Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 05.07.2016


BPatG 05.07.2016 - 24 W (pat) 510/16

Markenbeschwerdeverfahren – "CHOCOLAT PLAISIR" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
24. Senat
Entscheidungsdatum:
05.07.2016
Aktenzeichen:
24 W (pat) 510/16
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2014 051 042.1

hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 5. Juli 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich sowie des Richters Schmid und der Richterin am Landgericht Lachenmayr-Nikolaou

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortkombination

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CHOCOLAT PLAISIR

3

ist am 27. Juni 2014 für die nachfolgend genannten Waren der Klasse 30 zur Eintragung als Wortmarke in das vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister angemeldet worden:

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Zuckerwaren; Schokolade; Schokoladewaren; feine Backwaren; Speiseeis; Präparate für die Zubereitung der vorgenannten Produkte, soweit in Klasse 30 enthalten.

5

Die Markenstelle für Klasse 30 des DPMA, besetzt mit einem Beamten des gehobenen Dienstes, hat die Anmeldung mit Beschluss vom 27. März 2015 wegen eines Freihaltebedürfnisses der Mitbewerber gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sowie wegen fehlender Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG i. V. m. § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bestandteil „chocolat“ (= Schokolade) den Inhalt bzw. die Beschaffenheit der beanspruchten Waren beschreibe und das Wort „plaisir“ mit der Bedeutung „Gefallen, Freude, Vergnügen“ anpreisend und kaufanreizend wirke. Die Bezeichnung „chocolat“ beschreibe die Bestimmung der „Zuckerwaren“, die bei der Herstellung von Schokolade Anwendung fänden, sowie die äußere Form und den Inhalt der „Schokolade“, „Schokoladenwaren“ und benenne die stoffliche Beschaffenheit der Waren „feine Backwaren“ „Speiseeis“, da diese Schokolade enthalten könnten, wie beispielsweise Stracciatella-Eis. Alle diese Waren könnten Gefallen oder Vergnügen beim Konsumenten hervorrufen.

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Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde.

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Sie ist der Ansicht, dass die Markenstelle die Voraussetzungen des Schutzhindernisses gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verkannt habe. Das angemeldete Zeichen sei nicht beschreibend, da es nicht ausschließlich aus beschreibenden Angaben bestehe. Lediglich das Element „CHOCOLAT“ sei für Schokolade beschreibend, der Bestandteil „PLAISIR“ im Sinne von „Freude, Spaß, Vergnügen“ stelle demgegenüber keine beschreibende Angabe für Zuckerwaren und Schokolade dar, wie das Bundespatentgericht bereits entschieden habe (BPatG 32 W (pat) 146/00 - PLAISIR, verfügbar über PAVIS/PROMA). Bei dem Zeichenbestandteil „plaisir“ könne im Hinblick auf die von der Anmelderin durchgeführte Internetrecherche nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um eine im deutschen Markt verwendete werbliche Anpreisung handele, vielmehr gehöre das Wort „plaisir“ gar nicht zum gebräuchlichen Wortschatz des inländischen Verkehrs.

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Die grammatikalische Zusammenfügung führe ebenfalls nicht zu einer beschreibenden Angabe im Ganzen, insbesondere sei keine Übersetzung als „Schokoladenvergnügen“ denkbar, dies müsse im Französischen „plaisir du chocolat“ heißen.

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Schließlich sei eine Wort-/Bildmarke „chocolat plaisir“ im französischen Register eingetragen worden, so dass die Wortfolge daher selbst in Frankreich nicht beschreibend verstanden werde, was – unabhängig von der grundsätzlichen fehlenden Entscheidungserheblichkeit von Voreintragungen – in Bezug auf das sprachliche Verständnis jedenfalls indizielle Bedeutung habe.

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Dem angemeldeten Zeichen könne auch nicht die Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Selbst wenn man der Wortkombination einen Kaufanreiz oder eine werbliche Anpreisung entnehmen wolle, so würde ihr nicht bereits aus diesem Grunde die Unterscheidungskraft fehlen, vielmehr könnten Begriffe, die eine Sachaussage enthalten, dennoch herkunftshinweisend sein. Dies sei in Bezug auf die angemeldete Wortkombination anzunehmen, da die Zusammenstellung der Begriffe „CHOCOLAT“ und „PLAISIR“ der Phantasie Raum lasse.

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Zudem sei der Verbraucher an französischsprachige Markenwörter im Süßwarenmarkt gewöhnt.

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Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. März 2015 aufzuheben.

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Die Anmelderin hat zunächst hilfsweise die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Nachdem der Senat Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt und im Wege eines Ladungszusatzes einen Hinweis erteilt hatte, hat die Anmelderin mitgeteilt, den Termin nicht wahrzunehmen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die zulässige, insbesondere gem. § 64 Abs. 6 S. 1 MarkenG i. V. m. § 66 Abs. 1 MarkenG statthafte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung „CHOCOLAT PLAISIR“ steht in Bezug auf die  beanspruchten Waren das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, so dass die Markenstelle die Anmeldung gem. § 37 Abs. 1 MarkenG zu Recht zurückgewiesen hat.

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1. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG schließt von der Eintragung als Marke Zeichen aus, denen für die in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen zukommende Eignung, die von der Anmeldung erfassten Waren bzw. Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und so diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 – Henkel; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 18 - FUSSBALL WM 2006; BGH GRUR 2009, 952, Tz. 9 - DeutschlandCard). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren (oder Dienstleistungen) zu gewährleisten (EuGH GRUR 2006, 229, Tz. 27 - BioID; EuGH GRUR 2008, 608, Tz. 66 – EUROHYPO; BGH, GRUR 2014, 565, Tz. 12 – smartbook; BGH GRUR 2009, 952, Tz. 9 - DeutschlandCard).

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Dabei ist das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, Tz. 60 – Libertel; BGH GRUR 2014, 565, Tz. 17 - smartbook).

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Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, die einen beschreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht. Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder die Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht (BGH GRUR 2012, 1143, Tz. 9 – Starsat; BGH GRUR 2009, 952, Tz. 10 – DeutschlandCard; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 19 – FUSSBALL WM 2006; BGH, GRUR 2005, 417 - Berlin-Card). Die Bewertung der Verkehrsauffassung in Bezug auf die einschlägigen Waren und Dienstleistungen richtet sich insbesondere nach der Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl. 2015, § 8 Rn. 42; EuGH GRUR 2006, 411, Tz. 24 – Matratzen Concord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723, Tz. 29 – Chiemsee).

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Bei der Beurteilung des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft kommt es auf das Verkehrsverständnis zum Zeitpunkt der Anmeldung des jeweiligen Zeichens an (BGH GRUR 2013, 1143, Tz. 15 – Aus Akten werden Fakten).

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2. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die Unterscheidungskraft der angemeldeten Wortkombination in Verbindung mit den hier beanspruchten Waren zu verneinen.

22

Das angemeldete Zeichen „CHOCOLAT PLAISIR“ setzt sich aus den zum Grundwortschatz der französischen Sprache gehörenden Worten „chocolat“, d. h. „Schokolade“, und „plaisir“ mit den Bedeutungen „Vergnügen“, „Freude“, aber auch „Genuss“ zusammen (vgl. die als Anlagen 1 und 2 zum Ladungszusatz vom 14. Juni 2016 der Anmelderin übersandten Belege). Diese grundlegenden Begriffe der französischen Sprache werden von den angesprochenen Verkehrskreisen der beanspruchten Waren, zu denen insbesondere auch die Endabnehmer, also der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher, gehören, ohne Weiteres verstanden, zumal der Begriff „chocolat“ dem deutschen Wort „Schokolade“ entspricht und auch das französische Wort  „plaisir“ – wenn auch in abweichender Schreibweise „Pläsier“ – im Deutschen existiert. Die Verständnisfähigkeit des deutschen Durchschnittsverbrauchers darf in Bezug auf eine Welthandelssprache wie Französisch nicht als zu gering angesetzt werden (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl. 2015, § 8 Rn. 486 ff.).

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In seiner Gesamtheit wird das angemeldete Zeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen als eine schlagwortartige, werbliche Anpreisung dahingehend aufgefasst werden, dass es sich bei den so gekennzeichneten „Zuckerwaren; Schokolade; Schokoladewaren; feine Backwaren; Speiseeis; Präparate für die Zubereitung der vorgenannten Produkte, soweit in Klasse 30 enthalten“ um solche handelt, die aus Schokolade sind oder Schokolade als Inhalts- bzw. geschmackgebenden Stoff enthalten und deren Zubereitung und/oder Verzehr für den jeweiligen Konsumenten mit Vergnügen, Freude und/oder Genuss verbunden ist. Sowohl die Zubereitung der in Klasse 30 beanspruchten Waren als auch ihr Verzehr werden vielfach mit Vergnügen und Genuss in Verbindung gebracht (vgl. die als Anlagen 3 bis 8 zum Ladungszusatz vom 14. Juni 2016 der Anmelderin übersandten Belege).

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Die angesprochenen Verkehrskreise werden das angemeldete Zeichen daher im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich als Sachhinweis im dargelegten Sinne verstehen und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen.

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Etwas anderes ergibt sich weder aus dem Verweis der Anmelderin auf eine Entscheidung des 32. Senats zu der Anmeldung „PLAISIR“ (BPatG 32 W (pat) 146/00 – PLAISIR, erhältlich über PAVIS/PROMA), noch aus dem Verweis auf die Eintragung einer Wort-/Bildmarke „chocolat plaisir“ im französischen Markenregister.

26

Voreintragungen – auch in anderen europäischen Ländern – sind für die vorliegend zu treffende Entscheidung zur Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke nicht bindend. Insoweit ist auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des EuGH (vgl. GRUR 2009, 667 – Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229, Tz. 47-51 – BioID; GRUR 2004, 674, Tz. 42-44 – Postkantoor; GRUR 2004, 428, Tz. 63 – Henkel), des BGH (vgl. GRUR 2008, 1093, Tz. 18 - Marlene-Dietrich-Bildnis I; GRUR 2011, 230, Tz. 10 - SUPERgirl) und des BPatG (vgl. z. B. GRUR 2009, 1175 – Burg Lissingen; MarkenR 2010, 139 – VOLKSFLAT und die Senatsentscheidung MarkenR 2010, 145 – Linuxwerkstatt) zur fehlenden Bindungswirkung von Voreintragungen zu verweisen. Entsprechendes gilt für vorangegangene Entscheidungen des Bundespatentgerichts, an die der erkennende Senat ebenfalls nicht gebunden ist. Im Übrigen betrifft die von der Anmelderin zitierte Entscheidung des 32. Senats nicht die vorliegend verfahrensgegenständliche Wortkombination „CHOCOLAT PLAISIR“, sondern lediglich den Begriff „PLAISIR“. Zum Verständnis der angemeldeten Wortkombination im Sinne einer lediglich werbenden Anpreisung in Bezug auf die in Klasse 30 beanspruchten Waren wird wiederum auf die Anlagen zum Ladungszusatz vom 14. Juni 2016 verwiesen.

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3. Der Senat konnte im schriftlichen Verfahren entscheiden. In der Ankündigung der Anmelderin, zum anberaumten Verhandlungstermin nicht zu erscheinen, ist eine konkludente Rücknahme des zunächst gestellten Terminsantrags (§ 69 Nr. 1 MarkenG) zu sehen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war auch nicht aus Gründen der Sachdienlichkeit geboten gem. § 69 Nr. 3 MarkenG.