Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 27.07.2010


BPatG 27.07.2010 - 24 W (pat) 80/08

Markenbeschwerdeverfahren – Verfalls-Löschungsverfahren - "akustilon" – Mitteilung und Unterrichtung nach § 53 Abs. 4 MarkenG stellt einen der Erinnerung bzw. Beschwerde zugänglichen Beschluss dar – Gegenstand eines entsprechenden Rechtsmittelverfahrens ist allein die Frage, ob ein rechtswirksamer Widerspruch gegen die beantragte Löschung vorliegt – Verfallslöschungsantrag ist darauf gestützt, dass der Inhaber der Marke die in § 7 MarkenG genannten Voraussetzungen nicht mehr erfüllt – Löschung seitens des eingetragenen Inhabers wird widersprochen – Antragsteller ist rechtliches Gehör zu gewähren – Zustellung der Mitteilung des Löschungsantrags an einen nicht mehr existenten Inhaber der Marke ist unheilbar unwirksam – formell durch Umschreibungsantrag oder Umschreibung legitimierter Erwerber der Marke widerspricht der Löschung – keine Löschung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
24. Senat
Entscheidungsdatum:
27.07.2010
Aktenzeichen:
24 W (pat) 80/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
nachgehend BGH, 17. August 2011, Az: I ZB 98/10, Beschluss
Zitierte Gesetze

Leitsätze

akustilon

1. Die Mitteilung und Unterrichtung nach § 53 Abs. 4 MarkenG stellt einen der Erinnerung bzw. Beschwerde zugänglichen Beschluss dar.

2. Gegenstand eines entsprechenden Rechtsmittelverfahrens ist allein die Frage, ob ein rechtswirksamer Widerspruch gegen die beantragte Löschung vorliegt.

3. Ist ein Verfallslöschungsantrag darauf gestützt, dass der Inhaber der Marke die in § 7 MarkenG genannten Voraussetzungen nicht mehr erfüllt (§ 49 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG), wird aber der Löschung seitens oder für den eingetragenen Inhaber widersprochen, so ist dem Antragsteller vor einer Mitteilung und Unterrichtung gemäß § 53 Abs. 4 MarkenG rechtliches Gehör zu gewähren; gegebenenfalls ist von Amts wegen zu ermitteln, ob ein rechtswirksamer Widerspruch vorliegt.

4. Die Zustellung der Mitteilung des Löschungsantrags an einen nicht mehr existenten eingetragenen Inhaber der Marke ist unheilbar unwirksam und setzt die Widerspruchsfrist des § 53 Abs. 3 MarkenG nicht in Lauf. Daher kommt eine Löschung nicht mehr in Betracht, wenn ein formell durch Umschreibungsantrag oder Umschreibung legitimierter Erwerber der Marke der Löschung im weiteren Verlauf des Verfahrens wirksam widerspricht.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 306 69 580

(hier: Löschungsverfahren SB 209/08)

hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Viereck und Eisenrauch in der Sitzung vom 27. Juli 2010

beschlossen:

I. Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

II. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

1

Die am 13. November 2006 von der „e… KG“ angemeldete Wortmarke

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akustilon

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wurde am 26. Februar 2007 für dieses Unternehmen unter der Nr. 306 69 580 für Waren der Klassen 17, 19 und 27 in das Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamts eingetragen. Die Veröffentlichung erfolgte am 30. März 2007. Widerspruch nach § 42 MarkenG wurde nicht erhoben.

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Die am 7. Mai 2007 neu errichtete „e1… Verwaltungs-GmbH“ trat als Komplementärin in die Kommanditgesellschaft ein, welche nunmehr als „e2… GmbH & Co. KG“ firmierte. Mit Urkunde des Notars T… in K… vom 12. September 2007 (Urkundenrolle Nr. 1211/2007 I) brachten die Kommanditisten W… ihre Kommanditbeteiligungen im Wege der Sacheinlage mit sofortiger schuldrechtlicher und dinglicher Wirkung in die „e1… Verwaltungs-GmbH“ ein. Deren Stammkapital wurde erhöht und die Firma in „e3… GmbH“ geändert (Amtsgericht Coburg, HRB 4302). Hinsichtlich der „e2… GmbH & Co. KG“ wurde am 25. Oktober 2007 im Handelsregister (Amtsgericht Coburg, HRA 3460) vermerkt, dass die Gesellschaft aufgelöst und die Firma erloschen ist.

0

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In der notariellen Urkunde vom 12. September 2007 wird die Marke „akustilon“ nicht erwähnt (ebenso wenig wie sonstige Marken der bisherigen KG). Ein Antrag auf Umschreibung im Markenregister wurde - zunächst - nicht gestellt.

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Mit einem beim Deutschen Patent- und Markenamt am selben Tag eingegangenen Formularantrag vom 29. April 2008 beantragte die Antragstellerin die vollständige Löschung der Marke 306 69 580 wegen Verfalls, da der Inhaber der Marke die nach § 7 MarkenG geforderten Voraussetzungen nicht mehr erfülle (§ 49 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG). Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Schreiben vom 26. Juni 2008 an die „e… KG“, das am 30. Juni 2008 als Einschreiben zur Post gegeben wurde, den Löschungsantrag übermittelt und zur Mitteilung aufgefordert, ob der beantragten Löschung widersprochen wird. Geantwortet haben mit Schreiben vom 8. Juli 2008 die Rechtsanwälte L…, welche unter Versicherung einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung mitgeteilt haben, sie verträten die „e… KG“. In deren Namen und Auftrag werde der Löschung widersprochen, da keine Löschungsgründe gegeben seien.

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Die Markenabteilung hat mit Schreiben vom 9. Juli 2008, das den Bevollmächtigten der Antragstellerin am 14. Juli 2008 zugestellt worden ist, mitgeteilt, die Markeninhaberin habe dem Löschungsantrag gemäß § 53 Abs. 4 MarkenG widersprochen; es werde anheimgestellt, den Löschungsanspruch nach § 55 MarkenG durch Klage vor dem zuständigen ordentlichen Gericht geltend zu machen.

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Am 13. August 2008 hat die Antragstellerin zunächst Erinnerung eingelegt; mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 22. August 2008 bittet sie darum, diesen Rechtsbehelf als Beschwerde zu werten. Die Entscheidung der Markenabteilung sei unrichtig, weil der Verfallsantrag nach § 49 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG gestellt worden sei und diese Bestimmung - anders als § 49 Abs. 1 MarkenG - nicht auf § 55 MarkenG verweise. Es existiere gar kein Inhaber mehr, der widersprechen oder gegen den Klage erhoben werden könnte. Die Markenabteilung hätte sich nicht mit der Versicherung einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung zufrieden geben dürfen. Jedenfalls hätte ihr - der Antragstellerin - vor einer Entscheidung rechtliches Gehör gewährt werden müssen. Dann wäre sofort der - nunmehr beigefügte - Handelsregisterauszug (Amtsgericht Coburg HRA 3460) vorgelegt worden, aus dem sich die Löschung der vormaligen Markeninhaberin zum 25. Oktober 2007 ergebe. Dieser Handelsregisterauszug sei den Rechtsanwälten L… aus anderen Gerichtsverfahren spätestens seit Juni 2008 bekannt gewesen.

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Mit einem beim Deutschen Patent- und Markenamt am 4. Oktober 2008 eingegangenen Schreiben vom 2. Oktober 2008 beantragte die „e3… GmbH“ die Umschreibung zahlreicher Marken, u. a. auch der Marke 306 69 580, auf sie; diese erfolgte am 9. April 2009.

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In einem Schriftsatz der Rechtsanwälte L… vom 17. Dezember 2008 wird die Zurückweisung der Beschwerde beantragt. Der Anwendungsbereich des § 49 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG sei gering. Bei Löschung einer Kommanditgesellschaft im Handelsregister lebe diese als Gesellschaft bürgerlichen Rechts fort. Zudem sei im vorliegenden Fall aufgrund der notariell beurkundeten Erklärungen vom 12. September 2007 das gesamte Vermögen der bisherigen Kommanditgesellschaft auf die „e3… GmbH“ übergegangen; es liege eine Rechtsnachfolge durch Anwachsung vor. Damals sei lediglich vergessen worden, die Umschreibung im Markenregister zu beantragen, was aber inzwischen nachgeholt sei.

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Im Anschluss an einen Zwischenbescheid des Berichterstatters vom 29. Oktober 2009 haben die Rechtsanwälte L… klargestellt, dass sie (nunmehr) die „e3… GmbH“ vertreten; die Rechtsanwälte P… haben eine (rückdatierte) Vollmacht der Antragstellerin vorgelegt.

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In weiteren, teilweise mit Anlagen (u. a. rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 21. November 2008, 4HK O 4089/08) versehenen Schriftsätzen vertiefen und erweitern die Beteiligten ihre gegensätzlichen Standpunkte und gehen dabei auch auf frühere zivilrechtliche Auseinandersetzungen ein.

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Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amts- und Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

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1. Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig. Diese war am Verfahren vor der Markenabteilung beteiligt (§ 66 Abs. 1 Satz 2 MarkenG). Unbeschadet der äußeren Form handelt es sich bei der Mitteilung der Markenabteilung vom 9. Juli 2008 um einen Beschluss im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG. Denn dieser beinhaltet die rechtliche Feststellung, dass rechtswirksam Widerspruch gegen die beantragte Löschung erhoben wurde und deshalb eine Amtslöschung nicht erfolgen kann (vgl. auch BPatG, Beschluss vom 24. Mai 2006, 30 W (pat) 165/05 - TSUNAMI Computer; Kirschneck in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 53 Rdn. 6; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 53 Rdn. 10). Das Interesse der Antragstellerin, die Frage einer rechtswirksamen Widerspruchserhebung im Verfahren der Amtslöschung zur Überprüfung zu stellen - auf die sich allerdings der Streitgegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens beschränkt -, ist durch die später erfolgte Umschreibung der Marke „akustilon“ auf die jetzige Markeninhaberin nicht entfallen.

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2. Die Beschwerde der Antragstellerin ist aber nicht begründet, da - bezogen auf den allein maßgeblichen gegenwärtigen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats - ein wirksamer Widerspruch gegen die beantragte Amtslöschung vorliegt. Allerdings war - wie die Antragstellerin insoweit zu Recht geltend macht - die angefochtene Mitteilung der Markenabteilung vom 9. Juli 2008 rechtswidrig, da zuvor kein wirksamer Widerspruch erhoben worden war.

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a) Der Löschungsantrag war auf den Löschungsgrund des Verfalls nach § 49 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG (Wegfall der Markenrechtsfähigkeit der eingetragenen Inhaberin nach § 7 MarkenG) gestützt. Unbeschadet des Rechts, diesen Antrag durch Klage nach § 55 MarkenG geltend zu machen, konnte der Antrag zunächst gemäß § 53 Abs. 1 MarkenG beim Deutschen Patent- und Markenamt gestellt werden. Für ihn gelten, ebenso wie für alle sonstigen Löschungsbegehren wegen Verfalls nach § 49 MarkenG, die weiteren Regelungen des § 53 Abs. 2 bis 4 MarkenG. Unzutreffend ist somit die Annahme der Antragstellerin, § 49 Abs. 2 verweise, anders als Abs. 1 dieser Bestimmung, nicht ausdrücklich auf § 55 MarkenG. Vielmehr ergibt sich diese Verweisung unmittelbar aus § 53 Abs. 1 und 4 MarkenG.

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Mithin kam im vorliegenden Fall § 53 Abs. 2 MarkenG zur Anwendung (Unterrichtung der Markeninhaberin über den Löschungsantrag und Aufforderung zur Mitteilung, ob der Löschung widersprochen wird). Als Inhaberin der Marke im Sinne dieser Bestimmung ist zunächst, wie sich auch aus der Regelung des § 28 MarkenG ergibt, die im Register eingetragene Inhaberin anzusehen, unabhängig von der materiell-rechtlichen Inhaberschaft. Der zur Begründung des Löschungsantrags erfolgte (formularmäßige) Vortrag der Antragstellerin, die eingetragene Inhaberin erfülle nicht mehr die in § 7 MarkenG genannten Voraussetzungen, stellte zunächst nur eine Behauptung dar. Für Amtsermittlungen der Markenabteilung war in diesem Stadium des Verfahrens (noch) kein Raum, zumal dem formularmäßigen Löschungsantrag keine nähere Begründung beigefügt war, auch nicht der Handelsregisterauszug, aus dem sich die (formelle) Löschung der eingetragenen Markeninhaberin ergeben hätte, und der Markenabteilung dieser Umstand auch nicht auf sonstigem Wege zur Kenntnis gekommen war. Somit ist nicht zu beanstanden, dass die Unterrichtung und Aufforderung gemäß § 53 Abs. 2 MarkenG an die damals noch im Markenregister eingetragene Inhaberin (d. h. die „e… KG“) gerichtet wurde.

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Jedoch konnte die Aufforderung nach § 53 Abs. 2 MarkenG der „e… KG“ gar nicht zugehen, insbesondere dieser nicht förmlich zugestellt werden - dieses Erfordernis ergibt sich mittelbar aus § 53 Abs. 3 MarkenG -, weil es das Unternehmen zu dem betreffenden Zeitpunkt (Ende Juni 2008) nicht mehr gab. Allerdings folgt der Wegfall einer eingetragenen Markeninhaberin nicht ohne weiteres aus der Löschung der betreffenden Firma im Handelsregister; denn ebenso wenig wie bei der Löschung von Kapitalgesellschaften (vgl. z. B. BPatGE 41, 160 - ETHOCYN/Entoxin; BPatGE 44, 113 - DR. JAZZ) ist die Löschung einer Personengesellschaft im Handelsregister stets gleichbedeutend mit dem Wegfall des betreffenden Rechtsträgers. Vor allem im Falle der Liquidation wird diese zumindest als Gesellschaft bürgerlichen Rechts weiterleben, jedenfalls solange noch irgendwelche Aktivitäten, auch abwickelnder Art, erbracht werden. Nach der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts besteht die Gesamthand als Rechtsträgerin des Sondervermögens, dem die Marken zustehen, solange weiter, wie noch Markenrechte vorhanden sind, die betreffenden Marken also nicht (z. B. infolge Verzichts nach § 48 MarkenG) gelöscht oder auf Dritte rechtsgeschäftlich weiter übertragen sind.

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Der vorliegende Fall liegt allerdings anders, weil hier keine Liquidation der Personenhandelsgesellschaft stattgefunden hat, sondern eine übertragende Umwandlung (vgl. BPatGE 37, 143, 147 - Blendamed u. a.). Durch die notariell beurkundeten Erklärungen vom 12. September 2007 ist das Vermögen - einschließlich sämtlicher eingetragener Marken - der bisherigen Kommanditgesellschaft materiell-rechtlich auf die bisherige Komplementärin (d. h. die GmbH) kraft Anwachsung übergegangen (st. Rspr. des Bundesgerichtshofs; vgl. z. B. DB 2008, 1965); die Gesamthand als Rechtsträgerin des Sondervermögens ist aufgelöst und die Kommanditgesellschaft zugleich beendet (d. h. schon zu diesem Zeitpunkt, mithin vor der nur deklaratorischen Löschung im Handelsregister). Folglich konnte die als solche nicht mehr vorhandene „e… KG“, vertreten durch die Rechtsanwälte L…, der beantragten Amtslöschung wegen Verfalls im Juli 2008 gar nicht mehr widersprechen. Die seitens der Rechtsanwälte L… abgegebenen Erklärung, es werde namens und in Vollmacht dieser Kommanditgesellschaft der Löschung widersprochen, ging völlig ins Leere und ist rechtlich wirkungslos.

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Nach Eingang dieser Erklärung lagen für die Markenabteilung zwei sich - zumindest konkludent - inhaltlich widersprechende Behauptungen vor: die der Antragstellerin, die eingetragene Markeninhaberin erfülle nicht mehr die in § 7 MarkenG genannten Voraussetzungen, demgegenüber die der Rechtsanwälte L…, die ein- getragene Markeninhaberin sei weiterhin existent und (jedenfalls formell) zum Widerspruch legitimiert. Angesichts dieser offenkundig gegensätzlichen Behauptungen hätte die Markenabteilung zumindest - wie die Antragstellerin zu Recht rügt - vor weiteren Entscheidungen und Feststellungen dieser rechtliches Gehör gewähren müssen, sodann aber auch, unabhängig von der mittlerweile erfolgten Vorlage des Handelsregisterauszugs (zumal dieser letztlich - wie ausgeführt - nicht zwingend den Wegfall der bisherigen Markeninhaberin belegen konnte) Amtsermittlungen dahingehend anstellen müssen, ob und ggf. unter welchen rechtlichen Gesichtspunkten die noch im Markenregister als Inhaberin eingetragene Kommanditgesellschaft erloschen ist. Da dies unterblieben ist, stellte die sofortige Mitteilung an die Antragstellerin, es sei Widerspruch gegen die beantragte Löschung erhoben worden, eine unzutreffende und rechtsfehlerhafte Sachbehandlung und Entscheidung dar.

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b) Eine Aufhebung der Mitteilung der Markenabteilung vom 9. Juli 2008 (die, wie ausgeführt, einen Beschluss im materiell-rechtlichen Sinne darstellt) mit der von der Antragstellerin erstrebten Rechtsfolge, dass die angegriffene Marke bereits vom Deutschen Patent- und Markenamt - mithin ohne Klage vor den ordentlichen Gerichten nach § 55 MarkenG - zu löschen wäre, kommt aber nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens nicht (mehr) in Betracht.

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Allerdings kann der Widerspruch vom 8. Juli 2008 nicht in einen solchen der jetzigen Markeninhaberin umgedeutet werden. Dem steht zunächst die einer anderweitigen Auslegung nicht zugängliche Erklärung entgegen, der Widerspruch werde namens und im Auftrag der „e… KG“ erhoben. Zudem hatte die neue Markeninhaberin nicht - wie rechtlich geboten (vgl. BPatG, Beschluss vom 24. Mai 2006, 30 W (pat) 165/05 - TSUNAMI Computer) - den Antrag auf Umschreibung der Marke 306 69 580 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht, so dass die neue Markeninhaberin zu diesem Zeitpunkt noch nicht nach § 28 Abs. 2 Satz 1 MarkenG formell legitimiert war.

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Dem gesamten Vorbringen der (jetzigen) Markeninhaberin im Lauf des gerichtlichen Verfahrens lässt sich jedoch mit der gebotenen Eindeutigkeit entnehmen, dass diese mit der beantragten Amtslöschung ihrer Marke 306 69 580 nicht einverstanden ist. Darin liegt die zumindest konkludente Erklärung des Widerspruchs nach § 53 Abs. 4 MarkenG. Dieser Widerspruch ist auch nicht verfristet.

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Eine wirksame Zustellung der Mitteilung der Markenabteilung vom 26. Juni 2008 an den angegebenen Adressaten, d. h. die „e… KG“, war - wie ausgeführt - wegen Wegfalls jenes Rechtsträgers nicht möglich. Offensichtlich ist das betreffende Schriftstück zwar infolge fehlerhafter Sachbehandlung durch die Post der neuen Markeninhaberin, welche unter derselben Geschäftsadresse ansässig ist, ausgehändigt worden oder dieser in anderer Weise zugegangen; andernfalls hätten die Rechtsanwälte L… auch nicht antworten können, wie sie es mit ihrem Schreiben vom 8. Juli 2008 getan haben. Eine Heilung ist dadurch indessen nicht eingetreten. Denn anders als eine lediglich fehlerhafte Zustellung kann eine - wie im vorliegenden Fall - mangels existierenden Adressaten gänzlich fehlende Zustellung nicht geheilt werden (vgl. BPatG, Beschluss vom 18. Februar 2010, 30 W (pat) 95/09 - MALASEB; Sadler, Verwaltungszustellungsgesetz, 7. Aufl., § 8 Rdn. 28, 29 m. w. Nachw.). Das Fehlen der wirksamen Zustellung der Mitteilung vom 26. Juni 2008 hatte zur Folge, dass die in § 53 Abs. 3 MarkenG genannte Frist - zwei Monate nach Zustellung der Mitteilung - nicht zu laufen begonnen hat. Der Widerspruch konnte mithin auch zu einem späteren Zeitpunkt von der (jetzigen) Markeninhaberin, die seit Eingang ihres Umschreibungsantrags beim Deutschen Patent- und Markenamt am 4. Oktober 2008 auch formell legitimiert war (§ 28 Abs. 2 Satz 1 MarkenG), ausdrücklich oder zumindest konkludent in wirksamer Weise erhoben werden. Denn es ist anerkannt, dass ein Widerspruch schon vor formeller Zustellung der Mitteilung erhoben werden kann, sofern diese dem (nunmehr) Widerspruchsberechtigten in sonstiger Weise zur Kenntnis gekommen ist.

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Eine Amtslöschung scheidet deshalb - unbeschadet der fehlerhaften Sachbehandlung durch die Markenabteilung - nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand aus. Die Antragstellerin müsste ihr Löschungsbegehren ggf. im Wege der Klage vor den Gerichten der allgemeinen Zivilgerichtsbarkeit gem. § 55 MarkenG weiterverfolgen.

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3. Da der Streitgegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens auf die Frage der wirksamen Erhebung des Widerspruchs gegen die beantragte Amtslöschung beschränkt ist, kann den sonstigen von den Beteiligten aufgeworfenen Fragen im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht weiter nachgegangen werden.

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4. Für die Auferlegung von Verfahrenskosten (gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass. Jedoch war die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen (§ 71 Abs. 3 MarkenG). Die Sachbehandlung durch die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts war - wie aufgezeigt - fehlerhaft. Die dadurch provozierte Beschwerde war darüber hinaus zunächst auch begründet. Bei dieser Sachlage entspräche es nicht der Billigkeit, die verfallene Beschwerdegebühr einzubehalten.