Entscheidungsdatum: 25.03.2019
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2016 020 093.2
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 25. März 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener sowie des Richters Dr. Nielsen
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I.
Die Wortfolge
Un gout de fou…Jusqu`au bout
ist am 12. Juli 2016 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für die folgenden Waren der Klasse 30 angemeldet worden:
Zuckerwaren, feine Back- und Konditorwaren und nicht medizinische Kaugummis.
Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter dem Aktenzeichen 30 2016 020 093.2 geführte Anmeldung mit Beschluss einer Beamtin des gehobenen Dienstes vom 3. Juli 2017 wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und entgegenstehendem Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen. Die sprachregelgerecht gebildete französische Wortfolge bedeute „ein toller/irrer Geschmack…bis zum Ende“. Die angemeldete Wortfolge erschöpfe sich bei ihrer Aussage in einer werbe- und sprachüblichen Information über die Beschaffenheit der Waren, wonach diese nicht nur nach dem ersten Bissen oder dem ersten Kauen richtig gut schmeckten, sondern so lange einen tollen Geschmack aufwiesen, bis sie vollständig verzehrt wären oder im Fall der Kaugummis wieder ausgespuckt würden. Bei letzteren oder auch bei mit Brause überzogenen Waren gehe das leckere Aroma oftmals nicht über die ersten (Kau)Momente hinaus und wechsele dann über in einen faden, neutralen Geschmack. Der Hinweis auf einen den gesamten Zeitraum des Verzehrs anhaltenden guten Geschmack eines Produkts stelle somit eine die Beschaffenheitsmerkmale der beanspruchten Waren beschreibende Angabe dar.
Der Hinweis der Anmelderin, wonach die in französischer Sprache gefasste angemeldete Wortfolge von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen nicht verstanden werde, führe nicht zur Schutzfähigkeit. Denn nach der Rechtsprechung des EuGH sei für die Frage, ob die beteiligten Verkehrskreise im Stand seien, den Sinngehalt einer fremdsprachigen Bezeichnung zu verstehen, nicht nur auf die Durchschnittsverbraucher der Waren abzustellen, sondern auch auf die am Handel mit den betroffenen Waren und insbesondere am entsprechenden zwischenstaatlichen Handelsverkehr beteiligten Fachverkehrskreise. Den am Süßwarengroßhandel beteiligten Fachkreisen werde sich die französischsprachige Wortfolge als werbeübliche, anpreisend beschreibende Sachaussage jedenfalls ohne weiteres erschließen, zumal Französisch auch eine der Welthandelssprachen sei. Zudem dürften auch die Französischkenntnisse der Endverbraucher nicht unterschätzt werden, nachdem Französisch noch immer die am zweithäufigsten gelehrte Fremdsprache an deutschen Schulen sei, sodass auch insoweit eine Eignung zur Verwendung der angemeldeten Wortfolge als Sachbezeichnung gegeben sei. Vorliegend bestehe ein Bedürfnis, die merkmalsbeschreibende Angabe zugunsten der Mitbewerber am Markt freizuhalten. Dass die Wortfolge unter anderem in Frankreich oder den Beneluxstaaten eingetragen worden sei, begründe entgegen der Auffassung der Anmelderin weder für sich genommen noch in Verbindung mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes einen Anspruch auf Eintragung der vorliegenden Anmeldung und sei auch für die Beurteilung nachfolgender Markenanmeldungen nicht verbindlich.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie meint, der angemeldeten französischen Bezeichnung sei schon deswegen nicht jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen, weil die angesprochenen Verkehrskreise – und dies seien angesichts der beanspruchten Waren in erster Linie die Endabnehmer – den Sinngehalt der Wortfolge gerade nicht verstehen würden. Auch sei es nicht überzeugend, dass die Markenstelle zum Nachweis des Gegenteils auf Zeitungsartikel verweise, wonach das Erlernen der französischen Sprache gezielt gefördert und verbessert werde, denn dies lasse letztlich nur den Schluss zu, dass es um die entsprechenden Kenntnisse der inländischen Verbraucher gerade nicht gut bestellt sei. Auch wenn als ausreichend angesehen werde, dass die am Handel beteiligten Verkehrskreise die angemeldete Bezeichnung verständen, fehle eine ausreichende Erklärung dafür, dass auch diese Kreise gerade über die notwendigen Französischkenntnisse verfügten um die angemeldete französische Bezeichnung zu verstehen. Der Verweis auf die Einordnung von Französisch als Welthandelssprache reiche dafür als Erklärung nicht aus, zumal es zum einen keine offizielle Definition, was Welthandelssprachen seien, gebe und zum anderen mittlerweile wohl nur noch Englisch und Spanisch zu diesen zählten.
Aber selbst wenn von ausreichenden Sprachkenntnissen bei den relevanten Kreisen ausgegangen werde, sei die Schutzfähigkeit einer Bezeichnung grundsätzlich nach dem Gesamteindruck zu beurteilen. Dabei sei ein Zeichen nicht dann schon beschreibend, wenn dessen einzelnen Bestandteilen ein beschreibender oder verständlicher Sinngehalt innewohne. Die korrekte französische Übersetzung für das Wort „Geschmack“ sei nicht das in der angemeldeten Bezeichnung wiedergegebene Wort „gout“, sondern das mit einem sogenannten Accent Circonflexe versehene Wort „goût“. Auch hätten die Wörter „gout“ und „fou“ mehrere auch unterschiedliche Bedeutungsinhalte. Bei „Jusqu`au bout“ handle es sich um eine französische Redewendung, die nicht ohne weiteres verstanden werde. Unklar sei vor diesem Hintergrund, wie nun die Kombination „Un gout de fou…Jusqu`au bout“ von den Verbrauchern verstanden werde, nachdem der erste Teil „un gout de fou“ kein bekannter, feststehender Begriff sei und sich aus den unterschiedlichen Bedeutungen der darin enthaltenen Wörter auch zahlreiche unterschiedliche Übersetzungsmöglichkeiten der Zusammensetzung ergäben. Zudem habe die Markenstelle auch nicht berücksichtigt, dass sich zwischen dem ersten und dem zweiten Teil des Slogans drei Punkte befänden, die als Zeichenbestandteil in die Beurteilung der Schutzfähigkeit des Zeichens im Gesamteindruck einfließen müssten. Geht man von einem Verständnis der Wortfolge beim Durchschnittsverbraucher aus, sei zudem zu berücksichtigen, dass sich die Aussagen „Un gout de fou“ und „Jusqu`au bout“ auf rein subjektive Faktoren bezögen, weil sowohl die Frage, ob ein Geschmack toll/irre sei, als auch die Frage, ob ein Geschmack bis zum Ende anhalte (bzw. wann das Ende erreicht sei), von einer rein subjektiven Wahrnehmung und Interpretation des Einzelnen abhinge. Eine direkte und konkrete Aussage über die beanspruchten Waren sei der Wortfolge nicht zu entnehmen. Die Anmelderin verweist schließlich auf die Eintragung der angemeldeten Bezeichnung als Marke in Ländern, die wie beispielsweise Frankreich, die Beneluxstaaten und Kanada Französisch als Landessprache hätten. Diese Voreintragungen sprächen letztlich für die Schutzfähigkeit der französischen Bezeichnung auch in Deutschland.
Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Juli 2017 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, den rechtlichen Hinweis des Senats vom 21. Januar 2019 nebst Anlagen, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige, insbesondere gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Wort- und Zeichenfolge „Un gout de fou…Jusqu`au bout“ als Marke stehen für die beanspruchten Waren die fehlende Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG sowie das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung deshalb im Ergebnis zu Recht in vollem Umfang zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, welche ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der (beanspruchten) Waren oder der Erbringung der (beanspruchten) Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Die mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. c Markenrichtlinie übereinstimmende Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verfolgt vor allem das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren beschreiben können, von allen frei verwendet werden können. Sie erlaubt es daher nicht, dass die Verfügung über solche Zeichen und Angaben infolge ihrer Eintragung nur einem Unternehmen vorbehalten wird. Entscheidendes Kriterium für den Ausschluss der Eintragung ist allein die Eignung einer Bezeichnung zur beschreibenden Verwendung (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Rn. 25, 30, 32 – Chiemsee; GRUR 2004, 146 Rn. 31 f. – DOUBLEMINT; BGH GRUR 2012, 272 Rn. 9, 17 – Rheinpark-Center Neuss).
Für die Beurteilung der Eignung als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Rn. 29 – Chiemsee; GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla). Nach der eindeutigen Formulierung „und/oder“ kann also auch das Verständnis der am Handel beteiligten Fachkreise allein von ausschlaggebender Bedeutung sein (EuGH GRUR 2010, 534 – PRANAHAUS; EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 8 Rn. 514, 518 m. w. N.). Einer Bezeichnung kann das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auch dann entgegenstehen, wenn sie nicht von einem überwiegenden Teil der allgemeinen inländischen Verkehrskreise, insbesondere der überwiegenden Zahl der Durchschnittsverbraucher, verstanden wird, denn das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfordert keine einhellige oder überwiegende Verkehrsauffassung (vgl. BPatG GRUR 2005, 865, 869 „SPA“; 24 W (pat) 51/05 – UMAMI). Zu den am Handel beteiligten Verkehrskreisen gehören insbesondere auch die am zwischenstaatlichen Handel beteiligten Verkehrskreise, weil auch insoweit das Allgemeininteresse zugunsten eines freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs innerhalb des Systems eines unverfälschten Wettbewerbs zu beachten ist. Dazu gehört, dass die einschlägigen Waren mit den fremdsprachigen Bezeichnungen im Inland angeboten und vertrieben werden können ohne dass markenrechtliche Monopole dem entgegenstehen. Im Zusammenhang mit fremdsprachigen Angaben können also bereits die Kenntnisse eines relativ kleinen Teils aller beteiligten Verkehrskreise der Schutzfähigkeit einer beschreibenden Angabe entgegenstehen (vgl. EuGH MarkenR 2013, 110 Rn. 71 – Restore: das Verständnis des medizinischen Fachpublikums; GRUR 2010, 534 Rn. 25 ff. – PRANAHAUS). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Frankreich für Deutschland bis einschließlich 2014 der mit Abstand wichtigste Handelspartner mit dem vergleichsweise höchsten Handelsvolumen war. Auch im Jahr 2017 war Frankreich noch einer der wichtigsten Handelspartner, wobei das Exportvolumen bei 105 Milliarden Euro lag. Dies war nach dem entsprechenden Wert in Bezug auf die USA mit 111 Milliarden der zweithöchste Wert und im Vergleich der anderen Ländern der Europäischen Union der höchste Wert.
Ist die Eignung für die Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Produkte festgestellt, setzt das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG keinen weiteren Nachweis voraus, dass und in welchem Umfang sie als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Rn. 30 – Chiemsee; GRUR 2004, 146 Rn. 32 – DOUBLEMINT, GRUR 2004, 674 Rn. 98 – Postkantoor).
a. Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht die angemeldete, mit Wörtern der französischen Sprache gebildete Wortfolge „Un gout de fou…Jusqu`au bout“ in Bezug auf die beanspruchten Süßwaren ausschließlich aus einer zur beschreibenden Verwendung geeigneten Angabe.
Die Wortfolge ist sprachregelgerecht aus den französischen Wörtern „un gout de“ im Sinn von „ein Geschmack von/Lust auf“ und „fou“ im Sinn von „wahnsinnig, irrsinnig, verrückt“ und der gebräuchlichen festen Redewendung „Jusqu`au bout“ im Sinn von „bis zum Ende/bis zum Schluss“ gebildet und bedeutet in der Gesamtheit somit „ein Wahnsinnsgeschmack…bis zum Ende“ bzw. „Lust auf Verrückt…bis zum Ende“ (vgl. den Hinweis des Senats vom 21. Januar 2019 und die der Anmelderin am 21. Januar 2019 als Anlagenkonvolut 1 übermittelten Auszüge aus PONS, Großwörterbuch Französisch-Deutsch, 2004 bzw. LEO.org Französisch). Die Wortzusammenstellung „un gout de“ ist (mit und ohne den an sich grammatikalisch korrekten Accent Circonflexe auf dem Buchstaben u) in Verbindung mit einem weiteren erläuternden Begriff zum einen bereits gebräuchlich um auf eine bestimmte konkrete Geschmacksrichtung hinzuweisen (beispielsweise „un gout de banane/ citron/ fraise“ = Bananen-/Zitronen-/ Erdbeergeschmack sowie die als Anlage 2 der Anmelderin am 21. Januar 2019 übermittelten Rechercheergebnisse: „gout du vin“, „un gout inmitable“) und ebenso einen Geschmack, der eher abstrakt als „natürlich, authentisch, bizarr, nicht nachahmbar, fantastisch“ oder eben auch „verrückt, irrsinnig“ (= fou) bezeichnet werden kann, zu beschreiben (vgl. dazu Anlage 2 der der Anmelderin am 21. Januar 2019 übermittelten Rechercheergebnisse). Insoweit eignet sich die französische Bezeichnung „un gout de fou“ dazu, in der werbemäßig üblichen, schlagwortartig übertreibenden Art und Weise im Zusammenhang mit den beanspruchten Genussmitteln auf deren irrsinnigen, verrückten, wahnsinnigen Geschmack hinzuweisen und mit der weiteren Wortfolge „Jusqu`au bout“ den Umstand herauszustellen, dass dieser „bis zuletzt bleibt“ (= „Jusqu`au bout“ = bis zum Ende / bis ans Ende). Nachdem es sich bei den beanspruchten Waren um solche zum Genießen und Verzehren handelt, spielen Fragen des Geschmacks der Waren sowie der Hinweis auf den anhaltenden Geschmack bis zum Ende des Verzehrs derselben ein für die Verbraucher interessantes Merkmal bzw. eine Eigenschaft solcher Waren. Unerheblich für die Frage, ob sich ein Zeichen zur Warenbeschreibung eignet, ist dabei der Umstand, dass dem „Geschmack“ naturgemäß ein subjektives Element innewohnt und nicht konkret ausgeführt bzw. offen bleibt, was genau den verrückten/wahnsinnigen Geschmack ausmacht und/oder worauf sich das Ende oder der Schluss beziehen.
Mit dem Hinweis, dass die so bezeichneten Süßwaren, Back- und Konditorwaren und Kaugummis einen besonderen, verrückten, irrsinnigen Geschmack bis zuletzt aufweisen, also quasi bis zum letzten Bissen, beschreibt das angemeldete Zeichen werbemäßig anpreisend die besondere Qualität und Beschaffenheit dieser Nahrungsmittel. Dabei steht der Umstand, dass die Wortfolge werblich-übertreibende Elemente enthält, ihrer Eignung als beschreibende Sachangabe grundsätzlich nicht entgegen.
b. Die französische Angabe „Un gout de fou…Jusqu`au bout“ wird in einem entscheidungserheblichen Umfang von den beteiligten Verkehrskreisen auch als beschreibende Angabe verstanden werden. Es mag zwar, wie die Anmelderin ausführt, zutreffend sein, dass der ganz überwiegende Teil des inländischen Verkehrs die französische Wortfolge und ihre Bedeutung nicht kennt. Dies steht der Eignung zur beschreibenden Verwendung im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren aber nicht entgegen, wenn die mit den fraglichen Waren befassten Handelskreise, zu denen auch diejenigen inländischen Fachkreise zählen, die mit dem Warenimport aus Frankreich befasst sind, im Stande sind, die Bedeutung der fremdsprachigen Wörter und Wortfolge zu erkennen (vgl. hierzu EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; u. a. BPatG 24 W (pat) 28/06 c. – Rapido; 26 W (pat) 513/16 – Black Cavendish – der Text der Entscheidungen ist über die Entscheidungsdatenbank des Bundespatentgerichts öffentlich zugänglich). Lebensmittel aus Frankreich, zu denen auch Süßwaren gehören, sind im Inland äußerst beliebt. Frankreich ist der drittgrößte Zulieferer für Deutschland und es besteht ein reger Handels- und Importverkehr aus Frankreich nach Deutschland sowie ein entsprechend hohes Interesse beider Länder füreinander (vgl. die der Anmelderin mit dem Hinweis vom 21. Januar 2019 übersandten Statistiken zum Im- und Export bzw. entsprechende Berichte – Anlagenkonvolut 4). Vor dem Hintergrund dieses gerade mit Frankreich sehr regen Warenverkehrs insbesondere von Genussmitteln, bei dem zahlreiche Waren auch mit Originalbeschriftungen, Produktbeschreibungen usw. versehen nach Deutschland eingeführt werden, ist davon auszugehen, dass die an diesem (nicht unerheblichen) Handel beteiligten Fachkreise in der Regel über grundlegende Kenntnisse der französischen Sprache verfügen oder sogar selbst französischer Herkunft sind (vgl. dazu „Französische Leckereien …“, Anlage 3 der mit dem Hinweis am 21. Januar 2019 der Anmelderin übermittelten Rechercheergebnisse). Die beanspruchten Waren umfassen insbesondere mit den Zuckerwaren sowie feinen Back- und Konditorwaren zudem solche Waren, die als typische französische Produkte gelten (siehe auch die Unterlagen „Produktneuheiten und Trends der französischen Süßwaren Industrie Kekse und Kuchen, Zuckerwaren, Schokolade, Honig“, Anlage 5 der mit dem Hinweis am 21. Januar 2019 der Anmelderin übermittelten Unterlagen).
Zumindest die am Handel mit Frankreich beteiligten Fachkreise werden daher in der Lage sein, den beschreibenden, werblich übertreibenden Hinweis, wonach die Waren einen verrückten Geschmack bis zum Ende – „Un gout de fou…Jusqu`au bout“ – aufweisen, ohne weiteres zu verstehen.
2. Der angemeldeten Bezeichnung „Un gout de fou…Jusqu`au bout“ fehlt auch die erforderliche Unterscheidungskraft. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. BGH GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 3. – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 8 – Link economy; GRUR 2010, 1100 Rn. 10 4. – TOOOR!; GRUR 2010, 825 Rn. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850 Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi Langstrumpf). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des zugrunde liegenden Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH GRUR 2003, 604 Rn. 60 – Libertel; BGH GRUR 2014, 565 Rn. 17 – Smartbook). Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rn. 24 – SAT 2; GRUR 2004, 428 Rn. 30 f. – Henkel; BGH GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006) zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens an (vgl. BGH GRUR 2013, 1143, 1144 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten; GRUR 2014, 872 Rn. 10 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 482 Rn. 22 – test; EuGH MarkenR 2010, 439 5. Rn. 41 – 57 – Flugbörse).
Es mag zwar sein, dass die von den Waren angesprochenen Durchschnittsverbraucher, deren Verständnisfähigkeit allerdings auch nicht zu gering zu veranschlagen ist, die angemeldete Bezeichnung nicht ohne weiteres verstehen werden. Zumindest aber die inländischen Fachkreise, die mit dem Handel von Süßwaren, insbesondere von aus Frankreich stammenden Süßwaren, befasst sind, werden der angemeldeten Wortfolge „Un gout de fou…Jusqu`au bout“ ohne besonderen gedanklichen Aufwand die werblich übertreibende Aussage, „eine verrückter Geschmack…bis zum Ende“ entnehmen. Insoweit fassen diese aber das Anmeldezeichen lediglich als Hinweis auf die Qualität und die Beschaffenheit der Süßwaren auf. Daher liegt für diesen Personenkreis der Gedanke fern, die angemeldete Bezeichnung sei der Hinweis auf die Herkunft der Waren aus einem bestimmten Unternehmen.
Soweit die Anmelderin meint, die konkrete Zusammenfügung der Zeichenteile mit drei Auslassungspunkten in der Mitte der Gesamtheit, ohne Leerzeichen zwischen den Zeichenbestandteilen, bestärke den phantasievollen Gehalt der Wortfolge auch für die des Französisch kundigen Verbraucher, führt auch dies nicht zu einem Erfolg der Beschwerde. Zwar können schutzunfähige Wortbestandteile durch einen zusätzlichen schutzfähigen Bestandteil beispielsweise eine besondere bildliche Ausgestaltung einen schutzbegründenden „Überschuss“ erhalten. Die bildliche Ausgestaltung muss dann aber eine den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung des Gesamteindrucks der Marke bewirken (vgl. BGH GRUR 1998, 394, 396 – Motorrad Active Line; GRUR 1997, 634 – Turbo II; GRUR 2001, 1153 – antiKALK). Dies ist bei dem vorliegenden Einschub der sogenannten Auslassungspunkte zwischen den Wortbestandteilen offensichtlich nicht der Fall. Denn dabei handelt es sich um ein absolut gängiges orthografisches Zeichen, das sich als solches nicht dazu eignet, von dem Aussagegehalt der Wortbestandteile wegzuführen, diesen zu entkräften und die konkrete Gestaltung betriebskennzeichnend wirken zu lassen. Die insoweit von der Anmelderin aufgezeigten Interpretationsmöglichkeiten der Auslassungspunkte sind dagegen spekulativ und erfordern eine Interpretation und Analyse durch die angesprochenen Verkehrskreise, die diese so nicht vornehmen werden. Denn es ist davon auszugehen, dass diese ein Zeichen so aufnehmen, wie es ihnen entgegentritt, ohne es einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (st. Rspr.: u. a. BGH GRUR 2012, 270 Rn. 12 – Link economy; GRUR 2012, 1143 Rn. 10 – Starsat; GRUR 2016, 934 Rn. 10 – OUI).
6. Soweit der Anmelder sich zwar nicht auf eine Indizwirkung aber auf eine Berücksichtigung von aus ihrer Sicht vergleichbaren Voreintragungen in französischsprachigen Ländern wie Frankreich, Kanada oder die Beneluxstaaten berufen hat, ist auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des EuGH (vgl. GRUR 2009, 667 – Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229 Rn. 47–51 – BioID; GRUR 2004, 674 Rn. 42–44 – Postkantoor), des BGH (vgl. GRUR 2008, 1093 Rn. 18 – Marlene-Dietrich-Bildnis I) und des BPatG (vgl. z. B. GRUR 2009, 1175 – Burg Lissingen; MarkenR 2010, 139 – VOLKSFLAT und die Senatsentscheidung MarkenR 2010, 145 – Linuxwerkstatt) zu verweisen, wonach weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung gegeben ist (vgl. auch Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 8 Rn. 72 ff. mit zahlreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine (an das Gesetz) gebundene Entscheidung, wobei selbst identische Voreintragungen nach ständiger Rechtsprechung nicht zu einem Anspruch auf Eintragung führen. Insofern gibt es auch im Rahmen von unbestimmten Rechtsbegriffen keine Selbstbindung der Markenstellen des DPMA und erst recht keine irgendwie geartete Bindung für das Gericht. Das Gericht und auch das Patentamt haben in jedem Einzelfall eigenständig zu prüfen und danach eine Entscheidung zu treffen.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war nicht angezeigt und von der Anmelderin auch nicht beantragt worden, § 69 Nr. 3 bzw. Nr. 1 MarkenG.