Entscheidungsdatum: 20.10.2016
In der Beschwerdesache
…
betreffend die IR-Marke 1 109 331
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 20. Oktober 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen
beschlossen:
Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
I.
Die am 16. November 2011 international registrierte Marke 1 109 331
sucht für folgende Waren und Dienstleistungen um Schutz in der Bundesrepublik Deutschland nach:
Kl. 29: Meat, fish, poultry and game; meat extracts; preserved, frozen, dried and cooked fruits and vegetables; jellies, jams, compotes; eggs, milk and milk products; edible oils and fats.
Kl. 30: Coffee, tea, cocoa, sugar, rice, tapioca, sago, artificial coffee; flour and preparations made from cereals, bread, pastry and confectionery, ices; honey, treacle; yeast, baking-powder; salt, mustard; vinegar, sauces (condiments); spices; ice.
Kl. 32: Beers; mineral and aerated waters and other non-alcoholic drinks; fruit drinks and fruit juices; syrups and other preparations for making beverages.
Kl. 35: Advertising; business management; business administration; office functions.
Kl. 43: Services for providing food and drink; temporary accommodation.
Die Markenstelle für Klasse 30 Internationale Markenregistrierung des Deutschen Patent- und Markenamts hat der Marke mit Beschluss vom 26. Oktober 2014 den Schutz teilweise verweigert und zwar für folgende Waren und Dienstleistungen:
Kl. 29: Meat, fish, poultry and game; meat extracts; preserved, frozen, dried and cooked fruits and vegetables; jellies, jams, compotes; eggs, milk and milk products; edible oils and fats.
Kl. 30: Coffee, tea, cocoa, sugar, rice, tapioca, sago, artificial coffee; flour and preparations made from cereals, bread, pastry and confectionery, ices; honey, treacle; yeast, baking-powder; salt, mustard; vinegar, sauces (condiments); spices; ice.
Kl. 32: Beers; mineral and aerated waters and other non-alcoholic drinks; fruit drinks and fruit juices; syrups and other preparations for making beverages.
Kl. 43: Services for providing food and drink.
Zur Begründung ist ausgeführt, dass dem Zeichen im Hinblick auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen die Unterscheidungskraft fehle. Das Zeichen sei erkennbar aus den beiden Wörtern der englischen Sprache „Grand“ und „Foods“ gebildet. Das Adjektiv „grand“ bedeute u. a. „großartig“, „groß“, „grandios“. Es existiere mit der gleichen Bedeutung auch in der französischen Sprache. Das Wort „Foods“ sei der Plural von „food“ mit der Bedeutung „Essen“, „Lebensmittel“, „Nahrung“. Durch die Wortstellung seien die Begriffe in naheliegender und grammatikalisch richtiger Weise aufeinander bezogen. Danach handle es sich bei den beanspruchten Waren und Dienstleistungen um „großartige Lebensmittel“. Im Umfang der Schutzverweigerung sei somit der Wortbestandteil der international registrierten Marke geeignet, die Beschaffenheit der Produkte im Sinne einer Werbeaussage zu beschreiben. Auch im Hinblick auf Verpflegungsdienstleistungen sei das Zeichen eine werbende Anpreisung mit dem Aussagegehalt, dass hochwertige Nahrungsmittel verarbeitet würden.
Es könne sein, dass „Grand“ neben den oben genannten Bedeutungen noch andere habe. Die Wortbedeutung des Zeichens müsse aber stets im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen gesehen werden. Zudem reiche eine von mehreren in Betracht kommenden Aussagen mit beschreibendem Charakter aus, um ein Schutzhindernis zu begründen. Auch die graphische Gestaltung des Zeichens könne das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nicht überwinden. Das Zeichen verfüge mit einer weißen Schrift vor rotem Hintergrund nur über einfache Gestaltungselemente. Auch die Binnengroßschreibung sei ein einfaches Gestaltungselement, an das der Verkehr gewöhnt sei.
Die Inhaberin der Schutz suchenden Marke vertritt mit ihrer Beschwerde gegen den vorgenannten Beschluss die Auffassung, dass die vom DPMA angenommene Übersetzung „großartige Lebensmittel“ nur eine von vielen Interpretationsmöglichkeiten sei. Das Wort „grand“ könne auch die Bedeutung von „erhaben“, „gewaltig“, „glanzvoll“, „prächtig“, „glanzvoll“ haben. Zudem könne das Wort auch als Substantiv im Sinne von “Riese“ verwendet werden. Wegen der Großschreibung werde der Verkehr den Bestandteil „Grand“ auch im substantivischen Sinne verstehen. Damit sei es höchst unwahrscheinlich, dass der Durchschnittsverbraucher das Zeichen als bloße Beschreibung der Waren und Dienstleistungen sehe. So habe das BPatG für das Zeichen „Food for friends“ die Unterscheidungskraft bejaht (26 W (pat) 82/99). Dabei enthalte dieses Zeichen, anders als „Grand Foods“ noch nicht einmal eine Mehrdeutigkeit. Für die Ware Spiele sei die Wortkombination „Grand Champions“ für unterscheidungskräftig angesehen worden (32 W (pat) 289/02). Dem Verkehr seien weiterhin verschiedene Wortkombinationen mit dem Begriff „Grand“ bekannt, wie etwa „Grand Prix“, „Grand Canyon“ oder „Grand Slam“. Vor diesem Hintergrund sei das Zeichen „Grand Foods“ besonders ungewöhnlich und einprägsam. Dass der Verkehr die Marke mit den genannten Begriffen in Verbindung bringe, verleihe ihm einen besonders individualisierenden Charakter. Auch die graphische Ausgestaltung der Marke begründe die Unterscheidungskraft. Der vom BPatG für unterscheidungskräftig gehaltenen Marke „Sachsen!“ (29 W (pat) 76/11) sei die Schutz suchende Marke „Grand Foods“ zumindest nicht unähnlich. Im Übrigen würde auch Schutz für Getränke beansprucht, die der Verkehr nicht unter den Begriff „food“ subsumieren werde. Dem Verkehr seien Begriffe wie „Junkfood“, „Fastfood“ oder „Convenience food“ bekannt, wobei er unter diesen Begriffen nur „Essen“ und nicht „Trinken“ verstehe.
Die Markeninhaberin beantragt,
der Marke IR 1 109 331 auch für die beanspruchten Waren der Klassen 29, 30 und 32 sowie für die Dienstleistung „Services for providing food and drink“ der Klasse 43 in der Bundesrepublik Deutschland Schutz zu gewähren.
Die Inhaberin der Schutz suchenden Marke hat den hilfsweisen Antrag auf mündliche Verhandlung mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2016 zurückgenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Markeninhaberin und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Der IR Marke 1 109 331 fehlt in Bezug auf die noch streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen der Klassen 29, 30, 32 und 43 die erforderliche Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle den Antrag auf Schutzrechterstreckung zu Recht insoweit verweigert hat (§ 119 Abs. 1 i. V. m. §§ 107 Abs. 1, 113 Abs. 2 i. V. m. § 37 Abs. 1 und Abs. 5 MarkenG).
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850 Rn. 17 - FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u.a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.).
1. Die angemeldete Bezeichnung besteht aus den zum englischen Grundwortschatz gehörenden Wörtern „Grand“ mit der Bedeutung „prächtig“, „großartig“ und „Foods“ mit der Bedeutung „Essen“, „Nahrung“, „Lebensmittel“ (Plural). Die beiden Wortbestandteile sind bereits aufgrund der Binnengroßschreibung als Einzelbestandteile erkennbar. Die beiden sinnvoll aufeinander bezogenen Wörter ergeben - worauf die Markenstelle bereits zutreffend hingewiesen hat - in der Kombination die Bedeutung von „großartige/prächtige Lebensmittel“ bzw. „großartiges/prächtiges Essen“ bzw. „großartige/prächtige Nahrungsmittel“. Soweit der Begriff „Grand“ bei abstrakter Betrachtungsweise (ohne Produktbezug) eine Mehrdeutigkeit aufweist, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Abgesehen davon, dass die Frage des beschreibenden Verständnisses immer im Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen und auch im konkreten Begriffszusammenhang (hier mit dem weiteren Begriff „Foods“) zu beurteilen ist, führt die Mehrdeutigkeit eines Begriffs im Rahmen der Beurteilung der Unterscheidungskraft regelmäßig nicht zur Schutzfähigkeit, wenn zumindest eine der Bedeutungen (erst recht, wenn mehrere) für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibenden bzw. werblichen Charakter hat (vgl. EuGH GRUR 2004, 146, Rn. 32 - DOUBLEMINT; BGH GRUR 2008, 900, Rn. 15 - SPA II). Dies ist - wie bereits ausgeführt - ohne weiteres zu bejahen, zumal sich schon im konkreten Wortzusammenhang die Bedeutung des Begriffes „Grand“ im Sinne von „prächtig“, „großartig“ geradezu aufdrängt. Die Auffassung der Inhaberin der Schutz suchenden Marke, dass der Verkehr unter dem englischen Begriff „food“ nur feste Nahrung, nicht aber Getränke verstehe, trifft in der Sache nicht zu. Zum einen versteht der Verkehr unter „Junkfood“ oder „Fastfood“ auch Getränke, insbesondere zuckerhaltige Limonaden. Zum anderen umfasst der Begriff „Lebensmittel“, mit dem sich wie oben dargelegt der Begriff „food“ übersetzen lässt, auch Getränke.
2. Die Zusammenschreibung der beiden Wortbestandteile mit Binnengroßschreibung ist kein Element, das schutzbegründend wirken könnte. Entsprechende Angaben sind werbeüblich und erschweren das Verständnis nicht, da der Verkehr daran gewöhnt ist.
3. Schließlich wirkt auch die weitere grafische Ausgestaltung der angemeldeten Marke mit weißer Schrift auf rotem, rechteckigen Hintergrund nicht schutzbegründend. Zwar können schutzunfähige Wortbestandteile durch eine besondere bildliche Ausgestaltung einen schutzbegründenden „Überschuss“ erhalten. Jedoch sind dabei an den bildlichen „Überschuss“ umso höhere Anforderungen zu stellen, je deutlicher der beschreibend-werbliche Charakter der fraglichen Angabe selbst hervortritt. Die grafische Ausgestaltung muss eine den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung des Gesamteindrucks der Marke bewirken (vgl. BGH GRUR 1998, 394, 396 - Motorrad Active Line; GRUR 1997, 634 - Turbo II; GRUR 2001, 1153 – antiKALK). Die in der Anmeldemarke eingesetzten Gestaltungsmerkmale sind keineswegs ungewöhnlich, sondern halten sich im Rahmen des Werbeüblichen und werden daher vom Verkehr, der an entsprechende Gestaltungen gewöhnt ist, als rein dekorative Elemente wahrgenommen.
4. Soweit die Inhaberin der Schutz suchenden Marke auf die in Bezug auf die grafische Gestaltung vergleichbare Sachlage verweist, die der Entscheidung des 29. Senats vom 13. Juni 2012 im Verfahren 29 W(pat) 76/11 – Sachsen! - zu Grunde liegt, ist anzumerken, dass diese Entscheidung vereinzelt geblieben ist, wobei der 29. Senat diese Rechtsprechung inzwischen aufgegeben hat (vgl. die Entscheidung vom 25. März 2014 im Verfahren 29 W(pat) 34/12 – Sachsen! Ein Land in Bewegung; die Entscheidung ist über die Homepage des Bundespatentgerichts öffentlich zugänglich). Im Übrigen ist zu den von der Inhaberin der Schutz suchenden Marke angeführten Voreintragungen auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des EuGH (vgl. GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229 Rn. 47-51 - BioID; GRUR 2004, 674 Rn. 42-44 - Postkantoor), des BGH (vgl. GRUR 2008, 1093 Rn. 18 - Marlene-Dietrich-Bildnis I) und des BPatG (vgl. z. B. GRUR 2009, 1175 - Burg Lissingen; MarkenR 2010, 139 - VOLKSFLAT und die Senatsentscheidung MarkenR 2010, 145 - Linuxwerkstatt) zu verweisen, wonach bei Voreintragungen, aber auch bei abweichenden Entscheidungen weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung gegeben ist (vgl. auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 58 und Rn. 59 mit zahlreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine (an das Gesetz) gebundene Entscheidung.
Die Beschwerde der Markeninhaberin war nach alledem zurückzuweisen.