Entscheidungsdatum: 15.09.2014
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2012 033 405.9
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 15. September 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich sowie der Richterin Dr. Schnurr und des Richters Heimen
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die Bezeichnung
Sani-Flex
ist am 6. Juni 2012 als Wortmarke zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Waren angemeldet worden:
Klasse 11: Leitungen (Teile von sanitären Anlagen); Sanitäre Flexschläuche; Mit Edelstahl- oder Stahldraht umflochtene Flexschläuche; Panzerschläuche; Heizungsschläuche für Sanitär- und Heizung-Klima-Lüftung-Anwendungen; Propan Gasschläuche; Individuelle Schlauchsonderanfertigungen.
Die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 11 hat nach vorheriger Beanstandung die unter Nr. 30 2012 033 405.9 geführte Anmeldung mit Beschluss vom 25. April 2013 zurückgewiesen. Dazu wurde ausgeführt, dass die angemeldete Bezeichnung „Sani-Flex“ eine sprachüblich gebildete Wortkombination mit der Bedeutung „Sanitär flexibel“ und insoweit als beschreibende Angabe nicht unterscheidungskräftig im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG sei. „Sani“ sei, so die Markenstelle unter Bezugnahme auf eine Reihe von Belegstellen, im Bereich von Sanitärhandwerk und –technik eine gängige Abkürzung von „Sanitär“. Die angesprochenen Verkehrskreise würden deshalb dem Gesamtzeichen hinsichtlich der angemeldeten Waren lediglich einen unmittelbar beschreibenden Sachhinweis dahingehend entnehmen, dass die Waren für den Sanitärbereich vorgesehen und flexibel seien.
Hiergegen wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde.
Er ist der Auffassung, die angemeldete Marke sei unterscheidungskräftig. Zur Begründung führt er aus, schon der Bestandteil „Flex“ sei isoliert betrachtet durchaus unterscheidungskräftig, was durch Voreintragungen, auf die der Anmelder sich beruft, belegt werde. Auch habe der Bestandteil „Sani“ nicht die von der Markenstelle angenommene Bedeutung, jedenfalls reichten die Belege dazu nicht aus. Im Sanitärbereich werde der Begriff regelmäßig ausgeschrieben und nicht mit „Sani“ abgekürzt. Die Schutzfähigkeit der Angabe „Sani“ werde auch durch eine Vielzahl von bereits eingetragenen Marken mit diesem Bestandteil unterstützt.
Der Anmelder hat sinngemäß beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 25. April 2013 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. Einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat der Anmelder nicht gestellt.
II.
Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 MarkenG statt-hafte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil einer Eintragung der an-gemeldeten Bezeichnung das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht. Denn die angemeldete Bezeichnung „Sani-Flex“ wird für alle angemeldeten Waren als beschreibender Sachhinweis verstanden. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht als nicht unterscheidungskräftig nach § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen.
1. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 17 - FUSSBALL WM 2006). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 608 [Tz. 60] - Libertel). Hierbei wird das Allgemeininteresse nicht nur durch unmittelbare oder tatsächliche Behinderungen, sondern bereits durch eine bloße potentielle Beeinträchtigung der wettbewerblichen Grundfreiheiten tangiert (vgl. Alber, GRUR 2005, 127, 129 - Das Allgemeininteresse in der markenrechtlichen Entscheidungspraxis des EuGH mit weiteren Nachweisen). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, Tz. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006, a. a. O.).
Für eine Schutzversagung reicht es dabei bereits aus, dass ein Wortzeichen in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59, Rn. 21 - Companyline; MarkenR 2003, 450, 453, Rn. 32 - Doublemint, MarkenR 2004, 99, 109, Rn. 97 - Postkantoor; MarkenR 2004, 111, 115, Rn. 38 - Biomild).
Bei der Beurteilung des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist ferner maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dies sind vorliegend sowohl die breitesten Verkehrskreise der Endverbraucher als auch Fachkreise (Handel/Industrie).
Bei der Beurteilung des Schutzhindernisses fehlender Unterscheidungskraft kommt es ferner auf das Verkehrsverständnis zum Zeitpunkt der Anmeldung des jeweiligen Zeichens an (BGH GRUR 2013, 1143, Tz. 15 – Aus Akten werden Fakten).
Ausgehend von diesen Grundsätzen werden die maßgeblichen Verkehrskreise, die angemeldete Bezeichnung, wenn sie ihnen i. V. m. den betroffenen Waren begegnet, nicht als betrieblichen Herkunftshinweis sondern ausschließlich als beschreibenden Sachhinweis auffassen.
Die angemeldete Bezeichnung setzt sich, für die vorgenannten Verkehrskreise ohne weiteres erkennbar, aus den Wortelementen „Flex“, Abkürzung für „flexibel, Flexibilität“ (vgl. z. B. Duden, Wörterbuch der Abkürzungen, 6. Aufl., 2011, S. 167) und „Sani“ zusammen. „Flex“ im Sinne von „flexibel, Flexibilität“ beschreibt nicht nur eine mögliche Eigenschaft aller angemeldeten Waren, sie werden nach dem Warenverzeichnis teilweise selbst so bezeichnet. „Sani“ steht nicht nur für „Sanitäter“, sondern wird vor allem umgangssprachlich auch als Abkürzung für „Sanitär“ verwendet, worauf die Markenstelle unter Verweis auf zahlreiche Belegstellen bereits hingewiesen hat. Der Einwand des Anmelders, die Verwendung der Abkürzung „Sani“ in zahlreichen Internet-Foren etc. beeinträchtige nicht deren Unterscheidungskraft, überzeugt dagegen nicht. Es mag sein, dass in der Heizungs-Sanitär-Branche die Kurzbezeichnung „Sani“ seltener verwendet wird als der Begriff „Sanitär“, „Sani“ ist gleichwohl, wie sich aus den Rechercheergebnissen ergibt, ein gebräuchlicher und ohne weiteres verständlicher Sachbegriff, der vom angesprochenen Verkehr als gängige und unmittelbar verständliche Abkürzung des glatt beschreibenden Begriffs „Sanitär verwendet wird (vgl. insoweit die mit Senats-Vfg. vom 5.5.2014 übersandten Anlagen 1 und 2 sowie auch Lexikon der Abkürzungen, 1994, S. 404; auf welches in der v. g. Vfg. hingewiesen wurde).
Der maßgebliche Verkehr begreift nach alledem die Gesamtangabe „Sani-Flex“ im Zusammenhang mit den hier beanspruchten Waren der Klasse 11, die für die Anwendung im Sanitärbereich vorgesehen sein können und alle auch verformbar ausgestaltet sein können, als einen aus dem Anwendungsbereich und einer Produkteigenschaft kombinierten Sachhinweis, nämlich als Hinweis auf flexible Produkte, die für den Sanitärbereich vorgesehen sind, und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis.
Dieser beschreibende Charakter von „Sani-Flex“ im o. g. Sinne entfällt auch nicht deshalb, weil es um die Kombination zweier Worte handelt. Nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 98) - Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 (Nr. 39–41) - BIOMILD; GRUR 2006, 229, 231 (Nr. 34–37) - BioID; MarkenR 2007, 204, 209 (Nr. 77, 78) - CELLTECH; GRUR 2008, 608 (Nr. 45, 69) – EUROHYPO) kann eine ausschließlich aus beschreibenden Begriffen bestehende Wortneubildung im allgemeinen ebenfalls als beschreibend angesehen werden kann, sofern kein merklicher Unterschied zwischen der Neubildung und der bloßen Summe der Bestandteile besteht. So verhält es sich hier.
Soweit die Anmelderin sich auf aus ihrer Sicht vergleichbare Voreintragungen beruft, sind diese für die vorliegend zu treffende Entscheidung zur Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke letztlich irrelevant. Insoweit ist auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des EuGH (vgl. GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229, Tz. 47-51 - BioID; GRUR 2004, 674, Tz. 42-44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Tz. 63 - Henkel), des BGH (vgl. GRUR 2008, 1093, Tz. 18 - Marlene-Dietrich-Bildnis I) und des BPatG (vgl. z. B. GRUR 2009, 1175 - Burg Lissingen; MarkenR 2010, 139 - VOLKSFLAT und die Senatsentscheidung MarkenR 2010, 145 - Linuxwerkstatt) zur fehlenden Bindungswirkung von Voreintragungen zu verweisen. Bereits aus Rechtsgründen ist im Anmeldeverfahren für eine Marke eine erneute – inzidente - Überprüfung von absoluten Schutzhindernissen für andere, bereits eingetragene (Dritt-) Marken ausgeschlossen. Die – geforderte - Auseinandersetzung mit Voreintragungen beschränkt sich damit auf die Frage, ob die Schutzverweigerung im Hinblick auf bestimmte eingetragene Drittmarken willkürlich ist, die Anmeldung also ohne rechtliche Grundlage anders behandelt wurde. Der Anmelder kann sich hier nicht mit Erfolg auf seiner Auffassung nach vergleichbare Voreintragungen mit dem Bestandteil „Sani“ oder „Flex“ berufen. Die Beschwerde legt schon nicht ausreichend dar, inwieweit die Voreintragungen, auf die sie sich beruft, mit der hier zur Beurteilung anstehenden Anmeldung vergleichbar sind. Die Vergleichbarkeit von Voreintragungen ist vielfach schon deshalb zu verneinen, weil sie andere Markenformen oder gänzlich andere Waren und/ oder Dienstleistungen betreffen oder zu einem anderen Zeitpunkt zur Eintragung gelangt sind, zu dem andere Verkehrsauffassungen und teilweise auch eine andere, auf höchstrichterlicher Rechtsprechung beruhende Auslegung der Schutzhindernisse vorgelegen hat. Der bloße Umstand, dass die Markenworte in einzelnen Elementen einander gleichen und Waren bzw. Dienstleistungen im Ähnlichkeitsbereich beansprucht werden, genügt dafür nicht. Denn weil an die Überwindung des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen, kann schon eine geringe, zwischen der streitgegenständlichen Angabe und den voreingetragenen Marken bestehende Abwandlung (andere Begriffskombination, andere Ware etc.) ausreichend sein, um das bei der beschwerdegegenständlichen Bezeichnung bestehende Schutzhindernis des § 8 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG entfallen zu lassen.
Aus diesen Gründen war die Beschwerde zurückzuweisen.