Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 14.04.2014


BPatG 14.04.2014 - 24 W (pat) 519/12

Markenbeschwerdeverfahren – "EXTRACOM" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
24. Senat
Entscheidungsdatum:
14.04.2014
Aktenzeichen:
24 W (pat) 519/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 070 157.1

hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 14. April 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich sowie der Richterin Dr. Schnurr und des Richters Heimen

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

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EXTRACOM

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ist am 30. November 2009 als Marke zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister unter Nr. 30 2009 070 157 für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

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Klasse 9: Signal-, Kontroll-Apparate und -Instrumente; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; elektrische, elektronische und optische Nachrichten-, Bild-, Text-, Sprache- und Datenaufnahme-, -verarbeitungs-, -sende-, -übertragungs-, -vermittlungs-, -speicher-, und -ausgabegeräte; Bestandteile dieser Waren; Telekommunikationsgeräte und Zubehör (soweit in Klasse 9 enthalten), insbesondere Telefone, Schnurlostelefone, Mobilfunkgeräte, ISDN-Anlagen, DSL-Anlagen, Modems, Faxgeräte, Faxweichen, Anrufbeantworter, Geräte zur schnurlosen Datenkommunikation, Ladekabel, Netzgeräte, Kfz-Halterung für Mobilfunktelefone, Tischladestationen für Mobilfunktelefone, Speicherkarten; Magnetaufzeichnungsträger, optische Aufzeichnungsträger; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Computerperipheriegeräte; Computerprogramme und Software aller Art; Navigationssystemgeräte;

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Klasse 35: Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften für Dritte und Vermittlung von Verträgen über den An- und Verkauf von Waren und über die Erbringung von Dienstleistungen, auch über elektronische Netze (E-Commerce); Vermittlung von Verträgen zwischen Netzanbietern und Endkunden bezüglich der Nutzung von Telekommunikationsnetzen; Zusammenstellung von Waren für Dritte zu Präsentations- und Verkaufszwecken in Zusammenhang mit Produkten auf den Gebieten der Telekommunikations- und Informationstechnologie; betriebswirtschaftliche und organisatorische Beratung bei der Eröffnung und Führung eines Fachhandelsgeschäftes und dem Vertrieb von Waren; Waren und Dienstleistungspräsentation; Marketing, Verkaufsförderung, Marketingberatung, Einkaufsberatung (soweit in Klasse 35 enthalten); Werbung; Beratung über die Gestaltung von Geschäften und Läden, soweit in Klasse 35 enthalten; Auskünfte und Beratung auf kaufmännischem und betriebswirtschaftlichem Gebiet, soweit in Klasse 35 enthalten; Erstellen von Abrechnungen; Fakturierung; Absatzplanung und Absatzberatung in betriebswirtschaftlicher Hinsicht; Groß- und Einzelhandelsdienstleistung (auch über das Internet) in den Bereichen: Waren für die Telekommunikation und Waren für die Nutzung von Telekommunikations-, Informations-, und Multimedialeistungen, Computer, Computerzubehör und Software, Foto- und Optikartikel, Ton- und Bildträger; Bestellannahme, Lieferauftragsservice und Rechnungsabwicklung, auch im Rahmen von E-Commerce; Veranstaltung von Messe und Ausstellungen für Werbezwecke; sämtliche vorgenannte Dienstleistungen auch über das Internet; Zusammenstellung, Systematisierung, Aktualisierung und Pflege von Daten in Datenbanken; Betreiben eines Online-Dienstes, nämlich Sammeln von Informationen und Texten in Computerdatenbanken sowie verwaltungstechnische Bearbeitung von elektronischen Warenbestellungen; betriebswirtschaftliche Beratung auf dem Gebiet des elektronischen Handels über das Internet;

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Klasse 38: Telekommunikation, Bereitstellung eines Internet- oder Webportals, nämlich Bereitstellung des Zugriffs auf Datenbanken und Datennetze im Internet; elektronische Übertragung und Übermittlung von elektronischen Nachrichten; Betreiben eines Online-Dienstes, nämlich elektronische Übermittlung von und Bereitstellen des Zugriffs auf Informationen, Texten, Zeichnungen und Bildern aller Art sowie elektronische Warenbestellungen; Bereitstellen des Zugriffs auf eine Internetseite zu Werbezwecken; Webmessaging, nämlich Weiterleiten von Nachrichten aller Art an Internetadressen; Dienstleistungen eines Netzwerkbetreibers und Providers, nämlich Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken; elektronische Übermittlung der Korrespondenz für Dritte; Betrieb eines virtuellen Marktplatzes über das Internet, nämlich Sammeln und Übermitteln von Nachrichten sowie Informationsübermittlung, jeweils auf dem Wege der Telekommunikation, jeweils zwischen Warenherstellern und/oder -lieferanten und/oder Einzelhändlern und/oder Verbrauchern;

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Klasse 42: Erstellung, Entwicklung und Design von Computerprogrammen und Software, insbesondere für betriebliche Funktionsbereiche; Implementierung, Wartung, Vermietung und Pflege von Computerprogrammen und Software, auch im Wege des Outsourcing; technische Beratung über Erstellung, Entwicklung, Einsatz und Anwendung von Computerprogrammen und Software; Beratung auf dem Gebiet Elektrotechnik, Telekommunikationstechnik sowie Datenverarbeitung; Forschung auf dem Gebiet von Computerprogrammen und Software.

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Die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 42 des DPMA hat die Anmeldung nach vorheriger Beanstandung mit Beschluss vom 11. April 2012 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die angemeldete Bezeichnung sei nicht unterscheidungskräftig i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Sie sei sprachüblich gebildet und setze sich zusammen aus dem bekannten werbeüblichen Wortbestandteil „EXTRA“ sowie der auch im Inland bekannten und gängigen englischen Abkürzung „COM“ für u. a. „communication“ (= Mitteilung, Verständigung, Kommunikation, Verbindung), „commerce“ (= u. a. Handel, Handelsbetrieb, Geschäftswelt, Handelsverkehr) beziehungsweise „commercial“ (= u. a. geschäftlich, gewerblich, Handels-). „EXTRA“ werde in der Werbesprache sehr häufig verwendet und kennzeichne in Kombination mit Substantiven eine Sache als etwas „Zusätzliches, Besonderes“. „EXTRA“ finde als Werbeschlagwort für Waren und Dienstleistungen jedweder Art Verwendung. Die angesprochenen Verkehrskreise würden daher den Wortbestandteil „EXTRA“ unmissverständlich als üblichen Werbehinweis auf etwas „Besonders, Zusätzliches“ verstehen. Insbesondere im Telekommunikations-/ IT-Bereich seien kombinierte Begriffe mit dem Bestandteil „COM“ und vorangestelltem Adjektiv/ Wortbildungselement zur Bewerbung der Dienstleistungs-/ Produktangebote üblich. Daher würden die angesprochenen Verkehrskreise die Bezeichnung „EXTRACOM“ ohne weiteres als werbeanpreisenden Sachhinweis auf „Extra-Communication/ Kommunikation“ verstehen, also auf „zusätzliche/besondere Kommunikation“ bzw. „Telekommunikation“ auffassen.

9

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde.

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Die Anmelderin hat sich zur Begründung der Beschwerde auf ihr Vorbringen im patentamtlichen Verfahren bezogen.

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Sie ist der Auffassung, die angemeldete Angabe „EXTRACOM“ sei unterscheidungskräftig und unterliege auch nicht dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Der Begriff sei weder in der deutschen noch in der englischen Sprache üblich und enthalte auch keine verständliche Sachaussage. Der Bestandteil „COM“ lasse nicht den Rückschluss auf Communication zu, sondern er sei vieldeutig, könne z. B. auch von „COMputer“, „COMmercial“ usw. abgeleitet sein.

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Auch der Begriffsinhalt von „EXTRA“ sei keineswegs eindeutig, das angemeldete Zeichen sei auch mit Angaben wie „Extrablatt“, „Extraklasse“ oder „Extrawurst“ nicht vergleichbar. Ebenso wenig vergleichbar seien die vom DPMA herangezogenen Vergleichsfälle „DirectCom“, SuperCom“ und „MultiCom“, die jeweils als Abkürzung beschreibender Begriffe verstanden werden könnten.

13

Des Weiteren rügt die Anmelderin die Prüfungsmaßstäbe der Markenstelle. Das identische Zeichen sei für ähnliche Waren bereits als Marke für die Anmelderin eingetragen gewesen, es sei deshalb unverständlich, dass nunmehr Eintragungshindernisse gesehen würden.

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Die Anmelderin hat sinngemäß beantragt,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. April 2012 aufzuheben.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 MarkenG statthafte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil einer Eintragung der an-gemeldeten Marke jedenfalls das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht. Die Markenstelle hat die Anmeldung zu Recht nach § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen. Denn die angemeldete Bezeichnung „EXTRACOM“ wird für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen vom angesprochenen Verkehr allein als Sachangabe aufgefasst und nicht als Hinweis auf deren betriebliche Herkunft und ist damit nicht unterscheidungskräftig i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

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Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift bedeutet nach ständiger Rechtsprechung, dass die Marke im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise geeignet sein muss, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und somit diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Keine Unterscheidungskraft kommt Bezeichnungen zu, die einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Aber auch anderen Angaben kann die Unterscheidungskraft fehlen, etwa wenn sie sich auf Umstände beziehen, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850, Rdn. 28 - FUSSBALL WM 2006; BGH GRUR 2001, 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

19

Bei der Prüfung ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise abzustellen. Diese umfassen alle Kreise, in denen die fragliche Marke in Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann, also den Handel und/ oder die normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (so ausdrückl. EuGH GRUR 2006, 411, 413, Rn. 24 - Matratzen Concord/Hukla; vgl. im Anschluss daran auch BPatG 2007, 527 - Rapido; BPatG B. v. 09.03.2007, Az.: 24 W (pat) 110/05 - bagno; B. v. 16.06.2010, Az.: 28 W (pat) 28/10 - Porco).

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Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Bezeichnung "EXTRACOM" als betrieblicher Herkunftshinweis hinsichtlich sämtlicher beanspruchter Waren und Dienstleistungen ungeeignet.

21

Wie bereits die Markenstelle zutreffend dargelegt hat, setzt sich die angemeldete Marke aus den beiden Einzelbestandteilen „EXTRA“ und „COM“ zusammen. Der Begriff „EXTRA“ (vgl. z. B.: http://www.duden.de/woerterbuch: „gesondert, für sich“; auch: „über das Übliche hinaus, zusätzlich, außerdem, besonders gut“; oder auch: „eigens“) steht sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache für etwas über das Normalmaß hinausgehendes, Zusätzliches oder Besonderes, und wird von den hier angesprochenen weitesten Verkehrskreisen mit dieser Bedeutung - auch in Kombination mit weiteren Begriffen – so aufgefasst.

22

Der Bestandteil „COM“ (engl. Abk. für communication = Kommunikation; vgl. bereits BPatG, B.v. 23.02.2005, 29 W (pat) 294/02 – DirectCom; B.v. 21.2.2003, 29 W (pat) 10/02 – Supercom; B.v. 11.9.2002, 29 W (pat) 5/00 – MultiCom) ist diesen Verkehrskreisen im Zusammenhang mit den hier betroffenen Waren und Dienstleistungen, die entweder direkt dem Bereich der Kommunikationstechnik bzw. Kommunikationsdienstleistungen zuzurechnen sind oder zumindest in einem engen sachlichen Zusammenhang dazu stehen, schon lange vor der Anmeldung als gängige Abkürzung für den englischen Begriff „communication“ vertraut, nicht zuletzt deshalb, weil der nahezu identische deutsche Begriff Kommunikation in vergleichbarer Weise allgemeinverständlich mit „KOM“ abgekürzt wird (vgl. BGH, Urt. v. 27.11.2003, I ZR 79/01, GRUR 2004, 514 Rz. 17 – TELEKOM). Ob die Buchstabenfolge „COM“, wie die Anmelderin vorträgt, darüber hinaus weitere, möglicherweise nicht sachbezogene Bedeutungen haben kann, ist ohne Bedeutung. Die mögliche Mehrdeutigkeit einer beschreibenden Angabe beseitigt für sich gesehen nicht das Schutzhindernis. Die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt auch dann, wenn die angemeldete Marke jedenfalls mit einer ihrer Bedeutungen die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreiben kann, unabhängig davon, ob sie noch andere (möglicherweise nicht beschreibende) Bedeutungen haben kann (vgl. Ströbele/Hacker MarkenG 10. Aufl., § 8 Rn. 113).

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Die Zusammenfügung der Wortbestandteile „EXTRA“ und „COM“ ist sprachüblich gebildet, dem Verkehr sind zudem derartige Wortbildungen mit dem Präfix „EXTRA“ und einer weiteren Sachangabe insbesondere aus der Werbesprache bekannt (vgl. z. B. BPatG, B.v. 24.9.2003, 29 W (pat) 220/02 – XtraNews). Auch der Gesamtbegriff „EXTRACOM“ weist lediglich einen beschreibenden Aussagegehalt i. S. v. „Kommunikation über das Übliche hinaus“ auf, weil der durch die Kombination der vorgenannten Wortelemente bewirkte Gesamteindruck mangels sprachlicher oder begrifflicher Besonderheiten, welche die gewählte Verbindung als ungewöhnlich erscheinen lassen, nicht über die Zusammenfügung beschreibender Elemente hinausgeht und sich in deren bloßer Summenwirkung erschöpft (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680, 681 - BIOMILD; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1014 - BioID; BPatG 26 W (pat) 1/08, Entsch. v. 26. November 2008 - Immoconcept).

24

Mit der vorstehend festgestellten, für die angesprochenen Verkehrskreise ohne Weiteres naheliegenden Bedeutung wird der angesprochene Verkehr die Angabe „EXTRACOM“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich als Sachhinweis darauf wahrnehmen, dass die so gekennzeichneten Waren der Klasse 9, die allesamt Geräte für Kommunikationszwecke sind oder als deren Zubehöre dienen, dem Anwender einen bestimmten zusätzlichen Nutzen verschaffen. Hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen in den Klassen 35, 38 und 42, deren wesentlicher Gegenstand entweder der Vertrieb der vorgenannten Waren darstellt oder einen technischen bzw. persönlichen Informationsaustausch beinhaltet, weist die Angabe ebenfalls auf einen zusätzlichen, über das Normale hinausgehenden Inhalt der Dienstleistung hin, jedoch nicht auf deren betriebliche Herkunft.

25

Nachdem "EXTRACOM" im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen hiernach entweder als beschreibende Sachangabe zu dienen oder einen en-gen sachlichen beschreibenden Bezug zu ihnen herzustellen vermag, bedarf es für die Begründung des Eintragungsverbots keines lexikalischen oder sonstigen Nachweises, dass und in welchem Umfang die angemeldete Marke als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird (Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rn. 287; EuGH GRUR 2010, 534 - PRANAHAUS; GRUR Int. 2011, 400, Rn. 1000 - Zahl 1000; BGH GRUR 2008, 900, Rn. 12 - SPA II; BGH GRUR 2003, 882, 883 - Lichtenstein).

26

Soweit die Anmelderin auf eine aus ihrer Sicht weitgehend identische, frühere Eintragung verwiesen hat, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Frühere Eintragungen und andere Voreintragungen sind zwar zu berücksichtigen, vermögen aber keine für den zu entscheidenden Fall rechtlich bindende Wirkung zu entfalten (st. Rspr., vgl. EuGH GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online u. ZVS; GRUR 2008, 229 - BioID; GRUR 2004, 674 - Postkantoor; GRUR 2004, 428 – Henkel; BGH GRUR 2008, 1093 - Marlene-Dietrich-Bildnis; BPatG GRUR 2007, 333 - Papaya). Dies folgt bereits daraus, dass die bei der Feststellung der Unterscheidungskraft notwendig zu berücksichtigende Verkehrswahrnehmung nicht statisch ist, sondern Wandlungen unterworfen ist, so dass die Beurteilung der Bestandteile der Marke am Ende des vorherigen Jahrhunderts nicht mit derjenigen zum Zeitpunkt der neuerlichen Anmeldung identisch sein muss. Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist zudem keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein auf der Grundlage des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist.