Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 13.09.2012


BPatG 13.09.2012 - 25 W (pat) 503/12

Markenbeschwerdeverfahren – "BiGu TERRAZZO (Wort-Bild-Marke)/BIGUMA (Gemeinschaftsmarke)" – unterstellte Warenidentität – zur Kennzeichnungskraft – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens – keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne unter dem Aspekt der selbständig kennzeichnenden Stellung der Widerspruchsmarke innerhalb der angegriffenen Marke


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
13.09.2012
Aktenzeichen:
25 W (pat) 503/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2008 075 458

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. September 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Grote-Bittner und des Richters Metternich

beschlossen:

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das am 26. November 2008 angemeldete und nachfolgend abgebildete Zeichen

Abbildung

2

ist am 17. Februar 2009 unter der Nummer 30 2008 075 458 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister für die nachfolgend genannten Waren und Dienstleistungen der Klassen 19, 37 und 42 eingetragen worden:

3

Klasse 19:

4

Geschliffene und/oder terrazzoähnliche Gussasphalte, soweit in Klasse 19 enthalten;

5

Klasse 37:

6

Dienstleistungen im Bereich des Bauwesens zum Verlegen und/oder Aufbringen von geschliffenen und/oder terrazzoähnlichen Gussasphalten;

7

Klasse 42:

8

Designerdienstleistungen, soweit in Klasse 42 enthalten; technische Beratung zum Verlegen und/oder Aufbringen von geschliffenen und/oder terrazzoähnlichen Gussasphalten.

9

Dagegen hat die Inhaberin der am 1. April 1996 angemeldeten Gemeinschaftsmarke

10

BIGUMA,

11

die beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt am 20. Februar 1998 für die nachfolgend genannten Waren der Klasse 19

12

Fugenvergußmassen (insbesondere unter Verwendung von Bitumen) für Hochbau, Ingenieurbau, Brückenbau, Wasserbau, Tiefbau, für Straßen, Pflaster und Schienen; bitumenhaltige Bindemittel

13

unter der Nummer 000 008 839 eingetragen worden ist, Widerspruch erhoben.

14

Die Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patent- und Markenamts, besetzt mit einen Beamten des gehobenen Dienstes, hat den Widerspruch mit Beschluss vom 23. März 2011 zurückgewiesen.

15

Aus Sicht der Markenstelle ist eine Verwechslungsgefahr gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen den Vergleichsmarken nicht gegeben. Insoweit könne dahingestellt bleiben, ob die Widersprechende auf die von der Markeninhaberin erhobene Nichtbenutzungseinrede eine Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft gemacht habe. Zwar könnten sich nach der Registerlage die Vergleichsmarken im Bereich der Klasse 19 auf Waren im nahen Ähnlichkeitsbereich begegnen, während bezüglich der Dienstleistungen der angegriffenen Marke im Bereich der Klassen 37 und 42 keine Waren- bzw. Dienstleistungsähnlichkeit gegeben sei. Die Widerspruchsmarke verfüge über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Hiervon ausgehend halte die angegriffene Marke den gebotenen Abstand zur Widerspruchsmarke ein. Die grafische Gestaltung der angegriffenen wirke in schriftbildlicher Hinsicht bereits einer Verwechslungsgefahr entgegen. Beim Markenvergleich sei ferner zu berücksichtigen, dass die angesprochenen Verkehrskreise die angegriffene Marke mit dem zweisilbigen Wortbestandteil „Bigu“ benennen würden, da der weitere Wortbestandteil „Terrazzo“ das italienische Wort für „Terrasse“ sei. Die Widerspruchsmarke bestehe demgegenüber aus drei Silben. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Endsilbe „MA“ der Widerspruchsmarke übersehen werden könnte. Auch in klanglicher Hinsicht weise die angegriffene Marke einen deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke auf. Letztlich liege auch in begrifflicher Hinsicht keine relevante Markenähnlichkeit vor.

16

Dagegen wendet sich die von der Widersprechenden erhobene Beschwerde, da nach ihrer Auffassung Verwechslungsgefahr gegeben ist.

17

Die Waren der Klasse 19 der angegriffenen Marke seien mit denjenigen der Widerspruchsmarke identisch. Bitumenhaltige Bindemittel (insbes. Gussasphalt) seien ein wesentliches Element der Waren der Widerspruchsmarke. Dabei stellten Gussasphaltestriche ein wichtiges Anwendungsgebiet dar. Auch die Waren der angegriffenen Marke bezögen sich auf Gussasphalte. Zudem seien die Abnehmerkreise identisch. Hinsichtlich der Dienstleistungen der angegriffenen Marke sei im Verhältnis zu den Waren der Widerspruchsmarke von einer engen Ähnlichkeit auszugehen.

18

Da die grafischen Bestandteile der angegriffenen Marke hinter deren Wortbestandteile zurücktreten würden, reduziere sich die angegriffene Marke in der Erinnerung der angesprochenen Verkehrskreise auf die Wortbestandteile „BiGu“ und „Terrazzo“. Dabei werde der Begriff „Terrazzo“ beschreibend verwendet und stelle keinen kennzeichenrechtlich relevanten Bestandteil dar, so dass die angegriffene Marke durch den Bestandteil „BiGu“ geprägt werde. Es seien daher „BiGu“ und „BIGUMA“ gegenüber zu stellen. Insoweit sei eine deutliche klangliche Ähnlichkeit der Vergleichsmarken gegeben. Der Wortbestandteil „BiGu“ der angegriffenen Marke sei vollständig in den beiden Anfangssilben der Widerspruchsmarke enthalten. Die Widerspruchsmarke enthalte zusätzlich lediglich den bilabialen Laut „m“ und den schwach betonten Vokal „a“. Es falle daher dem Verkehr schwer, die Vergleichsmarken klanglich auseinanderzuhalten, so z. B. bei einer schlechten Übermittlung. Auch die Widerspruchsmarke werde zu einem gewissen Anteil durch die Silbenfolge „BIGU“ geprägt, wobei zu berücksichtigen sei, dass die Widersprechende weitere Produkte vertreibe, deren Bezeichnung den Wortanfang „BIGU“ enthalte; hierzu verweist die Widersprechende auf das Produkt „BIGUPLASTER“. Zudem stehe die Schlusssilbe „MA“ für „Masse“. Da die Widerspruchsmarke nahezu identisch in die angegriffene Marke übernommen worden sei, habe sie innerhalb der angegriffenen Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung, wobei der Bestandteil „BIGU“ einen Serienbestandteil von Bezeichnungen, die die Widersprechende benutze, darstelle.

19

Die Widersprechende beantragt,

20

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. März 2011 aufzuheben und die angegriffene Marke wegen des Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke 000 008 839 zu löschen.

21

Ferner hat die Widersprechende in der mündlichen Verhandlung vom 13. September 2012 angeregt, für den Fall der Zurückweisung des Widerspruchs die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

22

Die Markeninhaberin beantragt,

23

die Beschwerde zurückzuweisen.

24

Sie schließt sich der Auffassung der Markenstelle an, dass weder in schriftbildlicher noch in klanglicher oder begrifflicher Hinsicht Verwechslungsgefahr gegeben sei. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Widersprechende ihre Produkte nur an gewerbliche und nicht an private Abnehmer vertreibe, wobei die erstgenannten Fachkreise die Vergleichsmarken sicher unterscheiden könnten.

25

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

26

Die Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden kann eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG nicht festgestellt werden, so dass die Markenstelle den Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 000 008 839 zu Recht zurückgewiesen hat (§ 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG).

1.

27

Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (EuGH GRUR 2006, 237, Tz. 18 - PICASSO; GRUR 1998, 387, Tz. 22 - Sabèl/Puma). Ihre Beurteilung bemisst sich insbesondere nach der Identität oder Ähnlichkeit der Waren, der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und dem Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. BGH GRUR 2008, 258 – INTERCONNECT/T-InterConnect; BGH GRUR 2009, 772, Tz. 31 – Augsburger Puppenkiste; vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9 Rdn. 40).

a)

28

Es kann dahingestellt bleiben, ob und in welchem Umfang die Widersprechende auf die von der Markeninhaberin wirksam erhobene Nichtbenutzungseinrede die Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft gemacht hat.

29

Zwar können sich nach der Registerlage im Bereich der Klasse 19 auf Waren begegnen, die in höchstem Grade ähnlich sind. Die „Fugenvergussmassen für Hochbau usw.“ der Widerspruchsmarke weisen mit den „geschliffenen und/oder terrazzoähnlichen Gussasphalten“ der angegriffenen Marke von Beschaffenheit und Verwendungszweck her Überschneidungen in einem Maße auf, dass die Ähnlichkeit dieser Waren an Identität heranreicht. Aber selbst dann, wenn man insoweit von Warenidentität ausgeht, hält die angegriffene Marke den gebotenen Abstand zur Widerspruchsmarke ein. Erst recht gilt dies in Bezug auf die Dienstleistungen der angegriffenen Marke im Bereich der Klassen 37 und 42, die zu den Waren der Widerspruchsmarke jedenfalls einen vergleichsweise größeren Abstand aufweisen.

b)

30

Die Widerspruchsmarke weist eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft auf. Auch wenn man davon ausgeht, dass das Markenwort „BIGUMA“ ein Akronym für „Bitumenvergussmasse“ darstellt, so handelt es sich um eine hinreichend fantasievolle Abkürzung aus den Vorsilben von – als solchen – beschreibenden Begriffen, so dass hieraus keine Kennzeichnungsschwäche hinsichtlich der Widerspruchsmarke abzuleiten ist. Es bestehen aber auch keine Anzeichen für eine erhöhte Kennzeichnungskraft, insbesondere auch nicht aus den von der Widersprechenden vorgelegten Benutzungsunterlagen.

c)

31

Eine relevante Markenähnlichkeit kann in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht bestehen, wobei es für die Feststellung einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr grundsätzlich ausreicht, wenn nur in einer dieser Wahrnehmungsrichtungen ausreichende Übereinstimmungen bestehen (vgl. BGH GRUR 2008, 803, Tz. 21 – HEITEC; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Auflage, § 9, Rdn. 224 m. w. N.). Bei unterstellter Warenidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist jedoch weder in schriftbildlicher klanglicher oder begrifflicher Hinsicht eine für die Annahme einer Verwechslungsgefahr hinreichende Ähnlichkeit der Vergleichsmarken festzustellen.

32

Die angegriffene Marke ist eine Wort-Bild-Marke, in der die Wortelemente „BiGu“ und „Terrazzo“ kombiniert sind. Sie hebt sich sowohl im Schriftbild als auch klanglich bei der Aussprache dieser Wortelemente deutlich von der Widerspruchsmarke „BIGUMA“ ab. Die schriftbildlichen Unterschiede der aus zwei Worten gebildeten angegriffenen Marke fallen gegenüber der Widerspruchsmarke auf den ersten Blick auf, wobei die grafische Gestaltung der angegriffenen Marke weiter verwechslungsmindernd wirkt. Auch klanglich weisen die Vergleichsmarken von Länge, Betonung und Sprechrhythmus her auffällige und sofort erfassbare Unterschiede auf. Begrifflich handelt es sich jeweils um Fantasiebezeichnungen, denen der Verkehr keinen übereinstimmenden Begriffsinhalt zumessen wird.

d)

33

Der Wortbestandteil „BiGu“ prägt den Gesamteindruck der angegriffenen Marke nicht in einer Weise, dass beim Markenvergleich der weitere Bestandteil „Terrazzo“ vernachlässigt werden könnte. Zwar bezeichnet der Begriff „Terrazzo“ einen Bodenbelag, der durch das Hinzufügen von oft farbigen Zuschlagstoffen i. V. m. einer meist zementgebundenen Estrich-Unterlage eine dekorative, glänzende Oberfläche erhält (vgl. die entsprechende Anlage zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 23. März 2012, Bl. 61 d. A.). Dieser Begriff beschreibt daher Merkmale der Waren der angegriffenen Marke im Bereich der Klasse 19 und ist - in Alleinstellung – insoweit als betrieblicher Herkunftshinweis nicht geeignet. Jedoch können auch schutzunfähige oder kennzeichnungsschwache Elemente den maßgeblichen Gesamteindruck einer Marke mitbestimmen, so dass sie beim Markenvergleich nicht von vorneherein unberücksichtigt bleiben können (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10.  Aufl., § 9 Rdn. 180 m. w. N.). Etwas anderes könnte dann in Betracht kommen, wenn aufgrund festgestellter Branchenübung die beteiligten Verkehrskreise in relevantem Umfang einem Markenbestandteil keinerlei für die Betriebskennzeichnung auch nur mitbestimmende Bedeutung zumessen, sondern darin ausschließlich einen glatt beschreibenden Hinweis sehen, so dass sie diesen Bestandteil gleichsam „abspalten“ (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9 Rdn. 435 m. w. N). In dem hier maßgeblichen Segment der Baustoffe und Baumaterialien einschließlich Asphalte und Bitumen kann eine solche Verkehrsauffassung jedoch nicht unterstellt werden.

34

Ferner haben die Anfangssilben „BIGU“ innerhalb der Widerspruchsmarke keine deren Gesamteindruck prägende Wirkung. Sie sind mit der Schlusssilbe „MA“ zu einem flüssig aussprechbaren und als solchen fantasievollen (s.o. lit. b) Gesamtbegriff zusammengefasst. Selbst wenn der Verkehr die Schlusssilbe „MA“ mit dem Begriff „Masse“ assoziieren sollte, so hat er aus den vorgenannten Gründen keinen Anlass, diese Schlusssilbe gleichsam „abzuspalten“ und beim Markenvergleich nur die Anfangssilben „BIGU“ zu berücksichtigen.

e)

35

Selbst dann, wenn man zu Gunsten der Widersprechenden davon ausgeht, dass die angegriffene Marke durch den Bestandteil „BiGU“ geprägt wird und der Widerspruchsmarke ohne Berücksichtigung des weiteren Wortbestandteils „Terrazzo“ isoliert gegenüber gestellt wird, ist eine Verwechslungsgefahr gleichwohl nicht zu bejahen. Die Markenwörter „BiGu“ und „BIGUMA“ weisen trotz der vorhandenen Übereinstimmungen in den Anfangssilben am grundsätzlich stärker beachteten Wortanfang aufgrund der allein in der Widerspruchsmarke vorhandenen Schlusssilbe „ma“ so deutliche Abweichungen auf, dass eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen werden kann. Sowohl in klanglicher als auch in schriftbildlicher Hinsicht unterscheiden sich diese Markenwörter als zwei- bzw. dreisilbige Wörter in der Wortlänge markant. In klanglicher Hinsicht führt dies zu einer deutlich unterschiedlichen, weil längeren Vokalfolge mit dem weiteren Vokal „a“ und auch zu erheblichen Abweichungen im Sprechrhythmus und in der Betonung. Im Übrigen hat der Verkehr, wie oben unter c) bereits ausgeführt, keinen Anlass beim Markenvergleich ausschließlich die Anfangssilben „BIGU“ der Widerspruchsmarke zu berücksichtigen und deren Schlusssilbe „MA“ zu vernachlässigen.

f)

36

Auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt einer Serienmarke kann nicht festgestellt werden.

37

Zwar kann die Übernahme des Stammbestandteils einer Serienmarke in eine jüngere Marke eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr begründen, wenn die beteiligten Verkehrskreise die Unterschiede zwischen den jeweiligen Vergleichsmarken wahrnehmen, jedoch einen in beiden Marken übereinstimmend enthaltenen Bestandteil als Stammbestandteil einer Zeichenserie des Inhabers der älteren Marke erkennen, diesem Stammbestandteil für sich bereits die maßgebliche Herkunftsfunktion zumessen und deshalb die jüngere Marke ebenfalls dem Betrieb des Inhabers der älteren Marke zuordnen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9, Rdn. 443 m. w. N.), sofern die jüngere Marke sich auch von der Zeichenbildung her in die Zeichenserie einfügt.

38

Im vorliegenden Fall fehlt es aber bereits an der Feststellung einer Zeichenserie der Widersprechenden mit dem Stammbestandteil „Bigu“. Sie hat insoweit auf die nach eigenem Bekunden von ihr verwendete Produktbezeichnung „BIGUPLASTER“ verwiesen. Jedoch ist diese Bezeichnung weder als Marke registriert, noch bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass diese Bezeichnung auch nur als Benutzungsmarke nach § 4 Nr. 2 MarkenG Schutz genießt, insbesondere genügen die von der Widersprechenden mit Schriftsatz vom 10. September 2012 eingereichten, aus Kopien von Geschäftskorrespondenz betr. das Produkt „BIGUPLASTER“ bestehenden Unterlagen nicht, um eine Verkehrsgeltung der Bezeichnung „BIGUPLASTER“ im maßgeblichen Warenbereich zu belegen. Aber selbst wenn man dies zugunsten der Widersprechenden unterstellt, kann die Silbenfolge „BIGU“ nicht als Stammbestandteil einer Markenserie der Widersprechenden angesehen werden. Denn die Bezeichnungen „BIGUMA“ und „BIGUPLASTER“ sind unterschiedlich und nicht in gleicher Weise gebildet. Die Bezeichnung „BIGUMA“ stellt ein eigenständiges Fantasiewort i.S.e. Gesamtbegriffs dar, bei dem – wie ausgeführt – der Verkehr keinen Anlass hat, die Schlusssilbe als eigenständiges Element neben der Kombination der Anfangssilben zu betrachten, während „BIGUPLASTER“ eine erkennbare Wortkombination aus den Elementen „BIGU“ und „PLASTER“ darstellt. Nach alledem kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Verkehr die Silbenfolge „BIGU“ als Stammbestandteil einer Markenserie der Widersprechenden auffasst.

g)

39

Soweit die Widersprechende unter Bezugnahme auf Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9, Rdn. 474 vorträgt, dass die Widerspruchsmarke in nahezu identischer Form in die angegriffene Marke aufgenommen worden sei und dort eine selbständig kennzeichnende Stellung habe, kann auch unter diesem Gesichtspunkt eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne nicht bejaht werden. Zum einen ist die Widerspruchsmarke weder identisch, noch wesensgleich in die jüngere Marke übernommen worden. Der Wegfall der Schlusssilbe „MA“ führt, wie ausgeführt, zu markanten und deutlich wahrnehmbaren Abweichungen des Markenelements „BIGU“ der angegriffenen Marke gegenüber der Widerspruchsmarke, so dass die Annahme einer annähernd identischen Übernahme der Widerspruchsmarke insoweit ausgeschlossen ist. Zum anderen ist der Bestandteil „BiGu“ innerhalb der angegriffenen Marke auch nicht mit einem Firmenschlagwort oder einem anderweitigen unternehmensbezogenen Kennzeichen der Markeninhaberin oder einem sonstigen unternehmensbezogenen Hinweis auf die Markeninhaberin kombiniert worden. Eine Übernahme der Widerspruchsmarke in die angegriffene Marke in einer Weise, dass die Widerspruchsmarke insoweit eine selbständig kennzeichnende Stellung zuzumessen ist, scheidet nach alledem aus. Eine andere Sichtweise würde im Übrigen zu einem Elementenschutz führen, der dem Markenrecht grundsätzlich fremd ist.

40

Die Beschwerde der Widersprechenden war daher zurückzuweisen.

2.

41

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Weder war über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), noch war die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsprechung angezeigt (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Insbesondere hat der Senat die nach der Rechtsprechung für die Frage der Verwechslungsgefahr maßgebenden Kriterien der Warenidentität, der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der Markenähnlichkeit in einer Gesamtbetrachtung abgewogen, wobei die Vergleichsmarken als Ganzes gegenübergestellt und nach klanglicher, schriftbildlicher und begrifflicher Ähnlichkeit gesondert beurteilt werden. Ferner hat der Senat die Grundsätze der Rechtsprechung des EuGH und des BGH zur Prägung von mehrgliedrigen Marken durch einzelne Elemente, und zur selbständig kennzeichnenden Stellung von Elementen innerhalb mehrgliedriger Marken angewendet.

3.

42

Eine Auferlegung von Kosten war nicht veranlasst (§ 71 Abs. 1 MarkenG).