Entscheidungsdatum: 27.07.2015
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung Nr. 30 2011 062 392.9
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 27. Juli 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich und der Richter Heimen und Schmid
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I.
Die Wortfolge
Königsfelder Stern
ist am 8. Dezember 2011 als Wortmarke für folgende Waren zur Eintragung in das vom Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register angemeldet worden:
Klasse 11:
Beleuchtungsgeräte; Lampen; Lampenschirme, insbesondere aus Papier, Pappe und Plastik; Lampenschirmhalter; Lampenfassungen; Zubehör für Lampen, nämlich Lampenaufhängevorrichtungen
Klasse 16:
Druckereierzeugnisse; Dekorationselemente aus Papier, insbesondere Papiersterne
Klasse 28:
Christbaumschmuck; Papiersterne als Christbaumschmuck; Advents- und Weihnachtsdekoration soweit in Klasse 28 enthalten; Spiele; Spielzeug.
Die mit einer Tarifbeschäftigten auf der Ebene des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 25. Juni 2013 zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, die angemeldete Wortfolge bezeichne ausschließlich die Gestaltung und geografische Herkunft der beanspruchten Waren und sei daher gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Zudem fehle dem Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Der Wortbestandteil „Königsfelder“ sei im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG geeignet, die geografische Herkunft der beanspruchten Waren aus dem Kurort Königsfeld im Schwarzwald, dem Standort eines der Zentren der aus der Böhmischen Reformation hervorgegangenen Glaubensgemeinde H… , anzugeben. Geografische Angaben seien im Interesse freier Verwendung durch die Allgemeinheit grundsätzlich der Eintragung entzogen. Da die beanspruchten Waren auch in kleinen Wirtschaftseinheiten hergestellt werden könnten, komme eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als Aussage über die geografische Herkunft und die Art oder Form der Waren jedenfalls künftig in Betracht. Aufgrund des beschreibenden Zeichengehalts werde das Zeichen zudem nicht als Herkunftshinweis aufgefasst, so dass ihm auch die erforderliche Unterscheidungskraft fehle.
Dagegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde.
Eine schutzunfähige geografische Herkunftsangabe könne nur angenommen werden, wenn das angesprochene Publikum Kenntnis von der Herstellung der beanspruchten Waren an dem betreffenden Ort oder jedenfalls von hierauf gerichteten Planungen habe. Vorliegend fehlten Anhaltspunkte dafür, dass einer der Orte, die den Namen „Königsfeld“ führen, über Produktionsstätten für die Herstellung von Sternen verfüge oder die Herstellung dieser Waren unmittelbar bevorstehe. Die Herstellung von Weihnachtsschmuck beruhe typischerweise auf einer regionalen Tradition, für die hier Anhaltspunkte fehlten. Die Anmelderin plane nicht die Produktion von Sternen in Königsfeld. Vorgesehen sei eine Sonderedition „Königsfelder Stern“, weil Königsfeld im Schwarzwald von der H…, der Gesellschafterin der Anmelderin, gegründet worden sei.
Auf die in diesem Zusammenhang ermittelten Unterlagen, die der Senat der Anmelderin mit Verfügung vom 10. Juni 2015 zu Kenntnis gegeben hat, hat die Anmelderin eingewendet, dem Publikum sei ein in Königsfeld bestehender Brauch, Weihnachtssterne zu fertigen, nicht in nennenswertem Umfang bekannt.
Die Anmelderin beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. Juni 2013 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 MarkenG statthafte Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache keinen Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Wortfolge steht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, denn das angemeldete Zeichen beschreibt die Beschaffenheit und geografische Herkunft der angemeldeten Waren im Sinn dieser Vorschrift. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht nach § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen.
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Zeichen von der Eintragung ausgeschlossen, welche ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der beanspruchten Waren oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Der Zweck der mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. c) Markenrichtlinie übereinstimmenden Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht vor allem darin, beschreibende Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz auszuschließen, weil ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit widerspricht, wobei bereits die bloße potentielle Beeinträchtigung der wettbewerbsrechtlichen Grundfreiheiten ausreichen kann (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 337). Entscheidendes Kriterium für den Ausschluss der Eintragung ist allein die Eignung einer Bezeichnung zur beschreibenden Verwendung (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Rn. 25, 30, 32 - Chiemsee; GRUR 2004, 146, Rn. 31 f. – DOUBLEMINT; BGH GRUR 2012, 272, Rn. 9, 17 – Rheinpark-Center Neuss).
Namentlich an der Freihaltung von Angaben, die zur Bezeichnung der geografischen Herkunft der Waren, für die die Eintragung der Marke beantragt wird, dienen können, besteht ein Allgemeininteresse, das insbesondere darauf beruht, dass diese Angaben nicht nur die Qualität und andere Eigenschaften der betroffenen Waren oder Dienstleistungen anzeigen, sondern auch die Vorlieben der Verbraucher in anderer Weise beeinflussen können, etwa dadurch, dass sie eine Verbindung zwischen den Waren und einem Ort herstellen, der positiv besetzte Vorstellungen hervorrufen kann (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Rn. 26 – Chiemsee; BPatG GRUR 2006, 509 Rn. 19 – PORTLAND). Solche Vorstellungen können sich auf einen besonderen Flair oder eine Tradition stützen, die das Publikum einer Ortsangabe zuordnet (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 420). Die Eignung, im Verkehr zur Bezeichnung der geografischen Herkunft der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu dienen, fehlt einer Angabe nur dann, wenn auszuschließen ist, dass die betroffenen Waren oder Dienstleistungen mit der betreffenden Ortsangabe vernünftigerweise in Verbindung gebracht werden können (vgl. EUGH GRUR 1999, 723 Rn. 31, 43 – Chiemsee; BPatG GRUR 2006, 509 Rn. 19 – PORTLAND; Beschluss vom 14. November 2012 - 26 W (pat) 7/12 – Otranto, PAVIS PROMA; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 424).
Die angemeldete Wortfolge „Königsfelder Stern“ besteht nach diesem Maßstab ausschließlich aus Angaben, die – insbesondere in Bezug auf Weihnachtssterne – die Art der beanspruchten Waren und ihre geografische Herkunft beschreiben können. Die Mitbewerber der Anmelder haben deshalb im konkreten Warenzusammenhang, soweit vorliegend beansprucht, ein berechtigtes Interesse an deren ungehinderter Verwendung.
Das Zeichen ist als Verknüpfung der im Bereich Weihnachtsschmuck generischen Angabe „Stern“ mit dem vorangestellten adjektivischen Wortbestandteil „Königsfelder“ sprachüblich gebildet (vgl. u. a. „Nürnberger Christbaumschmuck“; „Dresdner Christbaumsterne“; BPatG, Beschl. v. 10. Juni 2010, 30 W (pat) 58/08 - Heringsdorfer Jod Sole, PAVIS PROMA) und geht in der Gesamtheit nicht über die Bedeutung ihrer Einzelbestandteile hinaus (vgl. EuGH GRUR 2006, 229 Rn. 29 – BioID).
Der Zeichenbestandteil „Königsfelder“ kann im vorliegenden Zusammenhang namentlich auf die Gemeinde Königsfeld im Schwarzwald verweisen. Die bei Villingen-Schwenningen gelegene Gemeinde, die ca. 5800 Einwohner hat (Stand: 2011), ist im Jahr 1806 als süddeutsches Zentrum der aus der Böhmisch-Mährischen Brüder Unität hervorgegangenen Glaubensgemeinde „H… …“ gegründet worden. Auf die anwendungsorientierte Pädagogik der Glaubensgemeinde geht der Brauch zurück, in den örtlichen Schulen dreidimensionale Weihnachtssterne zu fertigen (vgl. Anlage 3 zur Verfügung des Senats vom 10. Juni 2015). Der dreidimensionale Weihnachtsstern hat sich dadurch zu einem Wahrzeichen der Gemeinde entwickelt (vgl. Anlage 4 der genannten Verfügung). Von einer lediglich punktuellen oder ausschließlich privaten Übung kann entgegen der Anmelderin bei dieser Sachlage keine Rede sein.
Schon aufgrund dieser örtlichen Tradition und Reputation auf dem Gebiet der Erstellung von Weihnachtssternen, die auch das Vorhandensein entsprechender handwerklicher Erfahrung wie auch von Nachfrage nach derartigen Produkten erwarten lässt, kann die Eignung zur beschreibenden Verwendung insoweit nicht ausgeschlossen werden, umso weniger als die Konzeption oder Herstellung von Sternen regelmäßig nicht an spezifische Standortvoraussetzungen gebunden ist. Hierfür spricht zudem, dass der Ausdruck mit den häufig anzutreffenden Namensbestandteilen „Königs-“ und „-feld“ eine typische Ortsbezeichnung darstellt und deswegen regelmäßig als geografische Angabe verstanden wird, selbst wenn die Verkehrskreise über keine weiteren Kenntnisse über den Ort verfügen sollten (vgl. BPatG, Beschl. v. 25. September 2012 – 33 W (pat) 62/10 –, Kronenburg, PAVIS PROMA). Wie auch die von der Anmelderin vorgesehene Sonderedition unter Bezug auf den von ihrer Gesellschafterin gegründeten Ort Königsfeld zeigt, schließt die geringe Bekanntheit des Ortes die Eignung als geografische Angabe unter den gegebenen Umständen nicht aus. Maßgeblich ist insofern in erster Linie der objektiv beschreibende Charakter der betreffenden Angabe. Einer überregionaler Bekanntheit der Ortsangabe bedarf es dafür nicht zwingend (vgl. BGH GRUR 2003, 882, 883 – Lichtenstein; BPatG, Beschl. v. 27.11.2014 - 30 W (pat) 549/13 -, Kanzlei Hamburg Gänsemarkt, PAVIS PROMA, vgl. auch BPatG, a. a. O., Heringsdorfer Jod Sole). Auch die Einmaligkeit eines Ortsnamens ist nicht Voraussetzung für die Annahme, dass die Bezeichnung als geografische Herkunftsangabe Verwendung finden kann (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 15 - Lichtenstein).
Neben seiner Eignung als Hinweis auf den Ort der Konzeption und/oder der Herstellung der Waren ist der Zeichenbestandteil „Königsfelder“ im Übrigen auch einsetzbar, um im Blick auf die Tradition der Gemeinde auf dem Gebiet der Fertigung von Sternen positiv besetzte Vorstellungen im Publikum hervorzurufen. Für die insofern regelmäßig notwendige Kenntnis des konkreten historischen Zusammenhangs kann bereits das Verständnis eines kleinen, regional begrenzten Teils der angesprochenen Verkehrskreise ausreichen. Das gilt insbesondere für Angaben, die auf die Präsentation von Waren vorrangig in einer bestimmten Region zugeschnitten sind. In solchen Fällen reicht es aus, wenn die in Frage stehende geografische Angabe und Umstände, die die Vorlieben der Verbraucher positiv beeinflussen können, regional bekannt ist (vgl. BPatG, a. a. O., Kronenburg; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 428, 485). Ohne dass es hierüber einer abschließenden Entscheidung bedarf, wird ein derartiger Fall hier gegeben sein, da insbesondere die beanspruchte Weihnachtsdekoration vielfach als Handwerksware u. a. auf Weihnachts- oder Kunsthandwerksmärkten angeboten wird und dadurch über einen starken regionalen Bezug verfügen kann. In einem derartigen Sachzusammenhang liegt eine geografische Referenz auf eine ortsnahe Tradition im konkreten Warenkontext nicht fern.
Die angemeldete Wortverbindung kann zur Angabe der geografischen Herkunft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG in Verbindung mit einer Aussage über Art der beanspruchten Waren der Klassen 11, 16, 28 dienen, soweit sie mit Leuchtkörpern ausgestattete oder als Spielzeug einsetzbare – z. B. als Mobile – „Sterne“ enthalten können, nämlich für „Beleuchtungsgeräte; Lampen; Lampenschirme, insbesondere aus Papier, Pappe und Plastik; Dekorationselemente aus Papier, insbesondere Papiersterne; Christbaumschmuck; Papiersterne als Christbaumschmuck; Advents- und Weihnachtsdekoration soweit in Klasse 28 enthalten; Spiele; Spielzeug“. Bezüglich der weiteren Waren „Druckereierzeugnisse“ und „Lampenschirmhalter; Lampenfassungen; Zubehör für Lampen, nämlich Lampenaufhängevorrichtungen“ ist die Wortfolge als Inhaltsangabe einer Druckschrift geeignet bzw. weist zu den beanspruchten typischen Hilfswaren einen engen beschreibenden Bezug auf (siehe dazu in Bezug auf § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG BGH GRUR 2012, 272 Rn. 14 – Rheinpark-Center Neuss).
Da die angemeldete Wortfolge in ihrer Gesamtheit zur Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Waren dienen kann und durch das Publikum auch in dieser Bedeutung verstanden wird, spricht einiges dafür, dass der Verkehr sie auch nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen wird und ihr ferner das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht. Da es hierauf letztlich nicht ankommt, kann dies aber dahingestellt bleiben.
Die Beschwerde der Anmelderin bleibt daher ohne Erfolg.