Entscheidungsdatum: 27.08.2013
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2011 045 364.0
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 27. August 2013 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Werner sowie der Richterin Dr. Schnurr und des Richters Heimen
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Am 19. August 2011 hat die Anmelderin beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) die Wortmarke Nr. 30 2011 045 364.0
TOP IMAGE SYSTEMS
für folgende Dienstleistungen angemeldet:
„Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten;
Klasse 38: Telekommunikation;
Klasse 42: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software.“
Mit Beschluss vom 26. Juli 2012 hat die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 42 die Anmeldung nach vorheriger Beanstandung, dem angemeldeten Zeichen stünden die Eintragungshindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen, vollständig zurückgewiesen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft fehle. Die hier angesprochenen Verkehrskreise würden dem aus allgemein geläufigen und gängigen englischen Wörtern gebildeten Ausdruck „ TOP IMAGE SYSTEMS “ mit der übersetzten Bedeutung „Systeme, die einen erstklassigen Ruf genießen“ für sämtliche beanspruchten Dienstleistungen den Aussagegehalt entnehmen, dass es sich bei den so bezeichneten Dienstleistungen um solche handele, bei deren Erbringung, Ausführung oder Angebot erstklassige (Computer- oder Telekommunikations- oder Management-) Systeme zum Einsatz kämen bzw. solche Systeme Verwendung fänden, die einen erstklassigen Ruf hätten bzw. höchstes Ansehen genössen.
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde.
Die Anmelderin hält die Wortfolge „ TOP IMAGE SYSTEMS “ in ihrer Gesamtheit für unterscheidungskräftig, sie sei von interpretationsbedürftiger Mehrdeutigkeit, ohne dass ein beschreibender Sinngehalt im Vordergrund stehe. Bereits der Begriff „ IMAGE “ habe unterschiedliche Bedeutungen, das DPMA habe einen beschreibenden Sinngehalt der Wortfolge nur aufgrund mehrerer gedanklicher Schritte ermitteln können.
Ferner habe das DPMA eine beschreibende Verwendung der Begriffe nicht belegen können.
Die Anmelderin hat sinngemäß beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 26. Juli 2012 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 MarkenG statt-hafte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil einer Eintragung der an-gemeldeten Marke das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht, denn das angemeldete Zeichen steht zu sämtlichen streitgegenständlichen Dienstleistungen in einem engen beschreibenden Zusammenhang und ist deshalb nicht unterscheidungskräftig. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht nach § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen.
Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 235, Rdn. 45 - Standbeutel; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 62 - Libertel). Auch Wortkombinationen kann der Schutzausschließungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegenstehen, wenn in ihrer Gesamtheit Sachbegriffe ohne besondere Denkprozesse als Sachangabe verständlich sind. Für die Schutzfähigkeit der Gesamtmarke ist es dabei nicht ausschlaggebend, ob die einzelnen Bestandteile i. d. S. unterscheidungskräftig sind; entscheidend ist ausschließlich, ob der damit entstandenen Gesamtaussage die Eignung zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung zukommt.
Hiernach ist der angemeldeten Wortmarke jegliche Unterscheidungskraft für sämtliche beanspruchten Dienstleistungen abzusprechen.
Das angemeldete Zeichen setzt sich aus den dem englischen Grundwortschatz entnommenen Begriffen „TOP“, „ IMAGE “ und „ SYSTEMS “ zusammen (vgl. Klett Thematischer Grund- und Aufbauwortschatz Englisch, 2006, S. 117, 135, 292). Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass auch der allgemeine Endverbraucher den Grundwortschatz der englischen Sprache gut versteht. Die Übersetzung des Wortes „TOP“ kann demnach allseitig angenommen werden als u. a. „Spitze“, „höchste, -r, -s“; „oberste, -r, -s“; „maximal“ (vgl. z. B. PONS, Großwörterbuch Englisch, 2008, S. 1035), in Wortzusammenstellungen bedeutet es, dass jemand oder etwas an erster Stelle steht oder von besonders hoher Güte ist. Dem angesprochenen inländischen Verkehr, dazu gehört vorliegend der Fachverkehr als auch, jedenfalls für einen Teil der Dienstleistungen, der allgemeine Endverbraucher, ist diese Bedeutung des Wortes vertraut (vgl. Duden, Dt. Universalwörterbuch, 7. Aufl., 2011, S. 1758; s. auch BPatG, B.v. 22.2.2012, 29 W (pat) 543/11), auch beispielsweise aus Wortzusammenstellungen wie z. B. topfit, Topmanager, Topmodel (vgl. jeweils Duden, a. a. O.). Das Wort „ IMAGE “ i. S. v. Ruf, Ansehen, Reputation ist mit dem in Deutschland bekannten Fremdwort lateinischen Ursprungs teilweise bedeutungsgleich (vgl. z. B. Duden, a. a. O., S. 902), kann aber auch als englisches Wort ins Deutsche übersetzt werden mit „Abbild“, „Bild“ und „Grafik“ (vgl. z. B. PONS a. a. O., S. 473). Das Wort „ SYSTEMS “ ist der englische Plural des auch in der deutschen Sprache geläufigen Begriffes griechischen Ursprungs.
Der Gesamtausdruck kann, worauf die Markeninhaberin zutreffend hinweist, unterschiedliche Bedeutungen annehmen, dies bewirken schon die Bedeutungsvarianten des Wortes „ Image “. Der Umstand, dass eine Wortfolge unterschiedliche Bedeutungen annehmen kann, ist aber für sich nicht geeignet, das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft zu überwinden. Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Marke ist vielmehr entscheidend, welche begriffliche Bedeutung sie im Zusammenhang mit den konkreten beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen annehmen kann.
Die Wortfolge kann, wie die Markenstelle angenommen hat, als „Systeme, die einen erstklassigen Ruf genießen“ übersetzt werden. Naheliegender ist nach Auffassung des Senates, dass sie vom Verkehr als „Systeme für einen erstklassigen Ruf“ verstanden wird. Darüber hinaus kann die Wortfolge auch die Bedeutung „Top Bild Systeme“ i. S. v. Systeme für erstklassige Bilder oder erstklassige Systeme für Bilder annehmen.
Der angemeldeten Marke fehlt die Unterscheidungskraft, weil der angesprochene Verkehr diese Angaben in Bezug auf die unterschiedlichen Dienstleistungen ohne Erfordernis weiteren Nachdenkens nicht als Hinweis auf eine konkrete betriebliche Herkunft der Dienstleistungen auffassen, sondern sie in einem engen sachlichen Zusammenhang mit den jeweiligen Dienstleistungen sieht.
Weil das Wort „ IMAGE “ im Sinne von Ansehen, Vorstellungsbild verstanden werden kann und wird (vgl. dazu Gabler Lexikon Werbung, 2001, S. 177 – der Anmelderin mit Vfg. v. 17.5.2013 übersandt), fehlt der Marke mit der Bedeutung „Systeme für einen erstklassigen Ruf/Ansehen“ die Unterscheidungskraft für die in Klasse 35 beanspruchten Dienstleistungen „Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung“. Denn diese können dazu dienen, ein positives Image , etwa einer Person oder eines Produktes mit den Mittel der Werbung, Geschäfts- und/ oder Unternehmensführung zu kreieren, zu beeinflussen oder zu gestalten. Hinsichtlich der Dienstleistungen in Klasse 42 „wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen gibt die Bezeichnung den Gegenstand bzw. das angestrebte Ergebnis der Dienstleistungen an.
Darüber hinaus kann die Angabe, verstanden als Top-Bild-Systeme, im Zusammenhang mit sämtlichen beanspruchten Dienstleistungen in den Klassen 38 und 42 den Gegenstand der Leistung bzw. den Bestimmungszweck bezeichnen.
Auch im Zusammenhang mit den Dienstleistungen „Büroarbeiten“ in der Klasse 35 kann die Angabe „ TOP IMAGE SYSTEMS “ ebenfalls in diesem Sinne verstanden werden, nämlich als qualitativ hochwertige Systeme zur Verwaltung von Bildern.
Ob die Wortfolge daneben noch weitere Bedeutungen haben kann, ist für die Frage der Schutzfähigkeit nicht mehr entscheidend (vgl. BGH GRUR 2009, 952 ff. (Rdn. 9 – 13) – Deutschland/Card; GRUR 2005, 257, 258 – Bürogebäude; s. auch Ströbele in Ströbele/Hacker Markengesetz, 10. Auflage, § 8 Rdn. 113).
Ob die angemeldete Marke auch freihaltebedürftig i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.
Soweit die Anmelderin im patentamtlichen Verfahren auf aus ihrer Sicht vergleichbare Voreintragungen verwiesen hat, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Bestehende Eintragungen sind zwar zu berücksichtigen, vermögen aber keine für den zu entscheidenden Fall rechtlich bindende Wirkung zu entfalten (st. Rspr., vgl. EuGH GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online u. ZVS; GRUR 2008, 229 - BioID; GRUR 2004, 674 - Postkantoor; GRUR 2004, 428 – Henkel; BGH GRUR 2008, 1093 - Marlene-Dietrich-Bildnis; BPatG GRUR 2007, 333 - Papaya). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein auf der Grundlage des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist.