Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 15.04.2019


BPatG 15.04.2019 - 25 W (pat) 562/18

Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
15.04.2019
Aktenzeichen:
25 W (pat) 562/18
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2019:150419B25Wpat562.18.0
Dokumenttyp:
Beschluss

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2017 028 017.3

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 15. April 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener sowie des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31. Mai 2018 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

2

EURORealTime

3

ist am 3. November 2017 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister für folgende Waren angemeldet worden:

4

Klasse 1:

5

Diagnostikpräparate; Diagnostikmittel und Diagnostiksubstanzen für wissenschaftliche Zwecke, insbesondere immobilisierte Proteine, Zellen oder Viren oder Bestandteile davon, Nukleinsäuren, Biomarker und Gewebeschnitte auf einem Träger/einem Trägermaterial, insbesondere einem Biochip;

6

Klasse 5:

7

Diagnostikmittel, insbesondere Diagnostikmittel für medizinische und veterinärmedizinische Zwecke; Diagnostikmittel für medizinische Zwecke; Diagnostikmittel für veterinärmedizinische Zwecke; Diagnostikmittel für medizinische und veterinärmedizinische Zwecke; immobilisierte Proteine, Zellen oder Viren oder Bestandteile davon; Nukleinsäuren, Biomarker und Gewebeschnitte auf einem Träger/einem Trägermaterial, insbesondere einem Biochip; Reagenzien für medizinische Diagnosezwecke; Reagenzien für veterinärmedizinische Diagnosezwecke; Reagenzien für medizinische und veterinärmedizinische Diagnosezwecke;

8

Klasse 9:

9

Mess-, Erkennungs- und Überwachungsinstrumente, Mess-, Erkennungs- und Überwachungsvorrichtungen sowie Mess-, Erkennungs- und Überwachungsregler zur Vorbereitung, Prozessierung und Auswertung von diagnostischen Proben, Sensoren und Detektoren, insbesondere UV-Fluoreszenz- und Chemilumineszenzdetektoren zur Vorbereitung, Prozessierung und Auswertung von diagnostischen Proben; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von diagnostischen Daten, Ton und Bild, insbesondere Kameras, Mikroskope, Photometer, Mikroplatten-Photometer, Enzyme Linked Immunosorbent Assay-Reader, Photomultiplier, Mikroplatten-Reader, Software, insbesondere Laborsoftware;

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Klasse 10:

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Medizinische Apparate und Instrumente für medizinische Untersuchungszwecke; Medizinische Apparate und Instrumente für medizinische Diagnosen.

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Mit Beschluss vom 31. Mai 2018 hat die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts die unter der Nummer 30 2017 028 017.3 geführte Anmeldung zurückgewiesen, da der Eintragung die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle.

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Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Marke bestehe aus zwei Wörtern, die sich ausschließlich in der Beschreibung der Eigenschaften der angemeldeten Waren erschöpften. EURO stehe dabei für „Europa, europäisch, einen europäischen Bezug aufweisend“ und werde, wie zahlreiche Entscheidungen des Bundespatentgerichts zu Wortkombinationen wie Europost, Euroweb, EURODOK oder Eurostarch zeigten, mit diesen Bedeutungen als Bestimmungswort häufig verwendet, um unter anderem auf europäische Normen und Standards der Waren oder deren Herstellung in Europa hinzuweisen. „Realtime“ sei die englische Bezeichnung für „Echtzeit“. Die Wörter seien den vorliegend von den Waren angesprochenen Fachverkehrskreisen ohne Weiteres verständlich. Im Bereich der medizinischen Diagnostik und Analyse sei „Realtime“ gebräuchlich, um Echtzeit/ Realtime-Verfahren und Methoden hervorzuheben, so die Realtime-PCR, die Echtzeit-Polymerasekettenreaktion, eine Nukleinsäure-Amplifikationstechnik, bei der die Vervielfältigung der DNA-Sequenz in Echtzeit beobachtet werden kann.

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Die angemeldete Bezeichnung sei somit aus verständlichen Begriffen zusammengesetzt und vermittle in ihrer Gesamtheit lediglich einen schlagwortartigen Sachhinweis auf europäische Produkte, die Funktionen in Echtzeit ausübten. Damit weise das Zeichen auf die Art, den Gegenstand, die Beschaffenheit und die Bestimmung der beanspruchten Waren hin. Dabei sei es für die Schutzversagung für Warenoberbegriffe ausreichend, wenn das Schutzhindernis sich auch nur auf eine spezielle, unter den Oberbegriff fallende Ware bezöge. So könne es sich bei den Waren der Klassen 1 und 5 um Diagnostikpräparate, Diagnostikmittel und Diagnostiksubstanzen handeln, die nach europäischen Normen und Standards und/ oder in Europa hergestellt und für die Echtzeitdiagnostik bestimmt und geeignet seien. Entsprechendes gelte für die Waren der Klassen 9 und 10, die sowohl der Vorbereitung und Durchführung von Echtzeitdiagnosen, als auch deren Auswertung dienen könnten und gleichzeitig europäischen Normen und Standards entsprechen und/oder in Europa hergestellt sein könnten.

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Die Bedeutung des angemeldeten Zeichens sei klar. Der beschreibende Zusammenhang zu den beanspruchten Waren bedürfe keiner analysierenden Betrachtung oder eines vertieften Nachdenkens. Auch weise die Wortkombination keine ungewöhnliche Struktur oder weitere Besonderheiten syntaktischer oder semantischer Art auf, die von der rein beschreibenden Angabe wegführte. Daher sei die Bezeichnung nicht geeignet von dem angesprochenen Fachverkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Demgegenüber vermag der Hinweis der Anmelderin, wonach sie mit dem Zeichenelement EURO ein Firmenschlagwort und Stammbestandteil geschaffen habe, nicht zu überzeugen. Denn maßgeblich sei allein, ob dem als Marke angemeldeten Begriff unabhängig von der Person des Anmelders oder der tatsächlichen Benutzungslage eine Unterscheidungskraft zukomme. Ein schlüssiger Vortrag der Anmelderin mit entsprechenden Belegen, wonach eine Eintragung der angemeldeten Bezeichnung aufgrund von Verkehrsdurchsetzung in Betracht kommen könnte, fehle. Auch habe die Anmelderin eine Verkehrsdurchsetzung des Bestandteils EURO nicht erfolgreich dargetan. Im Übrigen würde das angesprochene Publikum diesem Bestandteil innerhalb des angemeldeten Gesamtzeichens auch keinen Hinweischarakter entnehmen. Ebenso wenig könne der Verweis der Anmelderin auf eine ihrer Ansicht nach abweichende Eintragungspraxis zum Erfolg der Anmeldung führen.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

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Mit der Beschwerdebegründung macht die Anmelderin geltend, ein Zeichen sei nur dann beschreibend, wenn die beteiligten Verkehrskreise den beschreibenden Inhalt der jeweiligen Angabe als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfassen könnten. Bezüglich der beanspruchten Waren sei aber jeweils nicht erkennbar, was mit der Bezeichnung „EURORealTime“ gemeint sei und welches Merkmal damit beschrieben werde. Soweit die Markenstelle zu einer beschreibenden Bedeutung komme, sei dies das Ergebnis zusätzlicher und zum Teil umständlicher Gedankengänge und Überlegungen, die sich auf den ersten Blick so nicht ohne Weiteres erschließen würden. Denn die angesprochenen Fachkreise würden mit einem Verständnis der Bezeichnung von „Echtzeit aus Europa“ keine Eigenschaften oder Merkmale der beanspruchten Waren verbinden. Die Markenstelle habe auch zu Unrecht die einzelnen Bestandteile gesondert nach ihrer Bedeutung untersucht ohne die Gesamtwirkung der Kombination beider Bestandteile ausreichend zu berücksichtigen. Auf die Gesamtheit käme es aber bei der Frage der Unterscheidungskraft maßgebend an. Allein der Umstand, dass einzelne Bestandteile für sich gesehen nicht unterscheidungskräftig seien, führe nicht dazu, dass auch ihre Kombination schutzunfähig sei. Zudem würde der Sinngehalt der Bezeichnung nicht klar hervortreten, denn die Bezeichnung „EURORealTime“ würde keinen Sinn ergeben. Es handele sich um einen Phantasiebegriff. Bei Realtime-Verfahren, also Echtzeitverfahren beispielsweise in der Medizin werde durch die Hinzufügung eines weiteren Zusatzes für die angesprochenen Fachleute erst verständlich, worum es sich handele. So werde etwa durch den Zusatz „PCR“ (Polymerasekettenreaktion) zu Realtime erst klar, dass es um den Ablauf der Polymerasekettenreaktion in Echtzeit gehe. Die Hinzufügung des Begriffs EURO bewirke demgegenüber keine dementsprechende Konkretisierung oder Erklärung des Wortes Realtime. Schließlich würde auch das Schriftbild der angemeldeten Bezeichnung durch die unregelmäßige Verwendung von Groß- und Kleinbuchstaben dieser einen auffälligen und ungewöhnlichen Charakter geben und die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke begründen.

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Die Anmelderin verweist zudem auf die bereits für sie eingetragenen nationalen Marken, die jeweils aus dem Bestandteil EURO und einem weiteren Begriff zusammengesetzt seien, so beispielsweise EUROLineCamera (DE 30 2017 015 159), EUROIMMUN (DE 30 2017 005 866) für Diagnostikpräparate und -mittel sowie Messerkennungsinstrumente, EUROLAB (DE 396 036 252) für Datenverarbeitungsprogramme zur Steuerung des organisatorischen Ablaufs in Laboratorien sowie auf zahlreiche weitere eingetragene Drittmarken mit dem Bestandteil „Realtime“ oder „REAL“. Und schließlich weist die Anmelderin auf eine Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 15. Oktober 2018 hin, in der die Schutzfähigkeit der identischen Unionsmarkenanmeldung EURORealTime (UM 17 431 371) festgestellt worden sei.

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Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

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den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31. Mai 2018 aufzuheben.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

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Die nach § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Anmelderin hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung der Markenstelle stehen der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung „EURORealTime“ als Wortmarke für die beanspruchten Waren der Klassen 1, 5, 9 und 10 keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen, auch wenn es sich insoweit durchaus um einen schwierigen und diskussionswürdigen Fall handelt. Deshalb war der angefochtene Beschluss aufzuheben.

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1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. BGH GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 8 – Link economy; GRUR 2010, 1100 Rn. 10 – TOOOR!; GRUR 2010, 825 Rn. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi Langstrumpf). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des zugrunde liegenden Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH GRUR 2003, 604 Rn. 60 – Libertel; BGH GRUR 2014, 565 Rn. 17 – Smartbook). Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rn. 24 – SAT 2; GRUR 2004, 428 Rn. 30 f. – Henkel; BGH GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006) zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens an (vgl. BGH GRUR 2013, 1143, 1144 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten; GRUR 2014, 872 Rn. 10 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 482 Rn. 22 – test; EuGH, MarkenR 2010, 439 Rn. 41 – 57 – Flugbörse).

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2. Hiervon ausgehend besitzen Bezeichnungen keine Unterscheidungskraft, denen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. BGH GRUR 2006, 850 Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH a. a. O. – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2010, 1100 Rn. 23 – TOOOR!).

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Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die angemeldete Bezeichnung EURORealTime für die beanspruchten Waren einen naheliegenden sachlich beschreibenden Bezug zum maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung am 3. November 2017 aufweist, fehlen. Denn der Gesamtbegriff enthält weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt noch besitzt er einen hinreichend engen beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Waren.

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Bei den von den Waren angesprochenen Verkehrskreisen handelt es sich um im Bereich der (medizinischen) Diagnostik oder des Diagnostikverfahrens und damit zusammenhängenden entsprechenden Apparaten, Geräten und Instrumenten tätige medizinisch oder labortechnisch ausgerichtete Fachkreise.

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Für die Schutzfähigkeit der Marke ist entscheidend, ob aus Sicht dieser Verkehrskreise der Gesamtwortkombination „EURORealTime“ eine beschreibende Sachaussage zukommt (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 – BIOMILD; BGH GRUR 2012, 270 Rn. 16 – Link economy). Das ist nach Auffassung des Senats aber nicht in der erforderlichen Klarheit der Fall. Denn zwar eignet sich die Bezeichnung „Realtime“ im Zusammenhang mit den Waren der Klassen 1 und 5, bei denen es um Diagnostikpräparate, Diagnostikmittel und einzelne Substanzen oder Trägermaterialien (Biochips) geht, dazu, auf einen Umstand im Rahmen diagnostischer Verfahren, nämlich auf ein sogenanntes Echtzeit(test)verfahren hinzuweisen (vgl. hierzu beispielsweise die Ergebnisse einer Internetrecherche mit „… Bilder vom schlagenden Herzen aus dem Echtzeit-MRT …“; „… Realtime PCR als hochsensibles Nachweisverfahren für Tollwut …“; „… Rapid Detection of Norovirus Genogroups by Automates RNA-Extraction and Real-time RT-PCR …“). Entsprechend können die Waren der Klassen 9 und 10 dazu dienen, diese Verfahren möglich zu machen, zu visualisieren, aufzuzeichnen oder zumindest damit in einem engen sachlichen Zusammenhang stehen. Für sich gesehen handelt es sich bei der Bezeichnung RealTime/Realtime/Echtzeit somit um eine unmittelbar beschreibende bzw. zumindest in einem engen sachlichen Zusammenhang mit den beanspruchten Waren stehende, und damit schutzunfähige Bezeichnung. Entsprechendes gilt für das Wort EURO, das aus sich heraus und isoliert betrachtet gleichermaßen verständlich ist als beschreibender Hinweis darauf, dass Waren „europäisch“ sind, also beispielsweise aus Europa stammen, Europa betreffen, nach europäischen Normen geprüft sind, europäische Standards beinhalten oder einhalten.

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In der Zusammensetzung allerdings ergibt sich eine insgesamt schutzfähige Kombination. Denn die Voranstellung der schutzunfähigen Bezeichnung „EURO“ an den gleichfalls schutzunfähigen Fachbegriff „RealTime“ erweist sich in der Kombination als nicht sinnstiftend. Soweit die zwei Bestandteile auf sich bezogen verstanden werden, ist festzustellen, dass es eine „Euro“ oder „europäische“ Echtzeit im Gegensatz zu einer „nicht europäischen“ Echtzeit nicht gibt bzw. nicht geben kann. Bei dem Begriff der „Echtzeit“ handelt es sich um die „simultan zur Realität ablaufende Zeit“ bzw. im EDV Bereich um eine „vorgegebene Zeit, die bestimmte Prozesse einer elektronischen Rechenanlage in der Realität verbrauchen dürfen“ (vgl. DUDEN, Die deutsche Rechtschreibung, 27. Aufl. 2017 Realtime; www.duden.de; Wikipedia Begriffserklärung). Diese richtet sich nicht nach bestimmten „Zeitzonen“ (MEZ mitteleuropäische Zeit oder Coordinated Universal Time/UTC).

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Aber auch ohne eine gedankliche Verknüpfung der Wortbestandteile ergibt sich aus der Kombination dieser Markenbestandteile kein beschreibendes Verständnis für die beanspruchten Waren. Im Zusammenhang mit Computerprogrammen gibt es Bewegungsabläufe, die die Realtime/Echtzeit simulieren, Börsenkurse können in Echtzeit auf dem Handy verfolgt werden oder eine Überweisung kann innerhalb von Sekunden, quasi in Echtzeit, durchgeführt werden. Dementsprechend wird mit der Kombination „Euro Realtimekurs“ beschreibend eine Kursverfolgung des Euro in Echtzeit bezeichnet, von einer „Echtzeit 3 D-Navigation“ oder einer „Echtzeit-Überweisung“ gesprochen. Im Zusammenhang mit den vorliegenden speziellen Waren im Zusammenhang mit medizinischer Labordiagnostik und ihrem Bezug zu „Realtime“ bzw. „Echtzeit“ eignet sich die Bezeichnung „Euro“ aber insoweit weder als Hinweis auf die Währung, noch in der konkreten Zusammenstellung als Hinweis auf Europa oder europäisch bzw. europäischen Standard, da es – soweit ersichtlich – in Bezug auf diesen Punkt keinen speziellen „europäischen“ bzw. „europäischen Normen“ unterworfenen Standard gibt. Entsprechendes ergibt sich weder aus den von der Markenstelle ermittelten Unterlagen, noch konnte der Senat bei seinen Nachrecherchen Entsprechendes ermitteln. Wollte man einen Zusammenhang mit „europäischen Vorschriften“ oder „Standards“ herstellen, bedürfte es, worauf die Anmelderin zu Recht hinweist, noch weiterer gedanklicher Zwischenschritte. Damit kommt der Gesamtheit aber, trotz der möglicherweise erkennbaren in Bezug auf die konkreten Waren beschreibenden Anklänge der einzelnen Wortelemente, insgesamt noch keine sich hinreichend aufdrängende, ohne Weiteres ersichtliche beschreibende Bedeutung ohne kennzeichnenden Charakter für die beanspruchten Waren zu. Eröffnet die angemeldete Wortkombination in ihrer Gesamtheit einen gewissen Interpretationsspielraum in der Form, dass die von der Markenstelle dargelegte Bedeutung der angemeldeten Bezeichnung erst in mehreren gedanklichen Schritten nachvollzogen werden kann, wird sich bei unbefangener Wahrnehmung kein entsprechendes die Waren beschreibendes Verständnis aufdrängen, sodass die Vorstellungen, was mit der Bezeichnung gemeint sein könnte, eher diffus bleiben werden. Selbst wenn davon ausgegangen werden kann, dass ein Teil der angesprochenen Verbraucher mit einem überdurchschnittlichen Assoziationsvermögen in einem warenmäßigen Zusammenhang mit „Diagnostikverfahren“ mit EURORealTime die Bedeutung eines „Echtzeit - Diagnoseverfahren, das europäischen Standards entspricht“ verstehen werden, spricht dies noch nicht für die Bejahung der Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG. Vielmehr ist die Erkennbarkeit der Bedeutung sprechenden Marken immanent, wobei solche Marken aufgrund bestimmter Elemente – wie vorliegend z. B. durch die Kombination einer Abkürzung mit dem Fachbegriff – als Kennzeichen erfasst werden können.

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Insgesamt hat die Wortfolge „EURORealTime“ im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren keinen unmittelbaren und ohne Weiteres aus sich heraus verständlichen Sinngehalt, sodass der angemeldeten konkreten Gesamtheit letztlich nicht jede Unterscheidungskraft abgesprochen werden kann, auch wenn es sich um einen engen diskussionswürdigen Grenzfall handeln mag.

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2. Im Hinblick auf die fehlende Eignung der Wortfolge „EURORealTime“ zur unmittelbaren Beschreibung der beanspruchten Waren unterliegt das Zeichen auch keinem Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

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Nach alledem war der angefochtene Beschluss aufzuheben.