Entscheidungsdatum: 02.07.2013
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2009 044 951.1
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juli 2013 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Werner sowie der Richterin Dr. Schnurr und des Richters Heimen
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Mit Beschluss vom 12. Januar 2011 hat die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) der für die Dienstleistungen
„Klasse 42: Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen im Bereich der Musikpädagogik, insbesondere zur Erstellung neuer Unterrichtsmaterialien; Erstellung wissenschaftlicher Gutachten; wissenschaftliche Forschung; instrumentalpädagogische Grundlagenforschung“
beanspruchten Wortmarke Nr. 30 2009 044 951.1
Suzuki
sowohl als beschreibende Angabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG als auch wegen fehlender Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG die Eintragung versagt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich bei dem angemeldeten Zeichen um den Nachnamen des berühmten japanischen Violinisten, erfolgreichen Violinpädagogen und Gründers der nach ihm benannten Suzuki-Methode Shinichi Suzuki handele. Dieser habe die Suzuki-Methode in Anlehnung an elementare Prinzipien des Zen-Buddhismus sowie an das Prinzip entwickelt, welches dem kindlichen Erwerb der Muttersprache zugrunde liege.
Vor diesem Hintergrund werde der angesprochene Verkehr, nämlich an musikalischer Lehrmethodik interessierte Menschen und Musikpädagogen, das angemeldete Zeichen in Verbindung mit den Dienstleistungen ohne Weiteres als beschreibenden Hinweis auf die ihnen zugrunde liegende musikalische Lehrmethodik bzw. ihre fachspezifische Ausrichtung werten.
Darüber hinaus sei auch ein schützenswertes Allgemeininteresse an ihrer freien Verwendbarkeit i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben, denn es müsse anderen Instituten unbenommen bleiben, dieses Zeichen in Verbindung mit der besagten Lehrmethodik frei zu verwenden. Die Eintragung der Gemeinschaftswort-Bildmarke GM 3 969 342 für den Anmelder führe ebenfalls nicht zur Eintragungsfähigkeit des angemeldeten Zeichens, da die Voreintragung wegen der grafischen Ausgestaltung schutzfähig sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders.
Der Anmelder hält die Angabe „Suzuki“ für unterscheidungskräftig. Bei dem angemeldeten Zeichen handele es sich um einen Personennamen, der von Haus aus für Dienstleistungen ausreichend unterscheidungskräftig sei, da es sich bei solchen Namen stets um einen Hinweis auf eine Person oder ein gleichnamiges Herstellungsunternehmen und gerade nicht um einen Hinweis auf Waren oder Dienstleistungen handele. Der Namensgeber Suzuki habe selbst keine Forschung betrieben und auch keine pädagogischen Theorien verfolgt, sondern sich hauptsächlich mit „Musik-Instrumentalpädagogik“ befasst. Das DPMA habe auch nicht beachtet, dass der Anmelder keinen Schutz für Musikpädagogik oder bestimmte Lehrmethoden in Anspruch nehmen wolle. Zugleich habe das DPMA die Verkehrskreise fehlerhaft bestimmt, da die beanspruchten Dienstleistungen sich gerade nicht an ein Publikum wendeten, welches sich für musikalische Lehrmethoden interessiere.
Abschließend verweist der Anmelder auf verschiedene Voreintragungen mit dem Bestandteil „Suzuki“.
Der trotz ordnungsgemäßer Ladung in der mündlichen Verhandlung am 2. Juli 2013 nicht erschienene Anmelder hat schriftsätzlich beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des DPMA vom 12. Januar 2011 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Die zulässige, insbesondere gemäß § 66 Abs. 1 und 2, § 64 Abs. 6 S. 1 MarkenG statthafte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil einer Eintragung der angemeldeten Marke das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht, denn das angemeldete Zeichen steht zu sämtlichen streitgegenständlichen Dienstleistungen in einem engen beschreibenden Zusammenhang und ist deshalb nicht unterscheidungskräftig. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht nach § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen.
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift bedeutet, dass die Marke im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise geeignet sein muss, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und somit diese Produkte oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren (ständige Rechtsprechung; EuGH GRUR 2008, 608 ff. (Rn. 66, 67) - EUROHYPO; GRUR 2006, 229 (Rn. 27 ff.) - BioID; BGH GRUR 2010, 935 (Rn. 8) - Die Vision; GRUR 2010, 825, 826 (Rn. 13) - Marlene-Dietrich-Bildnis II; BGH GRUR 2001, 1153, 1154 - anti KALK). Keine Unterscheidungskraft haben unter anderem solche Angaben, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850, Rdn. 28 - FUSSBALL WM 2006; BGH GRUR 2001, 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Es genügt dabei, wenn die Angabe aus der Sicht eines Spezialpublikums mit guten Kenntnissen auf dem betroffenen Gebiet einen direkten und konkreten Bezug zu diesen Waren und Dienstleistungen aufweist (vgl. EuGH GRUR 2010, 534, 536 - PRANAHAUS).
Von diesen Voraussetzungen ausgehend fehlt „Suzuki“ für die beanspruchten Dienstleistungen die zur Eintragung notwendige Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Die beanspruchten Dienstleistungen sind für den fachkundigen Verkehr bestimmt; für die Dienstleistungen „Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen im Bereich der Musikpädagogik, insbesondere zur Erstellung neuer Unterrichtsmaterialien“ und „instrumentalpädagogische Grundlagenforschung“ ist das der Fachverkehr mit Schwerpunkt auf der Musikpädagogik. Für die vorgenannten Dienstleistungen hat das DPMA zu Recht angenommen, dass dieser Fachverkehr das Markenwort „Suzuki“ am Nächstliegenden als Hinweis auf den japanischen Violinpädagogen Shinichi Suzuki verstehen wird. S. Suzuki hat sich u.a. der musikalischen Früherziehung gewidmet und die sog. „Suzuki-Methode“ entwickelt, die - vereinfacht - einen Instrumentalunterricht bezeichnet, der analog zur Spracherziehung auf Hören, Beobachten und Nachahmen basiert (zu den Einzelheiten s.: Der Brockhaus Musik, 3. Aufl., 2006, S. 685).
Die Dienstleistungen „Erstellung wissenschaftlicher Gutachten“ und „wissenschaftliche Forschung“ richten sich an den allgemeinen Fachverkehr. Dieser kann das Markenwort „Suzuki“ sowohl als Hinweis auf den vorgenannten Violinpädagogen S. Suzuki als auch auf andere lexikalisch nachweisbare Persönlichkeiten mit dem Namen „Suzuki“ auffassen. Das kann z. B. der japanische Regisseur Tadashi Suzuki sein, der eine nach ihm benannte „Suzuki-Methode“ entwickelt hat, eine Körpertrainingsmethode für Schauspieler unter Einbeziehung japanischer Kampfsportarten, die eine Verbindung traditioneller japanischer Theatertradition mit Theater westlicher Prägung anstrebt (vgl. Lexikon Theater International, 1995, Berlin, S. 868; siehe auch Anl. zum Protokoll v. 2.7.2013). In Betracht kommen auch der japanische Dirigent und Musiker Masaaki Suzuki sowie der japanische Gelehrte des ZEN-Buddhismus Daisetu Suzuki (für beide s.: Brockhaus Enzyklopädie, 21. Aufl., Bd. 26, S. 697 f.).
In allen diesen Fällen kann der Name „Suzuki“ in einem engen beschreibenden Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen stehen. Denn entgegen der Auffassung des Anmelders sind Personennamen nicht schlechthin unterscheidungskräftig. Vor allem Namen bekannter Persönlichkeiten und Namen, die sachbezogen sind, kann die Unterscheidungskraft fehlen (vgl. Ströbele/Hacker MarkenG § 8 Rn. 190 ff.). Gerade im Bereich der Wissenschaft ist es üblich, dass Theorien und Methoden mit plakativen Begriffen, beispielsweise den Namen der Urheber, bezeichnet werden und somit der Verkehr in der jeweiligen Fachdisziplin darin ausschließlich eine thematische Angabe, nämlich die Ausrichtung an dieser wissenschaftlichen Theorie bzw. Methode oder die wissenschaftliche Befassung mit deren Urheber erkennt und keinen Hinweis auf ein bestimmtes Herkunftsunternehmen von Waren und Dienstleistungen. Dies gilt erst recht dann, wenn die beanspruchten Dienstleistungen – wie hier „Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen im Bereich der Musikpädagogik, insbesondere zur Erstellung neuer Unterrichtsmaterialien; instrumentalpädagogische Grundlagenforschung“ – in einer Disziplin erbracht werden sollen, die der Namensträger so oder vergleichbar ausgeübt hat. Deshalb wird der Fachverkehr mit Schwerpunkt auf der Musikpädagogik die Angabe „Suzuki“ nicht als Hinweis auf den Erbringer der genannten Dienste auffassen, sondern als klaren Sachhinweis des Inhalts, dass sich die so gekennzeichneten wissenschaftlichen Leistungen entweder an der auf ihren gleichnamigen Urheber zurückgehende Suzuki-Methode ausrichten, oder sich mit deren Urheber befassen. Bei den Dienstleistungen „Erstellung wissenschaftlicher Gutachten; wissenschaftliche Forschung“ kann der Fachverkehr in der Angabe „Suzuki“ einen thematischen Bezug dergestalt erkennen, dass sich diese Dienstleistungen entweder der Methoden der vorgenannten, dem Fachpublikum bekannten Personen mit Namen Suzuki bedienen oder deren Person oder Werk unter wissenschaftlichen Aspekten bearbeiten.
Die Anmelderin kann sich auch nicht mit Erfolg auf – aus ihrer Sicht - vergleichbare Markeneintragungen berufen. Insbesondere kann sich die Anmelderin nicht auf Wort-Bildmarken berufen, da diese bereits allein aufgrund grafischer Elemente Schutz erlangen können, die der angemeldeten reinen Wortmarke naturgemäß fehlen. Die hier streitgegenständliche Angabe enthält auch keinen weiteren namensmäßig benennbaren Bestandteil, der zu einer Individualisierung der betrieblichen Herkunft beitragen und von der reinen Inhaltsangabe wegführen könnte.
Aus der Schutzgewährung für andere Marken kann die Anmelderin ohnehin keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen führen nicht zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben, denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (EuGH MarkenR 2008, 163, 167 (Rz. 39) – Terranus; GRUR 2004, 674, Nrn. 43, 44 – Postkantoor; GRUR 2004, 428, Nr. 63 – Henkel; BPatG MarkenR 2007, 351, 352 f. – Topline; GRUR 2007, 333, 335 ff. – Papaya).
Nach alledem war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.