Entscheidungsdatum: 23.06.2016
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2013 030 931.6
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 23. Juni 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener und des Richters am Amtsgericht Dr. Nielsen
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I.
Die Bezeichnung
SALVIACUR
ist am 8. Mai 2013 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister für unterschiedliche Waren der Klassen 3 und 5 angemeldet worden. Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nummer 30 2013 030 931.6 geführte Anmeldung mit zwei Beschlüssen vom 25. April 2014 und vom 23 Juni 2014 teilweise, nämlich für die Waren der
Klasse 3: ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Zahnputzmittel;
Klasse 5: pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Hygienepräparate für medizinische Zwecke; diätetische Lebensmittel und Erzeugnisse für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke; Babykost; Nahrungsergänzungsmittel für Menschen und Tiere; Desinfektionsmittel
wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die angemeldete Wortkombination ohne weiteres verständlich und glatt beschreibend sei. Sie setze sich aus den Bestandteilen „salvia“ und „cur“ zusammen. Dabei bedeute „salvia“ auf Lateinisch „Salbei“. Das Wort werde auch im deutschen Sprachgebrauch zur Beschreibung des Inhaltsstoffes „Salbeiextrakt“ verwendet. Zumindest die angesprochenen Fachkreise würden die Bedeutung des Wortes „salvia“ zutreffend erkennen. Der Wortbestandteil „cur“ sei eine nur geringe Abwandlung des deutschen Wortes „Kur“. Eine Kur sei ein unter ärztlicher Aufsicht durchgeführtes Heilverfahren. Das Ersetzen des Buchstaben „k“ durch „c“ habe keine Auswirkung auf die Aussprache oder den Begriffsinhalt des Wortes. Die Abwandlung sei geringfügig und weder ungewöhnlich noch originell. Die angesprochenen Verkehrskreise würden daher in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren dem angemeldeten Begriff „Salviacur“ lediglich einen Hinweis auf eine Heilbehandlung mit Salbei entnehmen. Dies gelte auch für Nahrungsergänzungsmittel, Babykost und Mittel zur Körper- und Schönheitspflege. Hier könnten Heilkräuter wie Salbei eine wohltuende Wirkung entfalten.
Die Anmelderin vertritt mit ihrer Beschwerde gegen die vorgenannten Beschlüsse die Auffassung, dass der angesprochene Verkehr den Begriff „Salviacur“ nicht als fremdsprachiges Wort erkennen werde. Selbst wenn vereinzelt das lateinische Wort „salvia“ bekannt sei, so sei dieses Wort keiner internationalen Handelssprache zuzuordnen. Der Verkehr erwarte auch nicht, dass lateinische Begriffe in sachlich beschreibender Weise verwendet würden. Der geringe Teil des Verkehrs, der „salvia“ als lateinische Übersetzung von „Salbei“ erkennen könne, werde aber den Bestandteil „cur“ nicht dem deutschen Wort „Kur“ gleichsetzen, sondern zutreffend mit „weshalb“ oder „warum“ übersetzen. Der Verkehr neige auch nicht dazu, zusammengesetzte Begriffe zu analysieren, um bestimmte, warenbeschreibende Bedeutungen herauszulesen. Schon allein der Bestandteil „cur“ begründe die Unterscheidungskraft des angemeldeten Wortes.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. April 2014 und vom 23. Juni 2014 aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Der angemeldeten Wortkombination „Salviacur“ fehlt in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren jegliche Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle die Anmeldung insoweit zu Recht teilweise zurückgewiesen hat, § 37 Abs. 1 und 5 MarkenG.
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Haupt-funktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850 Rn. 17 - FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850 Rn. 19 -FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.). Für die Beurteilung der Frage, ob eine Marke keine Unterscheidungskraft hat oder die beanspruchten Waren beschreibt, ist auf die Wahrnehmung bzw. das Verständnis der beteiligten Verkehrskreise, also auf den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. EuGH, GRUR 1999, 723 Rn. 29 – Chiemsee; GRUR 2006, 411 Rn. 24 - Matratzen Concord). Dabei reicht eine Wahrnehmung bzw. ein entsprechendes Verständnis im Sinne einer beschreibenden Angabe bereits der Fachkreise bzw. des beteiligten (Fach-)Handels aus, um ein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG zu bejahen.
Ausgehend von diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Wortkombination im Hinblick auf ein nahegelegtes beschreibendes Verständnis im Sinne von „Salbeikur“ zumindest beim fachkundigen Handel die Unterscheidungskraft. Bei der Wortkombination „Salviacur“ handelt es sich um die Verbindung der Wortbestandteile „Salvia“ und „cur“. Salvia“ ist die lateinische Wort für „Salbei“, eine weit verbreitete Pflanzengattung, von der es zwischen 850 bis 900 verschiedene Arten gibt. Salbei gilt als Heilpflanze. Seine Wirkstoffe, insbesondere seine ätherischen Öle, wirken (unter anderem) antiseptisch, deodorierend und entzündungshemmend. Entsprechend wurde Salbei bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung vielfach in Pflegeprodukten und Kosmetika für die Anwendung auf der Haut, wie beispielsweise in Deodorants, Gesichtswässern und Hautcremes und in Pflegeprodukten für die Haare, wie beispielsweise in Haarshampoos, verwendet. Es ist ferner bekannt, Zahncremes und Zahnfleischbalsame mit Salbei herzustellen, da Salbei Zahnbeläge entfernt und Zahnfleischbluten verhindert. Eine besondere Eigenschaft von Salbei ist seine desinfizierende Wirkung, welche für Hygienepräparate und Desinfektionsmittel genutzt wird. Die Wirkstoffe von Salbei werden zudem im pharmazeutischen und medizinischen Bereich verwendet, wie beispielsweise in Form von Salbei-Tabletten bei Hitzewallungen, für Lutschtabletten auf Salbei-Basis oder auch in Nahrungsergänzungsmitteln zur Beruhigung des Magen-Darm-Bereichs. Bei Babys können die heilenden Wirkstoffe von Salbei beispielsweise gegen Durchfall eingesetzt werden, bei Tieren gegen Erkältungen und Entzündungen. Der Anwendungsbereich von Salbei erstreckt sich ferner auf Übergewichtigkeit. Entsprechende Wirkungen sind auch in der Fachliteratur in Bezug auf Kräuterheilkunde zusammenfassend beschrieben, wobei insbesondere auch „Kuren“ zu bestimmten Krankheitsbildern empfohlen werden, z. B. bei nervöser Depression oder insbesondere auch Kuren gegen Schwitzen. Die Bezeichnung „Salvia“ wird als wissenschaftliche Bezeichnung für „Salbei“ umfangreich in entsprechenden Fachlexika und in allgemeinen Lexika, wie Duden und Wikipedia, verwendet. Angesichts dieser Beleglage, auf welche die Anmelderin mit Verfügung vom 9./11. Mai 2016 unter Übersendung zahlreicher Rechercheunterlagen hingewiesen wurde, ist davon auszugehen, dass der Begriff „Salvia“ mit der Bedeutung „Salbei“ Teil der aktuellen Fachsprache der Branchen Pharmazie, Kosmetik und Lebensmittel ist, weshalb der Begriff jedenfalls den Fachleuten, aber auch einem erheblichen Teil des allgemeinen Verkehrs bekannt ist.
Der weitere Wortbestandteil „cur“ ist phonetisch identisch mit dem deutschen Begriff „Kur“ mit der Bedeutung „bestimmtes, unter ärztlicher Aufsicht und Betreuung durchgeführtes Heilverfahren“ bzw. „Heilverfahren“. Auch wenn die als Verkehrskreise maßgeblich angesprochen Fachleute und kundigen Verbraucher erkennen, dass der Bestandteil „cur“ gegenüber der regulären deutschen Schreibweise mit „K“ eine Abweichung darstellt, führt dies nicht dazu, dass die Gesamtbezeichnung nicht mehr im Sinne von „Salbeikur“ aufgefasst wird, zumal die Schreibweise mit „c“ eine sprachliche Anpassung im Sinne eine Latinisierung an den lateinischen Begriff „Salvia“ darstellt. Zum einen bedeutet der lateinische Begriff „Cura“ in der deutsche Sprache „Fürsorge, Pflege“, wobei auch das deutsche Wort „Kur“ seine Wurzeln in diesem lateinischen Begriff hat. Zum anderen gibt es zahlreiche deutsche Wörter bzw. im deutschen Sprachgebrauch verwendete Fremdwörter mit „K“, die ihren Ursprung in einem Wort der lateinischen Sprache mit dem Buchstaben „C“ haben (vgl. z. B. Calculus/ Kalkulation, Campus/Kampus, Cantor/Kantor, Codex/Kodex, Color/kolorieren, Commissum/Kommission und vieles mehr). Ausgehend davon wird jedenfalls der Fachverkehr in dieser latinisierten Schreibweise keinen Faktor erkennen, der von der beschreibenden Angabe „Salbeikur“ wegführen und ihn veranlassen könnte, darin einen betrieblichen Herkunftshinweis zu sehen.
Sämtliche streitgegenständlichen Waren, nämlich „ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Zahnputzmittel; pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Hygienepräparate für medizinische Zwecke; diätetische Lebensmittel und Erzeugnisse für medizinische oder veterinär-medizinische Zwecke; Babykost; Nahrungsergänzungsmittel für Menschen und Tiere; Desinfektionsmittel“ können „Salbei“ enthalten und in Form einer „Kur (= Heilbehandlung)“ im weitesten Sinne angewendet werden.
Die Beschwerde der Anmelderin war nach alledem zurückzuweisen.
III.
Der Senat hat ohne mündliche Verhandlung entschieden, da weder von der Anmelderin ein Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt worden ist (§ 69 Nr. 1 MarkenG) noch der Senat eine mündliche Verhandlung für sachdienlich erachtet hat (§ 69 Nr. 3 MarkenG).