Entscheidungsdatum: 14.09.2011
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 30 2008 007 459
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 14. September 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie des Richters Reker und der Richterin Dr. Schnurr
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. September 2010 aufgehoben, soweit der Widerspruch für die Waren „Klasse 16: Papier, Pappe (Karton)“ und die Dienstleistungen „Klasse 44: Dienstleistungen zur Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere“ zurückgewiesen worden ist. Insoweit wird die Löschung der Marke 30 2008 007 459 angeordnet.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I.
Gegen die für die Waren und Dienstleistungen
„Klasse 16: Magnetdatenträger; Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten, Druckereierzeugnisse, insbesondere Kataloge;
Klasse 35: Werbung, Marketing, Absatzforschung;
Klasse 36: Versicherungswesen, Vermittlung von Versicherungen;
Klasse 38: Telekommunikation, Telekommunikation mittels Plattformen und Portalen im Internet;
Klasse 39: Veranstaltung von Reisen, Beförderung von Reisenden, Buchung von Reisen, Reservierungsdienste (Reisen), Veranstaltung von Reisen und Ausflugsfahrten;
Klasse 41: Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten, Platzreservierungen für Unterhaltungsveranstaltungen, Organisation und Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen;
Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen, Zimmerreservierung/Zimmerreservierung in Hotels/Zimmerreservierung in Pensionen, Verpflegung und Beherbergung von Gästen;
Klasse 44: Dienstleistungen zur Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere“
eingetragene Wortmarke 30 2008 007 459
Beluga Travel
ist Widerspruch erhoben worden aus der für die Waren und Dienstleistungen
„Klasse 9: handbetätigte Werkzeuge und Geräte; Messerschmiedewaren, Gabeln und Löffel; Hieb- und Stichwaffen; Rasierapparate;
Klasse 12: Fahrzeuge; Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser;
Klasse 13: Schusswaffen; Munition und Geschosse; Sprengstoffe; Feuerwerkskörper;
Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen- und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist; Drucklettern; Druckstöcke;
Klasse 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren;
Klasse 20: Möbel, Spiegel, Rahmen; Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildpatt, Bernstein, Perlmutter, Meerschaum und deren Ersatzstoffen oder aus Kunststoffen; Utensilien und Behälter für Haushalt oder Küche; Kämme und Schwämme; Bürsten (mit Ausnahme von Pinseln); Bürstenmachermaterial; Putzzeug; Stahlspäne; rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas); Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind;
Klasse 22: Seile, Bindfaden, Netze, Zelte, Planen, Segel, Säcke (soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind); Polsterfüllstoffe (außer aus Kautschuk oder Kunststoffen); rohe Gespinstfasern;
Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen;
Klasse 30: Kaffee, Tee, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Brot; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis;
Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten;
Klasse 39: Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren; Veranstaltung von Reisen;
Klasse 40: Materialbearbeitung;
Klasse 43: Verpflegung und Beherbergung von Gästen; Beherbergung von Gästen“
eingetragenen, prioritätsälteren Wortmarke GM 6 630 008
BELUGA.
Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat daraufhin mit Beschluss vom 13. September 2010 die Löschung der angegriffenen Marke für die Dienstleistungen „Werbung, Marketing, Absatzforschung, Versicherungswesen, Vermittlung von Versicherungen; kulturelle Aktivitäten, Organisation und Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen; Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen, Zimmerreservierung/Zimmerreservierung in Hotels/Zimmerreservierung in Pensionen, Verpflegung und Beherbergung von Gästen“ angeordnet und im Übrigen den Widerspruch zurückgewiesen. Ihre Zurückweisung hat sie damit begründet, dass insoweit nicht die Gefahr einer Verwechslung der Kollisionsmarken i. S. d. § 9 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bestehe: Die Dienstleistungen „Telekommunikation, Telekommunikation mittels Plattformen und Portalen im Internet; Dienstleistungen zur Gesundheit und Schönheitspflege für Menschen und Tiere“ seien zu den von der Widerspruchsmarke beanspruchten Waren und Dienstleistungen unähnlich. Hinsichtlich der Waren „Klasse 16: Magnetdatenträger; Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten, Druckereierzeugnisse, insbesondere Kataloge“ und der Dienstleistung „Klasse 39: Veranstaltung von Reisen“ wohne der Widerspruchsmarke eine Kennzeichnungsschwäche inne, weil „BELUGA“ darauf hinweise, dass diese Waren mit Beluga-Motiven versehen oder als Beluga ausgestaltet sein könnten, sich mit dem Thema „Beluga“ beschäftigten oder es sich um Waren handele, die dazu bestimmt seien, Beluga-Figuren oder Beluga-Motive herzustellen. „BELUGA“ könne zudem Reisedienstleistungen, die sich auf Reisen zu den Beluga-Walen beziehen könnten, ihren Zielen und Inhalten nach beschreiben. Die Dienstleistungen „Unterhaltung, Platzreservierung für Unterhaltungsveranstaltungen“ könnten im Zusammenhang mit Beluga-Wal-Shows stehen. Schutz könne angesichts der insoweit geringen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nur gegen die Eintragung identischer Marken gewährt werden.
Mit ihrer Beschwerde wendet sie die Widersprechende gegen diese Entscheidung, soweit ihr Widerspruch auch für die Waren „Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten, Druckereierzeugnisse, insbesondere Kataloge“, die Dienstleistungen „Klasse 39: Veranstaltung von Reisen, Beförderung von Reisenden, Buchung von Reisen, Reservierungsdienste (Reisen), Veranstaltung von Reisen und Ausflugsfahrten“, die Dienstleistungen „Klasse 41: Unterhaltung, sportliche Aktivitäten, Platzreservierung für Unterhaltungsveranstaltungen“ und die Dienstleistungen „Klasse 44: Dienstleistungen zur Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere“ zurückgewiesen wurde. Die genannten Waren und Dienstleistungen der Klassen 16 und 39 würden von beiden Kollisionsmarken in identischer Weise beansprucht. Die genannten Dienstleistungen der Klasse 41 der angegriffenen Marke seien hochgradig ähnlich zu der von der Widersprechenden in Klasse 43 beanspruchten Dienstleistung „Beherbergung und Verpflegung von Gästen“. „BELUGA“ besitze insbesondere auch für die von der Widerspruchsmarke beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 39 und 41 eine zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft. In diesen Klassen sei eine Vielzahl von Tiernamen als Marke eingetragen. Dem deutschen Durchschnittsverbraucher sei die Bedeutung des Wortes „BELUGA“ zur Bezeichnung eines Weißwales nicht bekannt. „Beluga“ präge zudem die angegriffene Marke. Ihr zweiter Wortbestandteil „Travel“ beschreibe die von ihr beanspruchten Waren der Klasse 16 und Dienstleistungen der Klasse 41 nicht unmittelbar. Soweit sie Schutz für identische und ähnliche Waren und Dienstleistungen beanspruche, halte die angegriffene Marke daher den angesichts dessen gebotenen Zeichenabstand nicht ein. Zusätzlich bestehe die Gefahr, dass beide Marken gedanklich in Verbindung gebracht würden.
Die Widersprechende beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 13. September 2010 insoweit aufzuheben, als der Widerspruch für die Waren „Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten, Druckereierzeugnisse, insbesondere Kataloge“, die Dienstleistungen „Klasse 39: Veranstaltung von Reisen, Beförderung von Reisenden, Buchung von Reisen, Reservierungsdienste (Reisen), Veranstaltung von Reisen und Ausflugsfahrten“, die Dienstleistungen „Klasse 41: Unterhaltung, sportliche Aktivitäten, Platzreservierung für Unterhaltungsveranstaltungen“ und die Dienstleistungen „Klasse 44: Dienstleistungen zur Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere“ zurückgewiesen wurde und die angegriffene Marke auch insoweit zu löschen.
Die Markeninhaberin hat im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt.
Ergänzend wird auf die Akte des Amtes 30 2008 007 459.0 Bezug genommen.
II.
Die gem. § 66 Abs. 1, 2 MarkenG zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist in dem im Tenor bezeichneten Umfang begründet. Wegen Verwechslungsgefahr mit der Widerspruchsmarke GM 6 630 008 „BELUGA“ ist die prioritätsjüngere Marke „Beluga Travel“ für die Waren „Klasse 16: Papier, Pappe (Karton)“ und die Dienstleistungen „Klasse 44: Dienstleistungen zur Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere“ zu löschen, §§ 66 Abs. 1 S. 1, 42 Abs. 1, 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Im Übrigen war die Beschwerde aus den insoweit zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses zurückzuweisen.
Für die Frage der Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist von dem allgemeinen kennzeichenrechtlichen Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken, der Warennähe und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2004, 594, 596 - Ferrari-Pferd; GRUR 2005, 437, 438 - Lila-Schokolade; GRUR 2005, 513, 514 - MEY/Ella May). Der Schutz der älteren Marke ist dabei auf die Fälle zu beschränken, in denen die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der älteren Marke, insbesondere ihre Hauptfunktion zur Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 ff. [Rz. 51] - Arsenal Football Club plc; GRUR 2005, 153, 155 [Rz. 59] - Anheuser-Busch/Budvar; GRUR 2007, 318, 319 [Rz. 21] - Adam Opel/Autec).
Hiervon ausgehend der Schutzbereich der Widerspruchsmarke tangiert, sofern die im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen mit der angegriffenen Marke gekennzeichnet werden. Da die Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG einerseits mit steigender Produktähnlichkeit zunimmt und andererseits durch den hier in Abhängigkeit von den beanspruchten Waren und Dienstleistungen variierenden Grad der Kennzeichnungskraft beeinflusst wird, ermöglicht der Grundsatz der Wechselwirkung dagegen eine Koexistenz beider Zeichen, soweit die jüngere Marke Schutz für die von der Widersprechenden in ihrer Beschwerdeschrift darüber hinaus bezeichneten Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 39 und 41 beansprucht.
Eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen ist anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen – insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte und Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe – so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie – was zu unterstellen ist – mit identischen Marken gekennzeichnet sind, wobei vom größten Schutzumfang der älteren Marke auszugehen ist (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 924 (Nr. 29) - Canon; Hacker/Ströbele, MarkenG, 9. Aufl., Rn. 49 zu § 9 m. w. N.).
Dementsprechend beanspruchen die sich gegenüberstehenden Kollisionsmarken, wie bereits von der Markenstelle ausgeführt, in den Klassen 16 und 39 Schutz für identische und hochgradig ähnliche Waren und Dienstleistungen. Die Dienstleistungen „Klasse 41: Unterhaltung, sportliche Aktivitäten, Platzreservierungen für Unterhaltungsveranstaltungen“ der angegriffenen Marke sind hochgradig ähnlich zur Dienstleistung „Klasse 43: Verpflegung von Gästen“ (vgl. BPatG PAVIS PROMA 32 W (pat) 335/99 - Ritzy/RITZ PARIS) und zur Dienstleistung „Klasse 39: Veranstaltung von Reisen“, für welche die Widerspruchsmarke eingetragen ist. Denn sowohl Unterhaltungsveranstaltungen als auch sportliche Aktivitäten gehören zu den wesentlichen Charakteristika von Sport- und Cluburlauben. Sie werden daher von diesen Reiseveranstaltern auch selbst angeboten. Entgegen der von der Markenstelle getroffenen Feststellung sind die Dienstleistungen „Klasse 44: Dienstleistungen zur Gesundheit und Schönheitspflege für Menschen und Tiere“ darüber hinaus hochgradig ähnlich zur Dienstleistung „Klasse 43: Verpflegung und Beherbergung von Gästen“, für welche die Widerspruchsmarke Schutz beansprucht (vgl. BPatG PAVIS PROMA 24 W (pat) 189/02 - Ambulante Pflege Rosenblatt/Rosenhof). Beide gehören zu dem typischerweise von Betreiber eines Seniorenwohnheims offerierten Dienstleistungsspektrum.
Eine Marke verfügt über Kennzeichnungskraft, wenn sie geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen worden ist, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und damit diese Waren oder Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH MarkenR 1999, 189, 194 [Rz. 49] - Chiemsee; MarkenR 1999, 236, 239 [Rz. 22] - Lloyd/Loints). Für die Bestimmung des Grades der Kennzeichnungskraft ist dabei maßgeblich, inwieweit sich die Marke dem Publikum aufgrund ihrer Eigenart und ihres ggf. durch Benutzung erlangten Bekanntheitsgrades als Produkt- und Leistungskennzeichnung einzuprägen vermag, so dass sie in Erinnerung behalten und wiedererkannt wird (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., Rn. 497 zu § 14). Diese Eignung fehlt oder ist zumindest erheblich eingeschränkt, wenn die Widerspruchsmarke einen die geschützten Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Sinngehalt aufweist oder sich an eine für die fraglichen Waren und/oder Dienstleistungen beschreibende Angabe anlehnt (BGH GRUR 2008, 905, 907, Nr. 16 - Pantohexal; GRUR 2008, 1002, 1004, Nr. 26 - Schuhpark).
Der Grad an Kennzeichnungskraft ist dabei im Widerspruchsverfahren erstmals zu bestimmen (EuGH MarkenR 1999, 236, 239 [Rz. 22] - Lloyd/Loints). Auf den bloßen Umstand der Eintragung einer Marke kann dabei nicht abgestellt werden, weil aus der Eintragung lediglich auf den geringstmöglichen Grad an Kennzeichnungskraft geschlossen werden kann; denn zum einen wird der Grad der Kennzeichnungskraft im Eintragungsverfahren nicht geprüft, und zum anderen ist die Prüfung der Unterscheidungskraft, soweit man aus deren Prüfung Rückschlüsse auf die Kennzeichnungskraft ziehen kann, nach dem Gesetzeswortlaut (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) auf das Mindestmaß beschränkt (vgl. Hacker, Hacker/Ströbele, Markengesetz, 9. Aufl., § 9 Rn. 106). Ob die Marke über eine Kennzeichnungskraft verfügt, die über diesen, sich aus ihrer Eintragung ergebenden Mindestschutz hinausgeht, bedarf im Widerspruchsverfahren der erstmaligen gesonderten Prüfung und Feststellung.
Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, bezeichnet „Beluga“ im Deutschen für den angesprochenen allgemeinen Durchschnittsverbraucher verständlich einen Weißwal (vgl. DUDEN, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006). Die - im Übrigen normal kennzeichnungskräftige - Widerspruchsmarke verfügt daher hinsichtlich der Waren „Klasse 16: Waren aus Papier, Pappe (Karton), soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse“ und der von ihr in Klasse 39 beanspruchten Reisedienstleistungen nur über eine äußerst geringe Kennzeichnungskraft. Denn im Zusammenhang mit der „Veranstaltung von Reisen“ wird „Beluga“ dazu verwendet, auf Reisen und Ausflugsfahrten zu Belugas hinzuweisen. „Beluga“ eignet sich ebenfalls zur Beschreibung des Inhalts von „Druckereierzeugnissen“ und anderer „Waren aus Papier und Pappe (Karton)“. Entsprechende Nachweise, die die bereits von der Markenstelle zur Akte gereichten Belege ergänzen, hat der Senat den Parteien mit Verfügung vom 11. August 2011 übersandt.
Hierin unterscheidet sich die Widerspruchsmarke von anderen als Marke eingetragenen Bezeichnungen für Tiere, zu deren Beobachtung oder Erforschung dem angesprochenen allgemeinen Durchschnittsverbraucher üblicherweise keine Reisen angeboten werden (vgl. BPatG PAVIS PROMA 26 W (pat) 174/00 - Frosch Sportreisen/Frosch).
Soweit der Schutzumfang der Widerspruchsmarke daher für die genannten Waren und Dienstleistungen eng zu bemessen ist, prägt „BELUGA“ als kennzeichnungsschwaches Element weder den Gesamteindruck der jüngeren Marke „Beluga Travel“ (vgl. Hacker/Ströbele, MarkenG, 9. Aufl., Rn. 283 zu § 9); noch kommt diesem Wortbestandteil innerhalb der angegriffenen Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung zu (vgl. Hacker/Ströbele, MarkenG, 9. Aufl., Rn. 353 zu § 9; EuGH GRUR 2005, 1042, 1044 (Nr. 37) – THOMPSON LIFE). Insbesondere kombiniert „Beluga Travel“ den mit der Widerspruchsmarke übereinstimmenden Wortbestandteil „BELUGA“ nicht mit einem erkennbaren Serien- oder Unternehmenskennzeichen der Inhaberin der jüngeren Marke (Abgrenzung zu BGH GRUR 2008, 258 (Nr. 29) - INTERCONNECT/T-InterConnect).
Im Zeichenvergleich stehen sich infolgedessen in ihrer Gesamtheit mit „BELUGA“ und „Beluga Travel“ zwei Zeichen gegenüber, die sich in Schriftbild und Phonetik durch den in der angegriffenen Marke zusätzlich enthaltenen Wortbestandteil „Travel“ hinreichend voneinander unterscheiden. Auch begrifflich ermöglicht es dieser zweite, dem englischen Grundwortschatz entstammende und in seiner Bedeutung „Reisen“ im Deutschen allgemein verständliche zusätzliche Wortbestandteil dem angesprochenen Verkehr, beide Marken auch dann sicher voneinander zu unterschieden, wenn mit ihnen identische oder hochgradig ähnliche Waren und Dienstleistungen gekennzeichnet werden.
Zusätzlich besteht insoweit nicht die Gefahr, dass dieser beide Marken i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 2. HS gedanklich miteinander in Verbindung bringen könnte. Die Widersprechende ist nicht Inhaberin einer Markenserie. Für die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr ist zudem erforderlich, dass dem übereinstimmenden Element Hinweischarakter auf den Inhaber der älteren Marke zukommt. Auch diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben, da der gemeinsame Bestandteil „BELUGA“ für Reisedienstleistungen und die bezeichneten Waren der Klasse 16 selbst eine kennzeichnungsschwache, beschreibende Angabe darstellt (vgl. BGH GRUR 1999, 240, 241 – STEPHANSKRONE I; EuG GRUR Int. 2005, 503 – SISSI ROSSI/MISS ROSSI; GRUR Int. 2005, 140 – Chufafit; MarkenR 2003, 200 – NU-TRIDE/TUFFTRIDE; HABM MarkenR 2002, 433 – iti-Digits I).
Weil auch für eine Verwechslungsgefahr in anderen Richtungen keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte vorgetragen oder ersichtlich sind, ist der Schutzumfang der Widerspruchsmarke entgegen der von der Widersprechenden vertretenen Rechtsansicht nicht tangiert, soweit die angegriffene Marke Schutz für die Waren „Klasse 16: Waren aus Papier, Pappe (Karton), soweit in Klasse 16 enthalten, Druckereierzeugnisse, insbesondere Kataloge“, die Dienstleistungen „Klasse 39: Veranstaltung von Reisen, Beförderung von Reisenden, Buchung von Reisen, Reservierungsdienste (Reisen), Veranstaltung von Reisen und Ausflugsfahrten“ und die Dienstleistungen „Klasse 41: Unterhaltung, sportliche Aktivitäten, Platzreservierung für Unterhaltungsveranstaltungen“ beansprucht. Die Markenstelle hat den Widerspruch insoweit zu Recht zurückgewiesen.
Erfolg hat die Beschwerde demgegenüber, soweit die Widersprechende die Löschung der angegriffenen Marke für die Waren „Klasse 16: Papier, Pappe (Karton)“ und die Dienstleistungen „Klasse 44: Dienstleistungen zur Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere“ begehrt. Denn für die ihnen, wie ausgeführt, in Klasse 16 als identisch und in Klasse 43 als hochgradig ähnlich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen „Klasse 16: Papier, Pappe (Karton); Klasse 43: Verpflegung und Beherbergung von Gästen; Beherbergung von Gästen“ kommt der Widerspruchsmarke demgegenüber durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. Werden diese Waren und Dienstleistungen mit der angegriffenen Marke gekennzeichnet, reicht der in der zusätzlichen Hinzufügung des seinerseits kennzeichnungsschwachen Wortbestandteils „Travel“ bestehende Unterschied der Markenwörter nicht mehr aus, um im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung eine Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG auch unter Berücksichtigung von Warenidentität und hochgradiger Warenähnlichkeit auszuschließen. Im maßgeblichen Gesamteindruck weisen beide Marken insoweit eine erhebliche Ähnlichkeit auf, weil der klangliche Gesamteindruck der angegriffenen Marke für diese Waren und Dienstleistungen durch den in ihr enthaltenen Wortbestandteil „Beluga“ geprägt wird. Insoweit war die angegriffene Marke daher auf die Beschwerde der Widersprechenden zu löschen.