Entscheidungsdatum: 13.03.2012
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2010 000 250.6
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 13. März 2012 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Werner sowie der Richterin Dr. Schnurr und des Richters am Oberlandesgericht Heimen
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I.
Am 6. Januar 2010 hat die Anmelderin die Wortmarke
BioPharm
für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen
„(6) Schläuche und Schlauchleitungen aus Metall; Kupplungen und Anschlüsse für Schläuche aus Metall, insbesondere Schnellkupplungen, Sicherheitskupplungen; Schlaucharmaturen; Befestigungssysteme für Schläuche;
(17) Schläuche und Schlauchleitungen soweit in Klasse 17 enthalten; Schläuche (nicht aus Metall), insbesondere Schläuche aus Kunststoff, Gummi, Elastomere, Folien, technische Gewebe und/ oder textilem Material (Endfabrikate), insbesondere flexible Schläuche für technische Zwecke für den Transport von flüssigen, festen und/oder gasförmigen Medien jeglicher Art;
(35) Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen hinsichtlich Schläuche, Schlauchleitungen, Kupplungen, Schlauchanschlüsse, Schlauchbefestigungssysteme und/oder Schlaucharmaturen aller Art; Beratungsdienstleistungen hinsichtlich Schlauchsysteme“
angemeldet.
Die Markenstelle für Klasse 17 hat die angemeldete Wortmarke zunächst als nicht unterscheidungskräftig i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und als nicht schutzfähige beschreibende Angabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG beanstandet. Mit Beschluss vom 28. Oktober 2011 hat die Markenstelle, vertreten durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes, die Markenanmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Das Zeichen „BioPharm“ bestehe aus einer Kombination von üblichen und allgemeinverständlichen Abkürzungen: „Bio“ werde in der englischen und deutschen Sprache ohne weiters mit „biologisch, Biologie“ gleichgesetzt und „Pharm“ sei eine Kurzform der englischen Worte "pharmaceutics; pharmaceutical; pharmacist; pharmacy" im Deutschen für „Pharmazeutik, Pharmazie, Arzneimittelkunde“ bzw. „pharmazeutisch, Apotheker-“. Aus der Kombination der beiden Abkürzungen „Bio“ und „Pharm“ ergebe sich in der Gesamtheit der Sinngehalt „Biopharmazeutik, Biopharmazie“ oder als Adjektiv „biopharmazeutisch“, der sich dem angesprochenen Publikum jedenfalls des deutschen und englischen Sprachkreises auf den ersten Blick und ohne längere Überlegung aus der angemeldeten Zeichenfolge erschließe. Das Zeichen bestehe somit lediglich aus der bloßen Kombination zweier beschreibender Begriffe. Die durch korrekte Kombination der beiden Bestandteile „Bio“ und „Pharm“ sei sprachüblich gebildet und treffe in schlagwortartiger Form die für den Verkehr sofort erfassbare Sachaussage über die Bestimmung und über den Verwendungszweck der betreffenden Waren und über den Gegenstand der fraglichen Dienstleistungen, ohne dass durch die Zusammenfügung der Wörter der sachbezogene Charakter der Wortkombination verloren gehe. Insofern verfüge es über eine im Vordergrund stehende merkmalsbeschreibende Sachaussage.
Hiergegen hat die Anmelderin am 14. November 2011 Beschwerde eingelegt.
Sie vertritt die Auffassung, das Zeichen bestehe nicht aus einer Kombination von allgemein verständlichen Angaben, auch nicht in Form einer Abkürzung, der Begriff „BioPharm“ sei lexikalisch nicht nachweisbar. Allein der Umstand, dass die Vorsilbe „Bio“ mit der Bedeutung „biologisch“, „Biologie“ häufig als Abkürzung gebraucht werde, schließe eine hinreichende Eignung zur Unterscheidungskraft nicht aus.
Die Bedeutung der Angabe „BioPharm“ dürfe nicht auf den Sinngehalt „Biopharmazeutik, Biopharmazie“ oder „biopharmazeutisch“ beschränkt werden, so stehe die Angabe in den von der Markenstelle eingeführten Beispielen auch für den Fachschaftsrat der Fachbereiche Biowissenschaften und Pharmazie einer deutschen Universität sowie für Test- und Arbeitsmethoden im Bereich der Veterinär- und Humanmedizin. Die unterschiedlichen Sinngehalte schließen nach Auffassung der Anmelderin das Fehlen der Unterscheidungskraft im Zusammenhang mit den von ihr beanspruchten Waren und Dienstleistungen aus, zumal diese auch außerhalb des pharmazeutischen Bereiches Verwendung finden könnten und finden.
Schließlich sei die Angabe auch nicht beschreibend im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, da sie keinen beschreibenden Inhalt aufweise und mangels Verwendung des Begriffes „Bio“ im Zusammenhang mit technischen Geräten oder Teilen davon auch kein Freihaltebedürfnis bestehe.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 17 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 28. Oktober 2011 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 MarkenG statthafte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil einer Eintragung der angemeldeten Marke die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegenstehen. Denn das Markenwort „BioPharm“ kann für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen als beschreibende Angabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dienen und ist als solche auch nicht unterscheidungskräftig ist, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht nach § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen.
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dürfen Marken nicht eingetragen werden, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche zur Beschreibung der jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen können. Diese Vorschrift verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass beschreibende Zeichen oder Angaben von jedermann, insbesondere von den Mitbewerbern des Anmelders, frei verwendet werden können. Solche Zeichen sind demnach vom Schutz ausgeschlossen, weil ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit widerspricht (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 725 (Nr. 25) - Chiemsee; GRUR 2004, 146, 147 (Nr. 31) - DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674, 676 (Nr. 54, 56) - Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 (Nr. 35-36) - BIOMILD).
Gemessen an diesen Voraussetzungen ist das angemeldete Zeichen geeignet, für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen als beschreibende Angabe, insbesondere als Beschaffenheits- und Bestimmungsangabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu dienen. Bei dem Wortbestandteil „Pharm“ der angemeldeten Marke handelt es sich um eine erkennbare weitere Verkürzung des in Deutschland gebräuchlichen Ausdrucks „Pharma“ als einem beschreibenden Hinweis auf „Pharmazie“ oder „pharmazeutisch“, der bereits Firmenbestandteil zahlreicher Arzneimittel- und Pharmaunternehmen und anderer pharmazeutischer Kennzeichnungen ist (vgl. auch „BioPharma: Für die Medizin der Zukunft - Ein Strategiewettbewerb als Teil der Pharma-Initiative für Deutschland“, Ausschreibung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung aus dem Jahre 2007, Internetauszug in den Anlagen zu dem angegriffenen Beschluss, Bl. 32 der Amtsakte; vgl. weiter BPatG Beschluss vom 23. Oktober 2006, Aktenzeichen 30 W (pat) 197/04 - Biopharma ./. Bipharm).
Die angemeldete Wortmarke „BioPharm“ führt daher direkt zu den deutschen Begriffen „Biopharmazie“ und „biopharmazeutisch“. Zum Begriff der Biopharmazie heißt es bei Langguth/Fricker/ Wunderli-Allenspach, Biopharmazie, Weinheim 2004, S. 3: „Die Biopharmazie beschäftigt sich mit der Beeinflussung der Wirksamkeit eines Arzneistoffes durch die Arzneiform. Dazu werden die Abhängigkeiten zwischen der Wirkung von Arzneimitteln im Organismus (Pharmakodynamik) einerseits und andererseits die Einflüsse des Organismus auf den Arzneistoff (Pharamkokinetik) betrachtet […]. Wird der Weg eines Arzneistoffes zu einem Wirkort aufgezeichnet, erscheint die Biopharmazie eingebettet zwischen Pharmazeutischer Technologie und Pharmakologie, wobei sie mit beiden Fachgebieten beträchtliche Überschneidungen aufweist. Sie pflegt einen multidisziplinären Ansatz: … [wird weiter ausgeführt]“; zur Definition des Begriffs „Biopharmazie“ vgl. weiter Bauer/Frömming/Führer, Lehrbuch der Pharmazeutischen Technologie, Mit einer Einführung in die Biopharmazie, Stuttgart, 8. Auflage, S. 192 ff.).
Bei dieser Sachlage werden jedenfalls die gesamten Fachkreise im Bereich der Biopharmazie - dies sind Forschung und Entwicklung, Produktion und deren Zulieferer, Handel und Fachberatung sowie die fachkundigen Endabnehmer wie Kliniken und Arztpraxen - die Marke „Biopharm“ als verkürzten Hinweis auf die Eignung der ihnen angebotenen Waren und Dienstleistungen oder auf deren Bestimmung für biopharmazeutische Forschung und Entwicklung, Produktionsprozesse, Produkte, Handel oder Beratung auffassen. Ob die angemeldete Marke darüber hinaus in dem beschriebenen Sinne auch von den allgemeinen Verkehrskreisen verstanden werden wird, kann dahinstehen. Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH GRUR 2006, 411 ff. (Nr. 45) - Matratzen Concord/Hukla) kann bei der Bestimmung der angesprochenen Verkehrskreise zwischen dem Fachverkehr - im Fall der zitierten Entscheidung war das der Handel - „und/oder“ dem normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständlichen Durchschnittsverbraucher unterschieden werden, so dass auch einer dieser beiden Kreise allein von ausschlaggebender Bedeutung sein kann (EuGH a. a. O.; im Anschluss an Nr. 45 bis 47, 50, 56 und 57 der Schlussanträge des Generalanwalts vom 24. November 2005 in dieser Rechtssache C-421/04; vgl. auch bereits EuGH GRUR 1999, 723, 726 (Nr. 29) - Chiemsee und GRUR 2004, 682 (Nr. 24-26) - Bostongurka; vgl. weiter im Anschluss an die vorgenannten Entscheidungen: BPatG MarkenR 2007, 527 - Rapido; Beschluss vom 9. März 2007, Aktenzeichen 24 W (pat) 110/05 - bagno; Beschluss vom 16. Juni 2010, Aktenzeichen 28 W (pat) 28/10 - Porco - und Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Auflage 2012, § 8 Rdn. 29; Ströbele, MarkenR 2006, 433, 435).
Aus der Sicht der vorstehend definierten Fachkreise kann das Wort „BioPharm“ in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klassen 6 und 17 ohne weiteres als Sachhinweis dafür dienen, dass diese „Schläuche und Schlauchleitungen aus Metall; Kupplungen und Anschlüsse für Schläuche aus Metall; Sicherheitskupplungen; Schlaucharmaturen; Befestigungssysteme für Schläuche“ sowie „Schläuche und Schlauchleitungen, soweit in Klasse 17 enthalten; Schläuche nicht aus Metall“ sämtlich für biopharmazeutische Zwecke (besonders) geeignet sind, sei es in der biopharmazeutischen Forschung und Entwicklung, sei es für die Produktion biopharmazeutischer Produkte oder für deren Anwendung.
In Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen „Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen hinsichtlich Schläuche, Schlauchleitungen, Kupplungen, Schlauchanschlüsse, Schlauchbefestigungssysteme und/oder Schlaucharmaturen aller Art; Beratungsdienstleistungen hinsichtlich Schlauchsysteme“ kann das Wort „BioPharm“ als fachliche Konkretisierung der angebotenen Dienstleistungen dienen, also z. B. „Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen hinsichtlich Schläuche und Schlauchleitungen für die Biopharmazie“ oder „Beratungsdienstleistungen hinsichtlich Schlauchsysteme für die Biopharmazie“.
Diese Feststellungen werden durch den Sachvortrag der Anmelderin nicht in Frage gestellt.
In der Definition dessen, was Biopharmazie ist, stimmen die Anmelderin und der Senat überein. Auf die Frage, ob das Wort “BioPharm“ nicht nur für die Begriffe „Biopharmazie“ und „biopharmazeutisch“ als allgemein verständliche Abkürzung dienen kann, sondern darüber hinaus auch für den - sachlich engeren - Begriff der „Biopharmazeutika“, kommt es vorliegend nicht an. Soweit die Anmelderin in ihrer Beschwerdeschrift eine mögliche Mehrdeutigkeit des Ausdrucks „BioPharm“ geltend macht, ist dieser Vortrag für den Senat nicht schlüssig: Denn die Tätigkeiten der Biopharm GmbH, der R-Biopharm Aktiengesellschaft und des Analytischen Zentrums Biopharm Berlin GmbH (s. die Anlagen zu dem angegriffenen Beschluss Bl. 25 ff. der Amtsakte) erstrecken sich sämtlich auf solche technischen und analytischen Methoden, die für die Biopharmazie charakteristisch sind, das sind die Erforschung sowie die Analyse von Wirkungsweisen von Arzneimitteln bei Mensch oder Tier und eine darauf aufsetzende Entwicklung, bzw. Produktion von biotechnologischen Arzneimitteln. Im Fall der Bezeichnung „FSR Biopharm - Leipzig“ ist die Buchstabenfolge „FSR“ die Abkürzung für „Fachschaftsrat“ und „BioPharm“ die Abkürzung für die Fachbereiche „Biowissenschaften“ und „Pharmazie“.
Zu Recht weist die Anmelderin darauf hin, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht nur für den Bereich der Biopharmazie geeignet sind, sondern darüber hinaus für zahlreiche andere Bereiche von Forschung und Technik. Diese womöglich sehr viel weitergehenden Verwendungsmöglichkeiten der beanspruchten Waren und Dienstleistungen ändern jedoch nichts daran, dass dieselben Waren und Dienstleistungen auch für biopharmazeutische Zwecke geeignet sind. Dass inzwischen auf dem deutschsprachigen Markt z. B. Schnellverschluss-Kupplungen, Schlauchsysteme sowie Schellen damit beworben werden, dass sie speziell für biopharmazeutische Verfahren, Herstellungsprozesse und Anwendungen geeignet sind, hat die Markenstelle mit den Anlagen zu dem angegriffenen Beschluss belegt (vgl. Bl. 33, 34, 36 bis 39 der Amtsakte) und die Anmelderin hat die Triftigkeit dieser Ergebnisse nicht in Frage gestellt.
Da zur Überzeugung des Senats feststeht, dass das Markenwort „BioPharm“ dazu dienen kann, die Eignung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen für biopharmazeutische Zwecke leicht fasslich und unmissverständlich anzugeben, bedarf es für die Begründung des Eintragungsverbots gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auch keines weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweises, dass und in welchem Umfang die angemeldete Marke als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird (Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Auflage 2012, § 8 Rdn. 287; EuGH GRUR 2010, 534 (Nr. 52) - PRANAHAUS; GRUR Int. 2011, 400 (Nr. 38) - Zahl 1000; BGH GRUR 2008, 900 (Nr. 12) - SPA II; BGH GRUR 2003, 882, 883 - Lichtenstein).
Als unmittelbare Sachangabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist die angemeldete Wortmarke auch nicht unterscheidungskräftig i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (vgl. z. B. BGH GRUR 2010, 825 (Nr. 16) - Marlene Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 952 (Nr. 19) - DeutschlandCard; GRUR 2008, 710 (Nr. 16) - VISAGE).