Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 04.08.2015


BPatG 04.08.2015 - 24 W (pat) 569/14

Markenbeschwerdeverfahren – "v.LOGIC/blue LOGIC intelligent solution (Wort-Bild-Marke)" – Waren- und Dienstleistungsidentität und -ähnlichkeit – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine mittelbare Verwechslungsgefahr - keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
24. Senat
Entscheidungsdatum:
04.08.2015
Aktenzeichen:
24 W (pat) 569/14
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2012 041 810

hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 4. August 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich sowie der Richter Heimen und Schmid

beschlossen:

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Gegen die am 27. Juli 2012 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) angemeldete, am 17. August 2012 für die Waren und Dienstleistungen

2

Klasse 9: Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; automatische Steuerungseinrichtungen für Fahrzeuge; Empfangsgeräte [Ton-, Bild-]; Navigationsgeräte für Fahrzeuge [Bordcomputer]; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild;

3

Klasse 38: Telekommunikation; Kommunikation durch faseroptische Netzwerke;

4

Klasse 42: Dienstleistungen von Ingenieuren; technische Beratung

5

eingetragene und am 21. September 2012 veröffentlichte, Wortmarke Nr. 30 2012 041 810

6

v.LOGIC

7

ist Widerspruch erhoben worden von der Inhaberin der am 15. Dezember 2009 eingetragenen farbigen Wort-Bildmarke Nr. 30 2009 055 508

Abbildung

8

(Farbe: blau, schwarz, weiß)

9

die für die Waren und Dienstleistungen

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Klasse 9: Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Serienmäßig hergestellte Elektronik-Hardware;

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Klasse 38: Telekommunikation

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Schutz genießt.

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Die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 42 des DPMA hat den Widerspruch mit Beschluss vom 22. August 2014 zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, trotz Waren- und Dienstleistungsidentität und unter Zugrundelegung einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei keine Verwechslungsgefahr gegeben. Schriftbildlich liege keine Ähnlichkeit der Vergleichszeichen vor. Die Wortbestandteile der Widerspruchsmarke „blue LOGIC intelligent solution“ und die angegriffene Marke wiesen auch in klanglicher Hinsicht ausreichende Unterschiede auf. Der Wortbestandteil „LOGIC“ präge die Widerspruchsmarke auch nicht, weil die übrigen Bestandteile nicht in einer Weise zurückträten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden könnten. Umgekehrt sei auch die angegriffene Marke einheitlich zu betrachten, da der Verkehr keine Veranlassung habe den Bestandteil „LOGIC“ in „v.LOGIC“ hervorzuheben. Schließlich liege auch keine mittelbare Verwechslungsgefahr vor.

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Dagegen wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde.

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Sie hält eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichszeichen für gegeben. Der Begriff „LOGiC“ habe prägende Bedeutung für die Widerspruchsmarke, allein schon weil es dreiviertel der Fläche einnehme, die übrigen Bestandteile seien dagegen optisch untergeordnet. Darüber hinaus verwende die Widersprechende zur Bezeichnung einzelner Produkte den Begriff „LOGiC“ in verschiedenen Varianten, darunter auch die Angabe „v.LOGiC“. Aufgrund dieser Umstände werde der angesprochene Verkehr die angegriffene Marke mit der Widerspruchsmarke und der Widersprechenden bzw. deren Produkte in Verbindung bringen.

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Die Widersprechende hat sinngemäß beantragt,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 vom 22. August 2014 aufzuheben und wegen des Widerspruchs aus der Marke 30 2009 055 508 die Löschung der angegriffenen Marke 30 2012 041 810 anzuordnen.

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Der Markeninhaber hat sinngemäß beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

20

Er trägt dazu vor, er habe die Bezeichnung „v.LOGIC“ selbst entwickelt. Die Widersprechende habe auch zeitweilig dieser Angabe für ihre Produkte verwendet, mittlerweile habe die Widersprechende auf seine Intervention hin die Verwendung aber eingestellt.

21

Des Weiteren habe er auch einen Löschungsantrag gegen die Widerspruchsmarke gestellt.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

23

Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 MarkenG statt-hafte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenstelle hat den Widerspruch zu Recht zurückgewiesen, weil zwischen den Kollisionszeichen keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr besteht, §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 MarkenG.

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1. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu z. B. EuGH GRUR 2010, 933, Tz. 32 - BARBARA BECKER; GRUR 2010, 1098, Tz. 44 - Calvin Klein/HABM; BGH GRUR 2012, 64, Tz. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040, Tz. 25 - pjur/pure; GRUR 2013, 833, Tz. 30 – Culinaria/Villa Culinaria). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der Waren, die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. dazu EuGH GRUR 2008, 343, Tz. 48 - Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; BGH GRUR 2012, 64, Tz. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040, Tz. 25 - pjur/pure; siehe auch Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 9, Rn. 41 ff. m. w. N.). Darüber hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren relevant sein, wie u. a. etwa die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.

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a) Nach der Registerlage können sich die Vergleichsmarken auf identischen und hochgradig ähnlichen Waren und Dienstleistungen begegnen. Die für beide Vergleichsmarken geschützten Waren der Klasse 9 sowie die Dienstleistungen der Klasse 38 sind identisch im Register eingetragen oder werden von den Oberbegriffen, die für die Widerspruchsmarke eingetragen sind, umfasst. Die Dienstleistungen in Klasse 42 sind ebenfalls identisch.

26

b) Zu den durch diese Waren und Dienstleistungen angesprochenen Verkehrskreisen zählen der jeweilige Fachverkehr sowie auch der allgemeine, angemessen aufmerksame Durchschnittsverbraucher, der entsprechende Geräte für private Zwecke nutzt sowie derartige Dienstleistungen nachfragt.

27

c) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit ist durchschnittlich.

28

d) Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung hält die angegriffene Marke aber auch bei identischen Waren und Dienstleistungen den erforderlichen Zeichenabstand zur Widerspruchsmarke ein.

29

Eine für das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr relevante Markenähnlichkeit kann in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht bestehen, wobei es für die Annahme einer Verwechslungsgefahr grundsätzlich ausreicht, wenn zwischen den jeweiligen Vergleichsmarken nur in einer dieser Kategorien ausreichende Übereinstimmungen festzustellen sind (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 9, Rn. 254 m. w. N.). Dabei sind grundsätzlich die Vergleichsmarken als Ganzes gegenüberzustellen, da der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden und zergliedernden Betrachtungsweise zu unterziehen (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 9, Rn. 237 m. w. N).

30

aa) Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ist danach nicht gegeben.

31

Eine relevante schriftbildliche Ähnlichkeit beider Zeichen liegt nicht vor. Die schriftbildlich in beiden Vergleichszeichen nahezu identischen Wortbestandteile „LOGiC“ bzw. „LOGIC“ vermögen weder für sich allein genommen, noch im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung beider Zeichen Grundlage einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr zu sein. Denn die Übereinstimmung beider Zeichen beschränkt sich auf ein beschreibendes, für sich genommen schutzunfähiges Zeichenbestandteil (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 9, Rn. 288, 181 ff. m. w. N.). Der Begriff „Logic“ bedeutet neben der Lehre vom folgerichtigen Denken im IT-Bereich eine bestimmte Technik der Programmierung bzw. eine Schaltung im Bereich der Computertechnologie (vgl. die den Bet. mit Vfg. v. 20.4.2015 übersandten Belege). Diese Bedeutung des Bestandteiles „Logic“ ist, da es sich um ein grundlegendes Prinzip jeder Programmiertechnik handelt, auch dem hier betroffenen Durchschnittsverbraucher bekannt. Die Angabe ist auch für die beiderseits beanspruchten Waren, bei denen es sich durchweg um elektronische Bauteile handelt, und den Dienstleistungen, die ebenfalls mit Datenübertragung unmittelbar im Zusammenhang stehen, im vorstehend genannten Sinne beschreibend. Der Verkehr entnimmt einer Übereinstimmung beider Zeichen in dem Wortbestandteilen „LOGiC“ bzw. „LOGIC“ daher allenfalls dieselbe beschreibende Aussage und schließt daraus nicht auf eine übereinstimmende betriebliche Herkunft der so gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen (vgl. hierzu auch BGH, GRUR 2012, 1040, 1042, - pjur/pure; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9, Rn. 288, m. w. N.).

32

Der Bestandteil „LOGiC“ kann aus diesen Gründen die Widerspruchsmarke auch nicht prägen.

33

Darüber hinaus steht einer schriftbildlichen Verwechslungsgefahr auch entgegen, dass sich die angegriffene Marke als ein einheitlicher Gesamtbegriff darstellt, in dem sich der, wie bereits dargelegt, kennzeichnungsschwache Begriff „LOGIC“ mit dem erkennbar keine beschreibende Bedeutung besitzenden Element „v.“ verbindet.

34

Eine klangliche Verwechslungsgefahr beider Zeichen scheidet ebenfalls aus. Auch in klanglicher Hinsicht schließt der Verkehr, wie oben ausgeführt, aus einer Übereinstimmung beider Zeichen in den - für sich genommen schutzunfähigen - Wortbestandteilen „LOGiC“ bzw. „LOGIC“ auch im Rahmen der sich gegenüberstehenden Zeichen in ihrer Gesamtheit nicht auf eine übereinstimmende betriebliche Herkunft der so gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen (vgl. hierzu auch BGH, GRUR 2012, 1040, 1042, - pjur/pure; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9, Rn. 288, m. w. N.).

35

Eine begriffliche Ähnlichkeit der Kollisionszeichen ist aus Rechtsgründen ebenfalls zu verneinen.

36

bb) Die Voraussetzungen einer mittelbaren Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG sind ebenfalls nicht gegeben. Die Widersprechende hat nicht vorgetragenen, etwa Inhaberin einer benutzten Zeichenserie zu sein, in die sich das angegriffene Zeichen einfügte. Allein der Umstand, dass sie nach ihrem Vortrag einzelne Produktkategorien u. a. mit dem Begriff „LOGiC“ mit unterschiedlichen Zusätzen versieht, genügt dafür nicht, da der Bestandteil wegen seines beschreibenden Charakters für die in Rede stehenden Waren als Serienbestandteil ungeeignet ist. Soweit die Widersprechenden auch die Verwendung eines Zeichens mit den Wortelement „v.LOGIC“ vorträgt, ist der Widerspruch darauf nicht gestützt worden.

37

Anhaltspunkte für eine mittelbare Verwechslungsgefahr aus anderen Gründen oder eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne ist weder ersichtlich noch vorgetragen.

38

2. Eine Auferlegung von Kosten aus Gründen der Billigkeit ist nicht veranlasst, § 71 Abs. 1 MarkenG.

39

3. Der Senat konnte im schriftlichen Verfahren entscheiden, nachdem kein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt wurde. Der Senat hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch nicht für sachdienlich erachtet, § 69 Nr. 3 MarkenG.