Entscheidungsdatum: 06.05.2014
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2011 054 245.7
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 6. Mai 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Grote-Bittner und des Richters kraft Auftrags Portmann
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I.
Die Bezeichnung
TapePlus
ist am 29. September 2011 zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister für Waren der Klassen 3 und 5, u. a.
Klasse 3:
Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, ätherische Öle;
Klasse 5:
pharmazeutische, homöopathische und veterinärmedizinische Erzeugnisse, Präparate und Substanzen sowie Präparate für die Gesundheitspflege; Arzneimittel; Diagnostika; Medizinprodukte; Pflaster, Verbandmaterial
angemeldet worden.
Mit Beschluss vom 28. September 2012 hat die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts diese unter der Nummer 30 2011 054 245.7 geführte Anmeldung nach vorheriger Beanstandung durch Beschluss einer Beamtin des höheren Dienstes teilweise, nämlich für die oben genannten Waren zurückgewiesen.
Der angemeldeten Marke fehle insoweit die Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Sie sei aus dem zum englischen Grundwortschatz gehörenden Wort "Tape" i. S. v. "Band" und dem Wort der deutschen Alltagssprache "Plus" i. S. v. "Mehr" zusammengesetzt. Im Umfang der Zurückweisung werde der Verkehr die Bezeichnung "TapePlus" dahingehend verstehen, dass es sich um Waren handele, die mittels eines (verbesserten) Bandes aufgetragen werden, welches etwa mit medizinischen oder pflegenden Wirkstoffen versehen sei. Diese Waren könnten entweder auf einem Band angebracht sein und Wirkstoffe durch die Haut an den Körper abgeben oder - was "Pflaster" und "Verbandmaterial" betreffe - selbst ein solches Band darstellen. Zur näheren Begründung weist die Markenstelle auf Internetausdrucke hin, die "Medizinpflaster" und "kosmetische Pflaster" beschreiben. Auch die Gesamtheit der angemeldeten Marke enthalte keine über die Bedeutung der Einzelbestandteile hinausgehende schutzfähige Aussage.
Die Frage, ob im Umfang der Zurückweisung auch das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben sei, könne dahingestellt bleiben, da der angemeldeten Marke insoweit schon die Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle.
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der von ihr erhobenen Beschwerde.
Sie ist der Meinung, das angemeldete Zeichen sei entgegen der Auffassung der Markenstelle unterscheidungskräftig. Es weise keinen für die beanspruchten Waren beschreibenden Begriffsgehalt auf. Der Markenteil "Tape" sei mehrdeutig. Der Begriff könne nicht nur im Sinne von Klebeband, sondern auch im Sinne von Maßband, Einfassband, Datenband oder Tonband verstanden werden. Möglicherweise habe die Markenstelle den Begriff "tape" mit dem Begriff "taping", bei dem sehr wohl Bänder, Bandagen und Klebebänder verwendet werden würden, verwechselt. Auch der Markenteil "Plus" sei mehrdeutig. Der Verkehr werde nicht sofort darauf schließen, dass es sich um ein verbessertes "Tape" handele, sondern es könne auch etwas sein, das das "Tape" ergänze. Zudem würde der Begriff "Pflaster" in der englischen Sprache nicht mit dem Wort "tape" beschrieben, sondern mit Begriffen wie "band-aid", "cobbles", "patches", "pavement", "paving" oder "plaster". Auch "Verbandmaterial" bedeute in der englischen Sprache nicht "tape" sondern "dressing material" oder "material for dressings".
Weiterhin sei ein tatsächlich feststellbares, aktuelles Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht ersichtlich.
Die Anmelderin beantragt,
den Beschluss vom 28. September 2012 aufzuheben und die Marke "TapePlus" für alle beantragten Waren und Dienstleistungen einzutragen.
Der Senat hat die Anmelderin mit der Verfügung vom 3. bzw. 5. März 2014 mit eingehender Begründung und unter Übersendung diverser Rechercheunterlagen auf die fehlende Erfolgsaussicht der Beschwerde hingewiesen. Innerhalb der zur Stellungnahme gesetzten Frist hat die Anmelderin nicht reagiert, sondern auf telefonische Nachfrage erklärt, dass entschieden werden möge.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthaft. Sie ist jedoch nicht begründet. Die angemeldete Bezeichnung verfügt in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren bereits nicht über das Mindestmaß an Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die Anmeldung ist deshalb von der Markenstelle zu Recht teilweise gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 5 MarkenG zurückgewiesen worden.
1.
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 17 - FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, Tz. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchte Waren zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.). Zumindest unter dem letztgenannten Gesichtspunkt dürfte der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft fehlen.
Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an (Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8, Rdnr. 29, 30). Ferner gehören die inländischen, am Handel beteiligten Fachkreise zu den maßgeblichen Verkehrskreisen, wobei bereits das Verständnis dieser Fachkreise für sich gesehen bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von ausschlaggebender Bedeutung sein kann (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 8, Rdnr. 29 m. w. N.). Die zurückgewiesenen Waren richten sich sowohl an die breite Masse der Endverbraucher als auch an Fachleute wie Ärzte, Apotheker und Drogeristen.
Unter Zugrundelegung dieser Kriterien fehlt der angegriffenen Marke im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Waren jegliche Unterscheidungskraft.
Die Wortkombination ist trotz der Zusammenschreibung schon im Hinblick auf die Binnengroßschreibung ohne weiteres erkennbar aus den Begriffen "Tape" und "Plus", zusammengesetzt. Es handelt es sich um eine sprach- und werbeübliche Aneinanderreihung zweier beschreibender Begriffe zu einer ohne weiteres verständlichen Gesamtaussage, die im Sinne einer im Vordergrund stehenden anpreisenden Sachangabe auf die beanspruchten Waren bezogen werden kann.
Das Wort "Tape" kommt ursprünglich aus der englischen Sprache und bedeutet u. a. "Band, Maßband, Klebeband, Audiokassette". Dieses Wort ist inzwischen eingedeutscht und wird als Bezeichnung eines "Klebeverbands" oder insbesondere auch als gängige Abkürzung für den Begriff Tape(verband) verwendet (Duden, Deutsches Universallexikon, 7. Auflage 2011, S. 1729, 1730; Bl. 21/23 d. A). Ein Tapeverband (englisch: tape "Band") aus Pflasterklebeband, oft auch als Tape oder Taping bezeichnet, wird in Sport, Sportmedizin, Unfallchirurgie und Orthopädie sowohl zur Behandlung als auch zur Prävention eingesetzt (Bl. 24/29 d. A). Die Bezeichnung "Tape" wird in diesem Sinne häufig im medizinischen und allgemeinen Sprachgebrauch verwendet (Bl.30/34 d. A). Der Begriff "tapen" wird darüber hinaus als Verb für das Anlegen eines "Tapeverbandes" bzw. "Tapes" gebraucht (Bl. 35/36 d. A., sämtliche vorgenannten Rechercheergebnisse an die Anmelderin übersandt mit der Verfügung vom 3./5. März 2014). Mit dem Begriff "Tape" kann bei sämtlichen beschwerdegegenständlichen Waren darauf hingewiesen werden, dass es sich dabei entweder selbst um "Tapes" im engeren Sinne handelt oder diese Waren in Verbindung mit einem "Tape" im Sinne eines Wirkstoffpflasters im weitesten Sinne angeboten werden.
Die Waren "Pflaster, Verbandmaterial und Medizinprodukte" können selbst "Tapes" sein, weil diese Begriffe entweder synonym verwendet werden können oder der Begriff (bei Medizinprodukten) oberbegrifflich "Tapes" umfasst. Bei sämtlichen weiteren Waren der Klasse 5, nämlich "pharmazeutische, homöopathische und veterinärmedizinische Erzeugnisse, Präparate und Substanzen sowie Präparate für die Gesundheitspflege; Arzneimittel; Diagnostika", kann es sich um Produkte handeln, welche die entsprechenden Wirkstoffe mittels "Tape" bzw. mittels "Pflaster" applizieren, wie dies bei Wirkstoffpflastern seit langem bekannt ist (z. B. Hormonpflaster, Rheumapflaster usw.). Entsprechendes gilt auch für die beschwerdegegenständlichen Waren der Klasse 3, wobei "Tapes" oder "Pflaster" mit ätherischen Ölen getränkt oder mit "Mitteln zur Körper- und Schönheitspflege" versehen sein können und bei entsprechendem Aufbringen gegen Verspannungen oder kosmetisch auf der Haut wirken können.
Der Hinweis der Anmelderin, der Begriff "Pflaster" würde nicht mit dem Wort "tape" beschrieben, sondern mit Begriffen wie "band-aid", "cobbles", "patches", "pavement", "paving" oder "plaster" und der Begriff "Verbandmaterial" bedeute in der englischen Sprache "dressing material" oder "material for dressings" ist nicht entscheidungserheblich, da - wie oben dargelegt - der Begriff "Tape" im inländischen Sprachgebrauch in breitem Umfang im dargestellten Sinne Verwendung findet. Dieser Begriff ist sogar in deutschsprachigen Wörterbüchern verzeichnet, hat also Eingang in den deutschen Sprachschatz gefunden.
Mit dem Begriff "Plus" wird bei mit Wirkstoffen versehenen "Tapes" ohne weiteres verständlich zum Ausdruck gebracht, dass das "Tape" nicht nur ein reines "Tape" ist, sondern darüber hinaus Wirkstoffe, ätherische Öle oder Mittel zur Körper- und Schönheitspflege und anderes enthält oder enthalten kann. Bei den wirkstofffreien "Tapes" kann der Begriff "Plus" darauf hinweisen, dass es sich bei dem derart gekennzeichneten "Tape" um eines handelt, das verbessert funktioniert, z. B. länger hält, innovativ oder hautfreundlich ist oder aufgrund spezieller Materialen keine allergischen Reaktionen auslöst. Entsprechende Wortkombinationen mit dem Bestandteil "Plus" sind in zahlreichen Entscheidungen im Zusammenhang mit den unterschiedlichsten Waren und Dienstleistungen als schutzunfähig angesehen worden (vgl. 33 W (pat) 131/01 Finanzplus; 26 W (pat) 081/07 "FRUTA PLUS"; 29 W (pat) 229/99 "Global Plus"; 32 W (pat) 019/00 "Komfort Plus"; 32 W (pat) 018/95 "OECOPLUS"; 24 W (pat) 051/04 "PROTECTION PLUS"; 33 W (pat) 046/04 "Risikoplus"; 29 W (pat) 351/99 "SelectPlus"; 32 W (pat) 103/99 "VOLUME PLUS"; 30 W (pat) 258/96 "VITAL PLUS"; vgl. auch die Senatsentscheidung 25 W (pat) 310/03 "medizin plus"; die meisten der vorgenannten Entscheidungen über die Homepage des BPatG zugänglich.
Die angemeldete Marke erschöpft sich in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren in einer sprach- und werbeüblichen Aneinanderreihung zweier beschreibender Begriffe zu einem verständlichen, schlagwortartigen Hinweis auf ein qualitativ hochwertiges bzw. ein mit einem Vorteil bzw. Vorzug versehenes Tape. Um sich diese Bedeutung zu erschließen, bedarf es keiner vertieften Analyse. Vielmehr drängt sie sich dem Verkehr in einem entsprechenden Warenzusammenhang ohne weiteres Nachdenken auf. Zwar ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass auch zwei Sachangaben durch ihre Zusammenstellung kennzeichnend wirken können. Voraussetzung hierfür wäre aber, dass ein merklicher Unterschied zwischen der Kombination und der bloßen Summe ihrer Bestandteile besteht (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 [Tz. 39 - 41] - BIOMILD). Die Bezeichnung "TapePlus" weist jedoch keine solche ungewöhnliche Struktur auf, die von einem rein sachbezogenen Aussagegehalt wegführen könnte.
Die von der Anmelderin behauptete Mehrdeutigkeit ist nach Auffassung des Senats nicht gegeben. Ein Zeichen muss stets im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren- und Dienstleistungen gesehen werden. Insoweit weist die angemeldete Wortfolge mit den beiden aneinandergereihten Wortbestandteilen keine schutzbegründende Mehrdeutigkeit auf. Vielmehr beschreibt die Wortfolge - wie bereits ausgeführt - in naheliegender Art und Weise, dass die beanspruchten Waren "Tapes" im Sinne eines Tapeverbands oder "Tapes" im Sinne eines Wirkstoffpflasters sind und ein "Plus" in Form von Wirkstoffen oder von verbesserten Funktionen aufweisen.
Aufgrund der vorgenannten Feststellungen bestehen auch erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass die angemeldete Bezeichnung in Bezug auf einen Teil der beschwerdegegenständlichen Waren eine beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstellt, an der die Mitbewerber ein berechtigtes Freihaltungsbedürfnis haben. Einer abschließenden Entscheidung bedarf es aber im Hinblick darauf, dass der angemeldeten Marke insoweit bereits die Unterscheidungskraft i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt, nicht.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
2.
Einer mündlichen Verhandlung bedurfte es nicht. Die Anmelderin hat keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt (§ 69 Nr. 1 MarkenG). Der Senat hat eine mündliche Verhandlung auch nicht aus anderen Gründen für erforderlich gehalten, zumal auch keine Tat- oder Rechtsfragen klärungs- oder in mündlicher Verhandlung erörterungsbedürftig erscheinen.