Entscheidungsdatum: 19.03.2015
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke …
(hier: Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe)
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 19. März 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich sowie der Richter Heimen und Schmid
beschlossen:
Der Antrag der Markeninhaberin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wird zurückgewiesen.
I.
Die Markeninhaberin beantragt die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Erhebung einer Beschwerde gegen den Beschluss der Markenabteilung 3.4 vom 23. Juni 2014 in einem gegen sie gerichteten Markenlöschungsverfahren. Gegenstand dieses Löschungsverfahrens ist die am 27. August 2010 ursprünglich von P… e.K. angemeldete Marke Nr. … „B...“, die am 17. November 2010 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister für folgende Waren und Dienstleistungen eingetragen wurde:
Klasse 3: …
Klasse 5: …;
Klasse 29: …;
Klasse 30: …;
Klasse 35: … .
Neue Markeninhaberin ist seit Juli 2013 die E… …UG (haftungsbeschränkt).
Die Antragstellerin hat am 18. April 2013 einen Antrag auf vollständige Löschung der angegriffenen Marke wegen Bösgläubigkeit gemäß §§ 8 Abs. 2 Nr. 10, 50 Abs. 1, 54 MarkenG gestellt, den sie – zusammengefasst - wie folgt begründet hat:
Der Rechtsvorgänger der derzeitigen Markeninhaberin, seinerzeit firmierend unter P… e.K., und Geschäftsführer der derzeitigen Markeninhaberin, E1…, habe bei der Anmeldung der Marke bösgläubig gehandelt, da er damals gewusst habe, dass die Antragstellerin bereits selbst Nahrungsergänzungsmittel unter der Bezeichnung „B...“ weltweit über das Internet vertreibe. In Deutschland vertreibe die Antragstellerin schon seit 2007 derartige Produkte unter der Bezeichnung „B...“ über Internethandelsplattformen, habe damit … Umsätze erzielt und habe insoweit ein schutzwürdigen Besitz stand erlangt.
Zwischen dem heutigen Geschäftsführer der Markeninhaberin und der Antragstellerin habe es – insoweit unstreitig - im Jahr 2008 Verhandlungen über eine Vertriebskooperation in Deutschland gegeben, die aber letztlich gescheitert seien. Im Anschluss habe der Geschäftsführer der Markeninhaberin die Marke unter der P… e.K. nur deshalb angemeldet, um den Vertrieb der Produkte unter dem Namen „B...“ durch die Antragstellerin bzw. deren anderweitigen Vertriebspartner zu behindern.
Die Markeninhaberin hat im patentamtlichen Verfahren in Abrede gestellt, dass ihr Geschäftsführer E1… bei der Anmeldung bösgläubig gehandelt habe. Vielmehr sei geplant gewesen, nach dem Scheitern der bereits vertraglich vereinbarten Kooperation mit der Antragstellerin eigene Waren unter der Bezeichnung „B...“ zu vertreiben, wofür bereits Vorbereitungsmaßnahmen getroffen worden seien.
Die Markenabteilung 3.4 des DPMA hat mit Beschluss vom 23. Juni 2014 die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet und der Markeninhaberin die Kosten des Verfahrens auferlegt. Zur Begründung hat die Markenabteilung ausgeführt, zwar habe die Antragstellerin keinen schutzwürdigen Besitzstand darlegen können, ihr Löschungsantrag sei aber wegen Bösgläubigkeit des Geschäftsführers der Markeninhaberin bei der Anmeldung der Marke „B...“ begründet. Zu diesem Zeitpunkt sei dem Geschäftsführer der Markeninhaberin und seinerzeitigen Anmelder aufgrund der vorangegangenen Verhandlungen mit dem damaligen Vertreter der Antragstellerin, B, positiv bekannt gewesen, dass die Antragstellerin den Vertrieb der unter der Bezeichnung „B...“ im Ausland vermarkteten Produkte auch auf dem deutschen Markt beginnen wolle und dafür geeignete Vertriebspartner gesucht habe. Dass es bei der damaligen Anmeldung der Marke vor allem darum gegangen sei, die bevorstehende Vertriebstätigkeit der Antragstellerin durch die Sperrwirkung der Markenanmeldung zu behindern, sei daraus zu schließen, dass die Anmeldung zeitlich nur kurz nach dem Zerwürfnis der Verhandlungspartner erfolgt sei.
Die Markeninhaberin hat mit Faxschreiben vom 21. Juli 2014 Beschwerde gegen den ihr am 10. Juli 2014 zugestellten Beschluss der Markenabteilung 3.4 eingelegt. Die Beschwerdegebühr wurde bislang nicht entrichtet. Bereits die vorgenannte, vom Geschäftsführer der Markeninhaberin unterzeichnete Beschwerdeschrift enthält u. a. folgende Erklärung:
„Ich hoffe auf Einsicht und darauf, dass mir auch die Verfahrenskosten erlassen werden, denn ich habe die Kosten nicht verursacht und bin der Geschädigte!“
Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Markeninhaberin wurden nicht dargelegt.
Mit einem weiteren, am 20. August 2014 eingegangenen und mit „19.08.2014“ datierten Schriftsatz hat die Markeninhaberin unter Verweis auf ein Rentenanpassungsschreiben betreffend ihren Geschäftsführer und seine Mietkosten ausdrücklich Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt. Zur Sache vertieft und ergänzt die Markeninhaberin ihren Vortrag aus dem patentamtlichen Verfahren. Sie trägt weiter vor, dass die Löschungsantragstellerin, die B1… LLC in N… nicht registriert und dieses Unternehmen des- halb rechtlich nicht existent sei.
Die Markeninhaberin hat sinngemäß beantragt,
ihr für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen.
Die Antragstellerin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Antragstellerin legt zum Nachweis ihrer rechtlichen Existenz ein Certificate of Formation des State of Delaware vom 14. Mai 2007 vor.
Sie rügt ferner, dass die Markeninhaberin ihre Bedürftigkeit nicht nachgewiesen habe.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen, nach denen eine bedürftige Partei die Kosten des Verfahrens nicht oder nur zum Teil aufbringen kann, nicht ausreichend dargelegt sind und die beabsichtigte Rechtsverfolgung zudem keine Aussicht auf Erfolg hat.
1. Beteiligte des Markenlöschungsverfahrens sind allein die Löschungsantragstellerin und die Markeninhaberin als Rechtsnachfolgerin des ursprünglichen Markenanmelders. Zwar wurde der Löschungsantrag vor der Übertragung der Marke „B...“ vom Anmelder E1…, firmierend unter P1… e. K., auf die E… U.G. (haftungsbeschränkt) gestellt, am Löschungsverfahren beteiligt war nach Eintritt in das Verfahren durch ihren Widerspruch gegen den Löschungsantrag mit Schriftsatz vom 4. September 2013 aber ausschließlich die neue Markeninhaberin, der Rechtsvorgänger ist aus dem Verfahren ausgeschieden.
Da der ursprüngliche Markeninhaber an dem Löschungsverfahren nicht mehr beteiligt war, kommt die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren für ihn persönlich nicht in Betracht. Vielmehr kommt es auf die Verhältnisse der aktuellen Markeninhaberin an.
Die Beschwerdeeinlegung und die weiteren Schriftsätze legt der Senat aber zugunsten der Markeninhaberin dahingehend aus, dass diese für die durch den Löschungsbeschluss beschwerte Markeninhaberin, vertreten durch ihren Geschäftsführer, eingereicht wurden, da es sich um ein unternehmensbezogenes Geschäft handelt.
2. Verfahrenskostenhilfe kann gemäß § 81a MarkenG i. V. m. §§ 130 Abs. 2 und 3, 133 ff. PatG i. V. m. §§ 114, 116 Nr. 2 ZPO für eine inländische juristische Person nur dann bewilligt werden, wenn die Kosten weder von ihr noch vom am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.
a) Die nunmehrige Markeninhaberin ist als Unternehmergesellschaft (§§ 5a, 13 GmbHG) eine selbständige juristische Person. Demgemäß kommt es bei der Prüfung, ob der Partei auf ihren Antrag aufgrund ihrer Bedürftigkeit Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen ist, in erster Linie auf die Vermögensverhältnisse der Markeninhaberin als Unternehmergesellschaft an und nicht auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ihres Geschäftsführers. Die Markeninhaberin hat weder innerhalb der Beschwerdefrist noch in der Folge irgendwelche Angaben zu ihren aktuellen wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht, obwohl dies gemäß §§ 81a Abs. 2 MarkenG, 136 S. 1 PatG, 117 ZPO erforderlich gewesen wäre. Der Verweis auf eine Rentenanpassungsmitteilung betreffend ihren Geschäftsführer ist dafür ebenso wenig ausreichend wie die von der ihr in Kopie eingereichte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ihres Geschäftsführers vom 17. Oktober 2013 aus einem anderweitigen zivilrechtlichen Verfahren (LG Hamburg, Az. 321 O 337/13, Bl. 111 f. d. Amtsakte). Die vorliegenden Angaben aus dem damaligen Verfahren zu den Vermögensverhältnissen der Markeninhaberin stammen zudem aus dem Jahr 2013 und sind nicht geeignet, ihre aktuelle Bedürftigkeit zu belegen. Eine juristische Person hat insbesondere darzulegen, dass ihr auch die Aufnahme von Darlehen zur Finanzierung der Verfahrenskosten unmöglich ist (OVG Bremen, JurBüro 1987, 770). Allein der Verweis auf geringe Umsätze ist daher ungenügend, da dennoch die Möglichkeit einer Kreditaufnahme zum Bestreiten der Verfahrenskosten bestehen kann.
b) Selbst dann, wenn davon auszugehen wäre, dass die Markeninhaberin mittellos ist und auch die wirtschaftlich Beteiligten die erforderlichen Mittel nicht aufbringen können, scheidet hier die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe aus.
Denn es fehlt an der Voraussetzung, dass die Unterlassung der Rechtsverteidigung dem allgemeinen Interesse zuwiderlaufen würde, § 81a Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 116 S. 1 Nr. 2, 2. HS ZPO. Vorliegend ist kein allgemeines Interesse für die Verteidigung des Markenrechts erkennbar, welches die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel rechtfertigen könnte, da die Markeninhaberin ersichtlich weder Aufgaben der Allgemeinheit dient noch in irgendeiner Weise erkennbar ist, dass durch das Verfahren eine große Zahl von Arbeitsplätzen erhalten werden könnte (vgl. dazu Zöller ZPO, 29. Aufl., § 116, Rn. 24 ff. m. w. N., Ströbele/ Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 81a, Rn. 6). Auch andere Gründe, die für ein Allgemeininteresse sprechen könnten, sind weder vorgetragen oder sonst ersichtlich.
Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist schon aus den vorgenannten Gründen zurückzuweisen, ohne dass es darauf ankommt, ob der Verfahrenskostenhilfeantrag rechtzeitig gestellt wurde.
3. Des Weiteren hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung auch keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist davon auszugehen, dass die Markenabteilung 3.4 des DPMA zutreffend die Löschung der Marke ... „B...“ angeordnet hat, weil der Rechtsvorgänger der Markeninhaberin bei der Anmeldung bösgläubig war, §§ 8 Abs. 2 Nr. 10, 50 Abs. 1, 54 MarkenG.
Trotz des markenrechtlichen Territorialgrundsatzes kann eine inländische Markenanmeldung dann bösgläubig sein, wenn damit die Einführung eines im Ausland benutzten Kennzeichens verhindert werden soll, wenn der Anmelder weiß, dass das entsprechende Zeichen im Ausland verwendet wird und das ausländische Unternehmen die Absicht hat, in absehbarer Zeit die Marke auch im Inland einzusetzen, wobei auch diese Absicht dem Anmelder bekannt sein muss (vgl. Ströbele/Hacker MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 896 m. w. N.).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin ist bei objektiver Würdigung aller Umstände des Einzelfalls davon auszugehen, dass ihr Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Anmeldung positiv wusste, dass die Antragstellerin die Bezeichnung bereits – unstreitig - im außereuropäischen Ausland benutzte und solche „B..."-Waren auch in Deutschland vermarkten wollte, wobei zunächst eine Vertriebsvereinbarung mit dem Geschäftsführer Ehrlich zumindest beabsichtigt war. Nach dem eigenen Vortrag der Markeninhaberin ist ferner davon auszugehen, dass dem Geschäftsführer der Markeninhaberin jedenfalls aufgrund der Verhandlungen über den exklusiven Vertrieb der „B...“-Produkte u. a. in Deutschland zwischen der Antragstellerin und der P2… Ltd., die er damals vertreten hat, schon im Jahr 2009 bekannt war, dass diese Waren, die mit den Waren, für die die angegriffene Marke eingetragen ist, identisch oder hochgradig ähnlich sind, von der Antragstellerin in Deutschland demnächst vermarktet werden sollten. Dass die Anmeldung der Bezeichnung „B...“ als Marke zu einem Zeitpunkt erfolgte, nachdem die Kooperation und der Exklusivvertrieb gescheitert waren und der Geschäftsführer der Markeninhaberin davon ausgehen musste, dass die „B...“-Produkte nunmehr ohne seine Beteiligung auf den deutschen Markt gebracht würden, lässt den Schluss zu, dass es ihm nicht in erster Linie darauf ankam, den eigenen Wettbewerb zu fördern, sondern den bevorstehenden Vertrieb dieser Produkte durch die Antragstellerin zu behindern.
Ergänzend wird insoweit auch auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
4. Soweit die Markeninhaberin sich auf mangelnde Partei- und Prozessfähigkeit der Antragstellerin B2… COMPANY beruft, bestehen nach Vorlage des certificate of formation des Secretary of State des US-Bundesstaates Delaware vom 14. Mai 2007 keine Bedenken, dass die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren beteiligtenfähig ist (vgl. dazu Art. XXV Abs. 5 Satz 2 des Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 29. Oktober 1954 [BGBl II 1954, S. 487]). Aufgrund dieses völkerrechtlichen Vertrages ist eine in den Vereinigten Staaten von Amerika wirksam gegründete und noch bestehende Kapitalgesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland rechtsfähig, gleichgültig, wo ihr effektiver Verwaltungssitz liegt (BGH, Urt. v. 29. Januar 2003 – VIII ZR 155/02 –, BGHZ 153, 353-358, Rn. 8). Die Existenz einer US-amerikanischen Gesellschaft kann im Rahmen eines Verfahrenskostenhilfeverfahrens (vgl. dazu Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 114 Rn. 26 f.) durch Vorlage des genannten Zertifikates nachgewiesen werden (vgl. dazu z. B. Bischoff in: Kölner Hdb. f. Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., 2014, S. 1039 f.). Es handelt sich dabei um eine ausländische öffentliche Urkunde. Zudem ist die Antragstellerin im entsprechenden Register des US-Bundesstaates Delaware unter der Nr. … verzeichnet (den Bet. mit Vfg. v. 13.02.2015 mitgeteilt).
Der Vortrag der Markeninhaberin, die Antragsgegnerin sei im US-Bundesstaat New York nicht registriert, mag zutreffen, kann aber nicht ihre Registrierung und Fortexistenz nach dem Recht des Bundesstaates Delaware widerlegen.
Die beantragte Verfahrenskostenhilfe ist demnach zu versagen.
5. Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar, § 81a Abs. 2 MarkenG i. V. m. § 135 Abs. 3 PatG.