Entscheidungsdatum: 26.04.2018
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2016 111 689.7
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 26. April 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I.
Die Bezeichnung
SHAPE UP
ist am 22. Dezember 2016 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister für die nachfolgend genannten Waren der Klasse 5 angemeldet worden:
Proteine und proteinhaltige Produkte in fester, flüssiger oder gelöster Form als Endprodukte, nämlich zur Verwendung als diätetische Lebensmittel für medizinische Zwecke oder als pharmazeutische Erzeugnisse; veterinärmedizinische Erzeugnisse; Nahrungsergänzungsmittel.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nummer 30 2016 111 689.7 geführte Anmeldung mit Beschluss vom 30. Juni 2017, der auf den Beanstandungsbescheid vom 27. Februar 2017 Bezug nimmt, wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines bestehenden Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG. Zur Begründung ist ausgeführt, dass der englische Begriff „shape“ mit „Form“, „Gestalt“ oder „Figur“ zu übersetzen sei. Der angesprochene Verkehr, der über die insoweit erforderlichen Englischkenntnisse verfüge, werde daher die Wortkombination „SHAPE UP“ ohne Weiteres im Sinne von „nimm Form an“ bzw. „mach, dass du Gestalt annimmst“ verstehen. Die angesprochenen Verkehrskreise würden mit der Bezeichnung „Shape up“ daher lediglich darauf hingewiesen, dass es sich bei den Waren um solche handle, die dem Käufer zu einer guten Figur verhelfen sollten. Die Wortkombination werde in gleicher Weise von zahlreichen Wettbewerbern der Anmelderin sachbeschreibend verwendet, so dass auch ein Freihaltebedürfnis bestehe.
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde, die sie nicht begründet hat.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. Juni 2017 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5, den Ladungszusatz des Senats vom 5. März 2018 und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die nach § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache keinen Erfolg. Dem angemeldeten Wortzeichen fehlt im Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Waren jegliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat, § 37 Abs. 1 MarkenG.
1. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 30, 31 – Henkel; BGH GRUR 2006, 850 Rn. 17 – FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850 Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor). Unterscheidungskraft fehlt ferner auch solchen Angaben, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen eine entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. dazu BGH GRUR 2014, 872 Rn. 21 – Gute Laune Drops) bzw. die für sich genommen oder im Zusammenhang mit produktbeschreibenden Angaben lediglich Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art enthalten (siehe dazu BGH GRUR 2013, 522 Rn. 9 – Deutschlands schönste Seiten). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH – FUSSBALL WM 2006 a. a. O.).
Werbeslogans und sonstige spruchartige Wortfolgen bzw. Wortkombinationen – wie die hier angemeldete – sind bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft wie andere Wortmarken zu behandeln. Sie unterliegen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen und müssen insbesondere keine zusätzliche Originalität aufweisen (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 8 Rn. 241 m. w. N.). Es ist auch nicht erforderlich, dass sie einen selbständig kennzeichnenden Bestandteil enthalten oder in ihrer Gesamtheit einen besonderen phantasievollen Überschuss aufweisen (vgl. BGH GRUR 2002, 1070, 1071 – Bar jeder Vernunft). Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr in Slogans bzw. werblich-sachbezogenen Wortfolgen regelmäßig dann keinen Herkunftshinweis sieht, wenn der Slogan eine bloße Werbefunktion ausübt bzw. nur eine eindeutig sachbezogene Aussage darstellt, die z. B. darin besteht, die Qualität der betreffenden Waren oder Dienstleistungen anzupreisen, es sei denn, dass die Werbefunktion bzw. die Sachaussage im Vergleich zu ihrer behaupteten Herkunftsfunktion offensichtlich von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027 Rn. 35 – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Die Unterscheidungskraft ist nach der Rechtsprechung des EuGH im Übrigen insbesondere dann zu bejahen, wenn die jeweiligen Marken nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung oder reinen Sachaussage bestehen, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweisen, die ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder beim Verkehr einen Denkprozess auslösen (EuGH – VORSPRUNG DURCH TECHNIK, a. a. O. Rn. 57, vgl. dazu auch Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 8 Rn. 243).
Gerade davon kann nach Auffassung des Senats bei der Wortkombination „Shape up“ im Zusammenhang mit den hier beanspruchten Waren nicht ausgegangen werden. Sie ist eine Verkürzung der englischen Redewendung „shape up your body“ mit der Bedeutung „bringe deinen Körper in Form“. Die Wortkombination ist für die angesprochenen Verkehrskreise unmittelbar in diesem Sinne als Aufforderung verständlich und wird im maßgeblichen Zusammenhang mit allen beanspruchten Waren ganz allgemein als werblich-produktanpreisende Aufforderung verstanden, die derart bezeichneten bzw. beworbenen Produkte zu erwerben, um sich „in Form zu bringen“. Das Wort „shape“, aber auch die angemeldete Wortfolge „shape up“, werden im Fitnessbereich in diesem produktbeschreibenden Sinne häufig verwendet (auf die mit dem Ladungszusatz vom 5. März 2018 übersandten Rechercheunterlagen des Senats wird insoweit Bezug genommen; vgl. hierzu auch: BPatG, Beschluss vom 27. April 2017, Az. 25 W (pat) 46/17 – GET IN SHAPE, die Entscheidung ist über die Homepage des Bundespatentgerichts öffentlich zugänglich). Das Wort „shape“ wird darüber hinaus insbesondere im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel bzw. Diätmittel geradezu inflationär verwendet. Ausgehend davon hat die angemeldete Wortfolge für die beanspruchten Waren, die allesamt mit dem Ziel der Steigerung der körperlichen Fitness bzw. der Gewichtsreduktion angeboten werden können, sogar weitgehend warenbeschreibenden Charakter (über die bloße sachbezogene werbliche Aussage hinaus). Pharmazeutische Produkte, Nahrungsergänzungsmittel und Nahrungsmittel werden häufig mit der Behauptung bzw. Hoffnung angeboten, gekauft und konsumiert, dass der Verzehr allein den Körper in Form bringen könnte. Die dargestellten naheliegenden Schlussfolgerungen wird der Verkehr im Übrigen ohne weiteres ziehen, zumal auf den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Verständnisfähigkeit nicht zu gering zu veranschlagen ist. Ein unter dem Gesichtspunkt der Schutzfähigkeit relevanter Denkprozess oder ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand ist nach Auffassung des Senats bei der angemeldeten Wortfolge in dem maßgeblichen einschlägigen Produktzusammenhang nicht erforderlich.
2. Ob neben der fehlenden Unterscheidungskraft auch ein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht, kann im Ergebnis als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.
3. Die Anmelderin hat mit Schriftsatz vom 13. Juli 2017 Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung gestellt und nach Zugang des Ladungszusatzes vom 5. März 2018 mit Schriftsatz vom 22. März 2018 angekündigt, zur mündlichen Verhandlung nicht zu erscheinen. Diese Ankündigung ist als konkludente Rücknahme des Terminsantrages auszulegen.