Entscheidungsdatum: 05.08.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2009 074 608
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juni 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, des Richters Metternich und der Richterin Grote-Bittner
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde des Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Mai 2012 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Marke 301 27 740 in Bezug auf die Waren der angegriffenen Marke 30 2009 074 608 Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Kaffee-Ersatzmittel, feine Backwaren und Konditorwaren, Honig und Gewürze zurückgewiesen worden ist. Insoweit wird die Löschung der angegriffenen Marke 30 2009 074 608 angeordnet.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I.
Das am 17. Dezember 2009 als farbige Wort-Bild-Marke angemeldete Zeichen
ist am 9. März 2010 für die nachfolgend genannten Waren und Dienstleistungen der Klassen 30 und 35 unter der Nummer 30 2009 074 608 eingetragen worden:
Klasse 30:
Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioca, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Soßen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis;
Klasse 35:
Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten.
Gegen die Eintragung dieser Marke hat der Inhaber der älteren, am 31. Juli 2001 und nach Teilverzicht noch für die Waren "Tee" der Klasse 30
eingetragenen Marke 301 27 740
Libertee
Widerspruch erhoben.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2010 im Verfahren vor der Markenstelle bestritten, dass die Widerspruchsmarke rechtserhaltend benutzt wird. Der Widersprechende hat daraufhin eine eidesstattliche Versicherung mit Datum 10. März 2011 sowie Verpackungen, Verpackungsaufkleber und Fotos von mit Waren gefüllten Regalen vorgelegt.
Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in einem Beschluss durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes den Widerspruch zurückgewiesen.
Nach Ansicht der Markenstelle hat der Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht, da ausreichende Angaben zu Benutzungsumfang und -dauer fehlen würden. Die in der beigebrachten eidesstattlichen Versicherung genannten Umsätze für das Jahr 2008 könnten nicht als Beleg für eine ernsthafte, wirtschaftlich sinnvolle Markenbenutzung im gesamten, relevanten Benutzungszeitraum von April 2005 bis April 2010 bzw. Mai 2007 bis Mai 2012 dienen. Zudem ließe die Angabe in der eidesstattlichen Versicherung, dass seit mehr als zehn Jahren verschiedenste Teesorten unter der Widerspruchsmarke verkauft würden, eine konkrete zeitliche Zuordnung nicht zweifelsfrei zu.
Dagegen wendet sich der Widersprechende mit seiner Beschwerde.
Er ist der Auffassung, bereits mit den im Verfahren vor dem Patentamt vorgelegten Unterlagen und der eidesstattlichen Versicherung vom 10. März 2011 in ausreichender Weise eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft gemacht zu haben. Jedenfalls lägen mit der im Beschwerdeverfahren eingereichten eidesstattlichen Versicherung vom 30. August 2012 und diversen weiteren Unterlagen (Produktabbildungen, Rechnungen, Abbildungen von Verpackungsaufklebern) nunmehr ausreichende Glaubhaftmachungsmittel hierfür vor. Zwischen den Vergleichsmarken bestehe Verwechslungsgefahr, da ausgehend von zumindest durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und Identität der Vergleichswaren in Bezug auf die Ware "Tee" sowie teilweiser Warenähnlichkeit im Übrigen die sich gegenüberstehenden Marken in klanglicher Hinsicht identisch oder zumindest hochgradig ähnlich seien. Beide Marken bestünden aus drei Silben, deren Betonung gleich sei, da bei beiden Zeichen die ersten zwei Silben kurz und unbetont und die dritte Silbe gedehnt artikuliert würden. Auch in ihrem jeweiligen Schriftbild ergäben sich ebenfalls die Verwechslungsgefahr begründende Ähnlichkeiten. Der bei der angegriffenen Marke nach dem Buchstabe "i" hinzugefügte Buchstabe "e", der der Widerspruchsmarke fehle, gehe im Gesamteindruck der angegriffenen Marke unter und bliebe unbemerkt. Ein die Verwechslungsgefahr ausschließender unterschiedlicher Sinngehalt sei nicht gegeben.
Der Widersprechende beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Mai 2012 aufzuheben und auf den Widerspruch aus der Marke 301 27 740 die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie meint, dass der Widersprechende eine rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke auch nicht mit den im Beschwerdeverfahren hierzu vorgelegten Unterlagen glaubhaft gemacht habe. Aus den von dem Widersprechenden wenigen eingereichten Rechnungen, die auch nur die Jahre 2008 bis 2011 beträfen, ergäben sich nur geringe Umsätze, so dass der Widersprechende damit seine Behauptung in den Jahren 2007 bis 2012 jeweils Jahresumsätze in … … Euro erzielt zu haben, nicht hinreichend glaubhaft gemacht habe. Zudem vermöge die Verwendungsform der älteren Marke in grafischer Gestaltung, nämlich "libertee", eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht zu belegen. Zwar sei es grundsätzlich für die Benutzung von Wortmarken unerheblich, in welcher Schriftart diese verwendet werden, also beispielsweise in Kursivschrift oder auch in Fettdruck. Wenn aber durch eine grafische Ausgestaltung wie der Kombination von Standard- und Fettschrift eine Änderung des Gesamteindrucks herbeigeführt werde, den die Wortmarke ohne diese Gestaltung vermittele, werde der kennzeichnende Charakter der Marke verändert und es könne dann nicht mehr eine Benutzungsform i.S.d. § 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG angenommen werden. Dies treffe auf die Widerspruchsmarke zu. Durch die mit grafischen Mitteln herbeigeführte Trennung der Wortbestandteile "liber" und "tee" der älteren Marke verblasse die ohne diese optische Gestaltung gegebene Assoziation mit dem französischen Begriff "liberté". Außerdem wirke der generische und nicht schutzfähige Wortbestandteil "tee" bei "libertee" prägend, so dass der durchschnittlich informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher den kennzeichnenden Charakter der Wortmarke "Libertee" bei Verwendung des Zeichens "libertee" nicht mehr wahrnehmen würde. Der Widerspruch sei aber auch bei unterstellter rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke unbegründet, da zwischen den Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr gegeben sei. In diesem Zusammenhang verweist die Markeninhaberin im Wesentlichen auf ihre im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt eingereichten Schriftsätze, in denen sie ausgeführt hatte, dass die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke schwach sei und die Vergleichsmarken nur einen geringen Schutzumfang hätten. Des weiteren sei Warenidentität der Vergleichswaren nur bezüglich der Waren "Tee" gegeben und im Übrigen Produktunähnlichkeit anzunehmen, insbesondere bezüglich der Dienstleistungen der Klasse 35 der angegriffenen Marke. Eine relevante Zeichenähnlichkeit der Vergleichsmarken bestünde weder in schriftbildlicher noch in klanglicher Hinsicht. In der Widerspruchsmarke folge nämlich auf den Buchstaben "i" der Buchstabe "b", im Wortbestandteil "LieberTee" der angegriffenen Marke dagegen der Buchstabe "e". Des weiteren werde der in beiden Marken vorhandene Buchstabe "t" einmal groß und das andere Mal klein geschrieben und schließlich erschöpfe sich die Widerspruchsmarke in dem Wortbestandteil "Libertee", während die jüngere Marke noch die Wortfolge "Die Teemarke der Privatrösterei VOLLMER." enthalte. Auch bestünden erhebliche Unterschiede der Vergleichsmarken im Klangbild, weil die jüngere Marke mangels Prägung und kennzeichnender Stellung einzelner Bestandteile in ihrer Gesamtheit der Widerspruchsmarke als Einwortmarke gegenüber zu stellen sei. Zum anderen seien, auch wenn der einzelne Wortbestandteil "LieberTee" der angegriffenen Marke mit der Widerspruchsmarke "Libertee" zu vergleichen wäre, ausreichende eine Verwechslungsgefahr ausschließende Unterschiede gegeben. Die Widerspruchsmarke werde nämlich im Gegensatz zur jüngeren Marke aufgrund der Schreibweise "Liber" in den ersten beiden Silben kurz und unbetont gesprochen und die Betonung liege auf der gedehnt artikulierten dritten Silbe "tee" wie bei dem französischen Begriff "liberté", der dem inländischen Durchschnittsverbraucher geläufig sei. Schließlich sei jedenfalls aufgrund unterschiedlichen Bedeutungsgehaltes der Wortbestandteile "Lieber" einerseits und "Liber" anderseits eine Verwechslungsgefahr der Vergleichszeichen ausgeschlossen.
Nach dem Ladungshinweis des Senats hat die Inhaberin der angegriffenen Marke mit Schriftsatz vom 13. Juni 2013 noch ergänzend ausgeführt: Sofern von einer klanglichen Identität der Vergleichsmarken auszugehen sei, nämlich beide Marken "lieber Tee" ausgesprochen würden, insbesondere die Widerspruchsmarke also nicht wie im Französischen "liberté" oder wie im Englischen "liberty" artikuliert werde, führe zum einen der Umstand, dass die Waren "auf Sicht" gekauft würden und die Vergleichsmarken wegen der grafischen Elemente keine Verwechslungsgefahr angenommen werden könne, zu einer anderen Gewichtung der klangliche Identität. Zum anderen sei der klanglich identische Begriff "lieber Tee" als Wortmarke für die Ware "Tee" wegen mangelnder Unterscheidungskraft absolut schutzunfähig und nehme daher nicht am Schutz der beiden hier sich gegenüberstehenden Wort-/Bildmarken teil. Schutz würden die Vergleichsmarken allein aufgrund ihrer unterschiedlichen grafischen Elemente erlangen und müssten daher gleichberechtigt nebeneinander am Markt benutzt werden können.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthaft, sie ist aber nur teilweise begründet. Hinsichtlich der Waren "Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Kaffee-Ersatzmittel, feine Backwaren und Konditorwaren, Honig und Gewürze" der angegriffenen Marke ist zwischen den Vergleichsmarken gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG Verwechslungsgefahr gegeben. Daher war der Beschluss der Markenstelle vom 23. Mai 2012 insoweit aufzuheben und nach § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG hinsichtlich der vorgenannten Waren die Löschung der angegriffenen Marke 30 2009 074 608 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 301 27 740 anzuordnen. Jedoch ist entgegen der Auffassung des Widersprechenden in Bezug auf die übrigen Waren der Klasse 30 und die Dienstleistungen der Klasse 35 der angegriffenen Marke Verwechslungsgefahr zu verneinen, so dass die Markenstelle den Widerspruch insoweit gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG jedenfalls im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen hat und daher insoweit auch die Beschwerde zurückzuweisen war.
1.
Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (EuGH GRUR 2006, 237, Tz. 18 - PICASSO; GRUR 1998, 387, Tz. 22 - Sabèl/Puma). Ihre Beurteilung bemisst sich insbesondere nach der Identität oder Ähnlichkeit der Waren, der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und dem Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. BGH GRUR 2008, 258 – INTERCONNECT/T-InterConnect; BGH MarkenR 2009, 399 - Augsburger Puppenkiste; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9, Rdn. 40).
a)
Eine relevante Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren kann angenommen werden, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer, für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe, so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder gegebenenfalls wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9 Rdn. 58, vgl. z.B. BGH, GRUR 2004, 241, 243 - GeDIOS; GRUR 2007, 321 Tz. 20 - COHIBA; GRUR 2008, 714, Tz. 32 - idw).
Soweit sich Dienstleistungen und Waren gegenüberstehen, ist anerkannt, dass trotz der grundlegenden Abweichung zwischen der Erbringung einer unkörperlichen Dienstleistung und der Herstellung bzw. dem Vertrieb einer körperlichen Ware grundsätzlich eine Ähnlichkeit in Betracht kommen kann (vgl. BGH, GRUR 1999, 731, 733 – Canon II, GRUR 2004, 241, Tz. 26 – GeDIOS). Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit zwischen Waren auf der einen Seite und Dienstleistungen auf der anderen Seite stellt sich aber insbesondere die Frage, ob der Verkehr bei der Begegnung mit den Marken der Fehlvorstellung unterliegt, der Hersteller der Waren trete auch als Erbringer der Dienstleistungen auf oder umgekehrt (vgl. dazu auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9 Rdn. 112 m.w.N.).
Ausgehend hiervon weisen nur die Waren "Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Kaffee-Ersatzmittel, feine Backwaren und Konditorwaren, Honig und Gewürze" der angegriffenen Marke zu den Widerspruchswaren relevante Warenähnlichkeit auf, während die übrigen Waren der Klasse 30 und die Dienstleistungen der Klasse 35 der jüngeren Marke insoweit entweder unähnlich sind oder jedenfalls einen erheblichen Warenabstand mit Tendenz zur Produktferne aufweisen.
(a)
Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit ist auf Seiten der Widerspruchsmarke allein die Ware "Tee" maßgeblich. Der Widersprechende hat auf entsprechendes Bestreiten der Inhaberin der angegriffenen Marke eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für die nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG relevanten Zeiträume, nämlich für die Zeit vom 9. Mai 2005 bis 9. Mai 2010 und vom 13. Juni 2008 bis 13. Juni 2013, durch Vorlage von diversen Unterlagen (Aufkleber, Produktabbildungen, Gebinde, Rechnungen) und von zwei eidesstattlichen Versicherungen glaubhaft gemacht. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die eidesstattliche Versicherung vom 10. März 2011 für die Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung genügt. Jedenfalls hat der Widersprechende mit seiner eidestattlicher Versicherung vom 30. August 2012 und einigen eingereichten Rechnungen aus dem Zeitraum von November 2008 bis Oktober 2011 (s. Anlage 5 zum Schriftsatz vom 31. August 2012, Bl. 53 – 65 d.A.) ausreichend belegt, dass mit der Widerspruchsmarke über beide Zeiträume erhebliche Jahresumsätze erzielt worden sind. Diese betrugen danach ab 2007 bis einschließlich 2011 zwischen ca .… Euro und ca. … Euro und belegen eine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke. Soweit die Inhaberin der angegriffenen Marke dagegen meint, dass mit den vorlegten Rechnungen Jahresumsätze nicht in diesen Größenordnungen und nur für den Zeitraum 2008 bis 2011 glaubhaft gemacht seien, ist zum einen anzumerken, dass diese Unterlagen lediglich beispielhaft vorgelegt worden sind und hauptsächliches Glaubhaftmachungsmittel für die Umsatzdaten die eidesstattliche Versicherung des Widersprechenden ist. Im Rahmen der Glaubhaftmachung ist es keineswegs erforderlich, alle an Eides Statt versicherten Umsatzzahlen auch durch entsprechende Rechnungen, Lieferscheine o.ä. zu belegen, zumal Glaubhaftmachung gemäß § 43 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 294 ZPO keine volle Beweisführung verlangt, sondern eine geringere, lediglich überwiegende Wahrscheinlichkeit der (bestrittenen) Benutzung ausreichend ist (vgl. Thomas/Putzo/-Reichold, ZPO, 33. Aufl., § 294, Rdn. 1; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 43, Rdn. 43). Diesen Anforderungen genügt der Widersprechende mit der eidesstattlichen Versicherung vom 30. August 2012 nebst den von ihm vorgelegten Unterlagen.
Mit den eingereichten Verpackungen, Aufklebern und Produktabbildungen hat er eine markenmäßige und auch eine i.S.d. § 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG rechtserhaltende Benutzung der älteren Marke glaubhaft gemacht. Dass die Widerspruchsmarke ausweislich dieser Unterlagen nicht in der eingetragenen Form mit Anfangsgroßbuchstaben und nachfolgenden Kleinbuchstaben verwendet wird, ist unschädlich. Denn mit der nach den eingereichten Unterlagen überwiegend benutzten Form der Widerspruchsmarke in Versalien ist die Frage, ob der kennzeichnende Charakter der Widerspruchsmarke verändert ist i.S.d. § 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG gar nicht tangiert, da eine Wortmarke Schutz in den üblichen Schreibweisen und gebräuchlichen Schrifttypen genießt und entsprechende Verwendungen überhaupt nicht als Verwendung in abweichender Form qualifiziert werden können, sondern als Benutzung der Marke (siehe dazu: Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9, Rdn. 196). Soweit die Widerspruchsmarke insgesamt mit Kleinbuchstaben und dabei fettgeschriebenen Buchstabenfolge "tee" benutzt wird (s. die mit Schriftsatz des Widersprechenden vom 31. August 2012 eingereichte Anlage 7, Bl. 87f d.A.) ist festzustellen, dass die Abweichung jedenfalls so geringfügig ist, dass der kennzeichnende Charakter nicht verändert ist. Im übrigen wird sich - bei Verwendung der Widerspruchsmarke in der eingetragenen Form ohne Fettdruck - bei der Buchstabenfolge "tee" mit dem markantem Doppelbuchstaben am Wortende eine Verbindung zu dem französischen Begriff "liberté" ohnehin nicht oder allenfalls in nicht relevanten Einzelfällen einstellen, insbesondere nicht im Zusammenhang mit den Waren "Tee", für die sie allein eingetragen ist.
(b)
Da somit von einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke für die Waren "Tee" auszugehen ist, können sich die Vergleichsmarken teilweise auf identischen Waren begegnen, nämlich in Bezug auf diese Waren, für die beide Marken gleichermaßen Schutz genießen. Des Weiteren sind die Waren "Kaffee, Kakao, Kaffee-Ersatzmittel" einerseits zu "Tee" andererseits als austauschbare Produkte mit gleichen Vertriebswegen und –stätten ohne weiteres ähnlich (vgl. hierzu Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 15. Aufl., Seite 289, rechte Spalte). Die Vergleichswaren "Gewürze" einerseits und "Tee" andererseits werden häufig in gemeinsamen Vertriebsstätten angeboten, beispielsweise in sogenannten Tee- und Gewürzhäusern, so dass der Verkehr annehmen wird, diese Produkte stammten aus denselben oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, wenn er im Zusammenhang mit diesen Waren den Vergleichsmarken begegnet. Überschneidungen ergeben sich auch in Bezug auf die Waren "Zucker, Honig" der jüngeren Marke und "Tee" der älteren Marke u.a. unter dem Aspekt, dass die Produkte "Zucker" und "Honig" regelmäßig als Süßungsmittel bei einem "Tee"-Getränk eingesetzt werden, also sich ergänzende Produkte darstellen, so dass diese Vergleichswaren im zumindest mittleren Warenähnlichkeitsbereich liegen (vgl. betr. die Vergleichswaren Zucker und Tee: BPatG Beschluss vom 7. November 2001, 32 W (pat) 114/00 – Herba/Herbaro, zu finden in PAVIS PROMA). Überschneidungen weisen auch die Waren "feine Backwaren und Konditorwaren" mit den Widerspruchswaren auf. Der Verzehr von "Gebäck, Kekse" usw. beim Teetrinken ist in Deutschland sehr beliebt. D.h. diese Waren werden häufig zum Teegetränk gereicht bzw. konsumiert und sogar als "Teegebäck" bezeichnet und sind deshalb regelmäßig in denselben Verkaufsstätten zu finden, insbesondere in speziellen Geschäften, wie den sogenannten Teeläden, in denen "alles rund um den Tee" offeriert wird, dabei u.a. auch Kekse u.Ä..
(c)
Dagegen ist in Bezug auf die übrigen Waren der angegriffenen Marke, nämlich "Tapioca, Sago, Mehle und Getreidepräparate, Brot, Speiseeis; Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Soßen (Würzmittel); Kühleis", und den Widerspruchswaren "Tee" andererseits entweder keine Warenähnlichkeit oder jedenfalls ein sehr deutlicher Warenabstand mit Tendenz zur Warenferne gegeben.
Bei diesen Waren der angegriffenen Marke wie auch der Ware "Tee" handelt es sich zwar jeweils um Lebensmittel im weiteren Sinne, weshalb eine absolute Warenunähnlichkeit nicht angenommen werden kann. Sehr deutliche Unterschiede sind bei den genannten Vergleichswaren hinsichtlich ihres Verwendungszwecks gegeben, einerseits als Grundstoff für ein heißes Aufgussgetränk und anderseits als Zutaten bzw. Rohmaterial für die Zubereitung von Speisen und Backwaren sowie als Süßspeisen. Sie weisen üblicherweise auch keine gemeinsame betriebliche Herkunft auf.
(d)
Zwischen den Dienstleistungen der Klasse 35 der jüngeren Marke und den Widerspruchswaren sind relevante Gesichtspunkte für die Bejahung einer Ähnlichkeit nicht ersichtlich. Denn abgesehen von der grundlegenden Abweichung zwischen der Erbringung einer unkörperlichen Dienstleistung und der Herstellung bzw. dem Vertrieb einer körperlichen Ware erscheint es bei diesen Vergleichsprodukten ausgeschlossen, dass der Verkehr bei Begegnung der beiden Marken der Fehlvorstellung unterliegen wird, der Hersteller der Waren "Tee" trete auch als Erbringer der Dienstleistungen "Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten" auf oder umgekehrt.
b)
Ob die Widerspruchsmarke in ihrer Kennzeichnungskraft geschwächt ist, kann letztlich dahin gestellt bleiben. Selbst wenn man zugunsten der Inhaberin der angegriffenen Marke unterstellt, dass die Widerspruchsmarke eine lediglich unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft aufweist, hält die angegriffene Marke unter Berücksichtigung aller relevanten Fallumstände den gebotenen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht ein, soweit sich die Vergleichsmarken im Bereich identischer bis durchschnittlich ähnlicher Waren begegnen können. Soweit dagegen ein sehr deutlicher Warenabstand oder sogar Produktferne gegeben ist, ist jedoch eine andere Beurteilung angezeigt.
Soweit die Inhaberin der jüngeren Marke meint, dass der Widerspruchsmarke jeglicher Schutz abzusprechen sei, ist ihr nicht zu folgen. Der Widerspruchsmarke ist als eingetragener Marke ein gewisser Grad an Unterscheidungskraft zuzugestehen (vgl. hierzu Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9, Rdn. 168; s. auch EuGH, GRUR 2012, 825, Tz. 47 – F1/F1-LIVE), wobei der Schutzbereich der Widerspruchsmarke selbstverständlich nicht eine Sachangabe im Sinne von "Ich trinke lieber Tee" erfasst.
c)
Unter Berücksichtigung der maßgeblichen Umstände hält die jüngere Marke im Bereich der identischen bis hin zu durchschnittlich ähnlichen Waren den zu fordernden erheblichen Zeichenabstand zu der prioritätsälteren Marke nicht ein.
Eine relevante Markenähnlichkeit kann in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht bestehen, wobei es für die Feststellung einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr grundsätzlich ausreicht, wenn nur in einer dieser Wahrnehmungsrichtungen ausreichende Übereinstimmungen bestehen (vgl. BGH GRUR 2008, 803, Tz. 21 - HEITEC; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9, Rdn. 224 m. w. N.). Jedenfalls in klanglicher Hinsicht sind die Vergleichsmarken nahezu identisch, so dass insoweit eine Verwechslungsgefahr gegeben ist.
(1)
Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit ist grundsätzlich auf den Gesamteindruck der Vergleichsmarken abzustellen. In ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung sämtlicher Einzelbestandteile hebt sich die angegriffene Marke in ihrer konkreten Ausgestaltung als Wort- und Bildmarke mit mehreren Einzelelementen allerdings in markanter Weise von der Widerspruchsmarke als einer reinen Einwortmarke ab.
Der Grundsatz, dass der Gesamteindruck der Vergleichsmarken maßgebend ist, bedeutet jedoch nicht, dass hierbei stets und ausschließlich auf die jeweiligen Vergleichsmarken in ihrer Gesamtheit abzustellen ist. Vielmehr kann der Gesamteindruck auch durch einzelne Bestandteile geprägt sein, wovon auszugehen ist, wenn die übrigen Markenbestandteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden könnten, was im Einzelfall konkret festzustellen ist (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG., 10. Aufl., § 9, Rdn. 332 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall kommt dem Wortbestandteil "LieberTee" innerhalb der aus mehreren Wort- und Bildelementen gestalteten angegriffenen Marke eine deren Gesamteindruck prägende Wirkung zu.
Das Wortelement "LieberTee" nimmt aufgrund seiner Größe und seiner Platzierung gegenüber den übrigen Bestandteilen innerhalb der angegriffenen Marke eine überaus dominante Stellung ein. Die grafischen Elemente sind nicht geeignet, einer Prägung der angegriffenen Marke durch den Wortbestandteil "LieberTee" entgegenzuwirken, zumal sich der Verkehr erfahrungsgemäß bei der Benennung einer Marke an den Wortbestandteilen orientiert. Den Bildelementen kommt nämlich innerhalb der aus mehreren grafischen Elementen sowie Wort- und Bildbestandteilen bestehenden jüngeren Marke keine hervorgehobene, optisch den Wortbestandteil "LieberTee" überlagernde Bedeutung zu. Vielmehr haben die grafischen und bildlichen Elemente, wie das stilisierte Blatt, der (unterbrochene) Unterstrich unterhalb des Wortes "LieberTee", eine für den Verkehr offenkundige, rein dekorative Funktion. Das ®- Zeichen im Blattbild, mit dem auf eine eingetragene Marke hingewiesen wird, ändert hieran nichts. Denn dieses Element ist so klein gehalten, dass es entweder nicht bemerkt oder aber der Wortfolge "Lieber Tee" zugeordnet werden wird, da das Blattbild nur als dekoratives und somit nicht als kennzeichnendes Element wahrgenommen wird. Auch kommt den weiteren Wortelementen, also "est. 2009" (est. ist die Abkürzung für established = gegründet) innerhalb des durch dieses Element unterbrochenen Unterstrichs oder der Wortfolge "Die Teemarke der Privatrösterei VOLLMER", keine die jüngere Marke mit prägende Stellung zu. Zum einen kann dies aufgrund ihrer im Verhältnis zu "LieberTee" deutlich geringeren Größe und ihrer Platzierung unterhalb dieses Wortelements nicht angenommen werden. Zum anderen enthalten diese Wortelemente – was für den Verkehr offenkundig ist - Informationen in Bezug auf die Herstellerfirma, so dass der Verkehr sie auch deshalb nicht als maßgeblich kennzeichnende Bestandteile wahrnimmt. Schließlich weist der Inhalt der unterhalb des Wortbestandteils "LieberTee" platzierten Wortfolge (Teemarke) auf dieses Element als Marke ausdrücklich hin, womit eine kennzeichnende Bedeutung der Wortfolge selbst ausgeschlossen wird.
Die Widerspruchsmarke wird nicht im Rahmen einer komplexen Sachangabe im Sinne von "Lieber Tee" und damit rein beschreibend verwendet, wie z.B. in der Aussage "Wenn ich die Wahl habe, trinke ich keinen Kaffee, sondern lieber Tee". Abgesehen davon, dass sich in einem solchen Fall keine Verbietungsrechte für die Widersprechende ergeben würden, wird aber auch die angegriffene Marke nicht in dieser Form verwendet, sondern vielmehr in einer kennzeichnenden Art und Weise, die auch den Schutzbereich der Widerspruchsmarke in relevanter Weise tangiert.
Ausgehend hiervon sind die Vergleichsbezeichnungen "Libertee" einerseits und "LieberTee" andererseits gegenüber zu stellen, die in klanglicher Hinsicht fast identisch sind. Die beiden Marken werden bei identischer Silbenanzahl und gleicher Betonung "lieber Tee" einerseits und "lieber Tee" bzw. "liber Tee" andererseits ausgesprochen. Wegen des fehlenden Buchstabens "e" in der älteren Marke spricht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass zumindest ein relevanter Teil des angesprochenen Verkehrs die erste Silbe der Widerspruchsmarke im Gegensatz zur angegriffenen Marke etwas kürzer artikulieren wird. Jedoch wird die Betonung gleich sein, weil der Verkehr in jedem Fall bei der Begegnung der älteren Marke im Zusammenhang mit der Ware "Tee" aufgrund der markanten Endung mit dem Doppelbuchstaben "e" den Wortendbestandteil "tee" sofort wahrnehmen und daher als aus zwei Wortelementen zusammengesetztes Wortzeichen, nämlich bestehend aus "Liber" und "tee" auffassen und daher entsprechend artikulieren wird. Entgegen der Auffassung der Inhaberin der angegriffenen Marke liegt eine französische Aussprache, nämlich "liberté" fern. Eine Assoziation zu "liberté" stellt sich bei dem inländischen Verbraucher nicht ein, da ein Bezug zu "Liberté", also "Freiheit" im Gegensatz zu "Tee" angesichts dieser für die Widerspruchsmarke geschützten Waren nicht erkennbar ist und daher eine solche Aussprache nicht naheliegend erscheint.
Auch wenn die Waren der Klasse 30 häufig auf Sicht gekauft werden, kann schon allein deshalb eine relevante klangliche Ähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr begründen, weil die Waren z. B. auch telefonisch geordert oder mündlich beworben und weiterempfohlen werden können. Auch in einem Verkaufsgespräch spielt die mündliche Benennung eine erhebliche Rolle.
Schließlich vermag auch ein vermeintlich unterschiedlicher Sinngehalt der Vergleichsmarken der Verwechslungsgefahr nicht entgegen zu wirken, wenn die Marken direkt füreinander gehört werden, was in relevantem Umfang zu erwarten ist.
(2)
Dagegen käme, soweit nur eine entfernte Warenähnlichkeit gegeben ist, eine Bejahung der Verwechslungsgefahr trotz nahezu identischen Klangbildes der Vergleichszeichen nur bei einer erheblich gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in Betracht, die hier nicht ersichtlich ist (s. zur Frage des erweiterten Ähnlichkeitsbereichs: Ströbele/Hacker, MarkenG, § 9, Rdn. 55).
Nach alledem ist die Beschwerde lediglich im Umfang des Tenors begründet, so dass auch nur insoweit die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen war (§§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1, 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG).
2.
Eine Auferlegung von Kosten gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG war nicht veranlasst.