Entscheidungsdatum: 27.03.2012
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2011 009 606.6
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 27. März 2012 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Werner, der Richterin Dr. Schnurr und des Richters am Oberlandesgericht Heimen
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I.
Die am 17. Februar 2011 als Wortmarke angemeldete Bezeichnung
VENTAS
ist für Waren und Dienstleistungen
der Klasse 9
„Monitore [Computerhardware]; Computer; Computersoftware [gespeichert]; Diskettenlaufwerke [für Computer]; Drucker für Computer; Interfaces [Schnittstellengeräte oder -programme für Computer]; Laptops (Computer); Notebooks (Computer); Computerbetriebsprogramme [gespeichert]; Computerprogramme [gespeichert]; Computerprogramme [herunterladbar]; Monitore [Computerprogramme]; Codierer [Datenverarbeitung]; Datenverarbeitungsgeräte; Klarschriftleser [Datenverarbeitung]; Koppler [Datenverarbeitung]; Lesegeräte [Datenverarbeitung]; Magnetbandgeräte [Datenverarbeitung]; Magnetdatenträger; Mäuse [Datenverarbeitung]; optische Datenträger; optische Platten [Datenverarbeitung]; Plattenwechsler [Datenverarbeitung]; Scanner [Datenverarbeitung]; Speicher für Datenverarbeitungsanlagen; Zentraleinheiten [für die Datenverarbeitung]“;
der Klasse 35
„Aktualisierung und Pflege von Daten in Computerdatenbanken; organisatorisches Projektmanagement im EDV-Bereich“;
und der Klasse 42
„Aktualisieren von Computersoftware; Aktualisierung (Update) von Software; Computerhard- und Softwareberatung; Design von Computersoftware; Dienstleistungen eines EDV-Programmierers; EDV-Beratung; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und Computersoftware; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Erstellung von Computeranimationen; Installation und Wartung von Software; Installation und Wartung von Software für Internetzugänge; Konfiguration von Computer-Netzwerken durch Software; Konvertieren von Computerprogrammen und Daten [ausgenommen physische Veränderung]; Kopieren von Computerprogrammen; technisches Projektmanagement im EDV-Bereich; Vermietung von Computersoftware; Wartung von Computersoftware; Editieren, Formatieren und Übertragen von Daten auf CD-Rohlinge (Premastering); elektronische Datensicherung; elektronische Datenspeicherung; Installieren von Computerprogrammen; Konvertieren von Daten oder Dokumenten von physischen auf elektronische Medien; Vermietung und Wartung von Speicherplätzen zur Benutzung als Websites für Dritte (Hosting); Vermietung von Datenverarbeitungsgeräten; Wiederherstellung von Computerdaten“.
bestimmt.
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts, besetzt mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes, hat die Anmeldung nach vorheriger Beanstandung mit Beschluss vom 14. Oktober 2011 gemäß § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei dem angemeldeten Kennzeichen handele sich um die Pluralform des spanischen Wortes „venta“ bzw. „ventas“, welches Verkauf, Absatz bedeute. Vor dem Hintergrund, dass Spanisch eine der Welthandelssprachen sei, bestehe ein Interesse des von Deutschland aus agierenden internationalen Fachhandels, den Ausdruck „Ventas“ zur beschreibenden Hervorhebung der Waren und Dienstleistungen als Bestimmungsangabe (für Verkäufe) zu verwenden. Es bestehe daher ein Freihaltebedürfnis im Verkehr zugunsten der Mitbewerber auf dem Markt, welche die Möglichkeit haben müssten, ihre Produkte und Dienste in dieser oder einer damit verwechselbaren Art und Weise zu kennzeichnen oder zu beschreiben (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Der angemeldeten Marke fehle auch jegliche Unterscheidungskraft, da der angesprochene Verbraucher in ihr kein individualisierendes Betriebskennzeichen sehe (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Hiergegen hat die Anmelderin am 14. November 2011 Beschwerde gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 MarkenG eingelegt.
Sie stellt sinngemäß den Antrag,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Oktober 2011 aufzuheben.
Die Anmelderin verweist darauf, dass die Marke „Ventas“ für sie von 1997 bis 2007 für Waren der Klassen 9 und 16 eingetragen gewesen sei und dieser Markenschutz nur versehentlich nicht verlängert worden sei. Unter dieser früheren Marke sei das Waren- und Dienstleistungsangebot in den vergangenen 20 Jahren am Markt gewesen, nicht zuletzt sei die Firma der Anmelderin mit der Marke identisch. Die Bezeichnung werde seit vielen Jahren sowohl für das Unternehmen selbst als auch für diverse Produkte und Dienstleistungen genutzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat die Markenstelle für Klasse 42 dem Anmeldezeichen die Eintragung versagt, da dieser das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht.
Nach dieser Bestimmung dürfen Marken nicht eingetragen werden, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können, für welche die Eintragung beantragt wird. Unter „sonstige Merkmale“ sind dabei alle für die angesprochenen Verkehrskreise im Hinblick auf die fraglichen Waren in irgendeiner Weise bedeutsamen Umstände zu verstehen (vgl. BGH GRUR 2000, 231, 233 – FÜNFER; GRUR 1999, 1093,1094 - FOR YOU; GRUR 1998, 813, 814 – CHANGE). Wenn die Eintragung einer Marke für verschiedene Waren oder Dienstleistungen beantragt wird, so ist in Bezug auf jede dieser Waren oder Dienstleistungen zu prüfen, ob die Marke unter das Eintragungshindernis fällt.
Das angemeldete Zeichen lässt sich ursprünglich vom lateinischen Verb „vendere“ = „verkaufen, absetzen“ ableiten. Wie auch die Anmelderin nicht bestreitet, kommt dem Markenwort als Pluralform von „venta“ in der spanischen Sprache die Bedeutung „Käufe, Verkäufe, Absatzleistung, Umsätze“ zu (vgl. Garay, Rechtswörterbuch Spanisch–Deutsch, 3. Aufl. [2008]).
Maßgeblich für die weitere Prüfung sind die beteiligten inländischen Verkehrskreise. Das sind nach der Definition des Europäische Gerichtshofs der Handel „und/oder“ die normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (EuGH GRUR 2006, 411, 413 - Rn. 24 - Matratzen Concord/Hukla; vgl. im Anschluss daran auch BPatG 2007, 527 - Rapido; BPatG Beschluss vom 09.03.2007, Az.: 24 W (pat) 110/05 - bagno; Beschluss vom 16.06.2010, Az.: 28 W (pat) 28/10 - Porco; vgl. auch BPatG, Beschluss vom 11.08.2003, Az.: 30 W (pat) 108/02 - Porco). Daher kann für das Verständnis einer Marke auch das Verständnis der am Handel beteiligten Fachkreise für sich gesehen von ausschlaggebender Bedeutung sein (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Auflage, § 8 Rdn. 100; Ströbele MarkenR 2006, 433, 435). So verhält es sich hier.
Spanisch gehört jedenfalls für denjenigen deutschen inländischen Handel, der international agiert, zu den Welthandelssprachen. Wie eng die wirtschaftlichen Beziehungen z. B. zwischen dem Königreich Spanien und der Bundesrepublik Deutschland im Bereich des gegenseitigen Ex- und Imports und im Tourismus sind, ist bereits in dem angegriffenen Beschluss zutreffend und von der Anmelderin unwidersprochen dargestellt worden. Spanisch gehört weiter - nur u a. - zu den Handelssprachen für den zunehmenden Handel zwischen Deutschland und den spanisch-sprechenden Staaten Süd-Amerikas und gewinnt für den deutschen Handel mit den Vereinigten Staaten immer mehr an Gewicht, weil sich jedenfalls im Süden der Vereinigten Staaten diese Sprache immer mehr verbreitet. In seiner begrifflichen Bedeutung von „Käufe, Verkäufe, Absatzleistungen, Umsätze“ enthält das spanische Wort „ventas“ einen Teil d e r zentralen Begriffe überhaupt für die in Deutschland betriebene Wirtschaft und gehört zu den bedeutsamsten Umständen im Hinblick auf jede Waren und auf jede Dienstleistungen, mit denen Handel getrieben werden kann. In einem freien Wettbewerb müssen die genannten Begriffe daher für jedermann zur freien Verfügung stehen, der spanische Ausdruck „ventas“ muss jedenfalls für den Handel frei von jeder Monopolisierung bleiben.
Das angemeldete Markenwort enthält noch einen weiteren unmittelbaren beschreibenden Bezug zu den mit der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen: Denn diese können sämtlich für Verkäufe bestimmt sein bzw. der Unterstützung der Absatzleistungen und Verkäufe dienen bzw. im Rahmen von Absatzleistungen erbracht werden, die sämtlich international, z. B mit dem spanisch-sprechenden Ausland erfolgen können. Auch deswegen stellt das Wort „VENTAS“ eine unmittelbar beschreibende Angabe dar, die jedenfalls für den internationalen Handel mit Sitz in Deutschland als solche klar erkennbar und deswegen nicht schutzfähig i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist.
Die Waren und Dienstleistungen der Anmelderin können gerade dazu bestimmt sein, den Verkauf, den Umsatz und den Absatz, mithin den Geschäftserfolg der Abnehmer durch den Einsatz der Informationstechnologie zu unterstützen und zu fördern, sei es durch Hardware bzw. Standard-Computerprogramme (Warenklasse 9) oder den Einsatz und Entwicklung von spezieller Software sowie Betreuung des EDV-Systems (Klassen 35/ 42). Zudem ist bzw. kann die Ware dafür bestimmt sein, die mit einem Handelsbetrieb zusammenhängende Leistungen (z. B. Software, mit der Warenverwaltung und -bestellungen durchgeführt oder über die die Bezahlungen abgewickelt werden kann) oder erforderliche Funktionen (z. B. Bürosoftware) anzubieten und damit Grundlage für einen erfolgreichen Geschäftsbetrieb zu sein. Die Bezeichnung „Ventas“ für die beanspruchten Dienstleistungen "Entwurf und Entwicklung von Computersoftware" etc. beschreibt in diesen Fällen Inhalt und Thematik der im Rahmen der Dienstleistungen zu entwickelnden Software für einen Handelsbetrieb.
Jedenfalls standardisierte Computerprogramme und dazu erbrachte EDV-Dienstleistungen sowie die entsprechenden Hardware können regelmäßig sowohl national als auch international eingesetzt werden. Deswegen kann das Einsatzgebiet der hier beanspruchten Waren und Dienstleistungen auch auf dem Gebiet des internationalen Handels und der dazu erforderlichen betrieblichen Organisation liegen, einschließlich der technischen Arbeitsmittel des jeweiligen Unternehmens, vorliegend der IT-Ausstattung. Hinsichtlich der Dienstleistungen aus den Klassen 35 und 42 ergibt sich dies aus der möglichen Bestimmung der Softwareentwicklung und dem Softwareeinsatz einschließlich der damit ermöglichten Datenverarbeitung sowie der notwendigen Unterstützungs- und Hilfsleistungen zu betrieblichen bzw. kaufmännischen Zwecken. Das kann auch den Export in spanischsprachige Märkte betreffen, z. B. hierfür vorgesehene kaufmännische Softwareprodukte, die für die Verwendung in Handel und Industrie bestimmt sind, aber auch angebotene Software und EDV-Dienstleistungen der Klassen 35 und 42 in spanischer Sprache, die entweder für das spanischsprachige Ausland angeboten werden oder im Inland für spanischsprechende Kunden vorgesehen sind.
Nach allem ist der Beschwerde der Anmelderin der Erfolg zu versagen.