Entscheidungsdatum: 03.06.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2011 043 473
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 9. Februar 2013 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Werner sowie der Richterin Dr. Schnurr und des Richters Heimen
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Am 4. August 2011 hat die Anmelderin die Angabe
Was ich nicht essen kann, trage ich auch nicht auf meine Haut auf
als Wortmarke angemeldet für folgende Waren:
„Klasse 3: Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; kosmetische Hautpflegemittel; Haarpflegemittel, soweit in Klasse 3 enthalten;
Klasse 5: Präparate für die Gesundheitspflege; medizinische Hautpflegemittel;
Klasse 44: Gesundheits- und Schönheitspflege“.
Die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) hat nach vorheriger Beanstandung, der Anmeldung stünden die Eintragungshindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen, mit Beschluss vom 8. November 2011 die Markenanmeldung zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, die angemeldete Wortfolge „Was ich nicht essen kann, trage ich auch nicht auf meine Haut auf“ habe in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Unterscheidungskraft. Es handele sich um eine aus einfachen Begriffen des deutschen Grundwortschatzes gebildete, längere Aussage, die vom angesprochenen Verkehr dahingehend verstanden wird, dass mit den beanspruchten Waren bzw. Dienstleistungen nichts auf die Haut aufgetragen werde, was nicht auch essbar sei. Sie erschöpfe sich in dem allgemein verständlichem Sinn für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen, dass es sich bei den Produkte bzw. bei den bei Dienstleistungen verwendete Produkten um solche handele, die aus essbaren Inhaltsstoffen bzw. Zutaten bestünden, also um Waren, die auch gegessen werden könnten, es werde lediglich auf die besondere Güte der Inhaltsstoffe verwiesen.
Hiergegen hat die Anmelderin am 24. November 2011 Beschwerde eingelegt.
Zur Begründung ihrer Beschwerde führt die Anmelderin im Wesentlichen aus, dass Werbeslogans auch dann unterscheidungskräftig seien könnten, wenn die solchen Slogans immanente Werbefunktion im Vordergrund stehe. Die Herkunftsfunktion der Marke könne dabei auch eine bloß untergeordnete Rolle spielen. Der angemeldeten Angabe fehle auch nicht deshalb die erforderliche Unterscheidungskraft, weil sie eine Sachaussage enthalte, dies sei bei Werbeslogan regelmäßig der Fall. Die Angabe besitze vielmehr Originalität, Prägnanz und ein Mindestmaß an Interpretationsfähigkeit und sei deswegen unterscheidungskräftig. Die Wortfolge sei auch kurz und merkfähig.
Die Anmelderin hat beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 8. November 2011 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Die zulässige, insbesondere nach §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 MarkenG statthafte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil einer Eintragung der angemeldeten Marke das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht, denn das angemeldete Zeichen ist für die angemeldeten Waren beschreibend und steht zu sämtlichen beanspruchten Dienstleistungen in einem engen beschreibende Zusammenhang, es ist deshalb nicht unterscheidungskräftig. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht nach § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen.
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH, GRUR 2004, 428, 429 f., Rn. 30, 31 - Henkel; BGH, GRUR 2012, 1143 (Rn. 7) - Starsat). Werbeslogans und sonstige spruchartige Wortfolgen sind bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft wie andere Wortmarken zu behandeln. Sie unterliegen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen und müssen insbesondere keine zusätzliche Originalität aufweisen. Allein die Tatsache, dass ein Zeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen als Werbeslogan verstanden wird, reicht - für sich gesehen - nicht aus, um die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft zu verneinen (vgl. EuGH GRUR 2010, 228 (Rn. 44) - VORSPRUNG DURCH TECHNIK). Entscheidend ist, ob die Marke zugleich auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen wahrgenommen wird (EuGH GRUR 2010, 228 (Rn. 45) - VORSPRUNG DURCH TECHNIK, GRUR Int. 2011, 255, 257 (Rn. 52) – BEST BUY, GRUR Int. 2012, 914, 916 (Rn. 29) – Wir machen das Besondere einfach).
Wie bei anderen Markenkategorien auch, ist bei Slogans die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft allerdings zu verneinen, sofern der Verkehr einer Bezeichnung im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (BGH 2006, 850, 854, Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, 678, Rn. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH GRUR 2012, 1143, 1144 (Rn. 9) – Starsat; GRUR 2006, 850, 854, Rn. 17 - FUSSBALL WM 2006).
Gemessen an diesen Voraussetzungen hat die Wortfolge „Was ich nicht essen kann, trage ich auch nicht auf meine Haut auf“ für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Unterscheidungskraft, weil die Marke für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen entweder beschreibend ist oder jedenfalls in einem engen beschreibenden Bezug zu ihnen steht. Es handelt sich hier um einen sprachüblichen, grammatikalisch korrekt und aus gewöhnlichen Worten gebildeten Aussagesatz mit der ohne weiteres verständlichen Bedeutung, dass nur solche Stoffe oder deren Mischungen mit der Haut in Berührung kommen sollen, die für den Verzehr geeignet sind.
In Bezug auf die hier in Rede stehenden Waren der Klassen 3 und 5 beschreibt diese Aussage eine in Teilbereichen der Kosmetik vorherrschende Praxis, nur solche naturbelassenen bzw. natürlichen Inhaltstoffe in Kosmetikprodukten zuzulassen, die auch unbedenklich verzehrt werden könnten. Es handelt sich dabei um ein Warenmerkmal, das für den angesprochenen Verkehr, der sowohl den allgemeinen Endverbraucher als auch den Fachverkehr umfasst, in bestimmten Marktsegmenten von wesentlicher Bedeutung ist. Insbesondere im Bereich der Naturkosmetik, in dem die beanspruchten Waren der Klassen 3 und 5 angeboten werden können, ist es nach den Feststellungen des Senates gebräuchlich (vgl. die der Anmelderin mit Vfg. vom 28.1.2013 übersandte Belege), dass sie nur aus essbaren Rohstoffen bestehen und dass die Produkte naturbelassen sind oder schonend verarbeitet werden und deshalb theoretisch auch zum Verzehr geeignet sind. Naturkosmetik wird definiert als Verschönerung und Pflege des menschlichen Körpers mittels Wirkstoffen aus der Natur. Dies geschieht durch den Einsatz haut- und umweltfreundlicher natürlicher Rohstoffe (vgl. dazu z. B.: Bundesverband der Industrie- und Handelsunternehmen für Arzneimittel, Reformwaren, Nahrungsergänzungsmittel und kosmetische Mittel e.V., www.BDIH.de.). Durch die Aussage, welche die streitgegenständliche Angabe vermittelt, wird diese Art der Mittel beispielsweise von anderer Kosmetik oder Arzneimitteln, die auch z. B. industriell hergestellte, nicht natürliche Inhaltsstoffe enthalten können, abgegrenzt.
Darüber hinaus besteht verbreitet die Praxis, echte Lebensmittel für kosmetische Zwecke (vgl. z. B. „Naturkosmetik zum Selbermachen- Beauty aus der Küche“ in www.helpster.de; „Essen für die Schönheit: Gesunde Ernährung lässt den Teint strahlen – Pflege aus der Küche“ in www.essen-und-trinken.de) oder einfache medizinische Behandlungen (z. B. „Gelenkwickel aus Quark – ein bewährtes Hausmittel“ in www.deutsches-arthrose-forum.de) einzusetzen. Insbesondere im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen wird der angesprochene Verkehr die angemeldete Angabe naheliegend so verstehen, dass im Rahmen der so gekennzeichneten Dienstleistungen besonders derartige einfache Behandlungsmethoden angewendet werden.
Aufgrund dieser Bedeutung besitzt die angemeldete Wortfolge keine Eignung, als Hinweis auf die Herkunft der beanspruchten Waren aus einem bestimmten Unternehmen zu dienen. Sie beschreibt vielmehr ausschließlich in Form einer leicht und unmittelbar verständlichen Sachaussage ein wesentliches Merkmal i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG einer ganzen Gattung von Produkten aus den Klassen 3 und 5, die deshalb vom Verkehr nur als Hinweis auf dieses Merkmal, als zur Abgrenzung von konventioneller kosmetischer bzw. medizinischer Mittel, aufgefasst wird, aber nicht als Hinweis auf ein bestimmtes Herkunftsunternehmen.
In dieser Bedeutung besteht auch ein enger beschreibender Zusammenhang gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu sämtlichen angemeldeten Dienstleistungen der Klasse 44, in deren Rahmen Waren der Klassen 3 und 5 üblicherweise verwendet werden. Der Angabe „Was ich nicht essen kann, trage ich auch nicht auf meine Haut auf“ kann für die beanspruchten Dienstleistungen der „Gesundheits- und Schönheitspflege“ nach der Rechtsprechung bereits dann die Unterscheidungskraft abzusprechen sein, wenn sich die Angabe auf Umstände bezieht, welche die angemeldeten Dienstleistung selbst nicht unmittelbar beschreiben oder auch nur betreffen, durch die aber ein "enger beschreibender Bezug" zu diesen hergestellt wird (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 677 (Nr. 69, 70, 86) - Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 (Nr. 19) - BIOMILD; GRUR 2008, 608, 610 (Nr. 61, 62) - EUROHYPO; BGH GRUR 1998, 465, 468 - BONUS; GRUR 2005, 417, 419 - BerlinCard; GRUR 2006, 850 (Nr. 19 und 28) - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2008, 710, 711 (Nr. 16) - VISAGE).
So ist es hier. Die angemeldete Angabe wird von den angesprochenen Verkehrskreisen jedenfalls dahingehend verstanden, dass im Rahmen der beanspruchten Dienstleistungen nur Waren im oben beschriebenen Sinne verwendet werden. Auch insoweit werden die angesprochenen Verkehrskreise in der angemeldeten Wortfolge ausschließlich eine sachbezogene Angabe sehen, nicht dagegen einen Hinweis auf das Herkunftsunternehmen der beanspruchten Dienstleistungen.