon auszugehen, dass der Fachverkehr und auch ein rechtserheblicher Teil der inländischen Durchschnittsverbraucher die Bedeutung dieser Markenbestandsteile kennt und als beschreibende Begriffe versteht. Ihnen kommt daher für Kosmetika nur eine sehr geringe Kennzeichnungskraft zu. Entgegen der Ansicht der Widersprechenden gilt dies auch für die aus den beschreibenden Einzelteilen gebildete Widerspruchsmarke „Lipoderm“. Es ist gängige Praxis, die menschliche Haut nach Hauttypen zu unterscheiden, und zwar in trockene Haut, fettige Haut, trockene Fetthaut und Mischhaut. Der als fettige Haut qualifizierte Hauttyp wird alternativ – insbesondere – in der Umgangssprache – auch als „Fetthaut“ bezeichnet. Die Widerspruchsmarke hat in der Form, wie ihr die Bestandteile „Lipo“ und „derm“ aufeinander abfolgen, ebenfalls die Bedeutung „Fetthaut“, was der Fachverkehr und der nicht unerhebliche Teil der inländischen Durchschnittsverbraucher, der die Bestandteile „Lipo“ und „derm“ kennt und versteht, ohne weiteres erfassen und verstehen wird. Angesichts dieses erkennbar beschreibenden Begriffsgehalts der Widerspruchsmarke und ihrer engen Anlehnung an die beschreibenden Angaben „Fetthaut“ bzw. „fettige Haut“, die zur Bezeichnung der Bestimmung von Kosmetika dienen können, kann der Widerspruchsmarke nur eine äußerst geringe Kennzeichnungskraft und in Folge dessen ein sehr eingeschränkter Schutzumfang zukommen. Eine nachträgliche Steigerung der Kennzeichnungskraft ihrer Marke hat die Widersprechende nicht behauptet und diesbezüglich nichts vorgetragen.

20

Wegen des geringen Schutzumfangs der Widerspruchsmarke besteht zwischen ihr und der angegriffenen Marke trotz der Übernahme der Bezeichnung „Lipoderm“ in die angegriffene Marke und der daraus resultierenden gewissen Ähnlichkeit der Marken in diesem Bestandteil keine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

21

Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit ist stets von der im Register eingetragenen Form der Marken auszugehen (BGH a. a. O. – il Padrone / II Portone).

22

Insoweit unterscheiden sich die beiderseitigen Marken sowohl schriftbildlich als auch klanglich auf Grund der Tatsache, dass die angegriffene Marke zwei Silben mehr aufweist als die Widerspruchsmarke, deutlich voneinander.

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Zwar stimmen die beiderseitigen Marken in ihren Anfängen überein. Wortanfänge werden auch im Allgemeinen stärker beachtet als die übrigen Markenteile. Doch gilt auch dieser Grundsatz nicht uneingeschränkt und insbesondere dann nicht, wenn die Betonung nicht auf den Wortanfang liegt oder wenn der Wortumfang für fraglichen Waren und Dienstleistungen beschreibend und damit kennzeichnungsschwach ist (OLG Köln GRUR-RR 2010, 41, 42 – EnzyMax/Enzy/Mix, EuG GRUR Int. 2008, 231, 232 – Catellani/CASTELLUCA). Die in beiden Marken am Zeichenanfang zu findende und zugleich die Widerspruchsmarke bildende Bezeichnung „Lipoderm“ ist – wie zuvor bereits ausgeführt und begründet worden ist – für Waren des kosmetischen Bereichs ein wegen seines warenbeschreibenden Begriffsgehalts kennzeichnungsschwacher Markenbestandteil, so dass der Verkehr den übrigen Markenteilen der angegriffenen Marke eine gegenüber dem Normalfall gesteigerte Aufmerksamkeit entgegenbringen wird und diese auch – auch wenn sie möglicherweise als Endung erkannt werden – nicht außer Acht lassen oder sonst vernachlässigen wird.

24

In klanglicher Hinsicht kommt im vorliegenden Fall noch hinzu, dass die angegriffene Marke nicht nur deutlich mehr Silben aufweist als die Widerspruchsmarke, sondern noch eine andere Silbengliederung aufweist als diese, weil der Bestandteil „derm“ der Widerspruchsmarke in dem zweiten Bestandteil „Dermilax“ der angegriffenen Marke derart aufgeht, dass er sich aufgeteilt in den zwei Silben „Der-mi“ wiederfindet. Zudem handelt es sich bei den Endkonsonanten „x“ der Schlusssilbe „-lax“ um einen sehr klangstarken, eher seltenen Laut, der maßgeblich zum Gesamtklangbild der angegriffenen Marke beiträgt und im Erinnerungsbild haften bleibt.

25

Bei der Beurteilung der schriftbildlichen Ähnlichkeit der Marken ist schließlich zu berücksichtigen, dass das Schriftbild von Marken erfahrungsgemäß eine genauere und in der Regel sogar wiederholte Wahrnehmung der Bezeichnung gestattet als das schnell verklingende Wort (BPatG GRUR 2004, 950, 954 – ACELAT/Acesal). Zur Unterscheidbarkeit der Marken trägt insoweit außer der deutlich unterschiedlichen Gesamtlänge der Marken bei, dass die angegriffene Marke in der maßgeblichen eingetragenen Form als Zweitwortmarke mit zwei großen Anfangsbuchstaben einen deutlich anderen, sofort ins Auge springende Zeichenaufbau aufweist, als die Widerspruchsmarke; denn in der angegriffenen Marke ist der zweite Bestandteil „derm“ der Widerspruchsmarke nicht nur von seinem vorangehenden Bestandteil „Lipo“ getrennt, sondern darüber hinaus auch noch unübersehbar mit den vier Buchstaben „ilax“ zu einem neuen Gesamtwort verbunden.

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Die Ähnlichkeit der beiderseitigen Marken in ihrer jeweils eingetragenen Form ist in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht daher nur als sehr gering zu bewerten, was bei der geringen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für die Feststellung einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG nicht ausreicht.

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Der Bestandteil „Lipo Derm“ der angegriffenen Marke ist auch nicht geeignet, den Gesamteindruck der angegriffenen Marke zu prägen. Die Eignung zur Prägung des Gesamteindrucks fehlt diesem mit der Widerspruchsmarke übereinstimmenden Bestandteil schon deshalb, weil er für die hier maßgeblichen Waren angesichts seines warenbeschreibenden Charakters nur über eine geringe Kennzeichnungskraft verfügt. Gegen eine Prägung des Gesamteindrucks der angegriffenen Marke durch diesen Bestandteil spricht zudem, wie bereits die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, dass der Verkehr das einheitliche Wort „Der-mi-lax“ nicht entgegen der natürlichen Silbengliederung „Der-mi-lax“ in die Bestandteile „Derm“ und „ilax“ aufspalten und den Wortteil „ilax“ aufspalten und en Wortteil „ilax“ bei der mündlichen oder schriftlichen Wiedergabe weglassen wird. Aus den vorstehend genannten Gründen weist die Widerspruchsmarke in der angegriffenen Marke auch keine selbständig kennzeichnende Stellung auf.

28

Auch eine markenrechtlich relevante begriffliche Verwechslungsgefahr der Marken besteht nicht. Die Übereinstimmung von Marken in beschreibenden Begriffen oder an diesen angelehnten Bestandteilen reicht für die Annahme einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr nicht aus (st. Rpsr; vgl. BPatG PAVIS PROMA 24 W (pat) 113/04 – FITAMIN/VIT-H-MIN; 25 W (pat) 34/07 – Sucren/SUKRINETTEN). Das gilt insbesondere für Fälle wie den vorliegenden, in denen die Übereinstimmung in einem beschreibenden Bestandteil die einzige Gemeinsamkeit beider Marken darstellt, weil der Verkehr dann den Marken allenfalls dieselbe beschreibende Aussage entnimmt, die Marken aber nicht demselben Unternehmen zuordnet (BPatG a. a. O. – FITAMIN/VIT-H-MIN; OLG München GRUR-PR 2010, 285, 287 – Pneus-Online).

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Zwischen den beiderseitigen Marken besteht auch nicht die Gefahr einer Verwechslung durch gedankliche Verbindung. Unter diesen gesetzlichen Tatbestand fallen nur Fälle einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr. Er stellt keine Alternative zum Begriff der Verwechslungsgefahr dar, sondern bestimmt nur dessen Umfang näher (EuGH GRUR 1998, 387, 389 Sabèl/Puma; GRUR Int. 2000, 899, 901 – Marca/Adidas). Eine Ausdehnung auf Gedankenverbindungen, die zu lediglich behindernden, rufausbeutenden oder verwässernden Wirkungen, nicht aber zu eigentlichen Verwechslungen führen, ist ausgeschlossen (BGH GRUR 1999, 735, 736 f. – MONOFLAM/POLYFLAM; GRUR 2000, 886, 888 – Bayer/BeyChem; GRUR 2004, 779, 782 – Zwilling/Zweibrüder). Deshalb fallen solche Fälle, in denen der Verkehr lediglich irgendwelche rein assoziativen gedanklichen Verbindungen zwischen den beiden Marken herstellt, weil die Wahrnehmung der der einen Marke die Erinnerung an die andere Marke wachruft, obwohl beide Marken nicht verwechselt werden, nicht unter den Tatbestand des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Die – ggf. auch naheliegende – Vermutung, dass die Wahl des angegriffen Zeichens nicht zufällig erscheint, sondern, dass eine gewisse Annäherung an die ältere Marke durchaus gewollt ist, vermag daran nichts zu ändern (BGH a. a. O. – Zwilling/Zweibrüder).

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Nach den vorstehend rechtlichen Grundsätzen besteht auch unter Berücksichtigung des ergänzenden Vorbringens der Widersprechende in der Beschwerdebegründung keine Verwechslungsgefahr durch gedankliche Verbindung. Für die von ihr insoweit geltend gemachte mittelbare Verbindung fehlt es bereits an der Benutzung einer Markenserie mit Stammbestandteil „Lipoderm“; denn die von der Widersprechenden vorgetragene Benutzung der immer gleichen Marke „Lipoderm“ für verschiedene Waren des kosmetischen Bereichs unter bloßer räumlich getrennter Hinzufügung der Bezeichnung der Art der Ware, wie z. B. „Lotion“, „Gesichtscreme“, „Duschgel“, oder der Bezeichnung eines Inhaltsstoffes, wie z. B. „Omega“ als Hinweis auf Omega-Fettsäuren, stellt keine Benutzung einer Markenserie im markenrechtlichen Sinne, sondern nur die Verwendung ein und derselben Marke für verschiedene Waren dar.

31

Es fehlt zudem an Angabe der Widersprechende dazu, dass und in welchem Umfang die von ihr behauptete Verwendung einer Markenserie mit dem Stammbestandteil „Lipoderm“ bereits zum maßgeblichen Anmeldetag der angegriffenen Marke (Schmidhuber/Törk WRP 2009, 545, 55; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Auflage, § 9 Rdn. 447) erfolgt ist.

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Auch dann, wenn zu Gunsten der Widersprechenden unterstellt wird, dass es sich bei der Widerspruchsmarke um einen rechtzeitig im Verkehr benutzten Stammbestandteil einer von ihr gebildeten Markenserie handelt, fehlt es im vorliegenden Fall dennoch an einer mittelbaren Verwechslungsgefahr. Von einer mittelbaren Verwechslungsgefahr kann nur ausgegangen werden, wenn der als Stammbestandteil in Betracht kommende Markenteil in beiden Marken identisch oder zumindest wesensgleich enthalten ist (BGH GRUR 2009, 672, 676 – OSTSEE-POST). Selbst identische Buchstabenfolgen legen noch nicht zwangsläufig den Gedanken an Serienmarken nahe. Vielmehr müssen sie nach Art eines eigenständigen Wortstamms hervortreten. Davon kann insbesondere bei unselbständigen Lautfolgen nicht ausgegangen werden, denen innerhalb eines Gesamtworts – insbesondere wegen der üblichen Silbentrennung – diese Eigenständigkeit fehlt (BGH GRUR 1967, 660, 662 – SIR/Sirax; BPatGE 22, 193, 197 ff. – RHINISAT/Ysat; 23, 199 DOLMYXIN/YXIN; 39, 52, 54 F. – EUKRATON/Craton). Ein solcher Fall ist auch bei der angegriffenen Marke gegeben, in der die von der Widerspruchsmarke abweichende Aufgliederung der als Stammbestandteil in Betracht kommenden Bezeichnung „Lipoderm“ sowie insbesondere die Verschmelzung von deren zweiter Hälfte „derm“ zu dem Wort „Dermilax“ die Widerspruchsmarke nicht als eigenständigen Wortstamm hervortreten lassen. Vor diesem Hintergrund sowie wegen des deutlichen beschreibenden Anklangs sowohl der Einzelbestandteile „lipo“ und „derm“ sowie der daraus gebildeten Widerspruchsmarke ist auch nicht damit zu rechnen, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Marken demselben Unternehmen oder miteinander verbundenen Unternehmen zuordnen werden.

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Weitere Tatsachen, die eine Verwechslungsgefahr der Marken nahelegen könnten, sind weder von der Widersprechende vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Daher konnte die Beschwerde der Widersprechenden keinen Erfolg haben.

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Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens auf eine der am Verfahren beteiligten Parteien (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG) besteht nach der Sach- und Rechtslage keine Veranlassung. Auch das Verhalten der Beteiligten gibt keinen Anlass für eine solche Kostenauferlegung. Daher bleibt es bei der für das markenrechtliche Beschwerdeverfahren im Regelfall vorgesehenen gesetzlichen Kostenfolge des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, wonach jeder Beteiligte die ihm entstanden Kosten selbst zu tragen hat.