Entscheidungsdatum: 20.08.2013
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 30 2011 052 201.4
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 20. August 2013 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Werner sowie der Richterin Dr. Schnurr und des Richters Heimen
beschlossen:
Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.
I. |
Mit Beschluss vom 4. Mai 2012 hat die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung der Wortmarke 30 2011 052 201.4
PV LOG
durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes für die folgenden Dienstleistungen nach Beanstandung zurückgewiesen:
„Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten;
Klasse 38: Telekommunikation;
Klasse 42: Beratung bei der Gestaltung von Homepages und Internetseiten; Bereitstellung von Computerprogrammen in Datennetzen; Betrieb von Suchmaschinen für das Internet; Computerberatungsdienste; Datenspeicherung; Datenverwaltung auf Servern; Design von Computersoftware; Design von Homepages und Webseiten; Dienstleistungen einer Datenbank; Dienstleistungen von Ingenieuren; Erstellen von Webseiten; Gestaltung und Unterhalt von Websites für Dritte; Konzeptionierung von Webseiten; Umweltschutzberatung; Zur-Verfügung-Stellen von Webspace (Webhosting)“.
In ihrer Begründung hat die Markenstelle beide Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG bejaht. Der Wortbestandteil „PV“ stehe für „Photovoltaik“; „LOG“ bedeute „Logdatei, log file“ und bezeichne das automatisch geführte Protokoll aller oder bestimmter Aktionen von Prozessen auf einem Computersystem. Außerdem sei „LOG“ als Kurzform für „Datenlogger“ gebräuchlich. Dabei handele es sich um eine prozessgesteuerte Speichereinheit, welche Daten in einem bestimmten Rhythmus über eine Schnittstelle aufnehme und auf einem Speichermedium ablege. Ein Datenlogger werde häufig mit Sensoren kombiniert, die physikalische Messdaten über eine bestimmte Zeit hinweg erfassten. Die Bezeichnung „pvlog“ bzw. „PV.log“ werde bereits im Verkehr im Sinne von „Photovoltaik-Datenlogger“ verwendet und bezeichne in Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen als beschreibende Sachangabe lediglich die thematische, gegenständliche oder inhaltliche Ausrichtung dieser Dienstleistungen. Einen konkreten Herkunftshinweis stelle „PV-LOG“ demgegenüber nicht dar.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde. Er vertritt die Auffassung, „PV-LOG“ werde vom Verkehr als Herkunftshinweis auf ein bestimmtes Produkt oder Angebot „des bekannten Webportals Top50-Solar“ verstanden. Es gebe keinen korrekten deutschen Satz, in dem das Wort „PV-LOG“ als allgemein gültige Bezeichnung vorkomme. Daher sei es als Marke zu schützen. Auch die Marke 30 2009 042 420 „SOLAR-LOG“ sei zur Eintragung gelangt.
Der Anmelder beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Mai 2012 aufzuheben.
Der Senat hat dem Anmelder lexikalische Nachweise zur Bedeutung der Wortbestandteile „PV“ und „log“ übersandt und in zwei Hinweisverfügungen seine vorläufige Rechtsauffassung mit Gelegenheit zur Stellungnahme mitgeteilt. Ergänzend wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.
II.
Die gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Einer Eintragung der im Englischen wie im Deutschen sprachüblich gebildeten Abkürzung „PV LOG“ i. S. v. „Photovoltaik-Aufzeichnungen“ steht für alle beanspruchten Dienstleistungen das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft entgegen, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 235 (Rn. 45) - Standbeutel; EuGH GRUR 2003, 604, 608 (Rn. 62) - Libertel). Die Eintragung als Marke kommt nur in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f. (Rn. 51) - Arsenal Football Club; BGH MarkenR 2006, 395, 397 (Rn. 18) - FUSSBALL WM 2006, m. w. N.). Die erforderliche Unterscheidungskraft ist u. a. solchen Angaben und Zeichen abzusprechen, die einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt aufweisen. Aber auch anderen Angaben kann die Unterscheidungskraft fehlen, etwa wenn sie sich auf Umstände beziehen, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850 (Rn. 28) - FUSSBALL WM 2006; BGH GRUR 2001, 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Von diesen Voraussetzungen ausgehend muss „PV LOG“ die Eintragung für die von der Zurückweisung durch die Markenstelle umfassten Dienstleistungen versagt bleiben, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Die beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35, 38 und 42 richten sich an den Fachverkehr für Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten, Telekommunikations- und EDV-Dienstleistungen sowie an den Fachverkehr für Ingenieurdienstleistungen und Beratungsdienstleistungen auf dem Gebiet der EDV und des Umweltschutzes. Sie richten sich in den Klassen 38 und 42 zugleich an den allgemeinen, an diesen Dienstleistungen interessierten Durchschnittsverbraucher, wobei das Verständnis der Fachverkehrskreise für die Unterscheidungskraft einer Marke allein von ausschlaggebender Bedeutung sein kann (vgl. hierzu EuGH MarkenR 2010, 85 – PRANAHAUS; EuGH GRUR 2006, 411 - Matratzen Concord/Hukla). Angesichts der Internationalität ihrer Branche verfügen inländische Fachverkehrskreise für die genannten Dienstleistungen der Klassen 35, 38 und 42 über nicht zu gering zu veranschlagende Kenntnisse der Welthandelssprache Englisch.
Die angemeldete Wortkombination verbindet die im Englischen und im Deutschen geläufige Abkürzung „PV“ i. S. v. „Photovoltaik“ (vgl. DUDEN, Wörterbuch der Abkürzungen, 5. Aufl. 2005, S. 324; Abbreviations Dictionary, Stahl/Kerchelich, 10. Aufl. 2001, S. 842) in sprachüblicher Weise mit dem englischen Begriff „log“ mit der Bedeutung „Aufzeichnungen“ (vgl. Collins, Globalwörterbuch Englisch, 1. Aufl. 2008, S. 759). Der durch die Wortkombination „PV LOG“ bewirkte Gesamteindruck geht nicht über die Zusammenfügung ihrer Elemente hinaus und erschöpft sich in deren bloßer Summenwirkung (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680, 681 - BIOMILD; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1014 – BioID), dem Begriffsinhalt „Photovoltaik-Aufzeichnungen“. |
Die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 35 „Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten“ können auf solche Plattformen zugeschnitten oder für diese bestimmt sein. Ein enger funktionaler Bezug besteht insbesondere auch zur Dienstleistung „Werbung“, weil Werbung speziell für Internetplattformen konzipiert wird und Aufzeichnungen jedweder Art, in elektronischer Form oder in Printmedien, mit Werbung kombiniert werden können oder es sich bei ihnen sogar selbst um Werbung handeln kann. Telekommunikationsdienstleistungen der Klasse 38 werden mithilfe von Datenloggern erbracht. Und die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 42 stehen alle entweder in einem engen funktionalen Bezug zu den oben beschriebenen Internetplattformen oder können von diesen erbracht oder speziell für diese konzipiert werden. Die hier angesprochenen Fachverkehrskreise, Nutzer und Interessenten für Photovoltaikanlagen werden das sprachüblich zusammengesetzte Markenwort daher ausschließlich als Sachangabe, jedoch nicht als betrieblichen Herkunftshinweis verstehen.
Dass die beanspruchte Wortkombination als solche bislang nicht lexikalisch verzeichnet ist, steht dem absoluten Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen der vom Anmelder geäußerten Auffassung nicht entgegen. Der Verkehr ist daran gewöhnt, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen in einprägsamer Form vermittelt werden sollen. Der Gesichtspunkt einer neuheitsschädlichen Vorwegnahme hat im Markenrecht keine tatsächliche und rechtliche Bedeutung. Dies gilt insbesondere für Wortneubildungen, die sich aus geläufigen Elementen zusammensetzen und, wie „PV LOG“, eine in sich verständliche beschreibende Gesamtaussage vermitteln. Gerade solche Kombinationen sind selbst als glatt beschreibende Angaben häufig auch in umfangreichen Lexika nicht aufgeführt (vgl. BGH GRUR 2002, 809, 811 - Frühstücks-Drink I).
Dass die angemeldete Marke neben der festgestellten beschreibenden Bedeutung auch andere Bedeutungen aufweisen kann, führt nicht zur Schutzfähigkeit von „PV LOG“ für die hier beanspruchten Dienstleistungen. Denn eine Angabe, die jedenfalls mit einer Bedeutung zur Beschreibung der beanspruchten Dienstleistungen dienen kann oder in einem engen funktionalen Bezug zu ihnen steht, ist vom Markenschutz ausgeschlossen, dies unabhängig davon, ob der angemeldeten Bezeichnung noch andere, nicht beschreibende Bedeutungen zukommen können (EuGH GRUR 2002, 146, 147 (Rn. 32) – Doublemint, BGH GRUR 2002, 900, 901 (Rn. 15) – SPA II).
Die Eintragung der Marke 30 2009 042 420 „SOLAR-LOG“ ändert schließlich nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit für das vorliegend zu beurteilende Zeichen. Aus der Schutzgewährung für andere Marken kann ein Anmelder nämlich keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben, denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (vgl. EuGH MarkenR 2008, 163, 167 (Rn. 39) - Terranus; GRUR 2004, 674 (Rn. 43, 44) - Postkantoor; GRUR 2004, 428 (Rn. 63) - Henkel; BPatG MarkenR 2007, 351, 352 f. - Topline; GRUR 2007, 333, 335 ff. - Papaya; GRUR 2010, 423 - amazing discoveries; GRUR 2010, 425 - Volksflat).
Mit ähnlichen Erwägungen haben bereits der 27. Senat des Bundespatentgerichts den Marken „CANLOG“ (BPatG 27 W (pat) 57/03, B. v. 15. März 2005), „PV Finance Conference“ (BPatG 27 W (pat) 36/08, B. v. 16. Juni 2008) und „PV Equipment Conference“ (BPatG 27 W (pat) 34/08, B. v. 16. Juni 2008) sowie die 4. Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt den Marken den Marken „PV.light“ (HABM, R0198/09-4, B. v. 01. Dezember 2009) und „PVLINE“ (HABM, R0789/11-4, B. v. 16. Oktober 2012) die Schutzfähigkeit für die dort beanspruchten Waren bzw. Dienstleistungen versagt.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.