Entscheidungsdatum: 08.06.2010
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 304 37 390
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter Mitwirkung des Richters Viereck als Vorsitzenden, des Richters Eisenrauch und der Richterin am OLG Kortge auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juni 2010
beschlossen:
Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
I.
Die am 30. Juni 2004 angemeldete Wortmarke
ISOBLOC
ist am 4. Oktober 2004 unter der Nr. 304 37 390 für folgende Waren in das Markenregister eingetragen worden:
„17: Dichtleisten; Wärmedämmleisten; Wärmedämmdichtleisten; vorgenannte Waren aus Metall, Kunststoff, EPDM, Moosgummi, Polyethylen, Polyurethan, oder aus Verbundmaterial, insbesondere aus den vorgenannten Materialien, vorgenannte Waren insbesondere für Fassaden“.
Die Veröffentlichung erfolgte am 5. November 2004.
Widerspruch erhoben ist aus der am 2. September 2002 angemeldeten und am 23. Oktober 2006 eingetragenen Gemeinschaftsmarke 2 837 425
ISO-BLOCO
die für Waren der Klassen 16, 17 und 20 Schutz genießt, in Klasse 17 u. a. für
„Dichtungs-, Packungs- und Isoliermaterial; Dichtungsmittel; Isoliermittel“.
Der Widerspruch richtet sich gegen alle Waren der jüngeren Marke.
Mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 17 des Deutschen Patent- und Markenamts - Beamtin des höheren Dienstes - vom 29. August 2008 ist die Löschung der jüngeren Marke wegen Verwechslungsgefahr angeordnet worden. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei in ihrer Gesamtheit, unter Mitberücksichtigung des zweiten Bestandteils „ BLOCO “, durchschnittlich. Die sich gegenüberstehenden, jeweils in Klasse 17 registrierten Waren seien einander hochgradig ähnlich bis identisch. Die jeweiligen Zeichen stimmten insbesondere in klanglicher Hinsicht weitgehend überein. Der einzige Unterschied, das „O“ am Ende der Widerspruchsmarke, verändere den klanglichen Eindruck nur unwesentlich, wobei Wortenden ohnehin weniger Beachtung fänden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie beantragt (sinngemäß),
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 17 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. August 2008 aufzuheben und den Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 2 837 425 zurückzuweisen.
Ihrer Ansicht nach besteht bereits keine Warenähnlichkeit. Bei den Waren der jüngeren Marke müsse die spezielle Bestimmung (für Fassaden) berücksichtigt werden. Derartige Nischenprodukte würden von den angesprochenen Verkehrskreisen mit erhöhter Aufmerksamkeit erworben. Sie ließen sich nicht unter Oberbegriffe einordnen, sondern nur unter die Begrifflichkeiten, welche den Bestimmungszweck exakt widerspiegelten. Weiterhin liege keine Zeichenähnlichkeit vor. Der schriftbildliche Unterschied beider Marken falle sofort und ohne näheres Nachdenken auf. Die Widerspruchsmarke sei durch den Bindestrich in zwei Teile getrennt, was klanglich zu einer Zäsur in der Aussprache führe. Der nur in der Widerspruchsmarke enthaltene Vokal „O“ am Wortende sei für deutsche Kunden ungewöhnlich. Dem Bestandteil “ BLOCO “ komme daher eine den Gesamteindruck der Marke prägende Stellung zu. Fachkreise, an die sich beide Zeichen richteten, begegneten Marken generell mit größerer Aufmerksamkeit als Durchschnittsverbraucher. Sie seien auch bei vorhandenen Übereinstimmungen in der Lage, die jeweils angebotenen Waren nach Herkunft, Herstellungsart und Verwendungszweck zu unterscheiden. Die Widerspruchsmarke verfüge nur über eine geringe Kennzeichnungskraft, weil beide Bestandteile deutlich beschreibende Anklänge an die Wörter „isolieren“ und „blockieren“ aufwiesen. Angesichts dessen reichten die Unterschiede der Vergleichsmarken zum Ausschluss einer Verwechslungsgefahr aus.
Die Widersprechende beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Ihrer Auffassung nach liegt Verwechslungsgefahr vor, wie der Beschluss der Markenstelle zutreffend festgestellt habe. Im Übrigen verweist sie auf ihr Vorbringen im patentamtlichen Verfahren.
In der mündlichen Verhandlung hat die Markeninhaberin den Ausdruck einer Internet-Seite der Südtirol Fenster GmbH (in I 39 030 Gais ) vom 7. Juni 2010 vorgelegt.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet, weil die sich gegenüberstehenden Marken - in Übereinstimmung mit der Auffassung der Markenstelle - der Gefahr einer Verwechslung im Verkehr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 125 b MarkenG unterliegen.
1. Ob Verwechslungsgefahr im Sinne dieser Vorschriften vorliegt, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Faktoren, insbesondere der Identität bzw. Ähnlichkeit der Waren, des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke, des Grades der Ähnlichkeit der Zeichen sowie der Art der Waren und der bei der Auswahl zu erwartenden Aufmerksamkeit des beteiligten Verkehrs umfassend zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma; GRUR 2008, 343, Nr. 48 - BAINBRIDGE ; BGH GRUR 2008, 903, Nr. 10 - SIERRA ANTIGUO ; zur Wechselwirkung der genannten Einzelfaktoren s. auch Hacker in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rn. 32, 33).
a) Maßgeblich für die Beurteilung der Warengleichheit bzw. -ähnlichkeit ist im vorliegenden Registerverfahren (das im Vergleich zum Verletzungsprozess vor den Gerichten der allgemeinen Zivilgerichtsbarkeit stärker formalisiert ist) auf Seiten beider Marken ausschließlich die Fassung des Registers, nicht aber die Frage der tatsächlichen Tätigkeitsschwerpunkte der Beteiligten.
Es mag zwar sein, dass die Waren der jüngeren Marke (als Spezialprodukte) nur für die Abdichtung und Dämmung von Fassaden gedacht sind. Aus der Fassung des Registers ergibt sich dies aber wegen der Verwendung des Begriffs „insbesondere“ nicht; die betreffenden Erzeugnisse können von daher auch für andere Verwendungszwecke bestimmt und geeignet sein. Mithin lassen sich die „Dichtleisten; Wärmedämmleisten; Wärmedämmdichtleisten“ der jüngeren Marke ohne weiteres unter die (allgemeiner gehaltenen) Oberbegriffe der Widerspruchsmarke „Dichtungs- und Isoliermaterial; Dichtungsmittel; Isoliermittel“ subsumieren, so dass in vollem Umfang Warenidentität gegeben ist.
b) Was die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke von Haus aus, d. h. vor und unabhängig von jeder Benutzung anbetrifft - für eine Steigerung des Schutzumfangs infolge umfangreicher Benutzung fehlt es an Anhaltspunkten -, so ist auf die Bezeichnung „ISO- BLOCO “ in der Gesamtheit beider Wortteile abzustellen. Die - offensichtlich gewollte - Anspielung auf die Zweckbestimmung der so gekennzeichneten Produkte (isolieren und blockieren) tritt zwar deutlich zu Tage, andererseits liegt aber im zweiten Wortteil eine beachtliche Verfremdung vor. Von einer glatt beschreibenden Angabe kann nicht ausgegangen werden, vielmehr handelt es sich um ein sog. sprechendes Zeichen. Der Schutzumfang der Widerspruchsmarke liegt daher zwar unterhalb des durchschnittlichen Bereichs, tendiert aber keineswegs gegen Null; der älteren Marke ist mithin auch Schutz gegen solche jüngeren Marken zu gewähren, welche - wie hier - mit der Widerspruchsmarke weitgehend, wenn auch nicht vollständig übereinstimmen.
Der in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Internet-Ausdruck eines in Italien (Südtirol) ansässigen Unternehmens, welches offensichtlich Isolierfenster herstellt, gibt zu keiner anderen Beurteilung Anlass. Selbst wenn die betreffenden, mit „ISO-bloc ® “ gekennzeichneten Produkte auf dem deutschen Markt vertreten wären, ergäbe sich allein daraus keine (weitere) Schwächung der Widerspruchsmarke „ISO- BLOCO “.
c) Die einander gegenüberstehenden Zeichen sind sich in jeder Hinsicht - schriftbildlich, klanglich und auch von der begrifflichen Anspielung her - deutlich ähnlich. Die Buchstabenfolge stimmt, bis auf den nur in der Widerspruchsmarke vorhandenen Endvokal „O“, mithin in sämtlichen (sieben) Buchstaben der jüngeren Marke, vollständig überein. Angesichts dessen kommt der abweichenden Endung der Widerspruchsmarke keine verwechslungsausschließende Bedeutung zu, zumal Wortenden generell geringere Aufmerksamkeit entgegengebracht wird. Der Bindestrich in der Widerspruchsmarke wird bei visueller Aufnahme leicht übersehen; vor allem aber im - manchmal ungenauen - Erinnerungsbild tritt er vollständig zurück. Klanglich wirkt er sich in keiner Weise aus; die Argumentation der Markeninhaberin mit einer angeblichen Zäsur bei der Aussprache (nur der Widerspruchsmarke, nicht aber der jüngeren Marke) ist fernliegend.
d) Der Fassung des Registers lässt sich nicht entnehmen, dass sich die jeweiligen Waren - ausschließlich oder überwiegend - an Fachkreise (d. h. vor allem an Handwerksbetriebe zur Weiterverarbeitung) richten würden. Vielmehr wird Dichtungs- und Isoliermaterial aller Art, einschließlich der Erzeugnisse, für welche die jüngere Marke Schutz genießt, auch an allgemeine Publikumskreise, z. B. in Baumärkten, veräußert. Folglich kann - entgegen der Auffassung der Markeninhaberin - nicht nur auf die Wahrnehmung des generell aufmerksameren Fachverkehrs abgestellt werden. Im übrigen sind angesichts der hochgradigen Zeichenähnlichkeit Fälle des Sich-Verhörens auch in diesen Kreisen nicht sicher auszuschließen.
e) Die Gesamtabwägung der Einzelfaktoren ergibt, dass angesichts der Warenidentität und der beträchtlichen Zeichenähnlichkeit eine unmittelbare Verwechslungsgefahr der Vergleichsmarken auch bei unterdurchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke anzunehmen ist. Von daher kann dahingestellt bleiben, ob für einen weiteren Teil des Verkehrs auch eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der gedanklichen Verbindung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, Altern. 2 MarkenG) besteht.
Nach allem ist der Beschwerde der Markeninhaberin der Erfolg zu versagen.
2. Für die Auferlegung von Verfahrenskosten (gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.