Entscheidungsdatum: 23.06.2016
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2014 022 454.2
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 23. Juni 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener und des Richters am Amtsgericht Dr. Nielsen
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I.
Die Wortfolge
Besser gut bei Stimme
ist am 30. Januar 2014 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister für die nachfolgend genannten Waren und Dienstleistungen der Klassen 5 bzw. 35, nämlich „pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse“, „Werbung“, angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 05 des Deutschen Patent- und Markenamts hatte diese unter der Nummer 30 2014 022 454.2 geführte Anmeldung zunächst mit Beschluss vom 28. September 2015 insgesamt zurückgewiesen. Auf die Erinnerung der Anmelderin hin hat die Erinnerungsprüferin mit Beschluss vom 8. Januar 2016 den Erstbeschluss aufgehoben, soweit die Anmeldung auch in Bezug auf die Dienstleistung „Werbung“ zurückgewiesen worden war und hat im Übrigen die Zurückweisung der Anmeldung bestätigt. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die sprachüblich gebildete angemeldete Wortfolge die Verkürzung des Satzes sei: „Es ist besser gut bei Stimme zu sein“. Die Redewendung „gut bei Stimme sein“ bedeute laut Duden, „beim Singen gut disponiert zu sein“. Der Sinngehalt sei aber nicht auf diese Bedeutung beschränkt. Die Wortfolge könne auch die Bedeutung haben, eine gute (Sprech-)Stimme zu haben. Damit stelle das Zeichen in Bezug auf pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse eine anpreisende Werbeaussage dar. Der Verkehr werde davon ausgehen, dass es sich bei den Waren um Mittel zur Bekämpfung von Heiserkeit bzw. zum Erhalt einer gesunden Stimme handle. Eine herkunftshinweisende Funktion werde der Wortfolge deshalb nicht beigemessen werden. Die Wortfolge weise keine Originalität auf, sondern sei eine ohne weiteres verständliche Sachaussage.
Die Anmelderin vertritt mit ihrer Beschwerde gegen die Teilzurückweisung der Anmeldung die Auffassung, dass die angemeldete Wortfolge keinesfalls eine unmittelbar produktbeschreibende Aussage in Bezug auf Arzneimittel enthalte. Bei der Beurteilung des Verkehrsverständnisses sei in erster Linie von den in Wörterbüchern gegebenen Bedeutungen auszugehen. Laut Duden bedeute „gut bei Stimme zu sein“ aber nur, dass man beim Singen gut disponiert sei. Für einen Zusammenhang der Wortfolge mit pharmazeutischen Erzeugnissen, wie ihn das DPMA herstelle, gebe es dagegen keine Belege. Die Wortfolge könne daher nur so verstanden werden, dass es besser sei, ein gesangliches Talent zu haben. Pharmazeutische Erzeugnisse könnten aber kein gesangliches Talent haben. Die Milderung von Husten oder Heiserkeit durch Medikamente habe ebenso keinen Einfluss darauf, ob man eine Begabung zum Singen besitze oder nicht. Die angemeldete Wortfolge werde vom Verkehr nicht als werbende Anpreisung verstanden, da mit ihr kein allgemeines Qualitätsversprechen abgegeben und keine Werbeaufforderung getätigt werde. Die Wortfolge sei auch keine Redewendung. Die grammatikalisch inkorrekte Wortfolge weise wegen des Fehlens eines Verbs und der Nebeneinandersetzung von „besser“ und „gut“ eine gewisse Prägnanz und Originalität auf. Sie erfordere einen gewissen Interpretationsaufwand, weshalb die Schutzfähigkeit zu bejahen sei.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 05 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. September 2015 und vom 8. Januar 2016 aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Entgegen der Auffassung der Anmelderin fehlt es der angemeldeten Wortfolge i. V. m. den beanspruchten Waren der Klasse 5 an jeglicher Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle die Anmeldung insoweit zu Recht teilweise zurückgewiesen hat, § 37 Abs. 1 und 5 MarkenG.
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850 Rn. 17 - FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 - Postkantoor). Von mangelnder Unterscheidungskraft ist ferner dann auszugehen, wenn die Wortfolge für sich genommen oder im Zusammenhang mit produktbeschreibenden Angaben lediglich Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art enthält (siehe dazu BGH GRUR 2013, 522 Rn. 9 - Deutschlands schönste Seiten). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.).
Werbeslogans und sonstige spruchartige Wortfolgen - wie die hier angemeldete Wortfolge - sind bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft wie andere Wortmarken zu behandeln. Sie unterliegen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen und müssen insbesondere keine zusätzliche Originalität aufweisen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 221 m. w. N.). Es ist auch nicht erforderlich, dass sie einen selbständig kennzeichnenden Bestandteil enthalten oder in ihrer Gesamtheit einen besonderen phantasievollen Überschuss aufweisen (vgl. BGH GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft). Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr in Slogans bzw. werblich-sachbezogenen Wortfolgen regelmäßig dann keinen Herkunftshinweis sieht, wenn der Slogan eine bloße Werbefunktion ausübt, die z. B. darin besteht, die Qualität der betreffenden Waren oder Dienstleistungen anzupreisen, es sei denn, dass die Werbefunktion im Vergleich zu ihrer behaupteten Herkunftsfunktion offensichtlich von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027 Rn. 35 DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Diese Grundsätze werden durch die Entscheidung des EuGH in GRUR 2010, 228 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK nicht in Frage gestellt. Auch danach setzt die Bejahung der Unterscheidungskraft unverändert voraus, dass das Zeichen geeignet sein muss, die beanspruchten Produkte als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen (vgl. EuGH GRUR 2010, 228 Rn. 44 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK). Es wird lediglich modifizierend ausgeführt, dass, sofern die angesprochenen Verkehrskreise eine angemeldete Marke als Herkunftshinweis wahrnehmen, es für die Unterscheidungskraft unerheblich ist, dass die angemeldete Marke gleichzeitig oder sogar in erster Linie als Werbeslogan wahrgenommen wird (vgl. EuGH - VORSPRUNG DURCH TECHNIK, a. a. O. Rn. 45). Soweit der EuGH in der Entscheidung „Vorsprung durch Technik“ in der Sache selbst entschieden hat (vgl. EuGH – VORSPRUNG DURCH TECHNIK, a. a. O. Rn. 52 ff.) dürfte ein nicht ganz unwesentliches Element der Umstand gewesen sein, dass es sich bei diesem Slogan im Zusammenhang mit Autos (Pkws) um einen berühmten und damit unabhängig von der Frage der ursprünglichen „Unterscheidungskraft“ um einen im Verkehr für die Firma A…als betrieblichen Herkunftshinweis durchgesetzten Slogan handelte und deshalb nicht auszuschließen war, dass dies dem Verkehr es erleichtert, den Slogan auch in einem anderen Waren- und Dienstleistungszusammenhang als betrieblichen Herkunftshinweis zu erkennen (EuGH - VORSPRUNG DURCH TECHNIK, a. a. O. Rn. 59). Die Unterscheidungskraft ist nach der Rechtsprechung des EuGH im Übrigen insbesondere dann zu bejahen, wenn die jeweiligen Marken nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung bestehen, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweisen, die ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder beim Verkehr einen Denkprozess auslösen (EuGH – VORSPRUNG DURCH TECHNIK, a. a. O. Rn. 57, vgl dazu auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 223).
Gerade davon kann nach Auffassung des Senats bei der angemeldeten Wortfolge im Zusammenhang mit den hier beschwerdegegenständlichen Waren nicht ausgegangen werden. Sie setzt sich aus allgemein verständlichen Wörtern der deutschen Sprache zusammen und vermittelt ganz allgemein - wie bereits die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat - die Aussage, „dass es besser [für einen] (im Sinne von günstig bzw. vorteilhaft) ist, wenn man gut bei Stimme ist.“ Im Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen „pharmazeutischen Erzeugnissen“, die auch diverse Mittel gegen Erkrankung der Atemwege, insbesondere Mittel gegen Erkältungskrankheiten und deren Symptome umfassen, also auch Mittel gegen Heiserkeit und Husten, bringt die angemeldete Wortfolge überaus naheliegend die sachlich-werbliche Botschaft zum Ausdruck, dass die entsprechend gekennzeichneten Mittel zur Wiederherstellung bzw. Besserung der „Stimme“ führen bzw. beitragen. Solche naheliegenden Schlussfolgerungen wird der Verkehr ohne weiteres ziehen, zumal auf den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Verständnisfähigkeit nicht zu gering zu veranschlagen ist. Ein unter dem Gesichtspunkt der Schutzfähigkeit relevanter Denkprozess oder ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand ist bei der angemeldeten Wortfolge in einem einschlägigen Produktzusammenhang nicht erforderlich.
Soweit die Anmelderin meint, dass der Ausspruch „gut bei Stimme sein“ bedeutungsmäßig auf die „Gesangsstimme“ beschränkt sei, kann dem nicht beigetreten werden. Soweit im Duden ein solches Beispiel gewählt wird, stellt dies nur ein Beispiel dar, das keineswegs eine weitergehende Bedeutung in Richtung „Sprechstimme“ ausschließt. Im Duden Redewendungen, 3. Aufl., wird als Bedeutung für die Redewendung „nicht [gut] bei Stimme sein“ erläuternd ausgeführt, „nicht über die volle Leistungsfähigkeit der [Gesangs]stimme verfügen“. Aus der eckigen Klammer bei „Gesangs“ ergibt sich ohne weiteres auch nach dem Duden, dass eine solche Aussage sich keineswegs nur auf die Gesangsstimme beschränkt, sondern sich selbstverständlich auch auf die Sprechstimme beziehen kann. Dies entspricht auch dem allgemeinen Sprachverständnis und der häufigen Verwendung der Wendung „gut bei Stimme sein“ im Verkehr (siehe dazu die ergänzend zu den bereits von der Markenstelle ermittelten Belegen die als Anlage zum Ladungszusatz vom 20./23. Mai 2016 beigefügten weiteren Unterlagen). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass ausweislich der genannten Unterlagen die angemeldete Wortfolge im Zusammenhang mit Medikamenten gegen „Halskratzen, Hustenreiz und Heiserkeit“ bereits als werblich anpreisende Sachaussage verwendet wird.
Soweit es um „veterinärmedizinische Erzeugnisse“ geht, kann es sich dementsprechend um Mittel gegen Atemwegserkrankung bei Tieren handeln. Hier mag die Aussage in Bezug auf die Stimme zwar etwas ungewöhnlicher sein als bei Humanarzneimitteln. Gleichwohl wird der Verkehr nach Auffassung des Senats auch in einem solchen Zusammenhang in der Wortfolge nur eine Sachaussage und keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen.
III.
Der Senat hat ohne mündliche Verhandlung entschieden, da die Anmelderin ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen hatte (§ 69 Nr. 1 MarkenG) und der Senat eine mündliche Verhandlung nicht für sachdienlich erachtet hat (§ 69 Nr. 3 MarkenG).