Entscheidungsdatum: 08.10.2015
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2011 056 315.2
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 8. Oktober 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener sowie des Richters Schmid
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I.
Die Wortfolge
Seal´n Cut
ist am 14. Oktober 2011 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
Klasse 09: Wissenschaftliche, Mess-, Signal-, Kontrollapparate und
-instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität, insbesondere elektronische und elektrische Geräte, Generatoren und Elektromotoren und deren Zubehörteile, soweit in Klasse 9 enthalten
Klasse 10 Chirurgische, ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate und deren Zubehörteile, soweit in Klasse 10 enthalten
Klasse 42: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; Industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; soweit in Klasse 42 enthalten.
Mit Beschluss vom 12. November 2012 hat die Markenstelle für Klasse 9 des DPMA die unter der Nummer 30 2011 056 315.2 geführte Anmeldung teilweise, nämlich für alle angemeldeten Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme der „industriellen Analyse- und Forschungsdienstleistungen; soweit in Klasse 42 enthalten“ zurückgewiesen. Der Eintragung der angemeldeten Marke stehe insoweit das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, da sie für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen eine im Vordergrund stehende Sachaussage enthalte und sich zugleich in dieser erschöpfe. Die angemeldete Marke bestehe aus den englischen Begriffen „Seal“ in der verblichen Bedeutung von „versiegeln, hermetisch abdichten“ oder substantivisch von „Verschluss, Abdichtung“ und „Cut“, dem auch im Bereich der Medizin gebräuchlichen Wort für „schneiden“ oder „Schnitt“, wobei diese beiden Wörter durch das mittlerweile als Ersatz für „und/and/&“ übliche „n´“ miteinander verbunden seien. In Bezug auf die von der Zurückweisung erfassten Waren weise das Zeichen damit den leicht erfassbaren Aussagegehalt auf, dass diese ein Versiegeln (Gewebefusion) und Schneiden (Gewebeschneiden) ermöglichen können. Die Markenstelle verweist in diesem Zusammenhang auf die Internetseiten verschiedener Hersteller, die sich im chirurgischen Bereich auf „elektrochirurgische Lösungen für das Gewebeschneiden und die Gewebefusion (Seal & Cut)“, spezialisiert haben. „Seal´n Cut“ ergänze sich zu einer für den Verkehr leicht verständlichen sachbezogenen Wortfolge, deren Aussagegehalt ohne analysierende Schritte oder zergliedernde Betrachtungsweise klar zu Tage trete. Die angemeldeten Waren der Klasse 10 seien zum Versiegeln und Schneiden gleichermaßen geeignet. Diese Schneidwerkzeuge könnten mit „Generatoren und Elektromotoren“ angetrieben werden. Die weiteren Waren der Klasse 9 könnten den Schneide- bzw. Versiegelungsvorgang aktivieren, regeln, kontrollieren oder „beherrschbar“ machen. Da diese Waren das Ergebnis von „Wissenschaftlichen und technologischen Dienstleistungen“ und von „Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen“ darstellen könnten, stünden sie mit dem als „Seal´n Cut“ bezeichneten Vorgang des Versiegelns und Schneidens in engem Sachzusammenhang. Ein derartiger enger beschreibender Sachzusammenhang bestehe allerdings nicht mit den von der Zurückweisung ausgenommenen „industriellen Analyse- und Forschungsdienstleistungen“ der Klasse 42.
Gegen die Teilzurückweisung der Anmeldung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Sie hält das angemeldete Zeichen in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen für schutzfähig. Ein auf der Hand liegender beschreibender Sinngehalt der Bezeichnung „Seal ´n Cut sei nicht vorhanden, da sie einen fantasievollen Überschuss in sich trage. Die Originalität und Prägnanz der angemeldeten Marke ergebe sich insbesondere aus der Verbindung der Wörter Seal und Cut mit dem Bestandteil „´n“, die aus der Zusammenstellung mehr mache, als die bloße Aneinanderreihung zweier beschreibenden Wörter. Zudem würden entsprechende Bezeichnungen auf dem Markt für die angemeldeten Waren auch nicht verwendet. Das angemeldete Zeichen besitze eine, wenn auch geringe Unterscheidungskraft.
Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. November 2012 aufzuheben und die Eintragung der Marke „Seal´n Cut“ in vollem Umfang anzuordnen.
Die Anmelderin hat keinen Termin zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige, insbesondere gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Wortkombination „Seal´n Cut“ als Marke steht hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Marke im zurückgewiesenen Umfang daher zu Recht die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 1 und Abs. 5 MarkenG).
Bei der Wiedergabe der angemeldeten Waren im angegriffenen Beschluss hat die Markenstelle die ursprünglich mit angemeldete Ware „elektronische Geräte“ der Klasse 9 versehentlich nicht aufgeführt. Im Tenor des Beschlusses kommt zum Ausdruck, dass die Markenstelle die Anmeldung aber ersichtlich für alle Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme der ausdrücklich benannten Dienstleistungen aus der Klasse 42 zurückweisen wollte. Insoweit geht der Senat von einer Zurückweisung für die Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme der ausdrücklich ausgenommenen Dienstleistungen auf der Grundlage des Verzeichnisses in der angemeldeten Fassung aus, also auch von einer Zurückweisung in Bezug auf „elektronische Geräte“, die ohnehin dem Oberbegriff der „Wissenschaftliche, Mess-, Signal-, Kontrollapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität“ unterfallen.
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, Rn. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850, Rn. 17 - FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Rn. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH – FUSSBALL WM 2006 a. a. O.).
Diesen Anforderungen genügt die angemeldete Marke in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen selbst dann nicht, wenn, wie dies der Bundesgerichtshof in seiner Rechtsprechung stets betont und worauf die Anmelderin hinweist, ein großzügiger Maßstab angelegt wird und jede noch so geringe Unterscheidungskraft ausreicht, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2014, 872 Rn. 12 - Gute Laune Drops; GRUR 2009, 949 Rn. 17 - MyWorld; GRUR 2010, 640 Rn. 15 - hey!).
Die angemeldete Wortkombination besteht erkennbar aus den englischen Wörtern „Seal“ mit der verblichen bzw. substantivischen Bedeutung von „versiegeln, verschließen, hermetisch abdichten“ bzw. „Siegel, Plombe, Verschluss“ (vgl. PONS, Großwörterbuch für Experten und Universität, Ernst Klett Verlag, 2002 – Nachdruck 2003) und „Cut“ mit der verblichen bzw. substantivischen Bedeutung von u. a „schneiden, abschneiden, durchschneiden“ bzw. „Schnitt, Schnittwunde“ (vgl. PONS, a. a. O.). Die beiden englischen Begriffe sind sprachlich verbunden mit dem Buchstaben „n“ und dem „´“ – Apostroph Zeichen, eine Buchstaben-Zeichen Kombination, die häufig und sprachüblich anstelle des englischen Begriffs „and“ im Sinn von „und“ oder des entsprechenden Symbols „&“ verwendet wird. Der Sinngehalt des Buchstabens „n“ als Bindeglied zwischen zwei englischen Begriffen ist auch im Inland bekannt und ohne weiteres verständlich (vgl. z. B. Brockhaus-Enzyklopädie, 17. Auflage 1973, Bd. 16, S. 29 oder die Wortkombination „Rock ´n Roll“; vgl. hierzu auch die Feststellungen des Bundespatentgerichts in BPatG 25 W (pat) 24/01 – HAIR ´N´ More; 32 W (pat) 91/04 – Choco ´N´ More; 24 W (pat) 50/12 – WRAP N´GO; jeweils über die Internetseite des Gerichts abrufbar). Insgesamt hat die angemeldete Wortfolge damit die Bedeutung von „versiegeln/verschließen und schneiden“ bzw. „Verschluss und Schnitt“, was in der Gesamtheit wie eine sachliche Gebrauchsanweisung bzw. Verfahrensbeschreibung wirkt.
Den von Seiten der Markenstelle bereits dem Teilzurückweisungsbeschluss beigefügten Ergebnissen einer Internetrecherche ist zu entnehmen, dass die angemeldete Bezeichnung in verschiedenen Bereichen der Chirurgie von Firmen, die sich auf elektrochirurgische Lösungen für das Gewebeschneiden und die Gewebefusion (Seal & Cut) spezialisiert haben, bereits verwendet wird. Damit ist auch naheliegend, die damit im Zusammenhang stehenden und hierzu geeigneten Produkte mit dem Hinweis auf „Seal & Cut“ oder entsprechend „Seal n´Cut“ zu bezeichnen bzw. zu bewerben, um deren spezielle Funktion und/oder deren Einsatzbereich zu beschreiben. Insoweit liegt der beschreibende Zusammenhang der angemeldeten Bezeichnung mit den beanspruchten chirurgischen und medizinischen Instrumenten, Apparaten und entsprechenden Zubehörteilen aus der Klasse 10 auf der Hand. Die angemeldete Wortfolge ist damit geeignet, die Beschaffenheit, die Bestimmung und den Zweck dieser Waren anzugeben.
Aber auch in Bezug auf sämtliche beanspruchten Waren der Klasse 9 eignet sich die angemeldete Bezeichnung, deren Zweck und Bestimmung zu beschreiben. Der „Versiegelungs- und Schneide- Vorgang/Prozess“ beispielsweise im Rahmen komplexer medizinischer Operationen bedarf einer entsprechenden Überwachung mit Hilfe passender auf den Prozess abgestimmter Mess-, Signal oder Kontrollinstrumenten, die speziell für diesen Produktbereich geeignet und auf diesen ausgerichtet sein können. Auch wenn es nicht entscheidungserheblich ist, ist darauf hinzuweisen, dass über den Bereich der Medizin hinaus beispielsweise im Bereich der Verpackungsindustrie zahlreiche Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität, insbesondere elektronische oder elektrische Geräte, Generatoren, Elektromotoren und Zubehörteile vorstellbar sind, hinsichtlich derer der Hinweis auf den (auch zeitlich eng nacheinander abfolgenden) Prozess des „Versiegelns/Verschließens und Schneidens“ eine sinnvolle, schlagwortartig auf das Wesentliche verkürzte Beschreibung ihres Einsatzzwecks darstellen kann. Denn auch hier sind sowohl Geräte vorstellbar, die innerhalb eines Produktionsvorgangs einen Gegenstand versiegeln und überflüssiges Material abschneiden wie auch solche, die den geschilderten Vorgang unterstützend regeln und kontrollieren. Auch für auf solche Waren eignet sich die Wortfolge „Seal ´n Cut“ als unmittelbar beschreibende Sachangabe, nämlich in Bezug auf deren Art, Bestimmung und Beschaffenheit.
Die (Weiter)Entwicklung solcher für den Prozess von „Seal´n Cut“ geeigneter Maschinen, Geräte und Instrumente kann den Inhalt und Schwerpunkt der „wissenschaftlichen und technologischen Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezüglicher Designerdienstleistungen“, insbesondere im Bereich der Medizin ausmachen und sich auf diese beziehen, sodass auch für diese zurückgewiesenen Dienstleistungen die angemeldete Wortfolge jedenfalls in einem engen sachlichen Zusammenhang steht.
Die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen richten sich überwiegend an die Fachkreise, die insbesondere im medizinischen Bereich über profunde Kenntnisse der englischen Sprache verfügen und die angemeldete Wortfolge „Seal ´n Cut“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen ohne weiteres dahingehend verstehen werden, dass sie mit der „Seal ´n Cut“ Technologie (= Versiegelungs- und Schneidetechnologie) ausgestattet oder für deren Einsatz bestimmt sind. Angesichts des insoweit für alle Waren im Vordergrund stehenden unmittelbar beschreibenden Gehalts der Wortfolge „Seal n´Cut“ sowie des jedenfalls engen beschreibenden Bezugs für die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen ist das Vorliegen des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu bejahen.
In Bezug auf die beanspruchten Waren eignet sich die angemeldete Wortfolge - wie bereits ausgeführt - als warenbeschreibende Angabe und damit als Angabe im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, so dass insoweit auch dieses Schutzhindernis der Eintragung der angemeldeten Marke entgegensteht.
Nach alledem war die Beschwerde daher zurückzuweisen.