Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 20.10.2016


BPatG 20.10.2016 - 25 W (pat) 546/14

Markenbeschwerdeverfahren - "myProtection" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
20.10.2016
Aktenzeichen:
25 W (pat) 546/14
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2013 049 266.8

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 20. Oktober 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

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Die Bezeichnung

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myProtection

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ist am 4. September 2013 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister für die nachfolgenden Dienstleistungen der Klasse 36 angemeldet worden:

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Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Vermögensplanung; Vermögensverwaltung; Informationen (Auskünfte) zu und Beratung in Finanzierungs-, Vermögensanlage-, Vermögens- und Versicherungsangelegenheiten; finanzielle Anlagenberatung; Vermittlung von Vermögensanlagen, Kapitalanlagen, Immobilienanlagen, Versicherungen, Bausparverträgen; Finanzierungen und Vermögensschutz, soweit in Klasse 36 enthalten.

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Die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nummer 30 2013 049 266.8 geführte Anmeldung mit Beschluss vom 26. März 2014 wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines bestehenden Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass sich das Zeichen aus den beiden englischen Begriffen „my“ und „protection“ zusammensetze. Beide Begriffe seien dem Grundwortschatz zuzuordnen. Das Possessivpronomen „my“ bedeute „mein“, der Begriff „protection“ bedeute „Schutz“, „Sicherung“, „Absicherung“. In diesem Sinne würden wesentliche Teile der angesprochenen Verkehrskreise das Zeichen mit der Bedeutung „mein Schutz“ bzw. „meine Absicherung“ verstehen. Die Kombination des Possessivpronomens „my“ mit einem beworbenen Produkt sei im Verkehr üblich und allgegenwärtig, etwa in den Begriffen „myVideo“, „myHammer“ oder „myToys“. Der Verkehr sei an die Wortkombinationen, die den Eindruck eines personalisierten Produkts erwecken sollten, gewöhnt. Der Verkehr werde daher das Zeichen als die gattungsmäßige Bezeichnung einer Absicherung bzw. eines Schutzes gegenüber Gefahren, allgemeinen Lebensrisiken und Vermögensverlust verstehen. Damit stehe für die beanspruchten Dienstleistungen ein objektiv beschreibender Sachhinweis im Vordergrund, insbesondere die Absicherung gegenüber Verlusten. Aus diesem Grund bestehe auch ein Freihaltebedürfnis. Dies zeige schon der Werbeslogan der Anmelderin: „Wir helfen Ihnen, sich optimal gegen alle finanziellen Unwägbarkeiten abzusichern“.

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Die Anmelderin vertritt mit ihrer Beschwerde gegen den vorgenannten Beschluss die Auffassung, dass es fraglich sei, ob die Wortkombination von den angesprochenen Verkehrskreisen verstanden werde. Etwa drei Viertel der Konsumenten würden englischsprachige Werbung falsch oder gar nicht verstehen. Darüber hinaus könne der Begriff „protection“ auch mit den Begriffen „Geborgenheit“, „Wahrung“, „Schonung“ sowie „Hut“ übersetzt werden. Die Bedeutung „Absicherung“ habe „protection“ nur im technischen Sinne. Deswegen sei eine Übersetzung mit „meine Absicherung“ besonders fernliegend. Hinsichtlich keiner der beanspruchten Dienstleistungen habe das Zeichen einen beschreibenden Begriffsinhalt. So verstehe man z. B. unter „Geldgeschäften“  jeglichen Zahlungsverkehr. Der Inhalt eines solchen Geldgeschäfts werde aber nicht durch die Wortkombination „myProtection“ beschrieben. Auch die Dienstleistung „Vermögensschutz“ sei nicht generell als Dienstleistung zum Schutz bzw. zur Absicherung vor verschiedenen Ereignissen anzusehen. Der Begriff „myProtection“ sei daher ausreichend schwammig, vage und interpretationsbedürftig. Er erläutere nicht, ob und was für eine Dienstleistung angeboten werde.

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Im Übrigen habe sich der Prüfer des DPMA mit der Voreintragung des Zeichens „my Protect“ inhaltlich nicht auseinandergesetzt. Zudem seien auch folgende, ähnliche Marken eingetragen worden: „II M Protection“ für die Vermittlung von Vermögensanlagen sowie „Investment Protection“ (Wort/Bildmarke), „Capital Protection“ (Wort/Bildmarke) und „PRU Protection“ jeweils eingetragen für Versicherungs-, Finanz-, und Immobilienwesen und Geldgeschäfte bzw. Dienstleistungen auf dem Gebiet offener Investmentfonds.

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Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. März 2014 aufzuheben.

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Die Anmelderin hat ihren hilfsweise gestellten Antrag auf mündliche Verhandlung mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2016 zurückgenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin, den Hinweis des Senats vom 23./26. September 2016 und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

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Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Der angemeldeten Bezeichnung fehlt in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 36 die erforderliche Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

12

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850 Rn. 17 - FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.).

13

Die angemeldete Bezeichnung ist für den Verkehr inhaltlich ohne weiteres verständlich. Zum einen darf das Verständnis fremdsprachiger Begriffe auch beim Durchschnittsverbraucher nicht zu gering veranschlagt werden (Stöbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 168). Zum anderen sind – wie das DPMA zutreffend dargelegt hat – beide Begriffe, aus denen die Bezeichnung zusammengesetzt ist, zum englischen Grundwortschatz zu zählen. Zudem besteht die Bezeichnung schon im Hinblick auf die Binnengroßschreibung ohne weiteres erkennbar aus zwei Begriffen, nämlich „my“ und „Protection“. Der Begriff „my“ bedeutet „mein“ und wird in der Produktwerbung und -anpreisung auch im Inland häufig dazu verwendet, auf ein individuelles, auf den jeweiligen Verbraucher abgestimmtes Produktangebot hinzuweisen (BPatG, Beschluss vom 8. Oktober 2015, Az. 25 W (pat) 21/13 – MyWallet – Die Entscheidung ist über die Homepage des BPatG im Volltext zugänglich; BGH, GRUR 2009, 949 - My World). „Protection“ bedeutet „Schutz“ und ist nicht zuletzt auch im Hinblick auf im Inland sinnverwandte geläufige Fremdwörter wie „Protektion, Protektionismus, Protektorat oder Protegé“ selbst ohne Englischkenntnisse ohne weiteres verständlich.

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Ausgehend davon wird ein ausreichend relevanter Teil des Verkehrs die Bezeichnung „myProtection“ als sachlichen Hinweis auf eine Absicherung gegen Risiken verstehen, die sich bei sämtlichen beanspruchten Dienstleistungen ergeben können. Die Begriffe „Protect“ oder „Protection“ werden insbesondere im Versicherungsbereich häufig als (werbe)übliche Bezeichnung bzw. als Hinweis auf den „(Versicherungs-)Schutz“ selbst verwendet (vgl. Rechercheunterlagen des Senats zum Ladungszusatz vom 23./26. September 2016, Bl. 126 – 139 d. A.). Entsprechende Risikoabsicherungen sind auch im Zusammenhang mit anderen Finanzdienstleistungen üblich (z. B. zur Absicherung von Krediten etwa durch Lebensversicherungen oder im Zusammenhang mit der Absicherung von Währungsrisiken). Insbesondere hinsichtlich der Dienstleistung „Geldgeschäfte“ – für welche die Anmelderin keinen beschreibenden Begriffsinhalt erkennen will – besteht ein erheblicher Bedarf an Absicherung. Bei Geldgeschäften ist die Sicherheit der Transaktionen geradezu essenziell, so dass entsprechende Dienstleister vor allem die Sicherheit ihres Angebots werbend in den Vordergrund stellen. Entsprechendes gilt auch im Zusammenhang mit den Dienstleistungen „Immobilienwesen“, da auch bei Immobiliengeschäften entsprechende Risikoabsicherungen z. B. im Zusammenhang mit der Finanzierung - um nur einen Aspekt zu nennen - üblich sind.

15

Soweit sich die Anmelderin auf Voreintragungen beruft, ist auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des EuGH (vgl. GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229 Rn. 47-51 - BioID; GRUR 2004, 674 Rn. 42-44 - Postkantoor), des BGH (vgl. GRUR 2008, 1093 Rn. 18 - Marlene-Dietrich-Bildnis I) und des BPatG (vgl. z. B. GRUR 2009, 1175 - Burg Lissingen; MarkenR 2010, 139 - VOLKSFLAT und die Senatsentscheidung MarkenR 2010, 145 - Linuxwerkstatt) zu verweisen, wonach bei Voreintragungen, aber auch bei abweichenden Entscheidungen weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung gegeben ist (vgl. auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 58 und Rn. 59 mit zahlreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine (an das Gesetz) gebundene Entscheidung.

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Ausgehend von den Ausführungen zur Unterscheidungskraft, spricht einiges dafür, dass auch ein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht. Dies kann im Ergebnis offen gelassen werden.

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Die Beschwerde der Anmelderin war nach alledem zurückzuweisen.