Entscheidungsdatum: 28.02.2013
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 306 02 719
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. Februar 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, des Richters Metternich und der Richterin Grote-Bittner
beschlossen:
Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
I.
Die am 18. Januar 2006 angemeldete Bezeichnung
Actimeb
ist am 5. Juli 2006 für die nachfolgend genannten Waren der Klassen 5, 30, 31 unter der Nummer 306 02 719 eingetragen worden:
Klasse 5:
Medizinische Getränke; diätetische/medizinische Lebensmittel zur Gesundheitspflege auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination; Futtermittelzusätze für medizinische Zwecke;
Klasse 30:
Getreidepräparate für Nahrungszwecke; Wirkstoffmischungen für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Kohlenhydraten, Ballaststoffen, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 30 enthalten;
Klasse 31:
Samenkörner, unverarbeitetes Getreide, Obst und Gemüse in frischer Form, frische Kräuter, Zusatzfuttermittel, Futtermittelzusätze nicht für medizinische Zwecke, nämlich Wirkstoffmischungen auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination; Sämereien, Kerne und Samenpräparate, soweit in Klasse 31 enthalten; Saatgut, Futtermittel; Getreidepräparate für Fütterungszwecke.
Gegen die Eintragung dieser Marke hat die Inhaberin der älteren, am 20. Oktober 1994 für die Waren der
Klasse 29:
Lait, produits laitiers, boissons lactées où le lait prédomine;
Klasse 30:
Glaces comestibles;
Klasse 32:
Boissons à base de lait;
international registrierten Marke IR 628 856
ACTIMEL
Widerspruch erhoben.
Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in einem ersten Beschluss auf den Widerspruch die Löschung der angegriffenen Marke hinsichtlich der Waren der
Klasse 5:
diätetische Lebensmittel zur Gesundheitspflege auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelemente, entweder einzeln oder in Kombination;
und der
Klasse 30: Getreidepräparate für Nahrungszwecke;
angeordnet und im Übrigen den Widerspruch zurückgewiesen. Hiergegen haben beide Beteiligte Erinnerung eingelegt. Mit Beschluss vom 13. Oktober 2010 sind auf die Erinnerung der Widersprechenden der Erstbeschluss teilweise aufgehoben worden, die Löschung der angegriffenen Marke in Bezug auf weitere Waren der Klasse 5, nämlich
Medizinische Getränke; medizinische Lebensmittel zur Gesundheitspflege auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelemente, entweder einzeln oder in Kombination,
angeordnet und die Erinnerung der Markeninhaberin zurückgewiesen worden.
Nach Ansicht der Erinnerungsprüferin ist von einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für die Waren „ produits laitiers “ auszugehen, nachdem die Widersprechende die Benutzung der Widersprechende für die Produkte „Joghurt“ und „Joghurt-Drinks“ in einem relevanten Umfang in Deutschland nachgewiesen habe. Die jährlichen Umsätze der Widersprechenden mit diesen Produkten hätten nämlich in den Jahren 2004 bis 2006 zwischen … Euro und … Euro betragen (gemeint sind … Millionen Euro und … Millionen Euro), was diese durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft gemacht habe. Zudem könne eine gesteigerte Kennzeichnungskraft aufgrund der Bekanntheit der Marke „Actimel“ für die Produkte „Joghurt und Joghurt-Drink“, die unter die eingetragenen Waren „ produits laitiers “ zu subsumieren seien, als amtsbekannt gelten. Entgegen der Auffassung der Inhaberin der jüngeren Marke könne die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht deshalb als geschwächt angesehen werden, weil es einige eingetragene Drittmarken mit dem Bestandteil „ Acti “ gebe. Es sei nämlich weder unstreitig noch amtsbekannt oder von der Inhaberin der angegriffenen Marke glaubhaft gemacht, dass es solche Drittmarken in großer Zahl im engsten Ähnlichkeitsbereich der Widerspruchsmarke gebe, die auch benutzt werden. Denn allein die Registrierung von Marken besage nichts über ihre Benutzung.
Die Vergleichmarken „ACTIMEL“ und „ Actimeb “ seien in klanglicher Hinsicht verwechselbar ähnlich, da sie den gemeinsamen Markenbestandteil „Actime-“ aufweisen und in Wortlänge, Silbenzahl, Vokalfolge und im Sprech- und Betonungsrhythmus völlig übereinstimmen würden. Die Unterschiede nur in dem einen Schlussbuchstaben mit „b“ einerseits und „l“ andererseits seien nicht geeignet, eine klangliche Verwechslungsgefahr zu verhindern.
Bei einer derart hohen Markenähnlichkeit müsste der Abstand der sich gegenüberstehenden Waren groß sein, um eine Verwechslungsgefahr ausschließen zu können. Ein ausreichend großer Warenabstand sei aber zwischen den Vergleichsmarken nicht gegeben, vielmehr sei von Ähnlichkeit der Vergleichswaren auszugehen. So bestehe Warenähnlichkeit zwischen den Waren „Diätetische Lebensmittel für medizinische Zwecke“ einerseits und „Milchprodukte“ andererseits, wie das Bundespatentgericht bereits mit Beschluss vom 8. Juli 1999 festgestellt habe (25 W (pat) 177/98 – netto/Netto 62). Dementsprechend seien auch „diätetische Lebensmittel zur Gesundheitspflege auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination“, für die die jüngere Marke geschützt sei, zu den Widerspruchswaren „ produits laitiers “ ähnlich.
Für die Waren „Getreidepräparate für Nahrungszwecke“ und „ produits laitiers “ sei ebenfalls eine bestehende Ähnlichkeit festzustellen, da diese eine gemeinsame, einander ergänzende Verwendung aufweisen würden, wie dies bei Müsli und Joghurt der Fall sei.
In Bezug auf die Waren „Medizinische Getränke“ einerseits und „medizinische Lebensmittel zur Gesundheitspflege auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination“ andererseits sei anzunehmen, dass bestimmte Produkte sowohl als Lebensmittel als auch als Arzneimittel verwendet werden könnten. Diese seien u.a. unter dem Begriff „functional food“ bekannt. Beispielsweise werde Joghurt angeboten, der mit einer positiven gesundheitlichen Wirkung beworben werde, auch wenn eine solche Wirkungsweise wissenschaftlich umstritten sei. Trotzdem sei der Durchschnittsverbraucher an diese Betonung des gesundheitsfördernden Aspekts gewöhnt. Da in dieser Weise beworbene Joghurts bzw. Trink-Joghurts auch unter die Waren „ produits laitiers “ fielen, sei auch hier Warenähnlichkeit gegeben.
Dagegen wendet sich die Markeninhaberin mit ihrer Beschwerde.
Sie ist der Auffassung, dass zwischen den Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr gegeben sei, da die angegriffene Marke den erforderlichen markenrechtlichen Abstand zu der Widerspruchsmarke einhalte. Dabei argumentiert sie im Wesentlichen damit, dass entweder von Warenunähnlichkeit oder zumindest von einem deutlichen Warenabstand der Vergleichswaren und allenfalls von einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in Bezug auf die Waren „Joghurt und Joghurt-Drinks“ nicht aber – wie die Markenstelle angenommen habe – hinsichtlich der umfassenderen Waren „ produits laitiers “ auszugehen sei.
Ein deutlicher Warenabstand bis zur Warenunähnlichkeit ergebe sich daraus, dass von dem Warenverzeichnis der jüngeren Marke keine Milchprodukte erfasst seien und das Verzeichnis der älteren Marke ausschließlich Lebensmittel mit Milchbestandteilen beinhalte. Zudem sei die Widerspruchsmarke im Gegensatz zu der angegriffenen Marke nicht für Waren der Klasse 5 geschützt. Im Einzelnen führt sie noch aus:
Bei dem Warenvergleich habe die Markenstelle in Bezug auf die Waren „Getreidepräparate für Nahrungszwecke“ der jüngeren Marke hinsichtlich des Schutzbereichs auf einen kleinen Bereich, nämlich z.B. auf Müsli-Produkte, abgestellt, obwohl unter die Waren „Getreidepräparate für Nahrungszwecke“ eine Vielzahl von Getreide enthaltenden Lebensmitteln - wie etwa Brot und andere Backwaren – fielen, bei denen eine Wechselwirkung zu den Widerspruchswaren „ produits laitiers “ nicht gegeben sei, so dass insoweit Warenunähnlichkeit anzunehmen sei. Auch seien die Vergleichswaren „diätetische Lebensmittel zur Gesundheitspflege auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination“ einerseits und „Milchprodukte“ andererseits nicht ähnlich. Diätetische Lebensmittel würden häufig nicht von denselben Unternehmen hergestellt, die „normale“ Lebensmittel produzierten. Weiterhin müssten sich nach § 1 II Nr. 3 DiätVO diätetische Lebensmittel deutlich von Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs unterscheiden. Milchprodukte seien aber Produkte des allgemeinen Verzehrs und daher nicht entsprechend gekennzeichnet. Weiterhin seien keine diätetische Milchprodukte der Widersprechenden bekannt. Darüber hinaus könne von der Bewerbung des gesundheitsfördernden Aspekts nicht auf ein diätetisches Lebensmittel geschlossen werden. Dies gelte gleichermaßen für „medizinische Getränke; medizinische Lebensmittel zur Gesundheitspflege auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination“.
Die Markeninhaberin hat in der mündlichen Verhandlung vom 28. Februar 2013 das Warenverzeichnis der angegriffenen Marke in Bezug auf die Waren der Klasse 5 „medizinische Getränke“ wie folgt beschränkt: „ausgenommen Malzmilchgetränke für medizinische Zwecke, Milchfermente für medizinische Zwecke und Milchzucker“.
Die Markeninhaberin beantragt,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Januar 2009 und vom 13. Oktober 2010 aufzuheben, soweit aufgrund des Widerspruchs aus der Marke IR 628 856 die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet wurde, und den Widerspruch auch insoweit zurückzuweisen.
Die Markeninhaberin regt hilfsweise die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Frage der Warenähnlichkeit an.
Die Widersprechende beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verweist im Wesentlichen auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Ausführungen der Markenstelle in dem angefochtenen Erinnerungsbeschluss. Zur Frage der Warenähnlichkeit trägt sie ergänzend vor, dass die Grenzen zwischen Milchprodukten und diätetischen und medizinischen Lebensmitteln immer mehr verschwimmen würden und eine Firma des Nestlé-Konzern – zu dem die Widersprechende gehöre - eine hyperallergene Spezialnahrung bei Nahrungsmittelallergien vertriebe. Die Widerspruchsmarke verfüge aufgrund ihrer Bekanntheit über eine erhöhte Kennzeichnungskraft. Beleg hierfür sei u.a. die Tatsache, dass die Bezeichnung „Actimel“ in der freien Enzyklopädie Wikipedia zu finden sei. Wegen der Übereinstimmung in sechs von sieben Buchstaben, der identischen Vokalfolge und der Identität im Wortanfang bestehe eine hochgradige Zeichenähnlichkeit der Vergleichsmarken.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthaft.
Die Beschwerde ist aber unbegründet. Entgegen der Auffassung der Inhaberin der angegriffenen Marke besteht zwischen den Vergleichsmarken hinsichtlich der Waren der angegriffenen Marke, die - nach in der mündlichen Verhandlung vom 28. Februar 2013 erklärter Beschränkung des Warenverzeichnisses durch die Inhaberin der jüngeren Marke - noch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, so dass insoweit von der Markenstelle zu Recht die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet (§ 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG) und die Erinnerung der Markeninhaberin zurückgewiesen worden sind.
Nach Beschränkung des Warenverzeichnisses sind noch folgende Waren der angegriffenen Marke Gegenstand des Beschwerdeverfahrens:
Klasse 5:
Medizinische Getränke ausgenommen Malzmilchgetränke für medizinische Zwecke, Milchfermente für medizinische Zwecke und Milchzucker; diätetische/medizinische Lebensmittel zur Gesundheitspflege auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelemente, entweder einzeln oder in Kombination;
Klasse 30:
Getreidepräparate für Nahrungszwecke.
1.
Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (EuGH GRUR 2006, 237, Tz. 18 - PICASSO ; GRUR 1998, 387, Tz. 22 - Sabèl/Puma). Ihre Beurteilung bemisst sich insbesondere nach der Identität oder Ähnlichkeit der Waren, der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und dem Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. BGH GRUR 2008, 258 – INTERCONNECT/T-InterConnect; BGH MarkenR 2009, 399 - Augsburger Puppenkiste; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9, Rdn. 40).
Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht zwischen den Vergleichsmarken, die nahezu vollständig - bis auf einen einzigen Buchstaben am Wortende – übereinstimmen, selbst dann Verwechslungsgefahr, wenn zugunsten der Inhaberin der angegriffenen Marke eine nur durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke unterstellt wird und ein deutlicher Warenabstand angenommen wird. Eine Verwechslungsgefahr ist erst Recht gegeben, soweit sich die Vergleichsmarken auf durchschnittlich ähnlichen Waren begegnen.
a)
Eine relevante Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren kann angenommen werden, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer, für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe, so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder gegebenenfalls wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9 Rdn 58, vgl z.B. BGH, GRUR 2004, 241, 243 - GeDIOS; GRUR 2007, 321 Tz. 20 - COHIBA; GRUR 2008, 714, Tz. 32 - idw). Hiervon ausgehend können sich die Vergleichsmarken auf Waren begegnen, die teilweise zumindest durchschnittlich und im Übrigen etwas weiter entfernt ähnlich sind.
Zwischen den „diätetischen Lebensmitteln zur Gesundheitspflege auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelemente, entweder einzeln oder in Kombination“ der angegriffenen Marke einerseits und „Milch, Milchprodukte, Milchgetränke“ der Widerspruchsmarke andererseits gibt es enge Überschneidungen, da es sich jeweils um Lebensmittel handelt, die zudem bei Verwendung bestimmter Zusatz- oder Austauschstoffe für bestimmte Personengruppen bzw. für besondere Ernährungszwecke (Personen mit Gewichtsproblemen zur Gewichtsreduzierung, unter Störung des Glucosestoffwechsels leidende Personen, d.h. Diabetiker) bestimmt und geeignet sein können. „Medizinische Lebensmittel zur Gesundheitspflege….“ umfassen z.B. auch solche Lebensmittel, die der Gewichtsreduzierung oder allgemein der Förderung einer besseren Verdauung dienen, d.h. mit denen ein solcher Effekt erzielt werden kann. Allein wegen dieser Zweckbestimmung besteht aber kein signifikanter Unterschied zu sonstigen Lebensmitteln. Auch kalorienreduzierte Milchprodukte, wie z.B. Joghurt, der Zuckerersatzstoffe oder fettreduzierte Inhaltsstoffe enthält und mit z.B. den Attributen „0,1 % Fett“, „Fettarmer Joghurt“ oder „light“ beworben wird, können diesen medizinischen Anforderungen entsprechen, ohne dass sie einer ausdrücklichen medizinischen Zweckbestimmung folgen müssten (s. hierzu ausführlich die Senatsentscheidung vom 15. Juli 2004, Seite 8 ,9 – 25 W (pat) 152/02 „ SUNGOLD./. SUN GOLD “, die den Beteiligten mit Senatsverfügung vom 5./6. November 2012 als Anlage 1 übermittelt worden ist). Gleichermaßen gilt dies für „Medizinische Getränke ausgenommen Malzmilchgetränke für medizinische Zwecke, Milchfermente für medizinische Zwecke und Milchzucker“ der angegriffenen Marke einerseits und „Milchgetränke mit überwiegendem Milchanteil“ der Widerspruchsmarke andererseits, zumal es sich bei beiden Produkten um flüssige Nahrungsmittel bzw. Getränke handelt und daher noch größere Überschneidungen gegeben sind. Der im Beschwerdeverfahren eingefügte Disclaimer („ausgenommen Malzmilchgetränke für medizinische Zwecke, Milchfermente für medizinische Zwecke und Milchzucker“) vermag einen relevanten Warenabstand nicht herzustellen. Denn Unterschiede in der Zusammensetzung bezüglich einer möglichen (Haupt)Komponente von medizinischen Getränken beseitigt nicht die übrigen wesentlichen Übereinstimmungen der Vergleichswaren, wie ergänzende Wirkung, Verwendungszweck, stoffliche Beschaffenheit.
Zwischen den zugunsten der angegriffenen Marke geschützten Waren der Klasse 30 „Getreidepräparate für Nahrungszwecke“ einerseits und den Waren „Milch, Milchprodukte“ der Widerspruchsmarke andererseits ist von der Markenstelle eine Warenähnlichkeit ebenfalls zutreffend bejaht worden, da diese Produkte sich im Ernährungsbereich ergänzen können. Zu den vorgenannten Waren der Klasse 30 gehören u.a. Müsli, Cornflakes uä, die häufig mit Milch oder Joghurt konsumiert werden, wobei sogar Müsli-Joghurts auf dem Markt angeboten werden (siehe zur Warenähnlichkeit: Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 15. Aufl., S. 116, rechte Spalte, mit Verweis auf die Entscheidung der 2. Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts R 498/07- 2 [diese Unterlagen sind den Beteiligten mit der Senatsverfügung vom 5./6. November 2012 als Anlage 2 übersandt worden], wobei der Senat anders als die 2. Beschwerdekammer im Hinblick auf die stofflichen Unterschiede der Vergleichswaren und die regelmäßig unterschiedlichen Produktionsbetriebe keine hochgradige Ähnlichkeit, sondern einen etwas deutlicheren Warenabstand als gegeben ansieht). Soweit die Inhaberin der jüngeren Marke meint, dass beim Warenvergleich nur mit „Müsli, Cornflakes“ in Bezug auf die Waren „Getreidepräparate für Nahrungszwecke“ eine zu enge Betrachtungsweise angestellt werde, da von den Waren „Getreidepräparate für Nahrungszwecke“ auch Brot und andere Backwaren erfasst seien, bei denen aber eine funktionale Wechselwirkung zu den Widerspruchswaren „ produits laitiers “ nicht gegeben sei, ist dieser Ansicht nicht zu folgen. Denn bei der Verwendung von Warenoberbegriffen im Warenverzeichnis sind grundsätzlich alle unter den Oberbegriff fallende Waren zu berücksichtigen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl, § 9, Rdn. 75), und bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr sind insbesondere die Einzelwaren maßgeblich, welche die größte Annäherung zu den Widerspruchswaren aufweisen.
b)
Der Senat geht bei seiner Entscheidung zugunsten der Inhaberin der angegriffenen von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft und damit von einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus. Ob die Widerspruchsmarke sogar über eine erhöhte Kennzeichnungskraft aufgrund gesteigerter Verkehrsbekanntheit verfügt, wofür einiges spricht – so ist die Bezeichnung „Actimel“ als Marke der Widersprechenden in der freien Enzyklopädie Wikipedia zu finden und auch allen Senatsmitgliedern aus der Werbung bekannt –, kann letztlich dahingestellt bleiben, da dies das Ergebnis nicht beeinflusst. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke mindernde Aspekte sind jedenfalls nicht gegeben. Das Widerspruchszeichen stellt eine phantasievolle Bezeichnung ohne beschreibenden Bezug zu den registrierten Waren „Milch, Milchprodukte, Milchgetränke mit überwiegendem Milchanteil“ und „Speiseeis“ dar. Soweit die Inhaberin der angegriffenen Marke die Widerspruchsmarke in ihrer Kennzeichnungskraft durch Drittmarken mit dem Bestandteil „ Acti “ als geschwächt ansieht, fehlt es – wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat – an einer liquiden Drittbenutzung solcher Marken (s. zur Frage der Schwächung der Kennzeichnungskraft durch Drittmarken: Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9, Rdn. 152, 154).
c)
Ausgehend von diesen Umständen hält die angegriffene Marke den gebotenen Zeichenabstand zur Widerspruchsmarke nicht ein.
Eine für das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr relevante Markenähnlichkeit kann in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht bestehen, wobei es für die Annahme einer Verwechslungsgefahr grundsätzlich ausreicht, wenn zwischen den jeweiligen Vergleichsmarken nur in einer dieser Kategorien ausreichende Übereinstimmungen festzustellen sind (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9, Rdn. 224 m.w.N.).
Schriftbildlich sind die Vergleichsmarken hochgradig ähnlich, zumal beim schriftbildlichen Vergleich neben den registrierten Markenformen auch alle anderen verkehrsüblichen Schreibweisen zu berücksichtigen sind (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9 Rdn. 252). Die Vergleichsmarken stimmen bei gleicher Wortlänge in sechs von sieben Buchstaben überein und weichen nur in einem Buchstaben am jeweiligen Wortende mit „l“ einerseits und „b“ andererseits voneinander ab. Insbesondere in der Kleinschreibung mit großem Anfangsbuchstaben fallen bei gleichen Oberlängen die Abweichungen in den Endungen ob der Umrisscharakteristika von „l“ und „b“ kaum ins Gewicht, wobei aber andererseits zu berücksichtigen ist, dass zum einen neben den Wortanfängen insbesondere auch die Wortendungen die Umrisscharakteristik der Vergleichszeichen in besonderer Weise prägen und zum anderen das Schriftbild von Marken im Gegensatz zu dem schnell verklingenden Wort erfahrungsgemäß eine genauere und in der Regel wiederholte Wahrnehmung der Bezeichnung gestattet (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9 Rdn. 251 m.w.N.).
Auch in klanglicher Hinsicht besteht eine hochgradige Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken. Die Vergleichsmarken können direkt füreinander gehört werden. Sie stimmen bei gleicher Vokalfolge (a-u-e), gleicher Silbenzahl, gleichem Sprechrhythmus und gleicher Betonung in sechs von sieben Lauten überein. Sie unterscheiden sich lediglich in einem einzigen stimmlosen konsonantischen Laut am regelmäßig weniger beachteten Wortende.
Die hochgradige klangliche und schriftbildliche Zeichenähnlichkeit wird auch nicht durch verwechslungsmindernde Aspekte kompensiert. So handelt es sich bei beiden Marken in ihrer Gesamtheit um Phantasiebegriffe, so dass auch kein unterschiedlicher Sinngehalt der Verwechslungsgefahr entgegenwirken kann. Der in beiden Marken identisch vorhandene Wortbestandteil „ Acti “, der auf den englischen Begriff „activ“ mit der Bedeutung von „aktiv“ hinweisen könnte, ist aber hinreichend verfremdet, so dass er beiden Marken keinen Bedeutungsgehalt zu geben vermag.
2.
Eine Auferlegung von Kosten gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG war nicht veranlasst.
3.
Die Rechtsbeschwerde zur Frage der Warenähnlichkeit – wie von der Inhaberin der angegriffenen Marke angeregt - war nicht zuzulassen. Weder war insoweit über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) noch war die Zulassung einer Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsprechung angezeigt (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Vielmehr hat der Senat seiner Entscheidung die nach der geltenden Rechtsprechung maßgebenden Warenähnlichkeitskriterien zugrunde gelegt.