Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 16.02.2012


BPatG 16.02.2012 - 25 W (pat) 45/11

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Smartbook" – keine Unterscheidungskraft – der lange Zeitraum bis zur Stellung des Löschungsantrags und die Motive der Löschungsantragstellerin sind unerheblich – Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsprechung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
16.02.2012
Aktenzeichen:
25 W (pat) 45/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Löschungsverfahren S 2/10 Lösch

gegen die Marke 304 11 976

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. Februar 2012 unter Mitwirkung des Richters Metternich als Vorsitzenden, der Richterin Dr. Schnurr und der Vorsitzenden Richterin am Landgericht Grote-Bittner

beschlossen:

1. Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die am 5. März 2004 angemeldete Wortmarke

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Smartbook

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ist am 22. Juli 2004 für Waren der Klasse 9, nämlich

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"Computer, Computerperipheriegeräte, Computertastaturen, Datenverarbeitungsgeräte, elektronische Terminkalender, Laptops (Computer), Mäuse (Datenverarbeitung), Monitore (Computerhardware), Notebooks (Computer), tragbare Stereogeräte"

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in das Markenregister unter der Nummer 304 11 976 eingetragen worden.

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Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2009 gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG die Löschung dieser Marke sowie drei weiterer zugunsten der Markeninhaberin eingetragener "smartbook"-Marken beantragt, die unter den Nummern 305 05 515 ("smartbook"), 305 06 417 ("smartbook") und 306 57 323 ("smartbook for smart people") registriert sind. Die Antragstellerin hat den Löschungsantrag im vorliegenden Verfahren damit begründet, dass die Marke "Smartbook" entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 MarkenG eingetragen worden sei und zudem als Gattungsbegriff i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG verwendet werde. Die Antragsgegnerin, der der Löschungsantrag am 15. Januar 2010 zugestellt worden ist, hat der Löschung mit Schriftsatz vom 12. März 2010, der am selben Tag beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen ist, widersprochen.

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Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch Beschluss vom 23. Dezember 2010 die Löschung der Marke "Smartbook" angeordnet, da die angegriffene Marke entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG eingetragen worden sei und die Schutzhindernisse auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung bestehen würden. Gleichlautende Entscheidungen hat die Markenabteilung in Bezug auf die drei weiteren mit dem Löschungsantrag angegriffenen "smartbook"-Marken getroffen.

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Die angegriffene Wortmarke setze sich aus den Bestandteilen "Smart" und "book" zusammen und sei in sprachüblicher Weise zu einem Gesamtbegriff gebildet, den der angesprochene Verkehr sofort und ohne weitere analysierende Zwischenschritte im Sinne von "tragbarer PC mit gerätetechnischer Intelligenz" bzw. "ein mit besonderen Funktionen ausgestatteter PC" verstehen werde. Nicht erforderlich sei, dass dem Verkehr auch bewusst sei, um welche konkreten besonderen Funktionen es sich dabei handele. "Smart" werde in seiner allgemeinen Bedeutung mit "gewandt, schlau, intelligent" übersetzt und bedeute im Computerbereich "fähig zu unabhängigen und scheinbar intelligenten Operationen" und sei damit ein Synonym für die sogenannte "gerätetechnische Intelligenz". Das weitere Markenelement "book" habe als zum Grundwortschatz der englischen Sprache gehörend die Bedeutung von "Buch". Im Computer- und EDV-Bereich habe sich der Wortbestandteil "book" seit Einführung des Begriffs "Notebook" in den 1980er Jahren für die Bezeichnung von tragbaren Computern etabliert, was z. B. die eigenständigen Geräteklassen "Subnotebook" oder "Netbook" zeigen würden. Bereits 1991 habe Apple das erste "Powerbook" auf den Markt gebracht (vgl. Wikipedia, Bd. III, Bl. 188 d. Löschungsakte) und vertreibe seine Notebooks unter der Bezeichnung "MacBook" oder "iBook", die Firma L… biete ein Notebook unter der Bezeichnung "Tuxedo Book 501" an. Der Lebensmittelkonzern "Rewe" habe im Frühjahr 2010 ein "Mini-Notebook" unter der Bezeichnung "Jay-Book 9901" verkauft und wie einer Mitteilung unter www.computerbild.de aus dem Jahre 2010 zu entnehmen sei, habe die Firma L1… eines ihrer Mini-Notebook-Modelle als "Smartbook" bezeichnet. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin führe weder eine in der Wortneubildung enthaltene Tautologie noch eine Mehrdeutigkeit der Bezeichnung "Smartbook" zur Schutzfähigkeit der angegriffenen Marke. Denn der Verkehr sei einerseits an derartige sprachübliche Stilmittel gewöhnt, da es üblich sei, besondere Leistungsmerkmale von IT-Geräten gesondert herauszustellen. Es sei auch nicht ungewöhnlich, dass ein Computer, der bereits per se über eine gewisse gerätetechnische Intelligenz verfüge, als besonders "smart" dargestellt werde. Dass der Verkehr gemäß den von der Antragstellerin eingereichten Unterlagen die Bezeichnung "Smartbook" als Hinweis auf einen Hybriden zwischen dem sogenannten "smartphone" und einem "notebook" verstehen könne, aber auch die Interpretation als "digitales Buch" nahe liegend sei, führe nicht zur Annahme der Schutzfähigkeit der Wortkombination, da der angesprochene Verkehr von mehreren in Betracht kommenden Bedeutungen dem Begriff eine eindeutige Aussage mit sachbezogenem Charakter im Zusammenhang mit den in der Klasse 9 geschützten Waren der angegriffenen Marke entnehme. Der Verkehr werde die Bezeichnung "Smartbook" im Zusammenhang mit diesen Waren als Sach- bzw. Bestimmungsangabe verstehen, nämlich dahingehend, dass es sich um "intelligente (kleine) Computer" handele bzw. sie als Zubehör (im weiteren Sinne) für Smartbooks bzw. zur Anwendung mit Smartbooks bestimmt seien. Dieses Verkehrsverständnis habe bereits im Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke bestanden. Schon in früheren Entscheidungen des BPatG aus den Jahren 2001, 2002 und 2004, in denen auf eine Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1990 betreffend die Bezeichnung "SMART WARE" (GRUR 1990, 517) Bezug genommen worden sei, seien die Begriffskombinationen mit dem Bestandteil "smart" wie "SMARTWARE", "Smartweb", "SmartFinder" oder "sm@rt c@rd" auf dem hier verfahrensgegenständlichen Warengebiet als beschreibender Sachhinweis für schutzunfähig angesehen worden. Daher habe das Deutsche Patent- und Markenamt bereits 1999 die Eintragung der angemeldeten Wortmarke "Smart Book" (Nr. 399 19 453.3) u. a. für Waren der Klasse 9 zurückgewiesen. Ebenso sei der Wortbestandteil "book" bereits vor Eintragung der angegriffenen Marke als Kurzform für Notebook verwendet und vom Verkehr in diesem Sinne verstanden worden. Soweit die Markeninhaberin sich auf Voreintragungen berufe, führten diese zu keiner anderen Beurteilung. Der Verweis auf die Marke "DYNABOOK" gehe fehl, weil diese Bezeichnung schon 1989 und damit zu einem Zeitpunkt eingetragen worden sei, zu dem eine andere Beurteilung im Vergleich zum heute üblichen Sprachgebrauch nicht auszuschließen sei. Außerdem gebe es eine Vielzahl von vergleichbaren Markenanmeldungen, die - auch gerichtlich bestätigt - zurückgewiesen worden seien. Zudem sei jeder konkrete Einzelfall gesondert zu prüfen und zu beurteilen. Die Frage, ob die Bezeichnung "Smartbook" im Eintragungszeitpunkt eine zukünftig freizuhaltende Sachbezeichnung i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gewesen sei, könne in Anbetracht des zu bejahenden Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG offen bleiben.

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Hiergegen hat die Markeninhaberin Beschwerde erhoben.

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Sie hält den Löschungsantrag der Antragstellerin weiterhin für unbegründet. Gegenstand des Löschungsverfahrens sei eines von vier Kennzeichen, das seit 2001 im geschäftlichen Verkehr benutzt werde. Erstmals nach acht Jahren intensiver Benutzung im geschäftlichen Verkehr, in der Werbung, Presseberichterstattung, Fernsehen und Internet, - hierzu hat die Markeninhaberin im einzelnen vorgetragen und Unterlagen vorgelegt - und nachdem die Markeninhaberin seit November 2005 die Marke in ihre Firma aufgenommen habe, habe die Antragstellerin die Behauptung aufgestellt, dass die angegriffene Marke wegen bestehender Schutzhindernisse nicht hätte eingetragen werden dürfen. Die Antragstellerin verfolge mit ihrem Löschungsantrag ausschließlich eigene wirtschaftliche Interessen, da sie die Bezeichnung "Smartbook" für eigene Produkte, für die sie weltweite Marketingaktionen durchführe, verwende. Nachdem die Antragstellerin, die zu den Weltmarktführerin bei der Herstellung u. a. von Prozessoren für Mobiltelefonen gehöre, neue Märkte für sich zu erschließen gesucht und sich für den Eintritt in den wachstumsstarken Markt von kleinen mobilen Computern entschlossen habe, habe sie nach einer Bezeichnung für ihre neuen Produkte gesucht und sich bewusst für das Markenwort "Smartbook", für die sie, die Markeninhaberin, Schutz genieße, entschieden. Im Mai 2009 habe die Antragstellerin dann begonnen, unter der Produktdachbezeichnung "Smartbook" den Vertrieb tragbarer Computer mit speziellen Leistungsmerkmalen anzukündigen. Die zeitliche Koinzidenz von Markteinführung der neuen Produkte durch die Antragstellerin und erstmals aufgestellter Behauptung, die Marke "Smartbook" sowie die weiteren von der Antragstellerin angegriffenen "smartbook"-Marken seien schutzunfähig, sei augenfällig. Die Auffassung der Antragstellerin, der die Markenabteilung gefolgt sei, sei aber unrichtig, da der Bezeichnung "Smartbook" im Zeitpunkt der Markeneintragung keine Schutzhindernisse entgegen gestanden hätten und solche auch heute nicht bestehen würden. "Smartbook" könne nämlich nicht die Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abgesprochen werden. Zumindest im Jahre 2004 habe es sich um eine Wortneuschöpfung und einen Phantasiebegriff gehandelt. Unzutreffenderweise habe die Markenabteilung dem Begriff "Smartbook" in seiner Gesamtheit einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Aussagegehalt zugewiesen, da für den Verkehr nicht ohne weiteres und ohne Unklarheiten erkennbar sei, was der Begriff "Smartbook" bedeute. Der Begriff könne nämlich von dem Verkehr auch als "schickes Notizbuch" verstanden werden oder, wenn man "smart" mit "schlau" übersetze, als "schlaues Buch". Aber selbst wenn man "smart" mit "gerätetechnische Intelligenz" übersetzen würde, könne die Bezeichnung im Zusammenhang mit den registrierten Waren nicht von der Eintragung ausgeschlossen werden. Denn "Book" sei schlicht ein "Buch" und stehe selbst heute nicht stellvertretend für "notebook" oder "Laptop". Die Verkürzung von "Notebook" und "Netbook" auf "Book" entspreche also nicht der Realität. Die Wikipedia-Eintragung zum "E-book" würde gleichermaßen das herkömmliche Verständnis des Wortes "book" als Buch belegen, nämlich als "virtuelles" oder "digitales Buch" und nicht als "tragbarer Computer". Die Tatsache, dass schon im Jahre 2004 einige Hersteller neben einem weiteren Zusatz auch die Komponente "book" für die Bezeichnung ihrer Produkte verwendet hätten, lasse nicht den Schluss zu, dass im Eintragungszeitpunkt "book" in Alleinstellung oder zusammen mit "smart" beschreibend sei und der Gesamtbezeichnung jegliche Unterscheidungskraft fehle, zumal es sich bei den Wortbezeichnungen mit dem Bestandteil "book" um eingetragene Marken wie bei "Mc Book", "Powerbook", "iBook", "MacBook Air", "Toughbook" usw. handele. Zudem gebe es eine Vielzahl von weiteren eingetragenen Wortmarken mit dem Bestandteil "Book" für Waren der Klasse 9 wie "Book Master", "b. book" , "o.book" usw.. Darüberhinaus sei die rein schematische Analyse der Einzelbestandteile, wie sie das DPMA vorgenommen habe, unzulässig, da der Gesamteindruck maßgebend sei. Weder im Jahre 2004 noch im Jahre 2012 denke der Verkehr bei "Smartbook" ohne weiteres an einen tragbaren Computer. "Smartbook" sei eine Wortneuschöpfung und nicht bloß eine Aneinanderreihung beschreibender Begriffe, wie es bei "Smart Laptop" oder "Smart Notebook" der Fall sei. Auch wenn gewisse Assoziationen im Zusammenhang mit den geschützten Waren auf der Hand lägen, würden doch einige gedankliche Zwischenschritte benötigt, um hierin Eigenschaftsangaben zu erkennen. Neben erfolgreichen Eintragungen mit dem Bestandteil "book" oder "Smart" spreche auch die Tatsache, dass immerhin in vier Fällen "Smartbook" als eintragungsfähig angesehen worden sei, für die Auffassung der Markeninhaberin.

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Schließlich sei auch ein Freihaltebedürfnis für "Smartbook" zu verneinen. Die bloße Existenz von Smartphones und Notebooks rechtfertige nicht die Annahme, jedenfalls nicht im Zeitpunkt der Eintragung der Marke, dass der Begriff "Smartbook" als beschreibend verwendet werden könnte. Soweit in einem Artikel der Welt-online vom 10. März 2002 der Begriff "Smartbook" von der Firma G… für das Notebook "1st Supersonic GRPS" verwendet worden sei, scheine dies auf einem Versehen zu beruhen. Jedenfalls habe die Firma G… selbst diesen Begriff nicht zur Bezeichnung ihrer Produkte eingesetzt. Außerdem spreche dagegen, dass die angegriffene Marke dann eine sinnlose Tautologie enthalten würde, da ein Computer oder Notebook per se "gerätetechnische Intelligenz" besitze.

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Bis heute sei das Verständnis von "Smartbook" in dem vom DPMA dargestellten Sinne nicht gegeben. Denn nicht anders sei zu erklären, dass 39,8 % der Personen, die im Rahmen der von der Antragstellerin vorgelegten GfK-Gutachten von Juni/Juli 2010 befragt worden seien, trotz der suggestiven Fragetechnik nicht gewusst hätten, was mit "Smartbook" gemeint sein könnte.

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Die von der Markenabteilung angeführten Entscheidungen zu Bezeichnungen mit einem Bestandteil "Smart" des BGH und des BPatG seien nicht einschlägig, da hierbei jeweils über Bezeichnungen mit einem zweiten Bestandteil zu entscheiden gewesen sei, der klar beschreibend gewesen sei (z. B. "Smartweb"), was vorliegend nicht der Fall sei. Darüberhinaus seien sogar in Großbritannien als dem Mutterland der englischen Sprache Bezeichnungen mit dem Bestandteil "smart" eingetragen worden, so auch zunächst "Smartbook".

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Die Markeninhaberin beantragt (sinngemäß),

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den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Dezember 2010 aufzuheben und den Antrag auf Löschung der angegriffenen Marke 304 11 976 zurückzuweisen.

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Die Markeninhaberin regt ferner an (Schriftsatz vom 10. Februar 2012, Bl. 286 d. A.), die Sache dem EuGH mit der Frage vorzulegen, ob § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen seinem Wortlaut dahingehend zu verstehen ist, dass auch die Eignung eines Zeichens, zukünftig möglicherweise als Produktkategorie verwendet zu werden, ausreichend sei, um eine beschreibende Angabe zu bejahen, wenn es auf eine solche Auslegung dieser Bestimmung ankomme.

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Die Antragstellerin beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

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Sie vertritt die Auffassung, dass die Markenabteilung zu Recht die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet habe, da der Bezeichnung "Smartbook" bereits zum Eintragungszeitpunkt absolute Schutzhindernisse entgegengestanden hätten und diese auch heute noch bestünden. Die Wortkombination sei schon im Jahre 2004 ausschließlich als beschreibende Sachangabe für eine bestimmte Kategorie von Kommunikationsgeräten benutzt worden, so dass ihr jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle. Darüberhinaus bestehe ein Freihaltebedürfnis nach i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

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Die Bezeichnung "Smartbook" sei im Zusammenhang mit den vorliegend registrierten Waren ersichtlich nicht geeignet, im Verkehr auf eine bestimmte betriebliche Herkunft hinzuweisen. Sowohl die Einzelkomponenten wie auch die eingetragene Wortkombination würden im Zusammenhang mit den Waren der Klasse 9, für die sie geschützt sei, keine Unterscheidungskraft besitzen. Die angegriffene Marke setze sich aus den beschreibenden Begriffen "Smart", der die Bedeutung von "gerätetechnische Intelligenz" habe, und "book" zusammen, der im Zusammenhang mit den Waren der Klasse 9 für tragbare Computer bzw. "Notebooks" stehe. Die beiden englischsprachigen Bezeichnungen "Smartphone" und "Notebook" seien dem inländischen Verkehr schon im Jahre 2004 als Gattungsbegriffe allgemein geläufig gewesen. Sogar der aus diesen beiden Begriffen zusammengesetzte Begriff "Smartbook" sei zu diesem Zeitpunkt bereits beschreibend in den Medien verwendet worden. Mit "Smartphone" werde üblicherweise ein Kommunikationsgerät bezeichnet, das neben den Funktionen eines Mobiltelefons auch elektronische Funktionen eines Organizers und die Möglichkeiten der e-mail- und Internetnutzung biete und bereits 1998 von Fach- und Massenmedien als Gattungsbezeichnung für derartige Kommunikationsgeräte verwendet worden sei, wie diverse Artikel in Zeitungen bzw. Fachzeitschriften, so z. B. in der "Welt" vom 1. September 1998, im "Spiegel" vom 22. April 1999, in "Chip" vom 31. Oktober 2003/04. August 2004 usw. (Anlage L 17 - L 20 zum Schriftsatz vom 2. Juli 2010, Bd. III d. Löschungsakte) belegen würden. Wie der Anlage L 17 zu ihrem Schriftsatz vom 2. Juli 2010 (Bd. III d. Löschungsakte) zu entnehmen sei, sei der Begriff "Smartphone" 2003 und damit vor der Eintragung der streitgegenständlichen Bezeichnung so verbreitet gewesen, dass aus Sicht einer Fachzeitschrift eine Orientierungshilfe in Form einer Bestenliste für notwendig angesehen worden sei. Als "Notebook", das schon in den 1980er Jahren von Toshiba eingeführt worden sei, werde ein tragbarer Computer bezeichnet und in den nachfolgenden Generationen von tragbaren elektronischen Computern seien diese Produkte durch Bezeichnungen mit dem angehängten Wortbestandteil "-book" versehen worden, wie "Subnotebook", "Netbook" und eben "Smartbook". Zudem werde der nachgestellte Wortbestandteil "-book" von zahlreichen Computerfirmen zur Bezeichnung verschiedener Modellreihen tragbarer Rechner verwendet, z. B. (Apple) MacBook, (Hewlett Packard) ProBook, (Panasonic) Toughbook, (Toshiba) Dynabook. Der Begriff "Smartbook" sei beschreibend bereits 2002 verwendet worden, nämlich in einem Artikel der Zeitung "Welt" vom 10. März 2002, und damit schon zwei Jahre vor der Eintragung der angegriffenen Marke. In diesem Artikel sei auf das technische Zusammenwachsen von Mobiltelefonen und Computern wie folgt hingewiesen worden: "Das Smartbook bildet eine Kombination aus Notebook und Handy". Ob des beschreibenden Inhaltes der Bezeichnung "Smartbook", das weniger für ein "abgespecktes" Notebook als für ein hochgerüstetes Mobiltelefon stehe, sehe der Verkehr in dieser Bezeichnung keinen betrieblichen Herkunftshinweis. Zudem bestehe ein Freihaltebedürfnis, wie das DPMA schon im Jahre 1999 bei der Markenanmeldung "Smart Book" (Nr. 399 194 533) angenommen habe. Da "Smartbook" gegenwärtig auch als Gattungsbegriff für ein Gerät verwendet werde, welches die typischen Funktionen eines Smartphones und Notebooks in sich vereine, wie die von ihr als Anlagen L 14 und L 15 zum Schriftsatz vom 2. Juli 2010 belegen würden, sei auch dieses Schutzhindernis gegeben.

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Die von der Markeninhaberin angeführten Voreintragungen führten zu keiner Bindungswirkung und könnten eine Schutzfähigkeit der streitgegenständlichen Wortkombination nicht begründen. Im Übrigen sei auch in Großbritannien eine vorläufige Schutzverweigerung ausgesprochen worden wie auch in den anderen englischsprachigen Ländern Australien und Singapur. Bereits in sechs Ländern sei die Bezeichnung "Smartbook" als nicht eintragungsfähig angesehen worden.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

23

Neben dem vorliegenden Beschwerdeverfahren sind hinsichtlich der drei weiteren "smartbook"- Marken 305 05 515, 305 06 417 und 306 57 323 vor dem 30. Senat des Bundespatentgerichts unter den Aktenzeichen 30 W (pat) 32/11, 30 W (pat) 33/11 und 30 W (pat) 34/11 Beschwerdeverfahren anhängig gewesen. Mit Beschlüssen vom 16. Februar 2012 hat der 30. Senat auf die Beschwerden der Markeninhaberin die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts aufgehoben und die Löschungsanträge zurückgewiesen.

II.

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Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthaft. Sie ist aber unbegründet.

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1. Zunächst ist festzustellen, dass die Voraussetzung für die Durchführung des Löschungsverfahrens mit inhaltlicher Prüfung nach § 54 Abs. 2 Satz 3 MarkenG erfüllt ist, nachdem die Markeninhaberin dem Löschungsantrag rechtzeitig innerhalb der Zweimonatsfrist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG widersprochen hat.

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2. Die Markenabteilung hat zu Recht auf den Löschungsantrag der Antragstellerin die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, da ein Löschungsgrund i. S. d. § 50 Abs. 1 MarkenG gegeben ist. Der Senat teilt die Auffassung der Markenabteilung, dass der angegriffenen Marke die erforderliche Unterscheidungskraft im Zeitpunkt der Eintragung gefehlt hat und dass das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auch aktuell besteht. Ob darüber hinaus auch die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 MarkenG gegeben sind, kann dabei offen bleiben.

27

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 429 f., Tz. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850, 854, Tz. 17 - FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 854, Tz. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, 678, Tz. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006, a. a. O.).

28

Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an (Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 29, 30). Die beanspruchten Waren der Klasse 9 sind an Fachleute aus dem IT-Bereich und zudem an Verbraucher gerichtet, die diese Geräte erwerben oder nutzen.

29

Der Verkehr erkannte und erkennt in der Wortkombination "Smartbook" zu den maßgeblichen Zeitpunkten der Eintragung der angegriffenen Marke und der Beschwerdeentscheidung im Zusammenhang mit den registrierten Waren lediglich einen Hinweis auf wesentliche Eigenschaften, Funktionen und Fähigkeiten mit dieser Bezeichnung gekennzeichneten Waren. Der Senat hat seine Feststellung dabei auf der Grundlage mehrerer Umstände getroffen, die in ihrer Gesamtschau diesen Schluss nach der Überzeugung des Senats hinreichend sicher zulassen. Hierfür sind die folgenden Umstände maßgebend.

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Bei der angemeldeten Bezeichnung "Smartbook" handelt es sich um eine schon im Jahre 2004 sprach- und werbeübliche Aneinanderreihung zweier beschreibender Begriffe zu einer ohne weiteres und auf der Hand liegenden verständlichen, schlagwortartigen Sachaussage und damit entgegen der Auffassung der Markeninhaberin nicht um einen Phantasiebegriff. Der Verkehr ist daran gewöhnt, mit neuen schlagwortartigen Begriffen aus der englischen Sprache konfrontiert zu werden, insbesondere im vorliegend relevanten IT-Bereich, durch die ihm sachbezogene Informationen in einprägsamer und schlagwortartiger Form übermittelt werden, ohne hierin einen betrieblichen Herkunftshinweis zu erkennen oder zu sehen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 127). Zwar ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass sich selbst zwei Sachangaben durch ihre Zusammenstellung zu einem unterscheidungskräftigen Zeichen verbinden. Voraussetzung hierfür wäre aber, dass ein merklicher und schutzbegründender Unterschied zwischen der Kombination und der bloßen Summe ihrer Bestandteile besteht (vgl. EuGH GRUR 2006, 680, Tz. 39 - 41 Biomild). Dies ist vorliegend aber nicht der Fall.

31

Die Bezeichnung setzt sich ohne weiteres erkennbar aus zwei Begriffen der englischen Sprache, nämlich "Smart" und "book", zusammen und wird in dieser Wortkombination von dem angesprochenen Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren naheliegend und ausschließlich als "intelligenter (Klein-) Computer" in dem Sinne verstanden, dass das Geräte neben seiner (mobilen) Computerfunktion über weitere Funktionen (z. B. GPS, Telefon-, e-mail-Funktionen) verfügt. Der Begriff "smart" wird mit "klug", "gescheit" und auch mit "gewandt, geschickt, gerissen, raffiniert" übersetzt und hat Eingang in die deutsche Sprache - schon im vorliegend auch entscheidungserheblichen Jahr 2004 - in Kombination mit weiteren Wortbestandteilen in der Bedeutung von "intelligent" im technischen Sinne gefunden, z. B. in smart card (intelligente Plastikkarte), smart chips (intelligente Chips) (s. hierzu die den Beteiligten im Verhandlungstermin vom 16. Februar 2012 übergebene Unterlage, Bl. 294 d. A.). Die Bedeutung und das Verständnis des inländischen Verkehrs von "smart" für "intelligent" im gerätetechnischen Sinne ist dementsprechend in mehreren Entscheidungen des BGH bzw. BPatG vor bzw. weit vor dem 22. Juli 2004 festgestellt worden (vgl. BGH GRUR 1990, 517 "SMART WARE"; BPatG 24 W (pat) 69/96, "SMARTCLOCK"; BPatG 29 W (pat) 22/00, Beschluss vom 20. Juni 2001, "Smart Shop"; BPatG 30 W (pat) 152/02, Beschluss vom 19. Januar 2004, "SMARTKEY" uva., die Entscheidungen des BPatG sind in PAVIS PROMA zu finden). Diese Fälle verdeutlichen außerdem, dass der inländische Verkehr mit Kombinationswörtern mit dem Bestandteil "smart" im technischen bzw. im vorliegend relevanten IT-Bereich vertraut ist, dem die Waren zuzurechnen sind, für die die angegriffene Marke Schutz genießt. Des weiteren gibt es seit geraumer Zeit auf dem Markt und zwar schon vor 2004 das Smartphone, das aus den beiden Begriffen "smart" und "phone" der Abkürzung für "telephone" zusammengesetzt ist, bei dem es sich um ein Mobiltelefon handelt, das über einen großen Bildschirm und eine vollständige Tastatur verfügt und als "intelligentes Telefon, das nicht nur Daten sammelt, sondern auch E-mails und SMS-Nachrichten empfängt" bereits in den Jahren 2002 und 2003 umschrieben worden ist (s. Süddeutsche Zeitung vom 27. Mai 2002, Die Zeit vom 07. August 2003 als Quellen in Quasthoff, Deutsches Neologismenwörterbuch, 2007, Seite 534 genannt; diese Unterlage ist den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 16. Februar 2012 übergeben worden, Bl. 292-293 d. A.).

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Der weitere Wortbestandteil "book" gehört zum englischen Grundwortschatz des inländischen Verkehrs und ist im IT-Bereich u. a. in den Begriffen "notebook", "subnotebook", "netbook" zu finden, wobei das "notebook" zur Bezeichnung einer weiteren Generation von transportablen Computern kleineren Formats bereits 2004 sehr gut bekannt gewesen ist. Diese besonders kompakten und leichten Computer sind schon Ende 1980er Jahre von der Firma Toshiba als "Notebook" auf den Markt gebracht worden und werden im deutschen Sprachraum neben dem Begriff "Laptop" synonym für mobile Computer in kleiner bzw. mittelkleiner Ausführung verwendet (s. Wikipedia, Anlage L 5 zum Schriftsatz der Löschungsantragstellerin vom 14. Dezember 2009, Bd. I der Löschungsakte). Ein "netbook" ist dabei eine hinsichtlich Größe, Preis und Rechenleistung kleinere Variante des "notebook" (s. Wikipedia, Anlage 5 zum Schriftsatz der Löschungsantragstellerin vom 14. Dezember 2009, Bd. I Löschungsakte). Dass der Begriff "notebook" in Deutschland bereits im Jahre 2004 große Bekanntheit erlangt hatte und auch heute noch hat, wird weiter dadurch belegt, dass er Eingang in die deutsche Umgangssprache gefunden hat, wie z. B. blogs belegen (s. hierzu die den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 16. Februar 2012 übergebene Unterlage eines blogs vom 5. März 2003, Bl. 295 d. A.). Die Bedeutung von "Book" als Abkürzung für ein "Notebook" zeigen außerdem Benennungen solcher Gerätetypen von verschiedenen Firmen, die unter Verwendung des Wortbestandteils "book" in Zusammensetzung mit anderen Wortelementen auf den Markt gebracht worden sind, wie "PowerBook", "MacBook", "iBook" oder "Tuxedo Book 501" (s. hierzu die dem Beschluss der Markenabteilung vom 23. Dezember 2010 beigefügten Unterlagen, Bd. III, Bl. 188, 191-198 d. Löschungsakte) oder "ProBook", "Toughbook", "Dynabook" (s. Anlage L 6 zum Schriftsatz der Löschungsantragstellerin vom 14. Dezember 2009, Bd. I der Löschungsakte). Dabei ist das "PowerBook", ein tragbares Macintosh Notebook, von der Firma A… bereits 1991 in den Computermarkt eingeführt worden und damit mehr als zehn Jahre vor der Eintragung der streitgegenständlichen Marke.

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In die Reihe von Wortzusammensetzungen der vorgenannten Art fügt sich die streitgegenständliche Wortkombination "Smartbook" ohne weiteres ein, d. h. von Wortkombinationen im IT-Bereich, mit denen durch den einen Wortbestandteil auf die mit der technischen Entwicklung fortschreitenden weiteren (neuen) Funktionen und Fähigkeiten des Produkts, teilweise durch Verwendung von allgemein einsetzbaren Begriffen, und mit dem anderen Wortelement auf den Gerätetyp hingewiesen wird, wobei regelmäßig schlagwortartige Abkürzungsformen wie bei "phone" in "smartphone" oder "book" in "PowerBook" verwendet werden. Daher wird von dem Verkehr "Smartbook" im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren der Klasse 9 schon 2004 wie auch heute als "intelligenter (kleiner) Computer" verstanden. Die Verbraucher, erst recht die im Bereich der IT-Geräte tätigen Computer-Fachkreise, werden nämlich im Zusammenhang mit den Waren "Computer, Computerperipheriegeräte, Computertastaturen, Datenverarbeitungsgeräte, elektronische Terminkalender, Laptops (Computer), Mäuse (Datenverarbeitung), Monitore (Computerhardware), Notebooks (Computer), tragbare Stereogeräte" das Wort "book" heute wie damals ohne weiteres als Abkürzung für Notebooks bzw. kleine Computer in dem Gesamtbegriff "Smartbook" erkennen, zumal Notebooks und Laptops, die unter den Oberbegriff Computer fallen, zu den geschützten Waren gehören. Aber auch im Zusammenhang mit den weiteren Waren, für die die angegriffene Marke Schutz genießt, liegt es nahe, dass "book" für notebook steht, da es sich bei allen diesen Waren um solche aus dem Computer- bzw. IT-Bereich handelt und diese als Peripherie-Geräte bzw. Zubehör für ein Smartbook bzw. zur Anwendung von Smartbooks verwendet werden können.

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Dieses Verständnis des Verkehrs von "Smartbook" jedenfalls schon im Jahre 2004 wird bestätigt durch die Verwendung des Begriffs im vorgenannten Sinne, nämlich einem Notebook mit intelligenten Funktionen, in sogenannten blogs (s. hierzu die den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 16. Februar 2012 übergebenen Unterlagen von Blogs vom 5. März 2003 und 27. November 2003, Bl. 295 - 296 d. A.). Des weiteren ist der Begriff "Smartbook" in einem in dieser Weise beschreibenden Sinne in einem Zeitungsartikel von Welt-Online vom 10. März 2002 verwendet und dabei gerade nicht markenmäßig benutzt worden. Der Artikel trägt nämlich die Überschrift "Notebook zum Telefonieren" und im ersten Absatz wird diese Produkteigenschaft von Smartbook im Folgenden näher beschrieben: "Zwischen dem Desktop-PC und dem Handy hat sich mittlerweile eine große Produktpalette ausgebreitet, zum Beispiel Notebooks, Organizer und Smartphones. Eine Lücke zwischen diesen Kommunikationsgeräten schließt jetzt Gericom. Das Smartbook bildet eine Kombination aus Notebook und Handy." (s. Anlage L 26 zum Schriftsatz vom 2. Juli 2010, Bd. III der Löschungsakte). Im August 2009 gab es im Internet eine Meldung mit folgender Überschrift: "Gerücht: Sony Ericsson baut ein Smartbook", sodann hieß es weiter: "Sony Ericsson will in Kürze ein sogenanntes Smartbook vorstellen. Dabei soll es sich nicht um ein Handy, sondern um einen kleinen, portablen Computer handeln." (s. www.chip.de/news/Geruecht-Sony-Ericsson-baut-ein-Smartbook 37592031.html; diese Unterlage ist den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 16. Februar 2012 übergeben worden, Bl. 297 d. A.). Auch in der Kombination seiner beschreibenden Bestandteile erlangt danach die angegriffene Marke "Smartbook" keinen phantasievollen Überschuss, der ihr Unterscheidungskraft verleihen könnte, sondern die Wortfolge besitzt auch in ihrer Gesamtheit ausschließlich einen in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klasse 9 sachbezogenen Aussagegehalt. Auch der Umstand, dass "Smartbook" bei dem Verständnis von "intelligentem (kleinen) Computer" im Sinne einer Tautologie verstanden werden könnte, da Computer per se über gewisse gerätetechnische Intelligenz verfügen, führt nicht zu einem schutzbegründenden Überschuss, da der Verkehr an solche Stilmittel gewöhnt ist, wie der Begriff "Smartphone" zeigt, ohne hierin einen Herkunftshinweis zu erkennen. Im Übrigen wird der Verkehr in der angegriffenen Bezeichnung die sachbezogene Aussage erkennen, dass ein "smarter" Computer aufgrund zusätzlicher neuer Funktionalitäten und Bedienungsmöglichkeiten über eine weitergehende gerätetechnische Intelligenz verfügt.

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Selbst wenn der angesprochene Verkehr "Smartbook" 2004 nicht in seiner konkreten Ausgestaltung als eine Kombination von Notebook und Handy verstanden haben sollte, ist dieser Wortkombination dennoch keine Unterscheidungskraft zuzubilligen, da nach den obigen Ausführungen hinsichtlich dieser Wortkombination jedenfalls ausschließlich ein sachbezogenes Verständnis besteht. Unerheblich für ein sachbezogenes Verständnis der Wortfolge ist nämlich, dass sich der Wortfolge als solcher nicht entnehmen lässt, durch welche einzelnen konkreten Funktionen der "intelligente (Klein)Computer" zum "Smartbook" wird bzw. auf welche Art und Weise diese sich in Zusammenhang mit dem jeweiligen Waren äußert, da auch zusammenfassende oberbegriffsartige Ausdrücke und Wortfolgen einen beschreibenden und sachbezogenen Charakter in Bezug auf Waren haben können (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt; 2008, 397 [Tz. 15] - SPA II; WRP 2009, 960 [Tz. 15] - DeutschlandCard).

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Soweit die Markeninhaberin gegen ein Verständnis des Verkehrs im Jahre 2004 im vorstehend dargestellten jedenfalls eng beschreibenden Sinne argumentiert, dass der Verkehr den Wortbestandteil "book" nicht als Abkürzung für ein "notebook" bzw. "netbook" angesehen, sondern schlicht als "Buch" entsprechend seiner wörtlichen Übersetzung verstanden hätte, kann dieser Auffassung im hier zu beurteilenden konkreten Kontext nicht zugestimmt werden. Zum einen wird bei einem solchen Verständnis nicht in ausreichender Weise berücksichtigt, dass eine Wortkombination zu bewerten ist und nicht der Begriff "book" in Alleinstellung. Zum anderen würde hierbei die technische Entwicklung von Computergeräten und die damit einhergehenden Sprachentwicklung und das nachgewiesene Sprachverständnis des Verkehrs schon im Jahre 2004 sowie in Anbetracht des stets zu berücksichtigenden Umstandes, dass die Bezeichnung, für die Markenschutz beansprucht wird, stets im Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen - hier für Computer, Notebooks und Computerzubehör - zu bewerten ist, nicht hinreichend Rechnung getragen. Auch führt die Tatsache, dass unter der Bezeichnung "SMART BOOK" im Oktober 2000 in den USA ein Patent für einen mit einem Buch verbundenen Schlüssel (Webadresse oder Barcode), mit dem die Anzahl gefertigter Kopien von Büchern aufgenommen und nachgehalten werden kann, angemeldet worden und dann im Jahre 2005 auch zur Eintragung gelangt ist, nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn die Frage, ob eine Bezeichnung schutzfähig ist, ist stets im Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen, für die sie geschützt werden soll, zu bestimmen. Das Patent "SMART BOOK" betrifft aber nicht einen Computer, Notebook oder deren Zubehörteile. Aber selbst wenn der angesprochene Verkehr den Wortbestandteil "book" in "Smartbook" als "Buch" und die Wortfolge als "digitales Buch" bzw. "intelligentes Buch" verstehen würde, würde diese Auffassung nicht zur Schutzfähigkeit der streitgegenständlichen Wortfolge führen, da auch dann eine in Bezug auf die Waren der Klasse 9 eng beschreibende Sachangabe vorläge. Denn auch bei "digitalen" bzw. "intelligenten Büchern" oder sogenannten E-books kann es sich letztlich um spezielle Computer handeln. Zudem ist zu beachten, dass selbst eine Mehrdeutigkeit einer Bezeichnung regelmäßig dann nicht zur Schutzfähigkeit führt, wenn zumindest eine der Bedeutungen für die beanspruchten Produkte beschreibenden Charakter hat (vgl. EuGH GRUR 2004, 147 [Tz. 32] - DOUBLEMINT; BGH GRUR 2008, 900 [Tz. 15] - SPA II), was hier der Fall ist.

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Ob es sich bei "Smartbook" zum Eintragungszeitpunkt um eine in der Bundesrepublik Deutschland noch nicht verwendete Wortkombination bzw. um eine Wortneuschöpfung handelt, wie die Markeninhaberin behauptet, ist fraglich, kann aber letztlich dahinstehen. Denn die Neuheit einer Wortbildung ist weder eine unabdingbare Voraussetzung für deren Eintragungsfähigkeit noch begründet sie für sich gesehen eine hinreichende Unterscheidungskraft (s. EuGH GRUR 2006, 680, Tz. 39 - 41 Biomild; vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 139). Daher ist für die Annahme des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG - entgegen der Auffassung des Markeninhaberin - auch kein lexikalischer oder sonstiger Hinweis erforderlich, dass die Angabe oder das Zeichen bereits im Verkehr geläufig ist oder verwendet wird. Dementsprechend ist auch unerheblich, ob die Bezeichnung bereits im Internet durch eine Suchmaschine feststellbar ist oder nicht (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O).

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Im Übrigen sind allerdings nur solche Begleitumstände des Löschungsverfahrens zu berücksichtigen, die unmittelbar die Tatbestandsvoraussetzungen des § 50 Abs. 1 und 2 MarkenG i. V. m. den §§ 3, 7 und 8 MarkenG einschließlich des vorgenannten Verkehrsverständnisses betreffen. Insbesondere ist es unerheblich, dass zwischen der Eintragung der angegriffenen Marke und dem Einreichen des Löschungsantrags mehrere Jahre liegen. Denn gemäß § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG kann ein Löschungsantrag, der - wie im vorliegenden Fall - auf absolute Schutzhindernisse i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 - 3 MarkenG gestützt wird, innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren seit dem Tag der Eintragung gestellt werden. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb ein Antragsteller diese Frist nicht ausschöpfen können sollte, zumal es sich insoweit um eine Sonderregelung handelt, die die Anwendung der allgemeinen Grundsätze der Verwirkung kennzeichenrechtlicher Ansprüche grundsätzlich ausschließt (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 50, Rdn. 15). In diesem Zusammenhang sind auch die Motive des Antragsstellers grundsätzlich unbeachtlich. Insbesondere kann nicht beanstandet werden, dass ein Antragsteller einen Löschungsantrag - erst - dann stellt, wenn er die Nutzung des angegriffenen Zeichens für seine eigenen Zwecke beabsichtigt. Wäre in einem solchen Fall die Möglichkeit, Löschungsantrag zu stellen, verwehrt oder wesentlich eingeschränkt, wäre auch die praktische Bedeutung des Löschungsverfahrens auf seltene Ausnahmefälle reduziert, was nicht der gesetzgeberischen Intention entsprechen kann. Ein langer Zeitraum zwischen Markeneintragung und Löschungsantragstellung kann allenfalls in tatsächlicher Hinsicht deswegen bedeutsam sein - hierin ist der Markeninhaberin zuzustimmen -, als die bei der Beurteilung des Vorliegens eines Löschungsgrundes zu treffenden Feststellungen zunehmend schwieriger werden, je länger der Zeitpunkt, auf den sich die Feststellung bezieht, zurückliegt (s. hierzu auch die amtl. Begründung zu § 50 MarkenG, BlPMZ Sonderheft 1994, Seite 90). Auch können Schutzhindernisse durch intensive Benutzung des Zeichens als Marke überwunden werden. Für eine Verkehrsdurchsetzung der vorliegend angegriffenen Marke nach § 8 Abs. 3 MarkenG bestehen aber keine ausreichenden Anhaltspunkte. Ob im übrigen die Bezeichnung "Smartbook" als Benutzungsmarke nach § 4 Nr. 2 MarkenG Schutz erlangt hat, ist für die rein registerrechtliche Beurteilung im Löschungsverfahren unerheblich.

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Die eingetragene Bezeichnung weist im übrigen auch keine solche ungewöhnliche Struktur oder weitere Besonderheit syntaktischer oder semantischer Art auf, die von einem rein sachbezogenen Aussagegehalt wegführen könnte. Vielmehr handelt es sich um einen werbeüblich gebildete, schlagwortartige Wortkombination, die über den dargelegten Sachbezug hinaus keine Besonderheiten aufweist, aufgrund derer sie auf eine bestimmte betriebliche Herkunft der damit gekennzeichneten Waren hinweisen könnte.

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Nach den vorstehenden Ausführungen zur Unterscheidungskraft spricht zudem einiges dafür, dass die Wortkombination "Smartbook" im Zusammenhang mit den Waren der Klasse 9 als eine die Art und Beschaffenheit der beanspruchten Waren beschreibende Angabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG anzusehen ist, was aber letztlich dahin stehen kann, da jedenfalls das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bestand und auch fortbesteht.

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Ob darüber hinaus der Löschungsgrund nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG gegeben ist, kann ebenfalls dahingestellt bleiben.

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Soweit die Markeninhaberin auf aus ihrer Sicht vergleichbare Voreintragungen verwiesen hat, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung, abgesehen davon, dass es auch eine Vielzahl anderslautender Entscheidungen gibt. Bestehende Eintragungen sind zwar zu berücksichtigen, vermögen aber keine für den zu entscheidenden Fall rechtlich bindende Wirkung zu entfalten. Dies hat der EuGH mehrfach entschieden (ständige Rspr., vgl. EuGH GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229 [Tz 47-51] - BioID; GRUR 2004, 674 [Tz. 42 - 44] - Postkantoor; GRUR 2004, 428 [Tz. 63] - Henkel). Dies entspricht auch ständiger Rechtsprechung des Bundespatentgerichts und des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH GRUR 2008, 1093 [Tz. 18] - Marlene-Dietrich-Bildnis; zuletzt BGH GRUR 2011, 230, Tz. 12 - SUPERgirl; BPatG GRUR 2007, 333 - Papaya). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein auf der Grundlage des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist. Aus dem Gebot rechtmäßigen Handelns folgt, dass sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann, um eine identische Entscheidung zu erlangen. Erst recht haben etwaige ausländische Voreintragungen identischer oder vergleichbarer Marken hinsichtlich der Schutzfähigkeit weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 45 und 46 m. w. N.).

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3. Die Rechtsbeschwerde war zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Im Hinblick darauf, dass die Frage, welche rechtlichen Anforderungen hinsichtlich der Verkehrsauffassung in Bezug auf einen mehrere Jahre zurückliegenden Zeitpunkt - hier fast acht Jahre - zu stellen sind, von dem erkennenden Senat und dem 30. Senat des Bundespatentgerichts (Beschlüsse vom 16. Februar 2012, Az.: 30 W (pat) 32/11, 33/11, 34/11) bei teilweise fast identischen Marken und in Teilen übereinstimmenden Warenverzeichnissen unterschiedlich beurteilt worden ist, erscheint die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

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4. Eine Vorlage an den EuGH zur Vorabentscheidung ist nicht angezeigt. Die von der Markeninhaberin angeregte Fragestellung war nicht entscheidungserheblich.

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5. Für eine Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen bestand kein Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.