Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 08.03.2018


BPatG 08.03.2018 - 25 W (pat) 512/17

Markenbeschwerdeverfahren – "Green Chemistry Port" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
08.03.2018
Aktenzeichen:
25 W (pat) 512/17
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2018:080318B25Wpat512.17.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2015 011 214.3

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 8. März 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener sowie des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

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Green Chemistry Port

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ist am 24. Oktober 2013 als europäische Marke beim damaligen Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (mittlerweile umbenannt in EUIPO) angemeldet und mit Antrag vom 22. Januar 2015 in eine nationale Anmeldung zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für zahlreiche Dienstleistungen der Klassen 36, 39, 40 und 42 umgewandelt worden. Mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2015 hat die Anmelderin das Dienstleistungsverzeichnis eingeschränkt und begehrt die Eintragung für die nachfolgenden Dienstleistungen:

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Klasse 36: Dienstleistungen eines Immobilienmaklers; Vermietung von Immobilien, insbesondere Vermietung von Büros und Laborräumen; Gebäudeverwaltung; Immobilienverwaltung; Grundstücksverwaltung; Beratung und Auskünfte bezüglich der vorstehend genannten Dienstleistungen; vorstehend genannte Dienstleistungen auch über das Internet;

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Klasse 39: Verpackung von Waren; Lagerung von Waren; Beratung und Auskünfte bezüglich der vorstehend genannten Dienstleistungen; vorstehend genannte Dienstleistungen auch über das Internet;

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Klasse 40: Materialbearbeitung von Rohstoffen und Biomasse, insbesondere mechanische, biotechnologische oder chemische Verarbeitung oder Umwandlung von anorganischen oder organischen Stoffen oder von Gegenständen; Beratung und Auskünfte bezüglich der vorstehend genannten Dienstleistungen; vorstehend genannte Dienstleistungen auch über das Internet;

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Klasse 42: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten, insbesondere Durchführung von Hydrolysen, Katalysen, Biokatalysen, Fermentationen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Forschung auf dem Gebiet des Maschinenbaus; Forschung auf dem Gebiet der Chemie-, Agrar- und Forschungsinfrastruktur sowie der Cluster und Standortentwicklung; Biologische Forschung; Forschungen auf dem Gebiet der Chemie und Biotechnologie; Forschungen auf dem Gebiet der Kosmetik; Technische Planung; technische Projektplanung; Umweltschutzforschung; Design und Erstellung von Homepages und Internetseiten; Dienstleistungen eines Grafikdesigners; Beratung und Auskünfte bezüglich der vorstehend genannten Dienstleistungen; vorstehend genannte Dienstleistungen auch über das Internet.

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Die Markenstelle für Klasse 42 des DPMA (Beamtin des gehobenen Dienstes) hat diese unter der Nummer 30 2015 011 214.3 geführte Anmeldung mit Beschluss vom 8. August 2016 wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG teilweise zurückgewiesen, und zwar für die vorstehend aufgeführten Dienstleistungen der Klassen 39, 40 und 42. Bei der Angabe „Green Chemistry Port“ handele es um einen Gesamtbegriff mit der Bedeutung eines Hafens, der sich auf „grüne Chemie“ spezialisiert habe. Insoweit seien die in der Klasse 39 beanspruchten Dienstleistungen geeignet, in einem Hafen, der sich auf „Grüne Chemie“ spezialisiert habe, erbracht zu werden, da die „Verpackung und Lagerung von Waren“ sowie diesbezügliche Beratungen, Dienstleistungen seien, die in jedem Hafen erfolgen könnten. Auch für die Dienstleistungen der Klassen 40 und 42 sei das Zeichen eine inhaltlich-beschreibende Sachangabe. Im örtlichen Einzugsbereich von Häfen siedelten sich heutzutage auch größere Gewerbegebiete an. Damit würden in Hafenbereichen nicht nur die klassischen Aufgaben eines Hafens wahrgenommen, vielmehr würden sich auch Firmen, die in anderen Bereichen tätig seien, ansiedeln und somit auch Firmen, die im Bereich der „Grünen Chemie“ tätig seien. Damit handele es sich bei „Green Chemistry Port“ um eine beschreibende Angabe über den Erbringungsort der beanspruchten Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Zielrichtung des Bereichs der „Grünen Chemie“. Der Verweis der Anmelderin auf die aus ihrer Sicht vergleichbare Voreintragung durch das EUIPO rechtfertige keine andere Beurteilung, da diese nach ständiger Rechtsprechung des EuGH, BGH und des Bundespatentgerichts keine rechtlich bindende Wirkung entfalte.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie verweist zum einen darauf, dass das EUIPO der Unionsmarke, aus der die deutsche Markenanmeldung durch Umwandlung hervorgegangen ist, keine beschreibende Bedeutung zugrunde gelegt habe – und dies, obwohl das Verständnis des englisch-sprachigen Verkehrskreises berücksichtigt worden sei. Das Verfahren als Unionsmarke sei aufgrund eines Widerspruchs Dritter, nicht aber wegen des Vorliegens absoluter Schutzhindernisse, nicht weitergeführt worden. Zum anderen ergäbe sich aus der Zusammenfügung der Begriffe Green, Chemistry und Port keine sinnvolle Gesamtaussage. Schon der Bedeutungsgehalt der einzelnen Wörter erschließe sich den angesprochenen Verbrauchern nicht ohne eine analysierende Herangehensweise. Auch fehle es an einem beschreibenden Gehalt der angemeldeten Bezeichnung. In Bezug auf die von der Markenstelle beanstandeten Dienstleistungen, insbesondere die Dienstleistungen der Klassen 40 und 42, sei es irrelevant, an welchem Ort diese erbracht würden. Ein Hafen sei hierfür genauso geeignet wie beispielsweise ein Freizeitpark, ein Sportgelände oder ein Einkaufszentrum, da die Dienstleistungen grundsätzlich an jedem beliebigen Ort erbracht werden könnten. Folglich würde schon der Bestandteil „Port“ für den Verkehr keinerlei beschreibende Bedeutung aufweisen. Noch deutlicher gelte dies für die Gesamtbezeichnung „Green Chemistry Port“. Auch müssten die angesprochenen inländischen Verkehrskreise, um zu einem Verständnis der Gesamtbezeichnung zu gelangen, die Wortneuschöpfung in ihre Bestandteile zerlegen, übersetzen, die Einzelbegriffe analysieren und anschließend wieder zusammensetzen, was nach ständiger Rechtsprechung den Gepflogenheiten des Verkehrs widerspreche. Eine beschreibende Bedeutung der angemeldeten Bezeichnung für die angemeldeten Dienstleistungen sei nicht festzustellen, so dass die Marke einzutragen sei.

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Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. August 2016 aufzuheben.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die rechtlichen Hinweise des Senats nebst Anlagen vom 13. November 2017, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

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Die zulässige, insbesondere gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung „Green Chemistry Port“ als Marke steht hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der Klassen 39, 40 und 42 das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, nämlich die fehlende Unterscheidungskraft, entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher insoweit zu Recht teilweise zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1, Abs. 5 MarkenG).

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Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. BGH, GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 8 – Link economy; GRUR 2010, 1100 Rn. 10 – TOOOR!; GRUR 2010, 825 Rn. 13

– Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 60 – Libertel; BGH, GRUR 2014, 565 Rn. 17 – Smartbook). Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen (vgl. EuGH, GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rn. 24 – SAT 2; GRUR 2004, 428 Rn. 30 f. – Henkel; BGH, GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006) zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens an (vgl. BGH, GRUR 2013, 1143, 1144 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten; GRUR 2014, 872 Rn. 10 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 482 Rn. 22 – test; EuGH, MarkenR 2010, 439 Rn. 41 – 57

– Flugbörse). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850 Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH a. a. O. – FUSSBALL WM 2006).

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Nach diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Bezeichnung für die zurückgewiesenen Dienstleistungen aber jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

16

Die angemeldete Wortfolge besteht aus zum englischen Grundwortschatz gehörenden Wörtern und kann mit „Grüner Chemiehafen“ übersetzt werden.

17

Die Wortfolge als solche ist ohne Weiteres und vor allem ohne analysierende Herangehensweise unmittelbar verständlich, zumal die Bezeichnung „Green Chemistry“ als üblicher Begriff für die Art von Chemie steht, die versucht, Umweltschäden bzw. Umweltverschmutzung zu vermeiden bzw. zu verringern, Energie zu sparen und möglichst umweltverträglich zu produzieren. Ebenso gebräuchlich ist die Bezeichnung „Chemiehafen“ bzw. „Chemistry Port“ für den nach dem Verwendungszweck spezialisierten Hafen (vgl. die als Anlagen 1 bis 5a zu Green Chemistry und als Anlagen 6 bis 8 zu Chemiehafen der mit den Hinweisen vom 13. November 2017 der Anmelderin übersandten Rechercheunterlagen des Senats). Die Bezeichnung Green Chemistry wird dabei zum Teil nicht einmal mehr übersetzt (insbesondere Anlagen 1 und 2), sondern als bereits eingedeutschter Begriff verwendet. Selbst wenn unterstellt wird, dass die von den Dienstleistungen auch angesprochenen inländischen Endverbraucher die Wortfolge nicht verstehen, so gilt dies jedenfalls nicht für die ebenfalls angesprochenen und bei der Schutzfähigkeitsbeurteilung für sich gesehen bereits ausreichend maßgeblichen Fachkreise aus den Bereichen der Biotechnologie, Chemie, Forschung und Wissenschaft. Die Personen aus diesen Fachbereichen verfügen in der Regel über sehr gute Englischkenntnisse und sind an englisches Fachvokabular aus der hierfür maßgeblichen Fachsprache Englisch gewöhnt. Unter einem „Green Chemistry Port“, also einem „Grünen Chemiehafen“, kann ein (umweltfreundlicher) Spezialhafen für Chemie bzw. Chemikalien mit der entsprechend speziellen Ausstattung von Rohren und Pipelines für den unmittelbaren Umschlag von flüssigen oder gasförmigen chemischen Produkten wie Mineralölprodukte, Gase, Laugen und Säuren und für die Weiterverarbeitung bzw. Veredelung dieser Rohstoffe verstanden werden (vgl. z. B. Raffinerie und Chemie /Rotterdamer Hafen, Anlage 9 der mit den Hinweisen vom 13. November 2017 der Anmelderin übersandten Rechercheunterlagen). Vor diesem Hintergrund bezeichnet die angemeldete Wortkombination Green Chemistry Port in naheliegender Art und Weise (irgend)einen „Chemiehafen“, einen „Chemistry Port“, der sich auf „grüne Chemie“, also „Green Chemistry“ spezialisiert hat. Mit der zunehmenden Gewinnung und der Produktion von Energie aus nicht fossilen Brennstoffen (z. B. Biomasse) wächst der Bedarf an Produktionsstätten, Lagerungsstätten und Umschlagplätzen für biologische Grundstoffe und für Häfen, die so ausgestattet sind, dass beispielsweise Biomasse (zwischen)gelagert, transportiert, weiter verarbeitet oder bearbeitet werden kann (vgl. hierzu „ … Hafenstandorte können von höherem Industrieeinsatz biobasierter Rohstoffe profitieren“ aus chemanager-online.com, Anlage 10; „Rotterdam, … the biomass port for Northwestern Europe … “ Seite 4 des Positionspapiers der The Rotterdam Climate Initiative, Anlage 11; die genannten Anlagen wurden der Anmelderin mit den Hinweisen vom 13. November 2017 übersandt). Häfen und Hafenanlagen, die solchen Anforderungen angepasst sind, so dass solche Leistungen dort erbracht werden können, werden bereits als „Energy Port“ (Rotterdam) oder als „Greenport“ bezeichnet (Magdeburger Hafen siehe Anlage 12 der mit den Hinweisen vom 13. November 2017 der Anmelderin übersandten Unterlagen). In diese allgemein gehaltene Bezeichnung eines Hafens nach dem speziellen Verwendungszweck reiht sich die ohne weiteres verständliche Bezeichnung „Green Chemistry Port“, also „grüner Chemiehafen“ im Sinn (irgend)eines „Hafens für nachhaltige und umweltfreundliche Chemie“ problemlos ein. Zwar mag es sich bei der konkreten Zusammenfügung der verschiedenen Elemente „Green Chemistry“ und „Port“ möglicherweise um eine erstmals von Seiten der Anmelderin verwendete Bezeichnung handeln, allerdings lässt die bloße erstmalige Verwendung einer Wortfolge als Kennzeichnung keine Rückschlüsse auf ihre Unterscheidungskraft zu. Maßgeblich ist vielmehr, wie der angesprochene Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen versteht. Insoweit werden auch bisher noch nicht verwendete, aber gleichwohl ohne weiteres verständliche Sachaussagen als solche und nicht als betriebliche Herkunftshinweise aufgefasst. Im Rahmen der Prüfung ist es dabei im Übrigen zulässig, zunächst die Bedeutung der Einzelelemente nacheinander zu prüfen. Allerdings kann die Schutzfähigkeit der Gesamtbezeichnung nur dann verneint werden, wenn auch der durch die Zusammenfügung entstandenen Gesamtaussage die Eignung zur betrieblichen Herkunftsbezeichnung fehlt (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 Rn. 37 – BIOMILD; GRUR 2006, 229 Rn. 29 – BioID; BGH GRUR 2012, 270 Rn. 16 – Link economy; GRUR 2014, 872 Rn. 13 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 1204 Rn. 16 – DüsseldorfCongress), was vorliegend der Fall ist.

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Im Bereich der Dienstleistungen der Klasse 39, bei denen es um die Verpackung und Lagerung von Waren sowie die Beratung und Auskünfte hierzu geht, weist „Green Chemistry Port“ einen engen sachlichen Bezug zu einem Spezialhafen für nachhaltige/grüne Chemie bzw. „Green Chemistry“ auf, da die Lagerung und Verpackung (und dementsprechend auch diesbezügliche Beratungsdienstleistungen) von Waren vor dem Weitertransport (z. B. mittels LKW oder Bahn) in einem Hafen üblich sind. Der Verkehr wird der angemeldeten Wortfolge deshalb nur einen Hinweis auf den Erbringungsort der Dienstleistungen entnehmen, darin aber keinen betrieblichen Herkunftshinweis sehen.

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Im Zusammenhang mit den Dienstleistungen der Klasse 40, bei denen es insbesondere um die mechanische, chemische oder biotechnologische Materialbearbeitung von Rohstoffen und Biomasse sowie Beratung und Auskünfte hierzu geht, weist „Green Chemistry Port“ darauf hin, dass diese Dienste in oder rund um einen Spezialhafen für nachhaltige/grüne Chemie angeboten, erbracht, in Anspruch genommen oder realisiert werden können. Häufig siedeln sich Unternehmen oder Fabriken, die mit der Weiterbearbeitung von Rohstoffen und Biomasse befasst sind, in der unmittelbaren Nähe zu einem Hafen an, um die maximale Effizienz für eine Hand in Hand gehende Aufbereitung und Verarbeitung verschiedener Grundstoffe zu erreichen (vgl. Anlage 9 der mit dem Hinweis vom 13. November 2017 übersandten Unterlagen: „… Raffinerie und Chemie – alle Vorteile eines starken petrochemischen Clusters im größten Hafen Europas (Chemie, Petrochemie, Raffinerien) …“). Diese Unternehmen benötigen ein entsprechendes Umfeld und eine für die chemischen Prozesse und den anschließenden Weiter- und Abtransport der Rohstoffe per Schiff spezielle Logistik und Ausstattung eines gerade darauf ausgerichteten, spezialisierten (Chemie)Hafens (vgl. hierzu Anlage 10 der mit den Hinweisen vom 13. November 2017 übersandten Unterlagen). Insoweit eignet sich die angemeldete Wortfolge auch für diese Dienstleistungen als eine allgemein gehaltene Bezeichnung des Erbringungs- oder Angebotsorts der so bezeichneten Dienstleistungen, nicht aber als ein Hinweis auf die Bezeichnung der Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen.

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Im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 42, bei denen es um wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten, Forschung in verschiedenen Bereichen, technische Projektplanung sowie Beratung und Auskünfte hierzu geht, eignet sich die angemeldete Bezeichnung einerseits als Hinweis auf den Erbringungsort, da Forschung bzw. Entwicklung einerseits und Produktion bzw. Fertigung typischerweise auf demselben (häufig in Hafennähe gelegenen) Werksgelände stattfinden, andererseits als Bezeichnung des Themas, Schwerpunkts und Gegenstands der Dienstleistungen, nämlich demjenigen eines „grünen Chemiehafen“ (vgl. hierzu auch Anlage 13 der mit dem Hinweis vom 13. November 2017 übersandten Unterlagen: „… Als Green Chemistry Port schlägt der Hafen Straubing Sand damit im doppelten Sinn Brücken: inhaltlich zwischen der biobasierten Chemie sowie der bislang auf Erdöl basierten Chemie und geographisch vom Donauraum zum Rhein …“). Insoweit handelt es sich jedenfalls um eine Angabe, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den derart bezeichneten Dienstleistungen der Klasse 42 hergestellt wird.

21

Der Hinweis der Anmelderin und Beschwerdeführerin auf die im Ergebnis anderslautende Bewertung durch das EUIPO, das die Marke für schutzfähig gehalten habe, führt nicht zum Erfolg der Beschwerde. Insoweit ist auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des EuGH (vgl. GRUR 2009, 667 – Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229 Rn. 47–51 – BioID; GRUR 2004, 674 Rn. 42 – 44 – Postkantoor), des BGH (vgl. GRUR 2008, 1093 Rn. 18 – Marlene-Dietrich-Bildnis I) und des Bundespatentgerichts (vgl. z. B. GRUR 2009, 1175 – Burg Lissingen; MarkenR 2010, 139 – VOLKSFLAT und die Senatsentscheidung MarkenR 2010, 145 – Linuxwerkstatt) zu verweisen, wonach weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung selbst identischer Voreintragungen von Marken gegeben ist (vgl. auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 12. Aufl., § 8 Rn. 72 ff. mit zahlreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine (an das Gesetz) gebundene Entscheidung, wobei selbst identische Voreintragungen von Marken nach ständiger Rechtsprechung nicht zu einem Anspruch auf Eintragung führen. Insofern gibt es im Rahmen von unbestimmten Rechtsbegriffen keine Selbstbindung der Markenstellen des Deutschen Patent- und Markenamts und erst recht keine irgendwie geartete Bindung für das Bundespatentgericht. Das Gericht und auch das Patentamt haben in jedem Einzelfall eigenständig zu prüfen und danach eine Entscheidung zu treffen. Auf eine möglicherweise fehlerhafte Rechtsanwendung in einem anderen Fall kann sich niemand berufen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine inhaltlich-argumentative Auseinandersetzung mit bloßen Eintragungsentscheidungen nicht möglich ist, da diese regelmäßig nicht begründet werden.

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Nach alledem war die Beschwerde daher zurückzuweisen.

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Die Durchführung der mündlichen Verhandlung war nicht angezeigt und von der Anmelderin auch nicht beantragt worden, § 69 Nr. 3 bzw. Nr. 1 MarkenG.