Entscheidungsdatum: 20.08.2013
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 305 42 685
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. April 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, des Richters Metternich und der Richterin Grote-Bittner
beschlossen:
Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke und die Anschlussbeschwerde der Widersprechenden werden zurückgewiesen.
I.
Die am 18. Juli 2005 angemeldete Wortmarke
Protego
ist am 26. Oktober 2005 unter der Nummer 305 42 685 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister für Waren und Dienstleistungen der Klassen 5, 42 und 44, nämlich in Bezug auf die Dienstleistungen
Klasse 42: Wissenschaftliche Forschung zu medizinischen Zwecken;
und
Klasse 44: Medizinische Dienstleistungen, Gesundheitspflege für Menschen;
und für Waren der Klasse 5 eingetragen worden. Nachdem die Markeninhaberin das Warenverzeichnis betreffend die Klasse 5 in der mündlichen Verhandlung vom 11. April 2013 eingeschränkt hat, lautet das aktuelle Warenverzeichnis insoweit nunmehr:
Verschreibungspflichtige pharmazeutische Erzeugnisse für die Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, COPD und Onkologie.
Gegen die Eintragung hat die Inhaberin der prioritätsälteren Gemeinschaftsmarke
PROTELOS,
welche seit dem 29. August 2003 unter der Nummer 002849008 beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt für die nachfolgend genannten Waren der Klasse 5
Pharmazeutische und veterinärmedizinische Präparate; Präparate für die Gesundheitspflege für medizinische Zwecke; zur medizinischen Verwendung aufbereitete diätetischen Substanzen,
registriert ist, Widerspruch erhoben.
Im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt hat die Inhaberin der angegriffenen Marke die Benutzung der Widerspruchsmarke zunächst in vollem Umfang bestritten und sodann, nachdem die Widersprechende zur Markenbenutzung vorgetragen und Unterlagen eingereicht hatte, die Verwendung der Widerspruchsmarke für pharmazeutische Präparate der Hauptgruppe 68 aus der Roten Liste, also für Osteoporosemittel/Calcium- und Knochenstoffwechselregulatoren, zugestanden. Eine weitergehende Benutzung der Widerspruchsmarke hat die Widersprechende nicht behauptet.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf den Widerspruch in einem ersten Beschluss die Löschung der angegriffenen Marke in Bezug auf die Waren der Klasse 5 sowie die Dienstleistungen der Klasse 44 angeordnet und den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen. Auf die Erinnerung der Markeninhaberin hat der Erinnerungsprüfer in einem weiteren Beschluss den Erstbeschluss teilweise aufgehoben (Ziffer 1 des Tenors), nämlich soweit die Löschung der Dienstleistungen der Klasse 44 der angegriffenen Marke angeordnet worden war und zugleich insoweit den Widerspruch zurückgewiesen, und bei Zurückweisung der Erinnerung der Markeninhaberin im Übrigen (Ziffer 2 des Beschlusstenors) die Löschung der angegriffenen Marke im Umfang der zu diesem Zeitpunkt noch beanspruchten Waren der Klasse 5, nämlich „pharmazeutische Erzeugnisse und diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, ausgenommen Desinfektionsmittel, Osteoporosemittel/ Calcium-/Knochenstoffwechselregulatoren“ angeordnet.
Nach Ansicht des Erinnerungsprüfers sei zwar nicht mehr von einer möglichen Begegnung der Vergleichsmarken auf markenrechtlich identischen Produkten der Klasse 5 auszugehen, nachdem auf Seiten der Widerspruchsmarke nach zulässig erhobener Nichtbenutzungseinrede nur noch die unstreitig rechtserhaltend benutzten „Osteoporosemittel/Calcium- und Knochenstoffwechselregulatoren“ zu berücksichtigen seien. Jedoch seien die Vergleichswaren hochgradig ähnlich, da Osteoporosemittel bzw. Calcium- und Knochenstoffwechselregulatoren den Mineralstoffpräparaten (Kalzium), Sexualhormonen oder Vitaminen (D) indikativ sehr nahe stehen könnten. Aber auch diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, die speziell für die Zufuhr von Kalzium und Vitamin D konzipiert seien, könnten eine erhebliche Ähnlichkeit zu den Widerspruchswaren aufweisen. Ausgehend hiervon und bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke seien eher noch überdurchschnittliche Anforderungen an den erforderlichen Markenabstand zu stellen, denen die angegriffene Marke nicht gerecht werde. Jedenfalls in ihrem klanglichen Gesamteindruck würden die Vergleichsmarken eine Verwechslungsgefahr begründende Ähnlichkeit aufweisen, woran die sich nach näherer Wortanalyse ergebenden Differenzierungsmöglichkeiten im Bedeutungsgehalt der Marken nichts ändern könnten. Die Klangbilder der jeweils dreisilbigen Markenwörter würden nicht nur in den gerade die Einordnung von Phantasiebegriffen meist stärker bestimmenden Anfangssilben, sondern auch in der charakteristischen Vokalfolge und in der Betonung der Mittelsilbe übereinstimmen. Demgegenüber träten die eher unauffälligen konsonantischen Abweichungen zwischen den klangschwachen Anlauten „L“ und „g“ der Schlusssilben sowie dem „S“-Laut am Wortende der Widerspruchsmarke in den Hintergrund, zumal bei der älteren Marke im Hinblick auf ähnliche Endungen aufweisende Wörter aus der Alltagssprache, wie z.B. famos, grandios, konzeptlos usw., bei denen der Vokal „o“ eine geschlossene, gedehnte Aussprache erfahre, eine ebensolche Artikulierung in Betracht zu ziehen sei. Daher würden die einander ohnehin nicht isoliert gegenüber zu stellenden Endsilben allein - zumindest außerhalb einer unmittelbaren Vergleichsmöglichkeit - die Unterscheidbarkeit der Marken für recht ähnliche Waren nicht mehr mit hinreichender Sicherheit gewährleisten. Eine andere Beurteilung sei für die streitgegenständlichen Dienstleistungen der Klasse 44 der angegriffenen Marke zu den Widerspruchswaren angesichts einer allenfalls geringen Produktähnlichkeit angezeigt.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke.
Sie ist der Auffassung, dass die Markenstelle das Vorliegen einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr in Bezug auf die Waren der Klasse 5 zu Unrecht bejaht habe. Die Vergleichsmarken ließen sich durch die unterschiedlichen Endungen „los“ einerseits und „go“ andererseits, was zu deutlichen Unterschieden im Klang- wie auch Schriftbild führe, bereits hinreichend auseinanderhalten. Zum einen werde die angegriffene Marke durch die Wortendung deutlich kürzlich als die Widerspruchsmarke. Zum anderen schließe die angegriffene Marke phonetisch mit einem offenen und langgezogen artikulierten Vokal „o“ im Gegensatz zu dem zwischen zwei Konsonanten liegenden und daher kurz gesprochenen Vokal „o“ in der Widerspruchsmarke, der zudem in der letzten Silbe mit dem Zischlaut „s“ schließe. Außerdem würden die jeweiligen Endungen der Vergleichszeichen im Schriftbild erhebliche Unterschiede aufweisen, weil die Widerspruchsmarke mit dem Buchstaben „l“ über eine zusätzliche Überhöhe und die jüngere Marke durch den Buchstaben „g“ über eine Vertiefung verfüge, die die ältere Marke nicht habe. Schließlich werde eine Zeichenähnlichkeit durch den unterschiedlichen Bedeutungsgehalt der beider Marken weiter reduziert. Die jüngere Marke „Protego“ stamme aus dem Lateinischen und habe die Bedeutung von „ich schütze“, „ich unterstütze“ bzw. „ich behüte“, was nicht nur von medizinischen Fachkreisen erkannt werde. Lateinunterricht würde an den meisten Gymnasien in Deutschland zum Standardunterricht gehören und von den Schülern unabhängig von ihrer späteren Berufswahl besucht, so dass Grundkenntnisse der lateinischen Sprache noch immer zum gehobenen Allgemeinwissen zählten. Unabhängig davon sei dass Laienpublikum auch ohne lateinische Vorbildung durchaus in der Lage, Parallelen zwischen der Marke „Protego“ und allseits geläufigen Begriffen wie „Protektion“, „Protektionismus“ oder „Protegé“ zu ziehen. Mit dem von ihr nunmehr beanspruchten Warenverzeichnis der Klasse 5 liege außerdem aufgrund der Indikationsverschiedenheit ein relevanter Warenabstand zu den Widerspruchswaren der Klasse 5 vor, wobei sich zusätzlich verwechslungsmindernd auswirke, dass nur noch mit einer Rezeptpflicht gekennzeichnete Arzneimittel beansprucht werden. Unter Abwägung all dieser Gesichtspunkte könne eine Verwechslungsgefahr der Vergleichsmarken, soweit die Waren der Klasse 5 betroffen sei, nicht mehr angenommen werden.
Die Markeninhaberin beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. März 2011 im Tenor zu Ziffer 2) aufzuheben und den Widerspruch auch in diesem Umfang zurückzuweisen.
Die Widersprechende beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Im Wege der Anschlussbeschwerde beantragt sie des weiteren,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. März 2011 aufzuheben, soweit der Widerspruch in Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 44 der angegriffenen Marke zurückgewiesen worden ist.
Die Markenstelle habe Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken zutreffend bejaht, soweit sie sich auf Waren der Klasse 5 begegnen könnten. Auch nach weiterer Beschränkung des Warenverzeichnisses der Klasse 5 durch die Inhaberin der angegriffenen Marke sei von einer hochgradigen Ähnlichkeit der Vergleichswaren auszugehen, da sich weiterhin die Indikationsgebiete überschneiden könnten und die Vergleichswaren engste Berührungspunkte in ihrer Anwendung aufweisen würden, da sie nebeneinander ergänzend eingesetzt werden könnten. Die Widerspruchsmarke, die originär durchschnittlich kennzeichnungskräftig und auch nicht aus anderen Gründen geschwächt sei, verfüge aufgrund umfangreicher Benutzung und Bewerbung über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft. Sie sei bereits in der Roten Liste aus dem Jahre 2005 aufgeführt, sei also nachweislich schon vor Anmeldung der jüngeren Marke auf dem Markt präsent gewesen. Die in den Jahren 2007 bis 2009 erzielten Jahresumsätze von … Millionen bis … Millionen Euro, die kontinuierlich hohe Umsätze belegen wür den, ließen einen Rückschluss auf erhebliche Umsätze auch in den Anfangsjahren zu. Es sei eine hochgradige Zeichenähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken - wie vom Erinnerungsprüfer zutreffend festgestellt - gegeben, wobei diese insbesondere im Klangbild bestehe. Beide Marken würden in den Anfangssilben übereinstimmen wie auch in der den klanglichen Gesamteindruck maßgebend beeinflussenden Vokalfolge. Zudem bestünden die Vergleichsmarken aus drei Silben und wiesen daher den gleichen Sprech- und Betonungsrhythmus auf. Die Unterschiede in den Endungen mit „LOS“ einerseits und „go“ andererseits seien nicht derart auffallend, dass sie erheblichen Einfluss auf den phonetischen Gesamteindruck hätten. Das „S“ am Ende der Widerspruchsmarke sei ein unbetonter und daher eher unauffälliger Konsonant, der außerdem für ein Plural „s“ gehalten werden könne. Schließlich würden Wortendungen regelmäßig weniger Beachtung geschenkt als Anfangsbestandteilen. Aber auch im Schriftbild gäbe es hinreichend große Übereinstimmungen, aufgrund derer eine markenrechtliche Zeichenähnlichkeit zu bejahen sei. Schließlich tritt die Widersprechende der Ansicht der Inhaberin der angegriffenen Marke entgegen, dass die Vergleichsmarken einen unterschiedlichen Bedeutungsgehalt aufweisen würden, der von relevanten Verkehrskreise erkannt werden würde, weshalb die Verwechslungsgefahr zu verneinen sei. Über Lateinkenntnisse würde nur ein unbeachtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise in Deutschland verfügen, nämlich nur Personen, die ein Gymnasium besucht hätten und von diesen wiederum nur eine geringe Anzahl. Soweit es geläufige Begriffe wie „Protektion“, „Protektionismus“ usw. gäbe, die von dem lateinischen Begriff „protegere“ abgeleitet seien, sei bei „Protego“ eine Assoziation mit diesem Begriff nicht naheliegend, vielmehr würde es hierfür zumindest mehrerer Gedankenschritte bedürfen. Daher werde dem inländischen Verkehr die angegriffene Marke eher als Phantasiewort erscheinen.
In Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 44 der angegriffenen Marke sei ebenfalls Verwechslungsgefahr der Vergleichsmarken zu bejahen. Im Hinblick auf die aufgezeigte hochgradige Zeichenähnlichkeit genüge hierfür schon ein geringer Ähnlichkeitsgrad zwischen den Widerspruchswaren und diesen Dienstleistungen der jüngeren Marke. Die Begriffe der medizinischen Dienstleistungen und der Gesundheitspflege für Menschen reichten sehr weit und es komme nicht selten vor, dass Mediziner ihren Patienten Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel anbieten oder verordnen würden, die auf individuellen Rezepturen beruhten, oder Mediziner und Pharmazeuten würden hierbei zusammenarbeiten.
Die Markeninhaberin beantragt,
die Anschlussbeschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke und die Anschlussbeschwerde der Widersprechenden sind zulässig, sie sind jedoch unbegründet. Der Senat teilt die Auffassung des Erinnerungsprüfers der Markenstelle, dass zwischen den Vergleichsmarken Verwechslungsgefahr in Bezug auf die Waren der Klasse 5 der angegriffenen Marke - auch in der zuletzt beanspruchten Fassung - besteht (§§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42, 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 125b Nr. 1 MarkenG) und dagegen Verwechslungsgefahr in Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 44 der angegriffenen Marke zu verneinen ist, so dass die Markenstelle zu Recht teilweise die Erinnerung der Inhaberin der angegriffenen Marke zurückgewiesen und teilweise auf deren Erinnerung den Erstbeschluss aufgehoben und insoweit den Widerspruch zurückgewiesen hat.
Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (EuGH GRUR 2006, 237, Tz. 18 - PICASSO; GRUR 1998, 387, Tz. 22 - Sabèl/Puma). Ihre Beurteilung bemisst sich insbesondere nach der Identität oder Ähnlichkeit der Waren, der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und dem Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. BGH GRUR 2008, 258 – INTERCONNECT/T-InterConnect; BGH MarkenR 2009, 399 - Augsburger Puppenkiste; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9, Rdn. 40).
1.
Der Senat geht bei seiner Entscheidung von einer originär durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und damit von einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus. Denn einerseits gibt es keine Gründe, eine geschwächte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke anzunehmen. Beschreibende Bedeutung hat die Widerspruchsmarke erkennbar nicht. Andererseits kann entgegen der Auffassung der Widersprechenden eine erhöhte Kennzeichnungskraft und gesteigerte Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke infolge intensiver Benutzung nicht angenommen werden, zumal insoweit auf den Anmeldetag der jüngeren Marke abzustellen ist (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9, Rdn. 187 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen, insbesondere BGH GRUR 2008, 903, Tz. 14 – SIERRA ANTIGUO). Unabhängig davon reichen die in diesem Zusammenhang vorgetragenen und glaubhaft gemachten Tatsachen auch in Bezug auf die nachfolgende Zeit nicht aus. Allein die Umstände, dass mit der Widerspruchsmarke zumindest im Zeitraum 2007 bis 2009 durchaus beachtliche Jahresumsätze erzielt wurden und die Widerspruchsmarke seit mehreren Jahren in der Roten Liste geführt wird, vermögen die Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke nicht zu belegen. Vielmehr müssen noch weitere relevante Umstände hinzukommen, wie beispielsweise gehaltene Marktanteile, geographische Ausbreitung und aufgewendete Werbemittel (vgl. zur Frage der gesteigerten Verkehrsbekanntheit einer Marke: Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9, Rdn. 138). Hierzu liegen aber keine Angaben vor. Außerdem lassen demoskopische Befragungen sowie Angaben über Werbeaufwendungen im allgemeinen zuverlässigere Schlüsse auf die Verkehrsbekanntheit einer Marken zu (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9, Rdn. 140). Demoskopische Gutachten zur Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke wurden von der Widersprechenden ebenfalls nicht eingereicht.
2.
Nachdem die Inhaberin der angegriffenen Marke die Benutzung der Widerspruchsmarke für Arzneimittel mit Ausnahme von „Osteoporosemittel/ Calcium- und Knochenstoffwechselregulatoren der Hauptgruppe 68 in der Roten Liste“ unstreitig gestellt und die Widersprechende eine weitergehende Benutzung ihrer Marke auch nicht geltend gemacht hat, ist auf Seiten der Widerspruchsmarke von diesen Waren auszugehen.
Ähnlichkeit zwischen den zu vergleichenden Waren ist anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen - insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte und Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe -, so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder gegebenenfalls wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9, Rdn 58 m.w.N.).
Die Widerspruchswaren „Osteoporosemittel/ Calcium- und Knochenstoffwechsel-regulatoren“ stehen zu den Waren der Klasse 5 der angegriffene Marke, nämlich – nach zuletzt erklärter Einschränkung - „Verschreibungspflichtige pharmazeutische Erzeugnisse für die Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, COPD und Onkologie“, noch in einem relativ engen Ähnlichkeitsverhältnis. Diese als gleichsam zum Kernbereich der Arzneimittel gehörenden Präparate sind im Hinblick auf die hierdurch gegebenen Überschneidungen bei Herstellerbetrieben, den Vertriebswegen, den Verkaufsstätten und den gemeinsamen Zweck, nämlich der Behandlung von Krankheiten und gesundheitlichen Beschwerden im weitesten Sinne zu dienen, schon unabhängig von ihrer Indikation und Anwendung ohne weiteres ähnlich (vgl. BPatG 25 W (pat) 1/09 – asonor/Adocor; BPatG 25 W (pat) 87/00 – MIRENAL/MYLERAN, zu finden in PAVIS PROMA). Es können aber zudem in Bezug auf die vorliegenden Vergleichswaren enge Überschneidungen gegeben sein, weil die Präparate der jüngeren und der älteren Marke nebeneinander oder ergänzend eingesetzt werden können. So kann eine COPD, bei der es sich um eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung handelt, die durch die zugrunde liegende Entzündung den Knochenstoffwechsel negativ beeinflussen kann (vgl. hierzu Wikipedia, Stichwort „COPD“, www.wikipedia.org), mit einer Osteoporose-Erkrankung einhergehen, so dass es es zur parallelen Anwendung solcher diese beiden Krankheiten behandelnden Präparate kommen kann. Des weiteren können zur Hauptgruppe 68 der Roten Liste gehörende Präparate mit Vitamin D, dem allgemein positive Wirkung auf das Immunsystem zugeschrieben wird (vgl. hierzu Wikipedia, www.wikipedia.org/wiki/immunsystem), u.a. auch bei Krebserkrankungen neben solchen diese Erkrankung direkt behandelnden Medikamenten verabreicht werden
3.
Nachdem sich die Vergleichsmarken in Bezug auf die Waren der Klasse 5 auf überdurchschnittlich ähnlichen Waren begegnen können und die Widerspruchsmarke über normale Kennzeichnungskraft verfügt, hält die angegriffene Marke den danach gebotenen deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht ein.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine für das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr relevante Markenähnlichkeit in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht bestehen kann, wobei es für die Annahme einer Verwechslungsgefahr grundsätzlich ausreicht, wenn zwischen den jeweiligen Vergleichsmarken nur in einer dieser Kategorien ausreichende Übereinstimmungen festzustellen sind (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9, Rdn. 224 m. w. N.). Dies gilt auch in Bezug auf Marken, die für verschreibungspflichtige Arzneimittel eingetragen sind. Zwar steht insoweit eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr im Vordergrund. Gleichwohl kann auch in Fällen verschreibungspflichtiger Arzneimittel eine relevante klangliche Markenähnlichkeit nicht vernachlässigt werden (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9, Rdn. 232 m. w. N.), da auch mündliche Benennung durch Patienten, etwa bei der Weiterempfehlung von Arzneimitteln, in Rechnung zu stellen ist. Auch wenn davon auszugehen ist, dass sowohl Fachkreise als auch Verbraucher im Zusammenhang mit Waren zur Prävention oder Bekämpfung von Krankheiten besondere Sorgfalt walten lassen, so kann aufgrund der vorgenannten Umstände eine relevante klangliche Markenähnlichkeit auch in Bezug auf Marken, die für verschreibungspflichtige Arzneimittel geschützt sind, ausreichen, wenn aufgrund dieser und i. V. m. den weiteren genannten Kriterien die Gefahr von Verwechslungen i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu besorgen ist.
Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen weist die angegriffene Marke in klanglicher Hinsicht eine für die Annahme einer Verwechslungsgefahr relevante, weil hochgradige Ähnlichkeit zu der Widerspruchsmarke auf. Dabei sind die Vergleichsmarken in ihrem Gesamteindruck gegenüber zu stellen. Die Markenwörter „PROTELOS“ und „Protego“ weisen die gleiche Silbenzahl, die gleiche Vokalfolge „o-e-o“ und daher einen sehr ähnlichen Sprech- und Betonungsrhythmus auf und stimmen zudem mit „Prote“ in den ersten zwei Silben der jeweils dreisilbigen Begriffe am regelmäßig stärker beachteten Wortanfang überein. Die Unterschiede beschränken sich auf relativ klangschwache konsonantische Laute in den weniger beachteten Schlusssilben. Diese Unterschiede fallen jedoch angesichts der Übereinstimmungen im Übrigen in klanglicher Hinsicht nicht ausreichend ins Gewicht.
Angesichts der dargelegten weitgehenden Übereinstimmungen und der demgegenüber bei der Aussprache kaum ins Gewicht fallenden Unterschiede der zu vergleichenden Markenwörter weisen die Vergleichsmarken eine insgesamt hochgradige Ähnlichkeit in klanglicher Hinsicht auf. Unter Berücksichtigung der überdurchschnittlichen Warenähnlichkeit und der normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist nach Abwägung der vorgenannten Umstände eine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG gegeben.
Schließlich kann auch nicht ein abweichender Bedeutungsgehalt der Vergleichsmarken angenommen werden, der geeignet wäre, der klanglichen Verwechslungsgefahr ausreichend entgegenzuwirken oder diese sogar auszuschließen. Unabdingbare Voraussetzung für eine relevante Reduzierung der Verwechslungsgefahr durch einen abweichenden Sinngehalt ist, dass dieser vom Verkehr auch bei flüchtiger Wahrnehmung sofort erfasst wird und sein Verständnis keinen weiteren Denkvorgang erfordert (vgl. (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9, Rdn. 261 m. w. N.). Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden, da es sich einerseits bei „Protelos“ offenkundig um eine Phantasiebezeichnung handelt und andererseits auch „Protego“ vom überwiegenden Teil der angesprochenen Verkehrskreise als Begriff ohne Sinngehalt wahrgenommen wird. Denn der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher kennt mangels Lateinkenntnissen schon das lateinische Wort „protegere“ nicht und er wird auch nicht, jedenfalls nicht ohne eine analysierende und zergliedernde Betrachtung vorzunehmen, eine Verbindung von „Protego“ zu den in die deutsche Sprache eingegangen, aus dem Lateinischen abgeleiteten Begriffen wie „protegieren“, „Protegé“ herstellen.
Nach alldem hatte die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke keinen Erfolg.
4.
Trotz der hohen klanglichen Ähnlichkeit der Vergleichszeichen ist in Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 44 der angegriffene Marke eine Verwechslungsgefahr zu verneinen. Denn unabhängig davon, ob zwischen diesen Dienstleistungen und den Waren der Klasse 5 der Widerspruchsmarke überhaupt noch eine Ähnlichkeit gegeben ist, liegt jedenfalls zwischen diesen Vergleichsprodukten ein erheblicher und relevanter Abstand. Zum einen wird der Verkehr nicht der Fehlvorstellung unterliegen, der Hersteller der Arzneimittel der Widerspruchsmarke trete auch als Erbringer der Dienstleistung der Klasse 44 der angegriffenen Marke auf und umgekehrt (vgl. zur Frage der Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen: Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9 Rdn 112 m.w.N.). Zum anderen sind hier nicht – wie bei dem von der Widersprechenden angeführten Beispielsfall – unselbständige Nebenleistungen einzubeziehen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, a.a.O.). Ausgehend hiervon kommt eine Verwechslungsgefahr nur bei einer an Identität heranreichenden Ähnlichkeit der Vergleichszeichen und/oder deutlich gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in Betracht. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.
Die Anschlussbeschwerde der Widersprechenden hatte daher keinen Erfolg.
5.
Eine Auferlegung von Kosten gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG war nicht veranlasst.