Entscheidungsdatum: 30.03.2011
In der Beschwerdesache
...
betreffend die Marke 300 93 947
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 30. März 2011 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fuchs-Wissemann sowie den Richter Reker und die Richterin Dr. Schnurr
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I
Gegen die Eintragung der Marke 300 93 947
Fiesta Mexicana
für die Waren der Klasse 33
„Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere), insbesondere Weine, Schaumweine, Liköre, Spirituosen“
ist Widerspruch erhoben worden aus der für die Waren der Klasse 33
„Spirituosen, Wein und Sekt“
seit dem 16. August 1993 eingetragenen Marke 2 042 444
Fiesta Mexikana.
Nachdem die Markeninhaberin am 26. September 2001 die Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke erhoben hat, hat die Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts den Widerspruch zunächst mit Beschluss vom 13. Januar 2005 zurückgewiesen, weil die Widersprechende die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht ausreichend glaubhaft gemacht habe. Auf die Erinnerung der Widersprechenden hat sie diesen Beschluss mit weiterem Beschluss vom 31. August 2009 aufgehoben und wegen des Widerspruchs die Löschung der angegriffenen Marke beschlossen.
Zur Begründung hat die Markenstelle im Erinnerungsbeschluss ausgeführt, die Widersprechende habe entgegen den Feststellungen im Erstbeschluss eine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke in den gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 und 2 MarkenG maßgeblichen Zeiträumen nach Art, Umfang und Dauer hinreichend glaubhaft gemacht. Die vorgetragenen Umsatzzahlen bzw. die Anzahl der verkauften Flaschen seien zwar in beiden Zeiträumen äußerst gering gewesen. Sie gäben jedoch bei der gebotenen Betrachtung der Gesamtumstände noch keinen Anlass für die Annahme einer bloßen Scheinbenutzung. Aus relativ geringen Umsatzzahlen könne nicht generell geschlossen werden, dass keine wirtschaftlich sinnvolle Verwendung der Marke vorgelegen habe. Vielmehr seien stets sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Bei einer Zusammenschau aller im Verfahren eingereichten Unterlagen ergebe sich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer ausreichenden, rechtserhaltenden Benutzung. Die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen ließen erkennen, dass die Widerspruchsmarke zunächst allein für Fruchtsaftliköre verwendet worden sei. Bei dem Markt für Fruchtsaftliköre handele es sich um einen vergleichsweise kleinen Markt. Zudem stellten Liköre für die Widersprechende eher eine Ergänzung ihrer großen Produktpalette dar. Zudem hätten Liköre jedenfalls in dem gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 MarkenG maßgeblichen Benutzungszeitraum vom 10. Mai 1996 bis zum 10. Mai 2001 nicht im Trend gelegen. Zu Gunsten der Widersprechenden zu berücksichtigen sei ferner, dass die ursprüngliche Inhaberin der Widerspruchsmarke das Unternehmen, das bis zur Wende 1990 zum VEB Kombinat Spirituosen, Wein und Sekt Berlin gehört habe, nach der Privatisierung erst noch habe sanieren und rationalisieren und einen arbeitsfähigen Betrieb habe aufbauen müssen. § 26 MarkenG verlange auch keine ununterbrochene Benutzung während des gesamten Glaubhaftmachungszeitraums. Dass die Widersprechende die Widerspruchsmarke zwischen 2001 und 2004 nicht benutzt habe, stehe der Anerkennung einer rechtserhaltenden Benutzung deshalb nicht entgegen. Die Widersprechende habe durch die im Erinnerungsverfahren eingereichten Unterlagen auch glaubhaft gemacht, dass sie die Widerspruchsmarke in dem gemäß § 43 Abs. 1 S. 2 MarkenG von fünf Jahren vor der Entscheidung über die Erinnerung nunmehr für Tequila in der eingetragenen Form und in ausreichendem Umfang benutzt habe. Auch insoweit bestehe kein Anlass, von einer bloßen Scheinbenutzung auszugehen. Da die Widersprechende ihre Marke somit für die im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke aufgeführte Ware „Spirituosen“ rechtserhaltend benutzt habe, sei wegen der Identität der Waren, der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sowie der klanglichen Identität der beiderseitigen eine Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG gegeben.
Dagegen wendet sich die Markeninhaberin mit der Beschwerde, die sie trotz entsprechender Ankündigung in der am 22. September 2009 eingegangenen Beschwerdeschrift nicht begründet hat.
Sie beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31. August 2009 aufzuheben und die Erinnerung der Widersprechenden zurückzuweisen.
Die Widersprechende beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Auch sie hat sich im Beschwerdeverfahren zur Sache nicht geäußert.
II
Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist unbegründet.
Die Markenstelle hat in dem mit der Beschwerde angegriffenen Beschluss vom 31. August 2011 zutreffend festgestellt, dass die Widerspruchsmarke in den gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 und S. 2 MarkenG maßgeblichen Zeiträumen i. S. d. § 26 MarkenG rechtserhaltend benutzt worden ist und dass zwischen den beiderseitigen Marken die Gefahr von Verwechslungen i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.
Da die Markeninhaberin ihre Beschwerde nicht begründet hat, ist für den Senat nicht erkennbar, inwieweit sie die Feststellungen der Markenstelle zur Benutzung der Widerspruchsmarke und zur Verwechslungsgefahr zwischen den Marken für unzutreffend erachtet. Ein weiteres Zuwarten auf den Eingang der seit mehr als 18 Monaten angekündigten Beschwerdebegründung war nicht geboten. Der Senat war auch nicht gehalten, die angekündigte, aber nicht eingereichte Beschwerdebegründung anzumahnen bzw. an diese zu erinnern (BPatGE 23, 171) oder der Markeninhaberin eine Äußerungsfrist zu setzen bzw. einen beabsichtigten Termin für die Beschlussfassung mitzuteilen (BGH GRUR 1997, 223, 224 - Ceco). Vielmehr war nach Lage der Akten zu entscheiden.
Die erneute Prüfung der Sache hat ergeben, dass die Markenstelle in dem mit der Beschwerde angegriffenen Beschluss zutreffend davon ausgegangen ist, dass die Widersprechende die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für beide seinerzeit gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 und S. 2 MarkenG maßgeblichen Zeiträume glaubhaft gemacht hat und nicht von einer bloßen Scheinbenutzung seitens der Widersprechenden ausgegangen werden kann. Zutreffend hat die Markenstelle insbesondere nicht nur auf die glaubhaft gemachten Absatzmengen und Umsatzzahlen, sondern - wie nach st. Rspr. (vgl. EuGH GRUR 2003, 425, Nr. 38 - Ansul; GRUR 2008, 343, Nr. 72 - Il Ponte Finanziaria) insoweit geboten - auf die Gesamtumstände des Einzelfalls abgestellt, wozu auch die Art der mit der Marke versehenen Ware, die Art und Größe des Unternehmens der Markenverwenderin sowie der Umfang ihres Sortiments und die Stellung und Bedeutung des unter der Widerspruchsmarke vertriebenen Produkts innerhalb dieses Gesamtsortiments zählen. Unter Berücksichtigung dieser Gesamtumstände ist es für eine ernsthafte Benutzung i. S. d. § 26 Abs. 1 MarkenG erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Marke im maßgeblichen Zeitraum in üblicher und wirtschaftlich sinnvoller Weise für die Waren und/oder Dienstleistungen benutzt wurde, für die sie eingetragen worden ist (BGH GRUR 2009, 772 - Augsburger Puppenkiste; GRUR 2010, 270 - ATOZ III), wobei eine Gewinnerzielungsabsicht gerade bezüglich der mit der Marke gekennzeichneten Waren nicht erforderlich ist (EuGH GRUR 2009, 156, Nr. 16 - Verein Radetzky-Orden). Hiervon ausgehend ist der nach den von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen zahlenmäßig zwar nur sehr geringe, sich jedoch zumindest über den Zeitraum von September 1996 bis in das Jahr 2001 erstreckende, wiederkehrende Verkauf eines Fruchtsaftlikörs in einem eng begrenzten regionalen Raum als eine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 MarkenG anzuerkennen.
Auch eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke im Zeitraum von fünf Jahren vor der Entscheidung über den Widerspruch i. S. d. § 43 Abs. 1 S. 2 MarkenG hat die Widersprechende glaubhaft gemacht. Als „Entscheidung über den Widerspruch“ im Sinne der vorgenannten Bestimmung ist die das jeweilige Verfahren abschließende Entscheidung, also im vorliegenden Fall nunmehr der Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde der Markeninhaberin zu verstehen (BGH GRUR 2000, 510 - Contura). Auch für den somit maßgeblichen Benutzungszeitraum vom 30. März 2006 bis zum 29. Juni 2011 hat die Widersprechende bereits im Erinnerungsverfahren mit der dort vorgelegten eidesstattlichen Versicherung ihres Geschäftsführers vom 3. November 2006 glaubhaft gemacht, dass die Widerspruchsmarke von einer zur Widersprechenden gehörenden Konzerngesellschaft seit dem Jahre 2005 nunmehr für einen Tequila benutzt worden ist und dass in den ersten drei Quartalen des Jahres 2006 von dem unter der Widerspruchsmarke vertriebenen Tequila 4224 Flaschen abgesetzt worden sind. Diese eidesstattlich versicherte Angabe lässt in Verbindung mit den weiteren zur Glaubhaftmachung der Benutzung vorgelegten Unterlagen erkennen, dass die erst im Jahre 2005 wieder aufgenommene Benutzung der Widerspruchsmarke auch im hier maßgeblichen Zeitraum des § 43 Abs. 1 S. 2 MarkenG über eine bloße Scheinbenutzung hinausgeht.
Da sowohl Fruchtsaftlikör als auch Tequila Spirituosen sind, stellt die Benutzung der Widerspruchsmarke für diese Waren eine Benutzung für die im Warenverzeichnis der Marke aufgeführte Ware „Spirituosen“ dar. Hiervon ausgehend besteht auch die Gefahr der Verwechslungen der Marken i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
Zwischen dem Warenoberbegriff „Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)“, für die die angegriffene Marke eingetragen ist, und der unter der Widerspruchsmarke benutzten Ware „Spirituosen“ besteht markenrechtlich Warenidentität, weil der Warenoberbegriff „Alkoholische Getränke“ auch Spirituosen umfasst. Die beiderseitigen Marken sind in höchstem Grade ähnlich, da sie sich nur in der Schreibweise des Wortes „Mexicana“ bzw. „Mexikana“ unterscheiden, was insbesondere in klanglicher Hinsicht für den Verkehr nicht erkennbar wird, weil auch das „c“ in „Mexicana“ wie ein „k“ ausgesprochen wird. Bei dieser Sachlage ist es unerheblich, ob der Widerspruchsmarke von Haus aus - wie von der Markenstelle angenommen - eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft oder wegen ihrer möglichen Eignung als Bestimmungsangabe eine nur unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zukommt; denn angesichts der bestehenden Warenidentität und der klanglichen Identität bzw. schriftbildlich äußerst hochgradigen Ähnlichkeit ist eine Verwechslungsgefahr der Marken auch bei nur unterdurchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke gegeben.
Die Beschwerde der Markeninhaberin musste daher erfolglos bleiben.
Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens auf eine der Verfahrensbeteiligten (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG) geben sowohl die Sach- und Rechtslage als auch das Verhalten der Beteiligten keine Veranlassung.